Titel: | Ueber die Lieferungsbedingungen für Mineralschmieröle bei den königl. preussischen Staatseisenbahnen. |
Autor: | M. Albrecht |
Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 115 |
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Ueber die Lieferungsbedingungen für
Mineralschmieröle bei den königl. preussischen Staatseisenbahnen.
Von Dr. M. Albrecht in
Hamburg.
(Schluss des Berichtes S. 67 d. Bd.)
Ueber die Lieferungsbedingungen für Mineralschmieröle bei den
königl. preussischen Staatseisenbahnen.
In unserem Fabrikslaboratorium sind mit diesem Apparate durch Jul. Victor Esop eine grosse Anzahl Bestimmungen ausgeführt worden und
haben sich bei diesen Versuchen die folgenden Beobachtungen ergeben:
1) Die ∪-förmigen Rohre, in welchen das Oel zum Steigen gebracht wird, dürfen an
keiner Stelle der Biegung eine Einknickung oder Verengung haben und müssen in
durchaus regelmässiger ∪-Form gebogen sein; die geringste Verengung des
Rohrquerschnittes oder eine Unregelmässigkeit der Curve verlangsamt das Steigen des
Oeles. Der innere Durchmesser dieser Rohre muss überall genau 6 mm, wie
vorgeschrieben, betragen.
2) Die Gummischläuche, welche die Glasrohre verbinden, müssen dem Durchmesser der
Rohre genau angepasst sein und vollkommen dicht schliessen. Durch das öftere
Ueberschieben des Gummischlauches über das Glasrohr wird die Elasticität des Gummis
geschwächt, wodurch leicht Druckverlust entsteht. Ebenso müssen die Quetschhähne
stets in gut schliessendem Zustande gehalten werden, um Druckverlust zu
vermeiden.
3) Mikroskopisch feine Ausscheidungen in dunklen Oelen erhöhen die Reibung im
Glasrohre und vermindern dadurch die Steighöhe. So ergaben nach unserer Beobachtung
dunkle Oele, welche längere Zeit bei Winterkälte (bei – 5° bis – 10° C.) im Freien
gelagert hatten, geringere Steighöhen als dasselbe Oel, welches bei normaler
Temperatur gelagert hatte, offenbar in Folge von mikroskopischen Ausscheidungen
fester Kohlenwasserstoffe, welche durch die anhaltende Kälte bewirkt worden sind.
Ebenso beeinflussen dem Oele anhaftende Spuren von Feuchtigkeit die
Versuchsresultate auf diesem Apparate ungünstig, wahrscheinlich in Folge der sich
bildenden mikroskopischen Eiskrystallchen. Oelproben, welche von uns dem äusseren
Umfange eines Fassinhaltes entnommen wurden, sei es mittels eines Hebers dem Bauche
des Fasses oder durch Auslaufenlassen aus dem Spundloche, ergaben stets ein
ungünstigeres Resultat, als Proben, welche aus der Mitte desselben Fasses
herausgehebert wurden; einestheils ist die äussere Schicht des Fassinhaltes durch
Anziehen von Wasser aus den feuchten Fassdauben immer etwas feucht, anderentheils im
Winter mehr durchgekältet als die Mitte der Flüssigkeit, welche durch die äussere
Schicht als schlechten Wärmeleiter vor Abkühlung geschützt ist.
Die Methode ist derartig empfindlich, dass die königl. mechanisch-technische
Versuchsanstalt in Charlottenburg aus einer
Flaschenprobe dunklen Oeles, welche wir ihr zur Untersuchung übersandten, bei sieben
Versuchen mit dem unfiltrirten Oele Steighöhen ermittelte, welche von 0 bis 11 mm
variirten (bei einem Versuche 0, bei zwei Versuchen 2, bei drei Versuchen 8 und bei
einem Versuche 11 mm), während dasselbe Oel filtrirt 10 und 13 mm stieg.
Es folgt daraus, dass bei Anwendung dieser Methode zur Feststellung der
Kältebeständigkeit des Oeles das Oel vor dem Versuche durch ein trockenes Filter
filtrirt werden muss, um brauchbare Resultate zu erhalten. Stark wasserhaltiges Oel
müsste vor dem Filtriren entwässert werden. Auch müssen die Proben stets der Mitte
des Fasses entnommen werden.
Wenn diese Vorsichtsmaassregeln nicht ergriffen werden und die Bahnverwaltungen
grosse Parthien Oele wegen Differenzen von 2 bis 3 mm Steighöhe den Lieferanten am
Bestimmungsorte, wo in der Regel eine anderweitige Verwendung für das eigens auf
Order der Bahn angefertigte und expedirte Oel fehlt, zur Verfügung stellen, so ist
das eine schwer zu rechtfertigende Belästigung und Schädigung der Industrie.
Ueberhaupt erscheint dieser Apparat zur Ermittelung des Kältepunktes für die Zwecke
der Praxis zu complicirt und zu subtil. Die früher bei verschiedenen preussischen
Eisenbahnverwaltungen angewandte Methode zur Bestimmung der Kältebeständigkeit,
welche darin bestand, dass ermittelt wurde, ob das Oel bei der vorgeschriebenen
Temperatur aus einer 5 mm weiten Oeffnung bei 30 mm Druckhöhe noch in Tropfen
ausfloss, war weit einfacher, zuverlässiger und hinreichend genau.
Zu den übrigen Vorschriften über die Beschaffenheit der Mineralöle übergehend, möchte
ich darauf hinweisen, dass die Vorschrift der Wasserfreiheit der Oele dahin präcisirt werden sollte, dass nur beim
Erhitzen stark schäumende Oele zu beanstanden seien, während Spuren von
Feuchtigkeit, welche sich durch schwaches Stossen oder Spritzen beim Erhitzen
kundgeben, keinen Anlass zur Zurückweisung des Oeles geben sollten. Wie schon
erwähnt, hat es der Fabrikant nicht in der Hand, dass die Oele, welche seine Fabrik
als vollständig wasserfrei verlassen, ebenso am Bestimmungsorte eintreffen. Es ist
unmöglich, Oelfässer auf einer mehrtägigen oder mehrwöchentlichen Reise, auf welcher
sie mehrfach umgeladen werden und im Freien zu lagern haben, vor Feuchtigkeit zu
schützen. Dass aber der Regen oder die Bodenfeuchtigkeit von aussen durch die Fugen
zwischen den Fassdauben in ein mit Oel gefülltes, unter freiem Himmel lagerndes Fass
eindringt, namentlich im Frühjahr und Sommer, wenn das Fassholz vorher durch
trockene Winde ausgetrocknet wurde, haben wir durch öftere Versuche mit ganz
unwiderleglichen Ergebnissen festgestellt.
Ein Gehalt von einem tausendstel Gewichtstheil Wasser
genügt vollständig, um Wasser in einem dicken Mineralöle durch Spritzen und
Schäumen beim Erhitzen desselben nachweisen zu können, wie wir durch Versuche
festgestellt haben, und es wird zugegeben werden müssen, dass ein derartig minimaler
Wassergehalt weder der Verwendbarkeit noch dem Werthe des Oeles in irgendwie
nennenswerther Weise Eintrag thun kann. Diesem Umstände sollten die
Eisenbahnverwaltungen billiger Weise Rechnung tragen und auch anordnen, dass Proben
zur Feststellung des Wassergehaltes der Oele stets der Mitte der Fässer zu entnehmen
sind.
Mit der Forderung, dass das zu liefernde Oel säurefrei
sei, sollte, soweit diese Forderung unbegrenzt gestellt wird, nur das Fehlen von
Mineralsäuren verstanden werden, auf welche durch Lakmustinctur im wässrigen Auszuge
des Oeles zu prüfen ist. Sauerstoffhaltige organische Producte schwach sauren
Charakters, welche durch alkoholische Natronlauge auszuziehen und durch
Phenolphtaleïn nachzuweisen sind, sind bekanntlich in geringen Mengen in den meisten
dunklen Mineralölen enthalten, schaden aber der Verwendbarkeit derselben in keiner
Weise, da diese organischen Säuren Metalle nicht angreifen und überhaupt einen so
schwach sauren Charakter haben, dass selbst ihre Alkaliseifen in wässriger Lösung
durch Stehen in der Wärme wieder zerfallen.
HoldeOesterr. Chem. u. Techn. Ztg., 1892 S.
1069. schlägt vor, diesen Gehalt an organischen Säuren
auf 0,1 Proc., berechnet als Schwefelsäureanhydrid, zu begrenzen und an helle
Mineralöle noch schärfere Anforderungen in dieser Hinsicht zu stellen. Letzteres als
berechtigt anerkennend, erscheint für dunkle Oele ein zulässiger Gehalt an
organischen Säuren von 0,1 Proc. zu niedrig gegriffen; einzelne preussische
Verwaltungen haben früher bis 0,3 Proc. Säuregehalt, als Schwefelsäureanhydrid
berechnet, als zulässig anerkannt.
Gegen die Forderung der vollständigen Löslichkeit des Oeles in Petroleumbenzin von
0,67 bis 0,70 ist nichts einzuwenden, solange mit dem blossen Auge nicht sichtbare
Spuren von unlöslichen Bestandtheilen, die bei Anwendung von 10 g Oel in keiner
wägbaren Menge auf dem Filter zurückbleiben dürfen, unbeanstandet bleiben.
Ebenso wenig sind gegen die letzten Forderungen, „das Oel darf nur schwachen
Geruch besitzen, keine fremdartigen Beimengungen enthalten und selbst nach
längerem Lagern keinen Bodensatz bilden; auch darf es keine trocknenden
Eigenschaften besitzen, d.h. in dünnen Lagen längere Zeit den Einwirkungen der
Luft ausgesetzt weder verharzen, noch zu einer firnissartigen Schicht
vertrocknen“, von Seiten der Fabrikanten Einwendungen zu erheben.
Um die in den Lieferungsbedingungen und Prüfungsmethoden der Verbesserung bedürftigen
Bestimmungen abzuändern und die Bedürfnisse des Eisenbahnbetriebes in Einklang zu
bringen mit den Ansprüchen, welche billiger Weise an die Mineralölindustrie gestellt
und von letzterer befriedigt werden können, erscheint die Berufung einer
Sachverständigen-Commission aus Eisenbahnfachmännern, wissenschaftlichen Chemikern,
welche Specialisten auf dem Gebiete der Mineralölanalyse sind, und Producenten von
Mineral Schmierölen als diejenige Maassregel, welche die schwebenden Fragen am
erschöpfendsten und befriedigendsten lösen könnte. Ein dahin zielender Wunsch ist
bereits in der Eingangs dieser Mittheilungen erwähnten Eingabe vom Herbst 1888 an
den preussischen Herrn Eisenbahnminister verlautbart worden, aber derzeit unerfüllt
geblieben. Die inzwischen verflossenen 3½ Jahre haben auf diesem Gebiete zwar
erhebliche Fortschritte, aber noch keine vollkommene Gesundung der Verhältnisse
gebracht, und diese kann nur durch die Mitwirkung aller dazu berufenen Factoren
erzielt werden.
Weitaus der überwiegendste Antheil aller in Deutschland zu Eisenbahnschmierzwecken
verbrauchten Mineralöle ist russischen Ursprunges, da die Bakuer Mineralschmieröle
am besten allen Anforderungen des Eisenbahndienstes entsprechen. Die russischen
dunklen Schmieröle werden heute den deutschen Eisenbahnen so billig geliefert, dass
von den letzten ab Hamburg gestellten Submissionspreisen von etwa 20 M. für 100 k
inclusive Zoll
etwa
61
Proc.
auf den deutschen Eingangszoll(welcher etwa 157 Proc. auf
dasunverzollte Oel beträgt),
„
31
„
auf Transportspesen von Baku nachHamburg
und nur
„
8
„
auf den Werth des Oeles entfallen.
–––––––––––––––––––––
100,00.
Es ist einleuchtend, dass an einen solch geringwertigen Stapelartikel, welcher nur
durch wohlorganisirte Massentransporte in Cysternenwaggons und Cysternenschiffen dem
Consum so wohlfeil zugeführt werden kann, nicht dieselben rigorosen Anforderungen in
Bezug auf chemische Reinheit u.s.w. gestellt werden dürfen, als an ein
hochraffinirtes chemisches Präparat. Allen billigen Anforderungen der Praxis
entsprechen aber auch diese Oele in vollkommen genügender Weise.