Titel: | Manganbronze. |
Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 113 |
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Manganbronze.
Manganbronze.
Einem von dem Geh. Bergrath Heusler zu Bonn in der
Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde gehaltenen Vortrage und
weiteren Mittheilungen desselben entnehmen wir, dass nach den neueren Fortschritten
in der Anwendung der Legirungen des Mangans mit Kupfer die sogen. reinen
Manganbronzen geeignet sind, die Kupferzinnbronzen zu ersetzen und dieselben, was
Festigkeit und Dehnung, sowie die weitere mechanische Verarbeitung anbelangt,
erheblich übertreffen.
Bekanntlich kann man bei den Phosphor- und Siliciumbronzen den Gehalt an Phosphor und
Silicium über diejenigen Mengen hinaus, welche die Desoxydation des Kupferoxyduls
beim Schmelzen herbeiführen, nicht beliebig und nur etwa bis zu 1 Proc. steigern,
weil sonst unbrauchbare Legirungen entstehen.
Abweichend von diesen Vorgängen verhält sich das Mangan, indem dessen Zusatz mit ¼
bis ½ Proc. zum Kupfer nicht allein eine völlige Desoxydation herbeiführt, sondern
auch bis 30 Proc. gesteigert werden kann und dann immer noch brauchbare
Kupfer-Manganlegirungen liefert. Das Mangan bildet daher bei den Legirungen mit
Kupfer, Zinn und Zink, sowie auch Nickel über 1 Proc. hinaus einen wesentlichen
constituirenden Bestandtheil der Legirungen. Ganz besonders ist dies der Fall bei
den sogen. reinen, nur aus Kupfer und Mangan bestehenden Manganbronzen, welche sich
wegen ihrer innigen und homogenen Verbindung nicht allein für Gusszwecke, sondern
auch zur weiteren mechanischen Verarbeitung und zur Herstellung von Rundstangen,
sowie Draht und Blechen eignen.
Die reinen Manganbronzen für Gusszwecke werden im Verhältniss von
98
Proc.
Kupfer
:
2
Proc.
Mangan
96
„
„
:
4
„
„
80
„
„
:
10
„
„
85
„
„
:
15
„
„
hergestellt und weisen nach einer grossen Reihe von
Zerreissversuchen in diesen Zusammensetzungen
eine
absolute Festigkeit
von
26
bis
41
k/qmm
„
Elasticitätsgrenze
„
15
„
20
k/qmm
„
Dehnung
„
19
„
29
Proc.,
„
Contraction
„
31
„
47
„
nach.
Geschützrohre bis zu 12 cm Durchmesser in der Zusammensetzung von 85 Proc. Kupfer und
15 Proc. Mangan haben sich bei umfassenden Schiessversuchen auf dem Schiessplatze
der Artillerieschiesschule zu Berlin wohl bewährt und den aus gewöhnlicher
Geschützbronze hergestellten Geschützrohren in der Zusammensetzung von 90 Proc.
Kupfer und 10 Proc. Zinn mindestens ebenbürtig gezeigt, so dass zu Geschützzwecken
das Zinn als selteneres Metall wohl durch das Mangan ersetzt werden kann. Es bleibt
nur noch eine Schwierigkeit zu beseitigen, welche im Ausbrennen der Legirung,
veranlasst durch die Einwirkung der Pulvergase, beruht, welche aber nicht
wesentlicher als die bei der Zinnbronze ist. Da mit dem steigenden Mangangehalte die
Härte der Legirung bedeutend zunimmt, so werden künftige Versuche darauf gerichtet
sein, eine Manganbronze von etwa 80 Proc. Kupfer und 20 Proc. Mangan, welche immer
noch die erforderlichen Eigenschaften besitzt, zu Geschützrohren zu verwenden und
derselben durch Ausschmieden eine solche Dichtigkeit zu geben, dass bei einer
höheren Festigkeit als 41 k/qmm die Einwirkung der Pulvergase erheblich
vermindert wird.
Gewalzte reine Manganbronze übertrifft schon bei einem verhältnissmässig geringen
Zusätze das gewalzte Kupfer an absoluter Festigkeit und Contraction um 15 bis 20
Proc. so dass dieselbe für Gegenstände, welche grosse Widerstände auszuhalten haben,
wie z.B. die Stehbolzen der Locomotiven, bei geringerer Dicke zweckmässiger als das
Walzkupfer benutzt wird. Ebenso werden Bleche, welche eine besondere Festigkeit
besitzen müssen, aus reiner Manganbronze hergestellt. Während das reine Kupferblech
beim Drücken und Stanzen leicht reisst, lassen sich Manganbronzebleche auf der
Stanzmaschine in complicirten Formen stanzen, ohne rissig zu werden.
Die mit Rundstangen aus gewalzter reiner Manganbronze mit geringem Mangangehalt
neuerdings angestellten Zerreissversuche haben folgende Resultate ergeben:
Rundstangen-Durchmesserin mm
Absolute Festig-keit in
k/qmm[Elasticitätsgrenze21,75]
Dehnungin Proc.
Con-tractionin Proc.
1.
27
33,58
41
75
2.
27
32,33
40
75
3.
26
34,20
33
75
4.
23
32,93
34
80,9
5.
16
32,40
29
81,75
Die neuesten Zerreissversuche mit Manganbronzerundstangen ergaben bei derselben
Zusammensetzung bei sechs Proben, welche einem Quantum von 5000 k im Durchschnitt
entnommen waren:
Absolute Festigkeitin k/qmm
Dehnungin Proc.
Contractionin Proc.
1.
36,20
28,00
74,20
2.
32,30
30,00
72,90
3.
36,20
30,00
73,70
4.
37,50
32,00
80,90
5.
35,90
30,00
72,30
6.
35,00
30,00
75,00
Das gewalzte Kupfer besitzt dagegen nur eine Festigkeit von 23 bis 25 k/qmm und eine
Contraction von höchstens 60 Proc.; die sogen. Qualitätsziffer, bestehend in
Festigkeit + Contraction, ist daher bei der Manganbronze wesentlich höher.
In elektrotechnischer Beziehung zeigen die Legirungen des Mangans nach neueren
Untersuchungen bemerkenswerthe physikalische Eigenschaften, indem durch die
Physikalisch-technische Reichsanstalt zu Charlottenburg an einer Reihe von
Legirungen, welche unter Leitung des Referenten auf der Isabellen-Hütte zu
Dillenburg hergestellt worden sind, festgestellt worden ist (Mittheilungen aus der Physikalisch-technischen Reichsanstalt. Zeitschrift für
Instrumentenkunde, Jahrg. 1890), dass sie ihren Widerstand gegen den
elektrischen Strom mit der Temperatur nur wenig verändern und daher an Stelle der
bisher verwendeten Widerstandslegirungen, wie Neusilber, Nickelin, Patentnickel,
Rheotan, vortheilhaft benutzt werden können.
Nach Prüfung einer grösseren Zahl von solchen Manganlegirungen, theilweise auch mit
einem Zusatz von Nickel, ist eine aus Kupfer, Mangan und Nickel bestehende Legirung
mit der Benennung Manganin ausfindig gemacht worden, welche sich bei einer dem
Neusilber ähnlichen Farbe schmieden und walzen, sowie zu Draht ausziehen lässt.
Bleche werden bis auf eine Dicke von 0,20 mm und Draht bis auf einen Durchmesser von
0,10 mm hergestellt.
Die in elektrotechnischer Beziehung und speciell für Messinstrumente wichtigen
Eigenschaften dieser als Widerstandsmaterial benutzten Legirung bestehen darin, dass
bei einem specifischen Widerstände von 42 die Aenderung des Leitungswiderstandes mit
der Temperatur sehr klein ist und durch einen Wendepunkt, welcher bei
Zimmertemperatur von 16° C. liegt, in einen negativen Werth übergeht. Während also
der specifische Widerstand etwa dem des Nickelins gleich ist, ist die Aenderung mit
der Temperatur in den Grenzen von – 10° C. bis + 40° C. kleiner als der zehnte Theil
von derjenigen der genannten Legirung, in der Nähe des Wendepunktes aber noch viel
kleiner. In dem für elektrische Messungen in Betracht kommenden Temperaturintervall
von 10 bis 30° C. kann daher die Widerstandsveränderung, welche bei anderen
Widerstandslegirungen eine Beobachtung der Temperatur bis auf Gradtheile nothwendig
macht, für sehr feine Messungen vernachlässigt werden.
Gemäss den Untersuchungen und Prüfungsattesten der Physikalisch-technischen
Reichsanstalt in Charlotten bürg hat sich für Manganindrähte und -Bleche das
folgende Ergebniss herausgestellt:
Specifischer Widerstandin Mikrohm
\frac{\mbox{cm}}{\mbox{cm}^2}
Mittlere Aenderung desWiderstandes für
1°Temperaturerhöhung
Draht.
Probe 1
43,0
– 0,000018
zwischen 18° und 50°
„ 2
41,0
+ 0,000010
zwischen 17° und 30°
„ 3
43,2
– 0,000017
zwischen 17° und 53°
Blech.
Dasselbe zeigte einen specifischen Widerstandvon 44,85
Mikrohm \frac{\mbox{cm}}{\mbox{cm}^2} und eine mittlere
Ab-nähme des Widerstandes von 0,000008 seines Be-trages für 1°
Temperaturerhöhung zwischen 18°und 60°
Nach zwei Prüfungen der elektrotechnischen Versuchsstation des Polytechnischen
Vereins in München haben sich folgende Resultate ergeben:
1) Für Manganindraht von 1 m Länge mit 1 mm Quadratquerschnitt für
die Temperatur 15° = 0,429 Ohm.
Temperaturcoefficient zwischen 15° und 97° = – 0,000024.
Derselbe ist also negativ, d.h. der Widerstand wird kleiner, wenn die Temperatur
steigt, und zwar für jeden Grad um 24 Milliontel seines Betrages.
2) Für Manganinblech. Widerstand von 1 mm Länge bei 1 mm
Quadratquerschnitt für die Temperatur 15° = 0,46 Ohm.
Temperaturcoefficient zwischen 15° und 96° = – 0,000014.
Auch hier ist also der Temperaturcoefficient negativ; es vermindert sich der
Widerstand für jeden Grad der Temperaturerhöhung um 20 Milliontel seines
Werthes.
Ferner:
Für Manganindraht. Widerstand von 1 m Länge bei 1 mm
Quadratquerschnitt für die Temperatur 20° = 0,459 Ohm. Temperaturcoefficient
zwischen den Temperaturen 13° und 97° = – 0,0000295, – 0,0000288, – 0,000030, also
im Mittel = 0,000029.
Der Widerstand nimmt also ab, wenn die Temperatur steigt, und zwar für jeden Grad um
29 Milliontel seines Betrages.