Titel: | Ueber Benzinrectification. |
Autor: | Alex. Veith |
Fundstelle: | Band 284, Jahrgang 1892, S. 301 |
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Ueber Benzinrectification.
Von Director Dr. Alex. Veith.
Ueber Benzinrectification.
In einer früheren AbhandlungD. p. J. 1891 282 *
159. besprach ich die Verarbeitung der niedriger siedenden
Antheile des Erdöles, wobei als Kriterium eines guten Benzins und als
Haupterforderniss eine vollständige Verflüchtigung innerhalb
constanter bekannter Siedepunktsintervalle bezeichnet wurde. Unter den
verschiedenen Systemen der Rectification wurde der Heckmann'sche Apparat als besonders leistungsfähig hervorgehoben. Die in
jenem Artikel besprochene Dephlegmationsvorrichtung gab mir mittlerweile
Gelegenheit, die Einrichtung und die Principien des Heckmann'schen Colonnenapparates kennen zu lernen, die im Nachfolgenden
veröffentlicht werden sollen. Der Bau des Heckmann'schen Condensators und der damit im Zusammenhang stehenden Colonne
ist in richtiger Weise auf die physikalischen Grundsätze der Verdampfung und
Condensation von Flüssigkeitsgemischen mit verschiedenen Siedepunkten basirt. – Wenn
wir von dem Endpunkte der Rectification, von dem Condensator ausgehen, so finden
wir, dass dieser nicht den Zweck hat, durch Herstellung einer bestimmten Temperatur
der durchgehenden Dämpfe, welche gleich der Siedetemperatur. des zu gewinnenden
Stoffes ist, eine scharfe Trennung derselben nach ihren Siedepunkten zu bewirken.
Wenn die Trennung auf diese Weise möglich wäre, so würde man die Colonne ganz
entbehren können, man könnte ja sonst z.B. dadurch, dass man ein Gemisch von
Essig und Wasserdämpfen durch einen 99° C. warmen Raum leitet, eine vollkommene
Trennung von Essig- und Wasserdämpfen erzielen, und würde auch, indem man ein
Gemisch von Alkohol- und Wasserdämpfen durch einen Raum von 78° C. leitete,
absoluten Alkohol gewinnen können, was, wie bekannt, nicht möglich ist.
Es findet nämlich schon in der Colonne die Condensation eines Theiles der
durchgehenden Dämpfe statt. Die Zusammensetzung der im Condensator restirenden
Dämpfe ist eine andere wie die der Flüssigkeit, die sich im Condensator befindet
bezieh. in die Colonne zurückfliesst. Wenn man also ein Dampfgemisch zum Theil
condensirt, so enthält das Condensat stets weniger von den leichtsiedenden
Bestandtheilen, als die restirenden Dämpfe. Es besteht, wie für gewisse Substanzen
bekannt, ein constantes Verhältniss zwischen der Zusammensetzung der Dämpfe und
Flüssigkeiten. Für einen bestimmten Zustand ist es wohl gleichgültig, ob er
entstanden ist durch theilweise Condensation der Dämpfe oder theilweise Verdampfung
der Flüssigkeit. Schwebt z.B. über einem siedenden Flüssigkeitsgemisch vom Gewichte
a + w ein Dampf vom Gewichte a1 + w1, so hat die Zusammensetzung von a : w ein
bestimmtes Verhältniss zu a1 : w1 und es ist gleich, ob a + w entstand aus einem
Dampf a + a1 + w + w1 durch Condensation von a + w, oder ob aus der Flüssigkeit a + a1 + w + w1 der Dampf
a1 + w1
entwickelt wird. Es findet also im Condensator, wie erwähnt, eine Trennung der
Stoffe in dem Sinne statt, dass die in ihn tretenden Dämpfe zum Theil wieder
niedergeschlagen werden, und dass dann das Niedergeschlagene eine procentlich niedrigere, der restirende Dampf eine procentlich höhere
Zusammensetzung hat als die eintretenden Dämpfe. (Aus einem Dampf von 80a +
120w können sich bilden 50 a1 + 50 w1 und ein Condensat von 30 a11 + 70 w11.)
Ein Condensator, der eine allmähliche Trennung der Dämpfe bewirkt, derart, dass
zuerst ein Theil derselben condensirt wird, wodurch die restirenden Dämpfe reicher
an leichtsiedenden Substanzen werden und vom Rest wieder ein Theil verdichtet wird,
in Folge dessen das Uebrigbleibende sich anreichert, ein solcher Condensator
entspricht den physikalischen Grundsätzen, und allen diesen Anforderungen genügt
auch der Heckmann'sche Condensator. Es werden bei
diesem die gebildeten Condensate im Momente der Bildung vom übrigbleibenden Dampf getrennt. Für
die mit dem Condensator in Verbindung stehende Rectificircolonne ist es nothwendig,
dass eine gewisse Menge möglichst leichtsiedender Flüssigkeit niedergeschlagen und
zum Rücklauf gebracht werde. – Dies wird dadurch erreicht, dass man in Rechnung
zieht die Fläche des ersteren × der Temperaturdifferenz × dem
Durchgangscoefficienten. Das Quantum des Rücklaufs hängt auch ab von der
Reichhaltigkeit der zu rectificirenden Flüssigkeit und von der Einrichtung der
Colonne. Je mehr sich die Verhältnisse der Colonne dem theoretisch wünschenswerthen
Effect nähern, um so geringer ist das Quantum des nothwendigen Rücklaufs; indessen
ist der theoretisch günstigste Fall nicht gut erreichbar, weil die Maasse der
Colonne über das praktisch Erreichbare hinausgehen. Die Temperatur des aus dem
Condensator auf den obersten Boden der Colonne fliessenden Rücklaufs soll gleich
sein derjenigen, bei welcher die Flüssigkeit auf diesem Boden siedet. – Ist diese
geringer, so muss sie durch die aufsteigenden Dämpfe auf das richtige Maass gebracht
werden, wozu eine theilweise Condensation derselben nöthig ist. Einen Vortheil
irgend welcher Art gewährt dies nicht. Da die Grösse des Condensators sich nach dem
Quantum Rücklauf und nach der Temperaturdifferenz bestimmt, welche zwischen dem
Dampf und dem Kühlwasser herrscht, so kann diese Differenz, welcher proportional die
Wärmeabgabe stattfindet, sehr gut durch den Zufluss des Kühlwassers regulirt werden,
daher kann ein Condensator nie zu gross sein, denn man
hat es in der Hand, die Temperatur des Wassers fast derjenigen des Dampfes gleich zu
machen und so das Niederschlagen gänzlich zu vermeiden. Ein Condensator kann zu
klein sein und ist es auch, wenn durch seine Einrichtung der Rücklauf in die Colonne
zu kalt wird. Nicht minder wesentlich ist die Colonne, deren Abmessung in richtigem
Verhältniss zu dem Apparat gewählt werden muss. Wenn der Condensator keine andere
Wirkung hätte, als diejenige, einen Theil der in ihn geleiteten Dämpfe zu
condensiren, den anderen Theil entweichen zu lassen, und wenn die procentliche
Zusammensetzung der Dämpfe, die in ihn treten, gleich wäre derjenigen der Dämpfe und
der Flüssigkeiten, die ihn verlassen, wenn also der Condensator keine Art von
Dephlegmation bewirken würde, so müsste die Colonne doch arbeiten und die
Rectification stattfinden. Man würde demnach eine Trennung der Flüssigkeiten von
verschiedenem Siedepunkt bewirken können, denn die Zusammensetzung dessen, was vom
Condensator in die Colonne zurückfliesst, würde immer viel mehr von dem
leichtsiedenden Theil enthalten, als die aus der Blase steigenden Dämpfe, und den
aufsteigenden Dämpfen wäre dennoch Gelegenheit geboten, beim Aufstieg die in ihnen
enthaltenen schwersiedenden Antheile gegen leichtsiedende umzutauschen. Wie erwähnt,
leistet der Condensator diese Arbeit, indem er gleichzeitig die Stoffe scheidet.