Titel: | Ueber bleihaltige Fasshahnen. |
Autor: | C. Engler, G. Rupp |
Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 300 |
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Ueber bleihaltige Fasshahnen.
Von C. Engler und G.
Rupp.
Ueber bleihaltige Fasshahnen.
Das Reichsgesetz vom 25. Juni 1887, den Verkehr mit blei- und zinkhaltigen
Gegenständen betreffend, richtet sich gegen die Verwendung von Legirungen, welche zu
reich an Blei sind, und bestimmt, dass dieselben zur Herstellung von Ess-, Trink-
und Kochgeschirren, ferner für Gefässe und Gerätschaften, welche zur Herstellung
oder zur Aufbewahrung von Nahrungs- und Genussmitteln dienen, nicht mehr als 10
Gew.-Th. Blei in 100 Gew.-Th. der Legirung enthalten dürfen.
Nach § 3 dieses Gesetzes dürfen Geschirre und Gefässe zur Verfertigung von Getränken
und Fruchtsäften in denjenigen Theilen, welche bei dem bestimmungsgemässen oder
vorauszusehenden Gebrauche mit dem Inhalt in unmittelbare Berührung kommen,
ebenfalls nicht mehr als 10 Th. Blei in 100 Th. ihrer Legirungen enthalten.
Nun hat es sich gezeigt, dass schon seit längerer Zeit Fasshahnen, sogen.
Schliesshahnen zum Verzapfen von Branntwein, Wein und Essig im Verkehr sind, deren
einzelne Bestandtheile sich als so reich an Blei erwiesen haben, dass die Benutzung
derselben, namentlich zum Verzapfen von säurehaltigen Flüssigkeiten zu Bedenken
Veranlassung gibt.
Der Schaft dieser Hahnen besteht aus Holz, während die Verschlussstücke, der Reiber
oder Zapfen, d. i. die Ausflussröhre, aus einer Bleizinnlegirung hergestellt ist.
Das Oeffnen und Schliessen des Hahnens geschieht durch Drehung des Reibers mittels
eines abnehmbaren Schlüssels.
Auf Veranlassung des grossherzogl. Ministeriums des Innern haben wir über die
Fabrikation solcher Schliesshahnen Erhebungen gemacht und dadurch festgestellt, dass
fast in allen deutschen Bundesstaaten solche Fasshahnen hergestellt werden.
Die Untersuchung einer Anzahl solcher Fasshahnen, die uns von den Bezirksämtern des
Landes eingesandt wurden, führte zu nebenstehenden Resultaten:
Nach dem nachstehenden Ergebniss der Analysen sind die Legirungen fast sämmtlicher
vorliegender Fasshahnen 60 ausserordentlich reich an Blei, dass es keinem Zweifel
unterliegen kann, dass säurehaltige Flüssigkeiten, welche einige Zeit mit diesen
Hahnen in Berührung sind, Blei aus denselben aufnehmen.
Tabelle A.
100 Th. der Legirung enthalten Theile:
Bezugsquellen
Blei
Zinn
Verunreini-gungen
1
31,5
67,4
1,10
Baden
2
30,8
67,6
1,60
Württemberg
3
12,3
87,2
0,50
„
4
22,5
77,2
0,30
Hessen
5
89,2
10,0
0,80
Baden
6
64,3
34,7
1,00
„
7
67,1
31,5
1,40
Württemberg
8
19,9
78,85
1,25
Bayern
9
45,2
53,80
1,00
Baden
10
17,6
81,7
0,70
Pfalz
11
35,2
64,2
0,60
12
36,4
62,3
0,30
13
33,3
65,84
1,16
14
87,2
12,10
0,70
Hessen
15
93,5
6,4
0,10
Württemberg
16
86,5
12,3
1,20
„
17
76,6
23,0
1,40
Baden
18
51,9
47,9
0,20
„
19
34,3
64,5
1,20
„
20
64,76
33,92
1,34
Elsass
21
39,82
59,00
1,18
„
22
46,5
52,5
1,00
Bayern
23
68,77
30,97
0,26
„
24
37,6
62,0
0,40
Baden
25
93,8
6,00
0,20
Hohenzollern
26
33,5
66,4
0,10
Baden
27
33,3
66,5
0,20
„
28
3,1
96,3
0,60
„
29
61,5
37,6
1,90
„
30
20,1
79,8
0,10
„
31
56,4
43,3
0,30
„
32
29,2
70,4
0,40
„
33
11,28
88,47
0,30
„
Um die Mengen Blei, welche beim Gebrauche an Blei so reicher Geräthschaften, wie die
Passhahnen, beim Verzapfen von sauren Flüssigkeiten in Lösung gehen und in die
betreffenden Flüssigkeiten gelangen, kennen zu lernen, haben wir eine Reihe von
Versuchen in folgender Weise angestellt:
An Flaschen von etwa 6 bis 10 l Inhalt, welche am Boden mit Tubus versehen wären,
haben wir Fasshahnen angebracht und die Flaschen dann mit Branntwein, Wein und Essig
beschickt. Nach 1-, 6-, 12- und 24 stündiger Versuchsdauer wurden je 100 cc der
betreffenden Flüssigkeit durch die Hahnen abgelassen und darin das gelöste Blei
quantitativ bestimmt.
Diese Versuche ergaben Folgendes:
Wie diese Versuche zeigen, sind die Mengen von Blei bezieh. von Bleisalzen, welche
beim Gebrauche von so stark bleihaltigen Fasshahnen in die zum Genüsse bestimmten
Nahrungs- und Genussmittel gelangen, nicht unbeträchtlich und dürften nicht ohne
störenden Einfluss auf die menschliche Gesundheit sein.
In Anbetracht dessen schien uns, wenn auch die Fasshahnen zur Zeit schon sinngemäss
unter die Bestimmungen des Reichsgesetzes, betreffend den Verkehr mit blei- und
zinkhaltigen Gegenständen, speciell unter den § 3 des Gesetzes fallen, dennoch eine
Ergänzung dieses Paragraphen empfehlenswerth, wodurch der Gebrauch solcher
Schliesshahnen zum Verzapfen von menschlichen Nahrungs- und Genussmitteln
ausgeschlossen wird.
Es dürfte sich vielleicht die folgende Fassung des bezüglichen Absatzes im § 3
empfehlen:
„Geschirre und Gefässe, sowie einzelne Theile
derselben zur Verfertigung, Aufbewahrung und
Durchleitung von Getränken
Tabelle B.
Fasshahn (I, II, III). 100 Th.
derLegirung enthalten
100 cc Branntwein (0,0768 Proc. Essigsäure) enthalten
Blei
Zinn
Verunrein-gungen
nach 1 StundeBlei = Bleiacetat
nach 6 StundeBlei = Bleiacetat
nach 12 StundeBlei = Bleiacetat
nach 24 StundeBlei = Bleiacetat
g
g
g
g
g
g
g
I
33,0
65,84
1,16
Spuren
Spuren
reichlich Spuren
reichlich Spuren
II
51,9
47,9
0,2
„
„
0,00062 = 0,0011
0,0055 = 0,0100
III
86,5
12,3
1,2
deutliche Färbung
0,00034 = 0,0062
0,000683 = 0,00125
0,0061 = 0,0111
100 cc Wein (0,65 Proc. Weinsäure) enthalten:
I
33,0
5,84
1,16
0,00164 = 0,0030
0,00246 = 0,0045
0,00205 = 0,0038
0,00274 = 0,0050
II
51,9
47,9
0,2
0,00274 = 0,0050
0,0033 = 0,0060
0,0029 = 0,0053
0,00342 = 0,0062
III
86,5
12,3
1,2
0,00205 = 0,0038
0,0024 = 0,0044
0,00246 = 0,00445
0,0034 = 0,0061
100 cc Essig
(4 Proc.) enthalten:
I
33,0
65,84
1,16
0,0018 = 0,0033
0,0027 = 0,0051
0,00478 = 0,0087
0,0041 = 0,0075
II
51,9
47,9
0,2
0,0044 = 0,0080
0,0034 = 0,0062
0,0042 = 0,0076
0,00563 = 0,0102
III
86,5
12,3
1,2
0,0072 = 0,0090
0,00546 = 0,0100
0,00752 = 0,0137
0,0082 = 0,0150
und Fruchtsäften dürfen in denjenigen Theilen, welche u.s.w.“
Bis zu einer diesbezüglichen Fassung des Gesetzes dürfte es sich empfehlen, wie es
von den badischen Verwaltungsbehörden geschieht, die Fabrikanten und Verkäufer
solcher Fasshahnen über die gesundheitsgefährdenden Eigenschaften dieser
Bleilegirungen, wie dies z.B. bei den Fasshahnen der Fall ist, wenn sie in Berührung
mit Nahrungs- und Genussmitteln kommen, zu unterrichten und vor deren Verschleiss zu
warnen.
Grossherzogl. badische Lebensmittelprüfungsstation Karlsruhe, im
März 1892.