Titel: | Ueber stationäre Dampfmaschinen in Amerika. |
Autor: | Freytag |
Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 79 |
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Ueber stationäre Dampfmaschinen in
Amerika.
(Schluss des Berichtes S. 54 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Ueber stationäre Dampfmaschinen in Amerika.
III. Maschinen mit selbsthätiger Expansion und auslösender
Steuerung.
Die Corlissmaschine, die erste von allen selbsthätigen Expansionsmaschinen, ist zur
Zeit wohl die am häufigsten anzutreffende, mit auslösender Steuerung arbeitende
Dampfmaschine in Amerika, wenn nicht in der ganzen Welt; die mannigfachen
Verbesserungen, welche seit 1848, dem Jahre ihrer Einführung, an dem
Auslösmechanismus und den Abschlussorganen getroffen sind, beruhen auf denselben
Grundprincipien, welche der ursprünglichen Construction bereits eigenthümlich waren,
doch sind dieselben nichtsdestoweniger höchst bemerkenswerth.
Der Auslösmechanismus besonders ist im Laufe der
Jahre derart vervollkommnet worden, dass beinahe jegliche Rückwirkung auf den
Regulator wegfällt, auch wurde mit Hilfe von Luftbuffern ein schnelleres Abschneiden
der Dampfzufuhr, sowie ein Wachsen der Umdrehungszahlen der Maschine erreicht. Die
der Abnutzung am meisten ausgesetzten Flächen erhielten grössere Abmessungen und die
Einzeltheile der Maschine wurden derart gefertigt, dass sie selbst grösseren
Geschwindigkeiten bezieh. Dampfdrücken vollständig gewachsen sind; auch auf die
äussere Form der Maschine wurde immer mehr Sorgfalt verwendet.
Nach über 40jähriger Erfahrung hat sich für eine bestimmte Cylindergrösse die
Leistung der Corlissmaschine um 75 Proc., in einigen Fällen um 100 Proc. vermehrt.
Es betrug z.B. die Anzahl der Umdrehungen vor 30 bis 40 Jahren ungefähr 60 in der
Minute, bei einer Kesselspannung von 60 oder 70 Pfund (4,2 oder 5 at), während heute
Umdrehungen von 70 bis 100 in der Minute und Kesselspannungen von 80 oder 100 Pfund
(5,6 oder 7 at) und mehr nichts Seltenes sind.
Eine Maschine von 18'' (457 mm) Cylinderdurchmesser für 48'' (1219 mm) Kolbenhub
entwickelte früher 100 bis 120 indicirte , während heute dieselbe Maschine
mindestens 175 leisten muss, in vielen Fällen jedoch, nach den
Indicatordiagrammen 225 und selbst 250 leistet.
Textabbildung Bd. 285, S. 79Fig. 101.Steuerung zu Corlissmaschinen Als besonders schätzenswerthe Einzeltheile der Corlissmaschine sind die
seit dem Jahre 1850 zur Verwendung gelangten Rundschieber zu bezeichnen, deren
Gestalt und Bewegung die schädlichen Reibungswiderstände, sowie Abnutzungen auf
äusserst geringe Beträge zurückführt; die ersten Corlissmaschinen waren mit bereits
getrennten, aber ebenen Schiebern ausgeführt.
Die Curven der an Corlissmaschinen abgenommenen Indicatordiagramme entsprechen nahezu
den theoretischen Linien und auch die mittlere Spannung kommt dem theoretischen
Werthe derselben nahe, ja übersteigt denselben sogar, wenn die
Umdrehungsgeschwindigkeit gering genug ist, um eine starke Nach Verdampfung nach
erfolgtem Abschneiden des Arbeitsdampfes zu gestatten. Die kurzen directen
Einströmkanäle mit geringem schädlichen Raum bieten dem Dampf keine grossen
Condensationsflächen und sind dem ökonomischen Betreiben der Maschine günstig, auch
wird in Folge des langen Hubes derselben der eintretende Dampf nur verhältnissmässig
geringe Condensationsverluste erleiden.
Vom Standpunkte des Maschinenfabrikanten betrachtet, lässt sich die
Corlissmaschine sehr billig herstellen, denn zur Bearbeitung der meisten
Einzeltheile derselben sind nur gewöhnliche normale Werkzeuge erforderlich;
dieselben werden ausserdem in Massen und in solchen Abmessungen gefertigt, dass eine
grosse Anzahl derselben, wie Gestell, Schwungrad, Welle, Regulator mit
Auslösmechanismus, Luftbuffer u. dgl., für Maschinen mit verschiedenen
Cylinderdurchmessern Verwendung finden können.
Textabbildung Bd. 285, S. 79Steuerung zu Corlissmaschinen. Von der grossen Anzahl auslösender Hahnsteuerungen haben namentlich drei
Constructionen grössere Verbreitung gefunden.
Die in der Abbildung Fig. 101 dargestellte Steuerung
älterer Construction zeichnet sich durch grosse Haltbarkeit und sicheres Arbeiten
aus, doch ist die Rückwirkung auf den Regulator eine sehr veränderliche und der
Winkel, welchen die Hahnkurbel beschreibt, kleiner als bei der in Fig. 102 und 103 ersichtlichen
Steuerung. Letztere besteht aus einem auf dem Führungsstücke B der Hahnspindel lose drehbaren Hebel A,
welcher mittels Lenkstange von der Steuerscheibe aus seine Bewegung erhält und eine
Klinke trägt, die bei ihrer Bewegung mit einem Anschlag des auf der Hahnspindel
aufgekeilten Hebels C zusammentrifft; sobald die Klinke
bei ihrer Aufwärtsbewegung mit dem vorstehenden Theile L eines vom Regulator eingestellten Ringes zusammentrifft, löst sich die
Klinke von dem Anschlage des Hebels C und dieser geht
unter Mitwirkung des Luftbuffers schnell in seine ursprüngliche Stellung zurück,
wodurch das Abschneiden des Dampfes durch den Schieber erfolgt. Eine andere neuere
Construction dieser Steuerung, bei welcher die das Zusammentreffen der Klinke mit
dem Anschlage des auf der Hahnspindel festgekeilten Hebels sichernden Federn in
Wegfall gekommen sind, veranschaulichen die Abbildungen Fig. 104 und 105.
Textabbildung Bd. 285, S. 79Steuerung zu Corlissmaschinen. Der Hebel A führt sich mittels Zapfen in dem
Schlitze einer vom Regulator eingestellten Scheibe und die mit ihm verbundene Klinke
P löst sich von der Fangplatte C,
sobald der Hebel A durch den Schlitz entsprechend
verstellt ist; die Fangplatte ist mit der Stange B
verbunden und hebt sich, wenn sie mit der Klinke P in
Eingriff kommt.
Die zum schnellen Abschluss des Einströmdampfes dienenden Luftbuffer bestanden
ursprünglich aus einem mit Gewicht belasteten Plungerkolben, der sich in einem dicht
schliessenden Cylinder bewegte; nach erfolgtem Auslösen wurde der Hahn durch das
fallende Gewicht beeinflusst, wobei die im Cylinder comprimirte Luft durch eine
kleine Oeffnung entweichen konnte.
Um die Wirkung dieses Luftbuffers noch mehr zu beschleunigen, ordnete man ein Vacuum
an und setzte den Buffer aus zwei Plungerkolben A und
B (Fig. 106) zusammen, von
denen der eine den doppelten Durchmesser des anderen besitzt; sobald die beiden
Kolben sich heben, wird die Luft unter dem kleinen Kolben verdünnt; während die
durch das Ventil C eingesaugte Luft unter den grossen
Kolben tritt. Das Vacuum unterstützt somit das Gewicht des Plungers beim Schliessen
des Hahnes, und die Luft unter dem Kolben B verhindert
etwaige Stösse; das in den Boden des Cylinders eingeschraubte kleine Ventil D gestattet allein ein Austreten von Luft. Fig. 107 zeigt eine
andere gebräuchliche Form eines Luftbuffers, bei welchem die in den Compressionsraum
getretene Luft von der einen Kolbenseite nach der anderen und nun nicht mehr mit dem
unangenehmen Geräusch ins Freie entweicht; das kleine im Innern liegende Ventil
wirkt als Widerstand auf die Vacuumkammer. Die Kolben der Luftbuffer arbeiten
gewöhnlich ohne irgendwelche Packung – lange Dichtungsflächen mit Oelnuthen genügen
für das Dichthalten vollständig; mitunter ist eine Lederstulpenpackung am unteren
Ende des Vacuumplungers vorgesehen. Die Luftbuffer werden gewöhnlich direct auf dem
Steinfundament des Dampfcylinders befestigt, doch verlängern auch einige Fabrikanten
das Fussgestell des Cylinders, um die Luftbuffer hier aufstellen zu können.
Textabbildung Bd. 285, S. 80Luftbuffer zu einer Cylindersteuerung. Zur Regulirung der Dampfvertheilung dient in den meisten Fällen ein
gewöhnlicher Watt'scher Pendelregulator (Fig. 108 und 109), welcher zur
Vermeidung springender Bewegungen mit einem Oelbuffer (Fig. 110) versehen ist;
seine Geschwindigkeit überschreitet selten 60 Umdrehungen in der Minute.
Diese Regulatoren functioniren beim gewöhnlichen Betriebe ganz zuverlässig, da die
Bewegung der Muffe, welche den Veränderungen der Füllung von 1/16 bis 3/10 des
Kolbenhubes entspricht, nur ⅓ des ganzen Regulatorhubes ausmacht. Wenn die Maschine
angelassen werden soll, wird die Regulatormuffe so weit gehoben, dass sie auf
einen Bolzen P zu liegen kommt, welcher so angebracht
ist, dass die Muffe um ⅓ des ganzen Regulatorhubes von ihrer niedrigsten Stellung
entfernt liegt; nachdem die Maschine in Gang gebracht ist, wird der Bolzen P entfernt; fällt nun die Muffe in ihre tiefste Lage,
so legt sich ein kleiner Ansatz K (Fig. 102) der vom
Regulator eingestellten Scheibe gegen die Klinke und verhindert, dass dieselbe mit
dem Anschlage des auf der Hahnspindel festgekeilten Hebels zusammentrifft – die
Hähne werden demnach nicht mitgenommen und die Maschine stellt ihre Bewegungen ein.
Bei schwer belasteten Maschinen mit plötzlichen Geschwindigkeitsänderungen werden in
Amerika übrigens auch die Regulatoren von Porter, Pröll
und Hartnell mit gutem Erfolg angewendet.
Textabbildung Bd. 285, S. 80Watt'scher Pendelregulator. Der Cylinder einer Corlissmaschine ist in Fig.
111 dargestellt; selten sind die Cylinder einfacher Maschinen mit
Dampfmänteln versehen und nur Holzverkleidungen, unter denen sich Haarfilz, Asbest
oder Schlackenwolle, zuweilen auch nichts befindet, dienen dazu, Wärmeausstrahlungen
zu verhüten. Die vier Schieberkammern an den Enden des Cylinders sind leicht zu
bearbeiten und die Hahnschieber drehen sich so in denselben, dass zuerst die inneren
Kanalkanten A für den Eintritt des Dampfes frei werden
und dieser nicht erst um den Schieber herumzuströmen braucht, um in den Cylinder zu
gelangen. Der Hohlraum B zwischen Ausströmkanal und
Wandung des Cylinders dient dazu, dem letzteren durch den Ausströmdampf nicht zuviel
Wärme zu entziehen.
Textabbildung Bd. 285, S. 80Fig. 111.Cylinder einer Corlissmaschine. Die Cylindermodelle besitzen gewöhnlich abnehmbare Flanschen und
Schieberkammern, so dass ein und dasselbe Modell für Cylinder von verschiedenem Hub
benutzt werden kann. Den Querschnitt der Einströmkanäle nimmt man in der Regel zu 7
Proc., denjenigen der Ausströmkanäle des Dampfes zu 10 Proc. der Kolbenfläche, wobei
Kolbengeschwindigkeiten
bis zu 650' in der Minute (3,3 m in der Secunde) statthaft sind. Die Rohre für
Ein- und Ausströmung des Dampfes werden bei kurzen Längen zu 1/10 bezieh. ⅓ des
Kolbendurchmessers genommen. Die schädlichen Räume betragen, je nachdem der Hub
kürzer oder länger ist, 4 Proc. bis 2 Proc. des Cylindervolumens.
Der Durchmesser der Rundschieber beträgt gewöhnlich ¼ bis 5/16 vom
Kolbendurchmesser. Cylinder von mehr als 40'' (1016 mm) Durchmesser werden meistens
ohne Modell in Lehm geformt.
Die Schieber sind auf ihren Stangen verschieden befestigt; entweder lässt man die aus
Rothguss oder Bronze gefertigten Stangen durch die ganze Länge der Schieber treten,
oder man verbindet die Stahlstange mit dem Schieber durch einen an der ersteren
sitzenden Kopf, der in eine entsprechende Aussparung der letzteren genau eingepasst
wird.
Gebräuchliche Grössen von Corlissmaschinen sind mit ihren Hauptabmessungen in Tabelle
IV zusammengestellt; es ist aus dieser zu ersehen, dass denselben
Cylinderdurchmessern zwei, auch drei verschiedene Kolbenhübe entsprechen. Die
Cylindermodelle lassen sich, wie bereits erwähnt, für diese verschiedenen Kolbenhübe
leicht umändern und auch die Modelle der Grundplatten können in einigen Fällen durch
Verlängerung ihrer freien Enden für mehrere Maschinengrössen benutzt werden.
Ebenso wie bei den Drossel- und schnellaufenden Expansionsmaschinen gehören zu jedem
Hube wenigstens zwei verschiedene Cylinderdurchmesser, und es sind deshalb auch hier
einzelne Maschinentheile für verschiedene Maschinengrössen verwendbar. In einigen
Fällen lässt sich auch der gesammte Steuerungsmechanismus (mit Ausnahme der
Hahnspindeln, deren Länge verschieden ist) für zwei auf einander folgende
Cylinderdurchmesser verwenden; zwei Regulatorgrössen genügen gewöhnlich für die
sämmtlichen, in der Tabelle angegebenen Maschinen.
Tabelle IV. Normale Corlissmaschinen.
(Alle Abmessungen sind in Zoll [engl.] ausgedrückt, mit Ausnahme
des Schwungraddurchmessers und der Kolbengeschwindigkeit, welche in Fuss [engl.]
angegeben sind.)
Textabbildung Bd. 285, S. 81Cylinder; Indicirte Leistung in
HP; Schwnungrad; Kurbellager; Einströmkanal; Ausströmkanal; Kurbelzapfen;
Kreuzkopfzapfen; Durchmesser; Hub; Minutliche Umdrehungen;
Kolbengeschwindigkeit in der Minute in Fuss (engl.); Normal; Oekonomisch;
Maximal; Durchmesser in Fuss (engl.); Gewicht in Pfund (roh); Länge;
Durchmesser des Einströmrohres; Durchmesser des Ausströmrohres; Breite;
Durchmesser der Schieberkammer; Durchmesser der Hahnspindel; Durchmesser der
Kolbenstange Die Maschinen arbeiten mit und ohne Condensation; ihr
Speisewasserverbrauch hängt von verschiedenen Umständen – der Geschwindigkeit, der
Belastung, dem Zustande der Schieber u. dgl. – ab. Es wurde durch Versuche
festgestellt, dass Nichtcondensationsmaschinen mit Leistungen von über 200
bei dichten Schiebern, 4- bis 5facher Expansion des Arbeitsdampfes und einer
Kesselspannuug von 80 oder 90 Pfund (5,6 oder 6,3 at) für Pferdekraft und Stunde 27
Pfund (12,2 k) und Condensationsmaschinen derselben Grösse 19 Pfund (8,6 k) an
Speisewasser verbrauchten.
In der Regel arbeiten die Condensationsmaschinen mit niedrigeren Kesselspannungen und
kleineren Geschwindigkeiten als die Nichtcondensationsmaschinen, da die geringe
Compression derselben dies erfordert.
Bei dieser Gelegenheit erscheint es angezeigt, einige Mittheilungen über den
Unterschied zwischen der für die Pferdekraft verbrauchten, aus dem Indicatordiagramm
berechneten Dampfmenge dieser Maschinen und der verdampften Speisewassermenge
anzufügen. H. Barnes, welcher vielfach Gelegenheit
hatte, Ermittelungen hierüber anzustellen, hat die bei dichten Schiebern und Kolben
und verschiedenen Cylinderfüllungen aus den Indicatordiagrammen gewöhnlicher
Corlissmaschinen mit nicht ummantelten Cylindern von über 20'' (508 mm) im
Durchmesser, denen der Dampf trocken, jedoch nicht überhitzt zugeführt wurde,
berechneten durchschnittlichen Speisewassermengen in Procenten des gesammten Speise
Wasserverbrauches in einer Tabelle zusammengestellt, welche wir nachstehend
wiedergeben.
In vielen Fällen, wo Undichtheiten an den Schiebern oder dem Kolben festgestellt
wurden, stellten sich noch
erheblichere Verluste heraus, als aus der Tabelle hervorgeht.
Tabelle V.
Füllung in Procentendes Kolbenhubes
Aus dem Indicator-diagramm
berechneterSpeisewasserverbrauchin Procenten
Durch Cylinderconden-sation
aufgebrauchteSpeisewassermengein Procenten
5
58
42
10
66
34
15
71
29
20
74
26
80
78
22
40
82
18
50
86
14
Diese Zahlen begründen die Annahme, dass bei geringen Undichtheiten der totale
Condensationsverlust bei 4facher Expansion constant ist und 25 Proc. des
verbrauchten Speisewassers betragen soll.
Die Gewichte der Schwungräder (Tabelle IV) wachsen nicht proportional den Leistungen
der Maschinen; sie sind gewöhnlich für die kleineren Geschwindigkeiten, mit denen
die Maschinen laufen, schwer genug. Bei den grössten Maschinen sind die Abmessungen
des gleichzeitig zur Kraftübertragung dienenden Schwungrades derartige, dass
dasselbe schwerer wird, als der Festigkeitscoefficient vorschreibt. Bei den
kleinsten Maschinen, wo die Kolbengeschwindigkeit noch nicht den Werth von 480' in
der Minute (2,44 m in der Secunde) erreicht, sind die Schwungräder verhältnissmässig
noch schwerer. Wenn die niedrigste Kolbengeschwindigkeit einer Maschine 480' in der
Minute beträgt, lässt sich das Schwungradgewicht für diese Geschwindigkeit annähernd
aus der folgenden Formel berechnen:
W=700000\,\frac{d^2\,S}{D^2\,R^2} worin
W
das Gewicht des Schwungrades in Pfund,
d
den Cylinderdurchmesser in Zoll,
S
„ Hub in Zoll,
D
„ Durchmesser des Schwungrades in Fuss,
R
die der Kolbengeschwindigkeit von 480' entsprechendeminutliche
Umdrehungszahl bedeutet.
Die Maschinen variiren je nach ihrer Grösse und Ausführung ganz erheblich im Preise;
die grössten und kleinsten derselben kosten mehr als diejenigen für mittlere
Leistungen. Der Preis stellt sich auf 15 bis 17 Doll. und das Gewicht auf 220 bis
250 Pfund für die normale Pferdestärke.
Eine vorzüglich durchconstruirte Corlissmaschine ist diejenige von Brown in FitchburgBericht über die Weltausstellung in Philadelphia
1876 von Radinger S. 58.;
sie arbeitet mit flachen Rostschiebern, welche nur kleine Bewegungen auszuführen
haben. Die senkrechten Schieberflächen der Einströmkanäle liegen seitlich an beiden
Enden des Cylinders, diejenigen der Ausströmkanäle wagerecht unter dem Cylinder. Die
Auslasschieber erhalten durch je eine auf der Steuerwelle sitzende Daumenscheibe
eine constante und schnelle Bewegung; die Steuerwelle wird mittels Zahnräder von der
Kurbelwelle aus betrieben. Die Bewegungen der Einströmschieber sind von der
Regulatorstellung abhängig. Jeder Schieber ist mit einem von einem Excenter
bethätigten Hebel und jede Schieberstange mit einer oscillirenden Klinke verbunden,
welche bei ihrer Aufwärtsbewegung gegen einen vom Regulator eingestellten Hebel
trifft; sobald dieses geschieht, wird die Klinke ausgelöst und der Schieber
fällt unter dem Einfluss seines Eigengewichtes, sowie des auf dem oberen
Schieberstangenende wirkenden Dampfdruckes schnell abwärts. Das untere Ende jeder
Schieberstange ist mit einem Luftbuffer verbunden. Die Maschinen werden in denselben
Grössen wie die mit Hahnschiebern arbeitenden Corlissmaschinen gebaut.
Die Steuerung der im In- und Auslande hinlänglich bekannten Wheelockmaschine wurde
mit ihrer abgeänderten Schieberconstruction 1890 275 *
490 bereits beschrieben.Siehe ausführlicher: Die Dampfmaschinen der Pariser
Weltausstellung 1889 von Freytag S.
76.
Bei dieser Maschine sind die Hahnschieber in leicht konisch gehaltenen Kammern
untergebracht, welche an den unteren Enden des Cylinders sitzen, und zwar liegt die
Einströmkammer jedesmal unmittelbar hinter der Ausströmkammer. Bei der mit einem
einzigen Excenter arbeitenden Steuerung regelt der Auslasschieber die Voreilung,
sowie das Oeffnen und Schliessen des Ausströmkanals, während der Einströmschieber
den Füllungsgrad der Maschine bestimmt.
Es gibt noch zwei andere vielfach ausgeführte Corlissteuerungen, doch sind dieselben
den bereits genannten Steuerungen nachgebildet und kann deshalb von einer
ausführlicheren Behandlung ihrer Einzeltheile hier Abstand genommen werden.
IV. Verbundmaschinen.
Es wäre ein Irrthum, anzunehmen, dass sich in Amerika irgendwelche Dampfmaschinentype
eines besonderen Ansehens zu erfreuen hätte; die vorausgegangenen Mittheilungen
könnten leicht Jemand auf diese Vermuthung bringen, jedoch ist es Thatsache, dass in
diesem Lande neue Typen von Maschinen nur allmählich aufkommen.
So konnte auch die Verbundmaschine nur langsam zu dem Ansehen gelangen, welches sie
heute geniesst, um so schwieriger, als der Betrieb mit eincylindrigen
Corlissmaschinen, wenn dieselben mit Condensation arbeiten, ein äusserst
ökonomischer ist und dieselben deshalb, sowie ferner wegen der höheren
Beschaffungskosten und dem geringeren Nutzen, welcher den Dampfmaschinenfabrikanten
aus dem Bau von Verbundmaschinen erwächst, schwer zu verdrängen waren.
Erst seitdem die Dreifach-Expansionsmaschinen augenscheinlicher den grossen
ökonomischen Vortheil erkennen liessen, der sich bei der stufenweisen Expansion des
Dampfes in zwei oder mehreren Cylindern ergibt, haben die Maschinenfabrikanten in
Amerika diesem Gegenstand erhöhtere Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl bereits vordem
einige bewährte Constructionen von Verbundmaschinen entstanden waren.
Vor einigen Jahren erregten die Corliss-Verbundmaschinen wegen ihrer bedeutenden
Leistung grosses Aufsehen; zu den bemerkenswerthesten Maschinen dieser Art gehört
die berühmte von Corliss selbst erbaute
Pawtucket-Pumpmaschine, welche nur 6,4 k Speisewasser für 1 indicirte und
Stunde brauchte.Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1889 S. 171. Aehnliche, nach denselben Grundsätzen gefertigte
Maschinen mit Leistungen von 200 bis 2000 sind in grösseren Fabriken und
elektrischen Centralstationen Amerikas im Betrieb. Diese
Maschinen arbeiten mit Cylindern Seite an Seite, während solche für kleinere
Leistungen nach dem Tandemsystem mit hinter einander liegenden Cylindern gebaut
werden.
Bei den Tandemmaschinen liegt gewöhnlich der Niederdruckcylinder der Kurbel am
nächsten und die gemeinschaftliche Kolbenstange beider Cylinder lässt sich durch die
Stopfbüchse des Niederdruckcylinders nach der Kurbel zu entfernen. Die Verbindung
zwischen Hoch- und Niederdruckcylinder wird auf verschiedene Weise hergestellt;
zuweilen bringt man zwischen die beiden Cylinder ein halboffenes oder geschlossenes
mit seitlichen Durchbrechungen versehenes Zwischenstück, oder man verbindet
dieselben durch kräftige zwischen angegossenen Kloben der Cylinder liegende Stangen;
im letzteren Falle sind die Cylinder zugänglicher. Ein oder zwei
Maschinenfabrikanten legen den Hochdruckcylinder nächst der Kurbel, so dass der
Niederdruckkolben zugänglicher wird; in derartigen Fällen wird selbstverständlich
die Kolbenstange nach hinten herausgezogen.
Corliss-Verbundmaschinen mit Cylindern Seite an Seite sind zuweilen mit zwei
Excentern für die Niederdruckschieber versehen, von denen das eine die Bewegungen
der Ausströmschieber regelt; hierdurch erhält man reichliche Compression, und es
sind auch die schädlichen Räume stets mit Dampf angefüllt.
Die Corliss-Verbundmaschinen arbeiten mit wenigen Ausnahmen sämmtlich mit
Condensation; das Cylinderverhältniss stellt sich wie 3½ oder 4 : 1. Da grössere
Füllungen als 3/10
des Kolbenhubes sich mit dieser Steuerung nicht erreichen lassen, schwankt das
totale Expansionsverhältniss zwischen 12 und 20; eine 16fache gesammte Expansion ist
sehr gebräuchlich.
Die Spannung des zum Betreiben dieser Maschinen dienenden Kesseldampfes variirt
zwischen 90 und 120 Pfund (6,3 bis 8,5 at) und erreicht zuweilen eine Höhe von 135
Pfund (9,5 at). Die Dampfvertheilung erfolgt in der Weise, dass der mittlere Druck
auf den Niederdruckkolben so klein als möglich ausfällt; 14 Pfund für 1 Quadratzoll
(1 k für 1 qcm) ist nicht ungewöhnlich. Mit 120 Pfund (6,3 at) Kesselspannung und
16facher totaler Expansion kann man einen mittleren Druck von 24 Pfund (1,7 at) auf
den Niederdruckkolben erhalten.
Bei den ersten Corliss-Verbundmaschinen bestimmte der Regulator nur die Füllung des
Hochdruckcylinders, während diejenige des Niederdruckcylinders von Hand eingestellt
wurde. Eine von Corliss erbaute Walzenzugmaschine war
mit zwei Regulatoren, einer für jeden Cylinder, ausgerüstet. Gewöhnlich regelt jetzt
ein Regulator die unabhängig von einander eingestellten Füllungen in beiden
Cylindern und es überträgt in derartigen Fällen der Regulator seine Bewegungen
zunächst auf einen Zwischenhebel, von wo sie dann den Auslösmechanismen beider
Cylinder mitgetheilt werden. In Fabriken wird der für Heizzwecke und andere
Verrichtungen gebrauchte Dampf oft aus dem Zwischenbehälter entnommen; um den Druck
in diesem letzteren möglichst hoch zu erhalten, sind verschiedene Einrichtungen
getroffen worden, wobei die Füllung im Niederdruckcylinder unter Mitwirkung des
Regulators durch den Druck im Receiver geregelt wird.
Dampfmäntel werden bei den besseren Maschinen dieser Type stets angeordnet. Es ist
gebräuchlich, den Mantel des Hochdruckcylinders als eine Erweiterung des
Schieberkastens auszuführen, während der Mantel des Niederdruckcylinders als
zum Receiver gehörig betrachtet werden kann, da er direct den Dampf aus dem
letzteren erhält, welcher dann, nachdem er den Cylinder erwärmt hat, in die
Schieberkammern strömt. Die ebenfalls mit frischem Dampf ummantelten Receiver von
Guss- oder Schmiedeeisen werden gewöhnlich gleich dem 1½fachen Volumen des
Niederdruckcylinders ausgeführt. Fig. 112
veranschaulicht die zweckmässige Construction eines gusseisernen Receivers mit
gewelltem Heizkanal. Das Condenswasser aus sämmtlichen Mänteln wird zuweilen durch
eine kleine Pumpe, welche durch den die Luftpumpe betreibenden Hebel in Thätigkeit
gesetzt wird, nach dem Kessel zurückgedrückt; diese Einrichtung sichert eine gute
Circulation des Heizdampfes.
Man findet nicht selten Verbundmaschinen mit Leistungen von über 400 indicirten
, welche mit ummantelten Cylindern und einem Kesseldruck von 120 Pfund (8,5
at) für indicirte und Stunde 14 bis 15 Pfund (6,4 bis 6,8 k), in einigen
Fällen sogar nur 13½ Pfund (6,12 k) an Speisewasser verbrauchen. Diese
Verbrauchsziffer kommt derjenigen der Dreifach-Expansionsmaschinen mit 150 Pfund
(10,6 at) Kesselspannung ziemlich nahe und rührt daher, dass die Curven der
vereinigten Diagramme sich den theoretischen Linien beinahe nähern und ferner durch
die Innencondensation eine kleinere Dampfmenge verloren geht, als bei den
Eincylindermaschinen von gleicher Grösse. Der Verlust durch die Innencondensation
stellt sich bei ¼ Füllung und ummantelten Cylindern auf noch nicht 23 Proc. des
verbrauchten Speisewassers.
Textabbildung Bd. 285, S. 83Fig. 112.Receiver. In den letzten Jahren sind eine Anzahl Dreifach-Expansionsmaschinen nach
dem System Corliss für Kesselspannungen von 150 Pfund
(10,6 at) erbaut worden, doch ist es noch nicht möglich, eine endgültige Angabe über
den Dampfverbrauch derselben geben zu können.
Eine Maschine mit sechs wagerechten Cylindern, deren Kolben derart auf zwei Kurbeln
wirken, dass auf jede derselben die Leistung eines Hoch-, Mittel- und
Niederdruckcylinders durch eine einzige Kolbenstange übertragen wird, bildet eine
neuere Construction dieser Maschinentype. Eine andere Maschine besteht ebenfalls aus
zwei Kurbeln, denen die in vier Cylindern entwickelte Leistung übertragen wird; in
diesem Falle wirken ein Hoch- und ein Niederdruckcylinder mittels gemeinschaftlicher
Kolbenstange auf die eine Kurbel, während der Mitteldruck- und ein zweiter
Niederdruckcylinder auf die andere Kurbel wirken.
Für die schnellaufenden Verbundmaschinen mit
selbsthätiger Expansion ist ebenso wie bei den Corliss-Verbundmaschinen als
einfachste Anordnung diejenige nach dem Tandemsystem zu empfehlen. Regulator- und
Schieberbewegung des Hochdruckcylinders sind hierbei ähnlich wie bei den
eincylindrigen Maschinen dieser Type; der Schieberweg ist mit wechselnder Füllung
veränderlich und steht unter dem Einflüsse des Regulators.
Bei den ersten schnellaufenden Verbundmaschinen beherrschte, wie dies bei den
ersten Corliss-Verbundmaschinen der Fall war, der Regulator sowohl die
Steuerungsorgane des Hochdruck- wie auch diejenigen des Niederdruckcylinders; die
ungenügende Dampfvertheilung der Nichtcondensationsmaschinen bei geringen
Widerständen und der Mangel genügender Compression der Condensationsmaschinen bei
bedeutenden Widerständen veranlasste viele Fabrikanten; diese Anordnung
aufzugeben.
Die schnellaufenden Verbundmaschinen mit Cylindern Seite an Seite sind für den
Hochdruckcylinder mit einer ähnlichen Steuerung versehen, wie die
Eincylindermaschinen dieser Type. Der Niederdruckschieber wird durch ein festes
Excenter mitgenommen. Der im Hochdruckcylinder wirksam gewesene Dampf strömt durch
ein unter den Cylindern liegendes Rohr in den Niederdruckcylinder.
Textabbildung Bd. 285, S. 84Schnellaufende Verbundmaschinen.Fig. 113 und 114 veranschaulichen
eine schnellaufende Verbundmaschine, bei welcher der von einem festen Excenter
bewegte Niederdruckschieber unter und zwischen den beiden Cylindern liegt.
Die Kurbeln sind gegenseitig um 180° versetzt und ohne Gegengewichtsscheiben
ausgeführt. Der Hochdruckcylinder ist mit Dampfmantel umgeben. Eine derartige mit
Condensation arbeitende Maschine von 16½ bezieh. 25'' (419 bezieh. 635 mm)
Cylinderdurchmesser für 15'' (381 mm) Kolbenhub entwickelt bei 260 minutlichen
Umdrehungen und einer anfänglichen Dampfspannung von 110 Pfund (7,5 at) eine
indicirte Leistung von 300 ; ihr Gewicht beträgt ungefähr 30000 Pfund (13600
k).
Textabbildung Bd. 285, S. 84Fig. 115.Einfach wirkende Verbundmaschine. Diese Maschinen werden mit Condensation in Grössen für 75 bis 500
gebaut – ein Anfangsdruck von 110 Pfund (7,5 at) und eine Kolbengeschwindigkeit von
650' in der Minute (3,3 m in der Secunde) vorausgesetzt; der mittlere effective
Druck im Niederdruckcylinder beträgt hierbei bei 9facher Gesammtexpansion 30 Pfund
für 1 Quadratzoll engl. (2,1 k für 1 qc). Das Cylinderverhältniss stellt sich wie
2,4 : 1. Mit einem Kesseldruck von 120 Pfund (8,5 at) und in Grössen für 100
bis 300 brauchen diese Maschinen für jedes Indicatorpferd 16 bis 19 Pfund
(7,2 bis 8,6 k) Speisewasser in der Stunde.
Eine einfach wirkende Verbundmaschine ist in Fig. 115 dargestellt; ein einziger von einem
Schwungradregulator bethätigter Kolbenschieber regelt hier die Dampfvertheilung
beider Cylinder. Die Kurbeln sind um 180° gegenseitig versetzt. Bei dieser Anordnung
erfolgt die Expansion im Niederdruckcylinder gleichzeitig mit der Compression im
Hochdruckcylinder. Die Nachtheile übermässiger Compression sind durch den grossen
schädlichen Raum des Hochdruckcylinders, welcher ungefähr ⅓ seines Volumens
ausmacht, ausgeglichen; der höchste Druck des comprimirten Dampfes wird damit für
alle Expansionsgrade gleich dem anfänglichen Dampfdruck. Der schädliche Raum in dem
Niederdruckcylinder ohne Condensation ist so gross, dass die Compressionsspannung
bei kleinen Füllungen die zulässige Grenze nicht übersteigt. Eine solche Maschine
mit Condensation mit 14 bezieh. 24'' (356 bezieh. 610 mm) Cylinderdurchmesser für
14'' (356 mm) Kolbenhub entwickelt bei 250 minutlichen Umdrehungen und 120 Pfund
(8,5 at) Kesselspannung eine Leistung von 200 indicirten .
Es gibt noch andere Verbundmaschinen mit zwei Vertheilungsschiebern, indess sind
dieselben weniger zahlreich anzutreffen. Die Schieber dieser schnellaufenden
Maschinen sind meistens Kolbenschieber, selten entlastete Flachschieber.
Schnellaufende Verbundmaschinen ohne Condensation werden auch gebaut, doch genügen
dieselben den Anforderungen bis jetzt noch in keiner Weise, es sei denn, dass sie
für einen constanten Widerstand construirt sind; für sehr veränderliche Widerstände
geben sie bei den jetzt gebräuchlichen Dampfspannungen nur ungenügende Resultate.
Bei günstigen Belastungen und ungefähr 6facher Gesammtexpansion, sowie einem
Kesseldruck von 120 Pfund (8,5 at) stellt sich der Dampfverbrauch dieser Maschinen
ungefähr gleich demjenigen einer einfachen Corlissmaschine ohne Condensation mit 80
Pfund (5,6 at) Kesselspannung.
Freytag.