Titel: | Ueber die Gerbstoffabsorption der Haut. |
Autor: | v. Schröder, J. Pässler |
Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 283 |
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Ueber die Gerbstoffabsorption der
Haut.
Von Prof. Dr. v. Schröder und Dr. J.
Pässler in Tharand.Der Zusatz
„und C. K.“ auf S. 256 ist zu streichen.
(Schluss der Abhandlung S. 256 d. Bd.)
Ueber die Gerbstoffabsorption der Haut.
Es wäre nun interessant, zu erfahren, wie viel durch wiederholtes Behandeln von
Blösse mit verdünnten Tanninlösungen überhaupt Tannin absorbirt werden kann und ob
dies eine Grenze hat. Um darüber Klarheit zu verschaffen, wurden auch nach dieser
Richtung hin Untersuchungen ausgeführt und eine Versuchsreihe angestellt, wobei auf
folgende Weise verfahren wurde: Es werden 4mal je 5 g lufttrockene, gemahlene Blösse
(= 4,1150 g aschefreie Trockensubstanz mit 17,82 Proc. N) mit 500 cc einer
1procentigen Tanninlösung (d. i. 5 g lufttrockenes = 4,3560 g aschefreies, absolut
trockenes Tannin auf 500 cc gelöst) einen Tag lang unter oftmaligem Schütteln
behandelt, alsdann filtrirt und sorgfältigst ausgepresst. Von jedem Filtrat werden
100 cc eingedampft, getrocknet, gewogen, verascht und wieder gewogen. Die
Gewichtsdifferenz mit 5 multiplicirt gibt an, wie viel Tannin unabsorbirt geblieben
ist, und durch eine einfache Subtraction erfährt man die Menge des von 5 g Blösse
absorbirten Tannins. In einem der vier Leder werden Stickstoff- und
Aschebestimmungen ausgeführt und aus deren Resultaten die Menge des aufgenommenen
Tannins berechnet. Die anderen drei Lederproben werden jede für sich quantitativ in
einen Kolben mit 500 cc Tanninlösung von obiger Concentration gebracht, wiederum
einen Tag lang öfters geschüttelt und alsdann abgepresst. Die Menge des
aufgenommenen Tannins wird ebenfalls durch Eindampfen von je 100 cc der drei
Lösungen, sowie durch Stickstoffbestimmung in einem der drei Leder festgestellt. Die
zwei übrigbleibenden Leder werden nochmals auf obige Weise mit Tanninlösung von
derselben Concentration behandelt und nach Bestimmung der absorbirten Tanninmenge
wird die letzte Lederprobe zum vierten Male mit Tanninlösung von obiger
Concentration geschüttelt. Die aufgenommene Tanninmenge wird nach den zwei Methoden
bestimmt.
Auf diese Weise ist der Blösse Gelegenheit gegeben worden, nach dem Herausnehmen aus
der Tanninlösung und dem Einbringen in eine neue wiederum mit einer Lösung
zusammenzukommen, welche concentrirter als die eben verlassene ist. Dadurch, dass
vier Versuche vollständig gleich angesetzt wurden, konnte die Menge des nach jeder
Absorption aufgenommenen Tannins durch die Stickstoffbestimmungsmethode festgestellt
werden. Es wird dieses Verfahren entschieden richtigere Resultate geben als die
Eindampfungsmethode, welche bei diesem wiederholten Behandeln einen kleinen Fehler
mit sich bringt. Derselbe besteht darin, dass man das angegerbte Leder nicht
lufttrocken, sondern nass in die nächste Tanninlösung bringt, wodurch eine geringe
Verdünnung derselben stattfindet, und dies hat zur Folge, dass die Absorptionszahlen
etwas zu hoch ausfallen werden, was auch aus der Tabelle V hervorgeht. In derselben
sind die Resultate der angestellten Versuchsreihe zusammengestellt. Es zeigt sich
dabei, dass die durch die Eindampfungsmethode erhaltenen Absorptionszahlen höher
sind, als die entsprechenden aus dem Stickstoffgehalt berechneten. Die Differenz
wächst mit der Anzahl der Absorptionen, was auch sehr erklärlich ist. Es sind
hierbei die letzteren entschieden die richtigeren. (Tabelle umstehend.)
Aus dieser Tabelle ersieht man, dass durch wiederholte Behandlung mit Tanninlösungen
immer noch neue Mengen Tannin absorbirt werden und dass die absolute Menge des
absorbirten Tannins nach jeder Absorption kleiner ist als bei der vorhergehenden.
Aus dieser Abnahme folgt unmittelbar, dass das
Absorptionsvermögen der Blösse eine Grenze haben muss. Wenn die Differenz
zwischen den aufgenommenen Tanninmengen von zwei auf einander folgenden Absorptionen
regelmässig kleiner wird, so muss sie schliesslich auf Null herabsinken und dieser
Punkt scheint in obigem Falle nach der vierten Absorption nahezu erreicht zu sein.
Wenn die Differenz bei einer eventuellen fünften und sechsten Absorption ebenso
gesetzmässig wie bei den vier wirklich durchgeführten sinken würde, was auch ganz
bestimmt vorausgesetzt werden kann, so würden vielleicht schon bei der fünften
Absorption nur noch ganz unbedeutende Mengen Tannin aufgenommen werden. Es sind aus
diesem Grunde die Absorptionsversuche nicht weiter ausgedehnt worden. Die
vorliegenden Resultate sind vollständig beweisend dafür, dass die
Absorptionsfähigkeit der Haut eine Grenze hat und dass das
Maximum nicht durch eine einmalige Behandlung der Blösse mit einer
Tabelle V.
Textabbildung Bd. 284, S. 284
Versuch:; Tannin auf 500 cc Wasser
gelöst lufttrocken, absolut trocken und aschefrei; Nach dem Schütteln sind in
500 cc noch Tannin; Von der Blösse sind an Tannin absorbirt worden; 100 Th.
Blösse (absolut trocken und aschefrei) absorbiren Tannin (absolut trocken und
aschefrei); In Summa absorbiren bei wiederholtem Schütteln 100 Th. Blösse an
Tannin; 100 Th. Leder enthalten Blösse, Tannin; Berechneter Stickstoffgehalt (in
absolut trockener, aschefreier Substanz); Gefundener Stickstoffgehalt (in
absolut trockener, aschefreier Substanz); 100 Th. Blösse (absolut trocken und
aschefrei) absorbiren Tannin (absolut trocken und aschefrei, aus N-Gehalt
berechnet); In 100 Th. Leder sind enthalten (aus N-Gehalt berechnet) Blösse,
Tannin
Tanninlösung von bestimmter Concentration erreicht werden
kann, sondern es ist unbedingt nothwendig, die Blösse wiederholt in
Tanninlösungen zu bringen, wobei zu beachten ist, dass jede folgende
concentrirter sein muss, als die vorhergehende beim Herausnehmen der Haut
ist.
Was die absolute Menge des von der Haut aufnehmbaren Tannins anbelangt, so zeigt
sich, dass Blösse im Maximum ungefähr ihr eigenes Gewicht an Tannin zu absorbiren
vermag. Gemäss obiger Tabelle haben 100 Th. Blösse nach viermaliger Absorption 95,3
Th. Tannin absorbirt, natürlich beide auf absolut trockene und aschefreie Substanz
berechnet, oder 100 Th. Leder mit einem Stickstoffgehalt von 9,12 Proc. enthalten
51,2 Th. Hautsubstanz und 48,8 Th. Tannin.
Es ist ferner auch wichtig, zu wissen, ob diese Zahlen wirklich mit denen der Praxis
übereinstimmen und ob die aus Gerbereien hervorgegangenen Leder ebenso wie das obige
zusammengesetzt sind. Es wurden in der letzten Zeit im Tharander
Gerbereilaboratorium eine grössere Anzahl von Lederanalysen ausgeführt und diese
Gelegenheit wurde benutzt, um in den verschiedenen Lederproben
Stickstoffbestimmungen auszuführen. Aus dem Stickstoffgehalte kann alsdann auf die
Zusammensetzung geschlossen werden. Die Stickstoffanalysen können nicht direct in
dem rohen Leder vorgenommen werden, sondern es ist vorher nothwendig, aus dem Leder
nach dem Trocknen natürliche oder künstlich eingebrachte Fettstoffe durch
Schwefelkohlenstoff, ferner durch Eintrocknen von Gerbebrühen etwaige anhaftende
Gerbstoffe und Nichtgerbstoffe oder absichtlich hineingebrachte Beschwerungsmittel
mit kaltem Wasser in irgend einer Weise gleichmässig zu entfernen. Die auf diese
Weise vorbereiteten Lederproben, in welchen auch der
Aschengehalt ermittelt wurde, konnten erst zur Stickstoffbestimmung verwandt werden
und die dabei erhaltenen Resultate können dann zur Vergleichung dienen. Es stellte
sich dabei heraus, dass die Stickstoffgehalte der 29 Ledersorten zwischen 9,03 Proc.
und 12,00 Proc. schwankten. Berechnet man aus dem niedrigsten und höchsten
Stickstoffgehalte die Zusammensetzung der entsprechenden Leder, so resultirt bei der
Annahme von 17,82 Proc. Stickstoffgehalt der reinen Blösse, dass das erstere aus
50,6 Th. Hautsubstanz und 49,4 Th. Gerbstoff und das letztere aus 73,0 Th.
Hautsubstanz und 27,0 Th. Gerbstoff besteht. Die verschiedenen Ledersorten sind
demnach sehr ungleich zusammengesetzt. Dies ist aber auch ganz natürlich, da sich
die Zusammensetzung nach dem Grade der Gerbung richtet und dieser je nach der Art
des herzustellenden Leders verschieden ist. Andererseits fällt aber der
Stickstoffgehalt von 9,03 Proc. des einen Leders;
welches im Tharander Laboratorium in durchweg süssen Brühen aus Fichtenextract
gegerbt wurde, mit dem niedrigsten der letzten Versuchsreihe fast vollständig
zusammen; der letztere beträgt 9,12 Proc., also nur ein Unterschied von 0,09 Proc.
Bei diesem Leder kam es auch darauf an, eine möglichst vollständige Gerbung zu
erzielen. Man sieht daraus deutlich, dass der Grad der
Gerbung eine Grenze hat und dass Haut, welche vollständig durchgegerbt werden
soll, ungefähr ihr gleiches Gewicht Gerbstoff aufnehmen wird oder dass die
fertige, reine Ledersubstanz aus annähernd gleichen Th eilen Hautsubstanz und
Gerbstoff besteht. Enthält ein Leder mehr Gerbstoff, so ist dieser
Ueberschuss nicht durch den regelrechten Gerbprocess in die Haut gebracht worden,
sondern lediglich auf mechanische Weise durch Einwalken oder ähnliche Processe.
Dieser Ueberschuss ist nicht geeignet, die Qualität des Leders zu verbessern,
sondern dient allein zur Beschwerung desselben.
Die letzte Versuchsreihe, deren Resultate in Tabelle V zusammengestellt sind, war in
der Weise ausgeführt worden, dass 5 g Blösse (lufttrocken) 4mal mit Tanninlösungen
von derselben Anfangsconcentration, nämlich von je 5 g Tannin (lufttrocken) in 500
cc Wasser behandelt worden sind, also in Summa mit 20 g Tannin. Hierbei waren die
auf einander folgenden Concentrationen nicht vollständig gleich, da man bedenken
muss, dass bei jedem der vier Theile des Versuches Tannin absorbirt worden ist; es
wird demnach die Haut beim Einlegen in die nächste Tanninlösung stets in eine
gekommen sein, welche etwas concentrirter ist als die eben verlassene. Immerhin ist
der Unterschied in den Concentrationen kein sehr grosser.
Bei einer weiteren Versuchsreihe wurden wiederum 5 g Blösse mit 20 g Tannin
behandelt. Es wurde aber hierbei in der Weise verfahren, dass im Gegensatze zu dem
vorhergehenden Versuche mit einer verdünnteren Lösung angefangen und mit einer
concentrirteren geschlossen wurde. Die Concentrationen waren folgende: 2, 3, 5 und
10 g Tannin (lufttrocken) auf je 500 cc Wasser gelöst. Die Ausführung der
Versuchsreihe war folgendermaassen: 4mal je 5 g Haut wurden jedes in einem Kolben
mit je 500 cc Tanninlösung (2 g auf 500 cc) einen Tag lang geschüttelt, dann
abfiltrirt und ausgepresst. Eine der vier Proben wurde zur Stickstoff- und
Aschebestimmung benutzt; die übrigen drei wurden mit 500 cc Tanninlösung (3 g auf
500 cc) wiederum einen Tag lang geschüttelt und dann wie bei dem vorigen Versuche
fortgefahren, bis die letzte der vier Proben in Summa mit 20 g Tannin behandelt
worden war.
Die Gerbstoffaufnahme wurde bei diesen Versuchen nur durch den Stickstoffgehalt der
gegerbten Substanz bestimmt, da dies, wie aus den früheren Versuchen ersichtlich, zu
sehr befriedigenden Resultaten führt. Das Eindampfen der Tanninlösungen nach der
Absorption wurde hierbei ganz unterlassen. Tabelle VI enthält die gefundenen
Stickstoffzahlen in der gegerbten Haut während der verschiedenen Stadien des
Gerbeprocesses und die daraus berechnete Zusammensetzung des Leders, ferner die
berechnete Menge des von 100 Th. Blösse absorbirten Tannins. Die Zahlen der letzten
drei Rubriken beziehen sich sämmtlich auf absolut trockene, aschefreie Substanz.
Tabelle VI.
Versuch:
I
II
III
IV
Angewandte Blösse
(luft- trocken) g
5,0000
5,0000
5,0000
5,0000
Angewandtes
Tannin (lufttrocken) g
2
2 + 3= 5
2 + 3 + 5= 10
2 + 3 + 5 + 10= 20
Stickstoffgehalt des Le- ders (in absolut
trocke- ner, aschefreier Sub- stanz)
Proc.
13,47
10,66
9,41
8,93
In 100 Th.Leder sind
BlösseTannin
75,624,4
59,840,2
52,847,2
50,149,9
100 Th. Blösse absor- biren Tannin
32,3
67,2
89,4
99,6
Vergleicht man Tabelle VI mit Tabelle V, so findet man, dass in beiden Versuchsreihen
nach Behandlung der 5 g Blösse mit 20 g Tannin wiederum nahezu gleiche Mengen Tannin
absorbirt worden sind, mithin die erhaltenen Leder auch annähernd gleichen
Stickstoffgehalt haben müssen. Bei der Behandlung mit 4mal je 5 g Tannin ergibt sich
im Leder ein Stickstoffgehalt von 9,12 Proc., während bei zunehmender Concentration
der Tanninlösung ein Leder mit 8,93 Proc. Stickstoff resultirt, also nur um 0,19
Proc. geringer als bei dem ersteren. Ein interessantes Ergebniss ist ferner, dass
man bei Behandlung von 5 g Blösse mit 3mal je 5 g, in Summa 15 g Tannin, auf einen
nur wenig niedrigeren Stickstoffgehalt kommt, als wenn man die Blösse mit 2 + 3 + 5
g, in Summa 10 g Tannin in Lösung schüttelt. Im ersteren Falle beträgt der
Stickstoffgehalt 9,33 Proc., im letzteren 9,41 Proc. Es geht
daraus wieder hervor, dass man zur Erzielung einer möglichst vollkommenen
Durchgerbung, d.h. einer grössten Gerbstoff aufnähme, stets mit schwachen
Lösungen beginnen und diese erst mit vorschreitender Gerbung allmählich
verstärken muss. Dass wir bei unseren letzten Versuchen nahezu die Grenze
der Absorptionsfähigkeit des Tannins durch Blösse erreicht haben, geht daraus
hervor, dass bei dem letzten Theilversuche trotz des Vorhandenseins von 10 g
Tannin nur etwa 5 Proc. desselben, also 0,5 g, absorbirt werden. Da wir früher
gesehen haben, dass mit stärkerer Concentration als 10 g auf 500 cc die Menge an
absorbirtem Tannin wieder abnimmt, so muss man als sicher annehmen, dass mit weiter
steigender Concentration keine wesentlichen Quantitäten Tannin absorbirt werden. Es wird mithin ein gut durchgegerbtes Leder nach Abzug von
Wasser, Asche, etwa beigebrachtem Fett und betrügerischen Zusätzen nahezu aus
gleichen Mengen Hautsubstanz und Gerbstoff bestehen. Der Stickstoff geh alt des
Leders, d.h. der eigentlichen Ledersubstanz, also nach Abzug des Leders von
obigen Beimengungen, wird also etwa 8,90 bis 9,10 Proc. betragen.
Es könnte unseren Versuchen der Einwand gemacht werden, dass dieselben mit gemahlener
Blösse und mit reinem Tannin ausgeführt worden sind. Gemahlene Blösse könnte sich
vielleicht anders verhalten als die ganze Blösse, wie dieselbe in der Gerberei
verwandt wird, und reines Tannin anders als die Gerbstoffe der verschiedensten
Gerbmaterialien. Diese Einwände können jedoch durch einige Versuche widerlegt
werden. Der eine derselben ist bereits erwähnt worden. Es war im Tharander
Laboratorium eine ganze Kalbsblösse mit Fichtenextractlösungen gegerbt worden, und
zwar so lange, bis dieselbe keinen Gerbstoff aus der Brühe mehr aufnahm. Der
Stickstoffgehalt des dabei erhaltenen Leders betrug 9,03 Proc., also annähernd
dieselbe Zahl, wie bei unseren Versuchen mit gemahlener Blösse und reinen
Tanninlösungen erhalten wurde. Es wurde noch ein weiterer Versuch gemacht. Derselbe
bestand darin, dass eine gekalkte, ausgewaschene Schafsblösse genau getheilt wurde.
Die eine der beiden Hälften wurde zu Stickstoffbestimmungen benutzt, da nicht
vorausgesetzt werden konnte, dass Schafsblösse wegen ihrer vollständig anderen
anatomischen Beschaffenheit denselben Stickstoffgehalt hat wie Rindsblösse, mit
welcher bis jetzt immer gearbeitet worden war. Die andere Hälfte der Schafsblösse
wurde zum Gerben in einer Tanninlösung verwandt, wobei es wieder darauf ankam,
möglichst viel Gerbstoff von der Haut absorbiren zu lassen. Die zum Gerbeversuch
benutzte, nasse Schafsblösse wog 898 g, wovon man nur etwa 15 Proc., d. i. rund 135
g lufttrockene Substanz rechnen kann. Wollte man wie bei dem Versuche verfahren,
dessen Resultate in Tabelle VI zusammengestellt sind, so müsste man in Summa das
Vierfache, also 540 g Tannin, in Lösung bringen. Absichtlich haben wir der
Schafsblösse in Summa 750 g Tannin, also um 40 Proc. mehr als bei dem genannten
Versuche zur Absorption angeboten; haben aber im Uebrigen die Concentrationen
beibehalten. Die Schafsblösse wurde zuerst in eine Lösung von 75 g Tannin in 18,75 l
Wasser (entsprechend 2 g auf 500 cc) gebracht und 2 Tage unter öfterem Umrühren
darin gelassen, alsdann auf 3 Tage in eine Lösung von 112,5 g Tannin in 18,75 l
Wasser (entsprechend 3 g auf 500 cc), hiernach 6 Tage in eine Lösung von 187,5 g
Tannin in 18,75 l Wasser (entsprechend 5 g auf 500 cc) und schliesslich 13 Tage in
eine Lösung von 375 g Tannin in 18,75 l Wasser (entsprechend 10 g auf 500 cc).
Hierauf wurde das gegerbte Schafleder ausgerungen, um die Tanninlösung so
vollständig wie möglich zu entfernen, gewogen und zum Trocknen aufgehangen. Die
Schafsblösse wurde in jeder einzelnen der vier Lösungen so lange gelassen, bis das
specifische Gewicht, welches mit der Mohr'schen
Senkwage ermittelt
wurde, nicht mehr abnahm. Die Gerbdauer ist bei der Anordnung des Gerbeversuches
bereits mitgetheilt worden. Bei dem letzten Theile des Versuches verringerte sich
bei 13tägiger Gerbzeit das specifische Gewicht nur um 0,0001, dasselbe ging nämlich von 1,0069 auf 1,0068 herab, dies entspricht
ungefähr 5,5 g oder 1,5 Proc. des dargebotenen lufttrockenen Tannins. Dies ist
wiederum ein deutlicher Beweis, dass das Maximum erreicht ist.
Die Analyse der Schafsblösse ergab einen durchschnittlichen Stickstoffgehalt der
Hautsubstanz (wasser-, asche- und fettfrei) von 17,10 Proc., also um 0,72 Proc.
niedriger als bei der Rindsblösse. Es sei an dieser Stelle bemerkt, dass bei diesen
Analysen der Fettgehalt nicht vernachlässigt werden darf, wie es bei der Rindsblösse
geschehen ist, bei welcher derselbe etwa 0,30 Proc. beträgt, was auf den
Stickstoffgehalt einen Einfluss von 0,04 bis 0,05 Proc. hat, also vollständig
innerhalb der Fehlergrenzen der Analyse liegt. Bei der Schafsblösse ist derselbe
bedeutend höher und dabei sehr wechselnd; in unserem Falle beträgt der
durchschnittliche Fettgehalt der einen Blössenhälfte 8,13 Proc. der Trockensubstanz.
Wir haben aber auch eine Schafsblösse mit 28 Proc. Fettsubstanz unter den Händen
gehabt. Der durchschnittliche Stickstoffgehalt des Schafleders war 8,38 Proc. Wir
können diese Zahl nicht direct mit den Stickstoffzahlen der gegerbten Rindsblösse
vergleichen, sondern müssen dieselbe erst auf den Stickstoffgehalt der letzteren
umrechnen und ferner die Zusammensetzung des Leders und die Menge des von 100 Th.
Blösse absorbirten Tannins bestimmen. Es ergeben sich dabei folgende Zahlen:
8,73 Proc. N
100 Th. Leder bestehen aus
49,0 Th. Hautsubstanz51,0 „ Tannin
100 Th. Hautsubstanz habenabsorbirt
104,1 Th. Tannin
Diese Zahlen müssen noch eine kleine Correction erhalten. Das Schafleder wird sich
durch Ausdrücken nie so vollständig von der anhaftenden Gerbstofflösung befreien
lassen als die gegerbte gemahlene Rindsblösse. Aus diesem Grunde kann hierbei der
Fehler, welcher durch Eintrocknen der anhaftenden Tanninlösung entsteht, nicht
vernachlässigt werden. Dieser Fehler kann corrigirt werden, wenn man die Menge des
aufgenommenen Tannins sowohl durch Wägungen vor und nach dem Trocknen des Leders und
durch Wasserbestimmungen, als auch durch Bestimmung der Trockensubstanz der
Tanninlösung nach dem letzten Gerbeversuche ermittelt. Es stellt sich dabei heraus,
dass das Leder 269,5 g Wasser mit 2,88 g Tannintrockensubstanz = 1,36 Proc. der
fett- und aschefreien Ledersubstanz nach dem Ausringen zurückhält. Berücksichtigt
man dies, so erhält man statt der obigen die folgenden Zahlen:
8,85 Proc. N
100 Th. Leder bestehen aus
49,7 Th. Hautsubstanz50,3 „ Tannin
100 Th. Hautsubstanz absor-biren
101,2 Th. Tannin
Vergleicht man diese Zahlen mit den früher erhaltenen, so sieht man sofort ihre gute
Uebereinstimmung. Bei dem Gerbeversuche mit der Schafsblösse waren 40 Proc. Tannin
mehr in Lösung gebracht worden als bei der vorhergehenden Versuchsreihe, im Uebrigen
die Concentrationsverhältnisse beibehalten worden, trotzdem wurde bei ersterem der
Stickstoffgehalt der Ledersubstanz nur um 0,08 Proc. niedriger gefunden als bei
letzterem. Es ist dies eine so geringe Differenz, welche ebenso gut durch
unumgängliche Analysenfehler hervorgebracht sein kann.
Es wird durch diese Zahlen wiederum die oben bereits ausgesprochene Ansicht
bestätigt, dass die Absorptionsfähigkeit der Haut in Bezug auf Tannin und andere
vegetabilische Gerbstoffe eine begrenzte ist und dass Haut im Maximum ungefähr ihr
gleiches Gewicht vegetabilischen Gerbstoff auf sich niederzuschlagen vermag.
Die Resultate der vorliegenden Untersuchung sprechen dafür,
dass man es bei der Aufnahme des Gerbstoffes durch die Blösse bei der Lohgerbung
mit physikalischen Processen zu thun hat. Die Menge des Gerbstoffes, die in
Folge von Flächenanziehung auf der Haut niedergeschlagen wird, ist wechselnd und
abhängig von der Concentration der Gerbstofflösungen; dabei ist sie aber auch
begrenzt.
Es sind in letzter Zeit im hiesigen Laboratorium eine grosse Anzahl der
verschiedensten Ledersorten untersucht worden und behalten wir uns vor, diese
Untersuchungen in dem hier entwickelten Sinne weiter fortzuführen.