Titel: | Neuerungen in der Papierfabrikation. |
Autor: | Alfred Haussner |
Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 145 |
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Neuerungen in der Papierfabrikation.
Von diplom. Ingenieur Alfred
Haussner.
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Papierfabrikation.
Ersatz für Hadern.
Neben vielen Ersatzstoffen für die Papierfabrikation, hat man neuerdings den Kehricht
verwendet. Es hat sich nämlich gezeigt, dass der Inhalt der Kehrichtbehälter
gewöhnlich über 3 Proc. Lumpen, Papier, Stroh und eine Menge anderer Faserstoffe
enthält, von denen bisher höchstens die Lumpen ausgelesen und verwendet worden sind.
Die Refuse Disposal Company in London siebt den
gesammelten Kehricht vorerst mechanisch derart, dass grössere Stücke, wie Büchsen,
Lumpen u. dgl., abgeschieden werden, sodann wird derselbe durch einen Luftstrom
weiter getrennt. Die specifisch leichteren Theile, hauptsächlich aus Faserstoffen
bestehend, werden in üblicher Weise mittels Kollergänge, Holländer u.s.w. weiter
zerkleinert und auf einer Papiermaschine zu braunem Packpapier verarbeitet, während
die gewichtigeren Theile weiter sortirt werden und zu Dünger und anderen Zwecken
verwendbar sind.
Weniger merkwürdig als die Benutzung der eben erwähnten Rohstoffe ist die auch in
dieser Zeitschrift besprochene Verwendung der Rindenfasern
des Affenbrotbaumes, die um etwa 20 M. für 100 k käuflich sind und
ausgezeichnetes, festes Papier liefern, das dem japanischen ähnelt, – der in
Brasilien verwendeten Pflanzen Sapé, Cito, Pitá, die von Prof. Wiesner untersucht wurden, – der Ramiefaser, die neuerdings in Oesterreich und
Deutschland im Grossen verwendet und aus China und Indien als „rohes
Chinagras“ eingeführt, aber auch seit kurzem in Europa gebaut wird, – der
noch im Torf enthaltenen Fasern, – der aus Tabakstengeln durch eine Art von
Celluloseverfahren zu gewinnenden Fasern. Die periodisch auftauchende Nachricht von
der Gewinnung von „Fasern“ aus Kartoffeln ist wegen der Beschaffenheit der
letzteren nicht ernst zu nehmen.
Textabbildung Bd. 285, S. 145Fig. 1.Apparat zum Gewinnen der Torffaser von Beckmann. Die brauchbaren Fasern aus der Torfmasse
können nach den im D. R. P. Nr. 50516 niedergelegten Ausführungen (Patentinhaber B. J. Beckmann in Papenburg) in folgender Weise
gewonnen werden. Es wird (Fig. 1) in dem grösseren,
mit Wasser gefüllten Kasten A ein kleiner Behälter B mit Siebboden a von der
Welle c aus in schaukelnde Bewegung gesetzt, nachdem
B mit Moor gefüllt worden ist. Dieses wird dabei an
die Gitterwände g geworfen, zertheilt und der
Einwirkung des ebenfalls in Bewegung gerathenden Wassers zugänglicher gemacht, so
dass die feineren, erdigen Theilchen durch das Sieb a
in das Wasser von A gelangen und endlich nach
Erforderniss durch die Hähne v und w abgelassen werden können. Es bleibt schliesslich im
Raume B eine weniger reine Fasermasse zurück, die nach
dem Aufheben der Klappe k durch den Schlauch s nach unten austreten kann. Der Siebboden a ist durch vier Wände nach unten versteift und kann
wohl durch die schaukelnde Bewegung des Siebkastens B
ein störendes Verstopfen der Sieblöcher hintangehalten werden.
Wasserreinigung.
Für Papierfabriken ist bekanntlich reichliches und vor allem gutes, d.h. reines
Wasser eine Existenzbedingung. Insbesondere ist eisenhaltiges Wasser aus dem Grunde
gefürchtet, weil es das schönste Ganzzeug verderben kann und Ursache von schlechtem,
unansehnlichem, oft hässlichem Papier ist. Wasser ganz oder nahe eisenfrei für die
Zwecke der Papierfabrikation zu erhalten, ist entschieden sehr wichtig. Ingenieur
C. Piefke in Berlin empfiehlt ein Verfahren,
welches das Entfernen des Eisens aus dem Wasser dadurch ermöglicht, dass dasselbe
mit Luft reichlich in Berührung gebracht wird. Er beobachtete, dass ein Wasser
unmittelbar nach dem Zubringen in 1 l an Eisen 3,24 mg enthielt. Nachdem dieses
Wasser in flachen Gefässen 30 Stunden gestanden hatte, waren in demselben nur noch
0,45 mg Eisen als Oxydul enthalten und eine filtrirte Probe blieb vollkommen klar,
nachdem das Eisen als Ferridhydrat grösstentheils abgeschieden war. Letzteres konnte
sich eben aus den im Wasser befindlichen Eisenverbindungen unter Zutritt der
atmosphärischen Luft bilden. Auf diese Beobachtungen gestützt, will Piefke das Entfernen von Eisen derart durchführen, dass
das Wasser zur Höhe eines mit Koksbrocken gefüllten Cylinders gepumpt und von dort
in feinen Strahlen durch die Koksschicht abwärts fliessen gelassen wird. Nachdem das
Wasser dann auch noch Sandfilter bekannter Anordnung durchflössen hat, kann es als
von Eisen genügend gereinigt verwendet werden. Bei einer Grundfläche des
Kokscylinders von 1 qm und einer Höhe desselben von 1,5 m können im Tage bis 100 cbm
Wasser von 3 bis 4 mg Eisengehalt auf das Liter verrieselt werden.
Diese Piefke'sche Methode der Wasserreinigung gehört in
jene Gruppe von Verfahren, welche durch Zugabe geeigneter Substanzen ein
Flockigwerden des Niederschlages
und dadurch ein leichteres Entfernen, Abfiltriren desselben ermöglichen. Es
hängt dabei ganz von örtlichen Verhältnissen ab, ob dieser Vorgang durchführbar ist,
ob nicht ein derartiges Verfahren als zu theuer erklärt werden muss. Bei dem durch
so mancherlei Stoffe verunreinigten Flusswasser wird wohl nur eine genaue Analyse
sicheren Aufschluss über die Anwendbarkeit eines besonderen Verfahrens gewähren.
Probeweise können bewährte Fällungsmittel benützt und ihr Erfolg beobachtet werden.
So kann auch unter Umständen ein Zusatz von Alaun und
Soda Hilfe bringen, indem Thonerdehydrat gebildet wird, welches suspendirte
Theile einhüllt und zum Absetzen zwingt, so dass das Wasser klar abfiltrirt werden
kann.
Textabbildung Bd. 285, S. 146Fig. 2.Warren's Filter. Für Filter ist nach der Papierzeitung eine interessante Einrichtung von John Warren (Fig. 2)
durch die Cumberland Manufacturing Co. in Boston gebaut
worden. Es wird durch geeignete Hahnstellung bei E
zuerst Wasser in den Filterkästen über die Filterschicht C gedrückt. Das Wasser reinigt sich während des Durchtretens durch das
Filter und die gelochte Platte B und fliesst klar durch
J ab. Ist das Filtermaterial C schon zu stark verunreinigt, so wird der Strom
umgekehrt, indem filtrirtes Wasser zum Waschen von J
kommend durch das Filtermaterial getrieben wird, ein eingesenkter Rührer D dasselbe noch der Einwirkung des Waschwassers
zugänglicher macht, welches dann durch ein Rohr G mit
Unreinigkeiten, aber wahrscheinlich auch noch mit einer Menge Filtersubstanz
beladen, abgelassen wird. Wegen des letzterwähnten Umstandes dürfte wohl ein
Nachfüllen von Sand u. dgl. nothwendig werden, indem das Waschwasser, bis es klar
wird, viel Filtersand mitnehmen wird.
Rohfasern.
a) Hadern.
Für das alte Papierrohmaterial, die Hadern, ist auch
heute noch kein gleichwertiger Ersatz, wenigstens für die besseren und besten
Sorten gefunden. Schon jahrelang verfolgte Referent die Preise der Lumpen und
fand für die feinsten weissen, leinenen Lumpen S. P. F. F. F. fast beständig den
Preis 42 M. für 100 k. Diese geringe Veränderlichkeit im Hadernpreise gilt
allerdings nicht für alle, insbesondere die minderwerthigen Lumpen, für diese
können eben die Ersatzstoffe, wie sie heute hergestellt werden, schon gut
eintreten, und vermag dieser Umstand natürlich ein Drücken, überhaupt ein
Schwanken in den Preisen jener Sorten zu bewirken.
Gegen das Entseuchen der Hadern wird begreiflicher
Weise, wegen der damit verbundenen Kosten, von Seite davon Betroffener viel
geeifert. Besonders hervorgehoben wird von gegnerischer Seite, dass doch die
Lumpensammler und jene Arbeiter nicht geschützt werden können, welche das
Beschicken der Dämpfapparate, in welchen das Entseuchen geschehen soll, besorgen
müssen. Doch scheint es mir, als ob es noch immer besser ist, wenigstens einen
Procentsatz der Betheiligten den schädlichen Einwirkungen der in den Lumpen oft
enthaltenen Krankheitskeime, dem Staube u. dgl. zu entziehen, als gar Niemanden.
Auch der Einwand, dass die Lumpen unter der Einwirkung von Wasserdampf von etwa
115° leiden könnten, scheint mir hinfällig, weil doch von Seiten der
Wäscherinnen ein Behandeln der Lumpen mit kochendem Laugen- oder Seifenwasser
geschieht.
Zum Abscheiden von gröberen Bestandtheilen gehen die Lumpen meistens durch
mehrere Stäuber. Dies wollen Ch. E. Taylor und H. D. Bradburn in der Weise einfacher gestalten,
dass sie nach ihrem amerikanischen Patent Nr. 428429 zwei Cylindersiebe mit
ungleich grossen Oeffnungen in einander legen. Durch das innere, mit weiteren
Löchern fallen nur die grösseren Lumpenstücke nicht durch, während das äussere
nur Staub und Aehnliches durchlässt, während Knöpfe, kleine Hadernstücke u. dgl.
zurückbleiben und später einfacher als im Lumpenhaufen im Ganzen abgeschieden
werden können.
Für ein ganz eigenthümliches Verfahren hat Karl
Kellner in Wien das D. R. P. Nr. 57593 genommen. Er will nämlich durch
Zuhilfenahme der Elektrolyse von Acetat-, Nitrat- oder Sulfatlösungen, mit
welchen die Faserstoffe befeuchtet wurden, ein Verändern der Eigenschaften
derselben erzielen. So soll es möglich sein, Leinenfasern die Eigenschaften von
Baumwollfasern und umgekehrt zu ertheilen. Wie weit dies möglich ist und ob in
der Praxis davon viel Gebrauch gemacht werden wird, mag dahingestellt
bleiben.
b) Holzschliff.
Für Holzschleifer sind eine Reihe von Abänderungen
vorgeschlagen worden. Vielfach wird dabei auf Langschliff hingearbeitet, wenn
auch derselbe auf anderem Wege erlangt werden soll als der Tangensschliff nach
Patent Schmidt (vgl. 1890 275 530). Es wird in den meisten Fällen das Holz so eingelegt, dass
die Faserrichtung mit der Drehungsrichtung des Steines übereinstimmt. Dies
bringt bei solchen Schleifern, welche mit der Mantelfläche arbeiten, unter
Umständen jene Nachtheile mit sich, wie ich sie an vorbenannter Stelle
geschildert habe. Diesen Nachtheilen ist nun allerdings ausgewichen, wenn die
ebenen Steinflächen schleifen. Keineswegs sollen jedoch dabei die sonstigen,
schon so vielfach erörterten Nachtheile, die
z.B. derartigen wagerechten Schleifern anhaften, vergessen werden. Es ist
sehr fraglich, ob der früher bemerkte günstige Umstand, sowie auch die Gewinnung
grösserer Schleiffläche hinreichen, die sonstigen Unannehmlichkeiten wett zu
machen. Doch liegen gerade für wagerechte Schleifer eine Reihe von Neuheiten
vor, die sämmtlich die bessere Ausnutzung der Schleiffläche bezwecken. So ist zu
dem 1890 275 533 beschriebenen, Otto Kapp patentirten Holzschleifer von C. F. Haubold in Wernsdorf ein Zusatzpatent (D. R.
P. Nr. 46362) genommen worden. Während Kapp die
Schleifkästen durch einen Schaltmechanismus radial verstellen lässt, wird durch
Haubold die continuirliche radiale Bewegung
vorgeschlagen. Diese geschieht durch eine ganz ähnliche Einrichtung wie bei Kapp, nur ist statt des Schaltwerkes ein
Schneckentrieb vorhanden. Es sollen sich nämlich, durch die ruckweise Bewegung
der Schleifkästen veranlasst, Splitter vom Holze lösen, was dann allerdings
durch die ruhigere, continuirliche Bewegung vermieden würde.
Textabbildung Bd. 285, S. 147Fig. 3.Theuerkorn's Holzschleifmuhle. In dem D. R. P. Nr. 57595 von Otto
Theuerkorn in Chemnitz ist dieselbe Aufgabe anders gelöst. Da sich
nämlich bei der Bewegungsumkehr der Schleifkästen doch Späne abspalten sollen,
wird diese Umkehr ganz allmählich durchgeführt. Nach der Patentschrift ist in
Fig. 3 eine Skizze der Maschine gegeben. s ist der Stein, auf welchem die Presskästen z, zu einem zusammenhängenden Ganzen durch den Ring
a verbunden, lasten. In dem Gehäusedeckel b ist eine kreisrunde, gegen die Steinachse c excentrisch gestellte Oeffnung de vorhanden, in welche der Ring a sammt den Kästen z
passt. Denken wir uns den Stein in Drehung versetzt, so wird vermöge der an
seiner Oberfläche auftretenden Reibung der Ring a
drehend mitgenommen. Da dieser aber in dem festen, excentrisch gegen die
Steinachse liegenden Loch de des Deckels sich
befindet, wird er sammt den Kästen z eine Bewegung
gegen den Steinmittelpunkt erhalten. Dabei würde aber ein Abschleifen von Fasern
nur in geringem Maasse stattfinden, entsprechend der langsamen relativen
Bewegung zwischen Stein und Holz, so als ob man ein Holzstück auf die
Steinoberfläche angedrückt in der Richtung von und zu dem Mittelpunkte hin und
her schieben würde, während der Stein stille steht. Halten wir andererseits den
Ring a sammt den Kästen z fest, so wird, wie bei jedem anderen, nach ähnlichem System gebauten
Schleifer, Holzschliff gewonnen werden, nur sind hier die Kästen z nicht in derselben Entfernung vom Mittelpunkt, so
dass also fast die ganze Steinoberfläche benutzt werden kann. Da wegen der
unvermeidlichen Ungleichmässigkeit in den Pressendrücken u. dgl. auch der Stein
ungleich abgenutzt werden kann, so wird die radiale Bewegung doch eingeleitet,
aber man lässt die excentrische Scheibe nicht einfach vom Steine mitnehmen,
sondern benutzt Keilräder f, welche in den
entsprechend gestalteten Umfang von a eingreifen
und durch Riementrieb mit der Steinwelle c
verbunden sind, um die Drehungsgeschwindigkeit der excentrischen Scheibe a und damit auch die Bewegung in der Richtung des
Steinhalbmessers zu regeln. Der Stein ist bei dieser Construction sehr
vortheilhaft gefasst.
Textabbildung Bd. 285, S. 147Fig. 4.Haase's Holzschleifmühle. Wenn wir in Fig. 3 die Scheibe a thatsächlich festlegen, so dass die Schleifkästen
in verschieden grossen Entfernungen vom Steinmittelpunkte sich befinden, wie es
auch bei der eben geschehenen Besprechung erwähnt wurde, so erhalten wir die
durch D. R. P. Nr. 54666 geschützte Holzschleifmaschine von C. Haase in Borstendorf. Dieselbe ist nach der
Patentschrift in Fig. 4 gezeichnet. Schon auf den
ersten Blick stellt sich die ganze Anlage als wesentlich einfacher dar als in
Fig. 3. Die Schleifkästen b sind hier unmittelbar im Deckel fest und kann
dieser und mit ihm die Schleifkästen nach Bedarf relativ gegen den
Steinmittelpunkt von Hand aus verstellt werden, indem die Schrauben c gelüftet werden und der Deckel, da die Schrauben
c sich in langen Schlitzen desselben befinden,
verschoben wird. Für den praktischen Gebrauch scheint mir diese einfache
Vorrichtung noch am meisten empfehlenswerth. Auch hier ist der Stein sehr solid
gehalten.
Textabbildung Bd. 285, S. 147Fig. 5.Glauch's Holzschleifmühle. Von L. Plattner in Jenbach wird ein
Schleifer ohne Presskästen vorgeschlagen. Das Holz soll dabei in Scheiten von
etwa 1 m Länge durch endlose Ketten dem Steine zugeführt werden. Derselbe muss
daher ungewöhnlich breit werden. Es ist richtig, dass bei diesem Verfahren
ein weitgehendes Spalten und Zerkleinern des Holzes wie für andere
Schleifer vermieden wird. Doch mag es vorläufig, bevor Genaueres über die
Detailausführung bekannt ist, wohl noch als zweifelhaft hingestellt werden, ob
ein genügendes Anpressen des Holzes zur Herstellung von wirklich gutem,
gleichmässigem, langfaserigem Schliff, wie der Erfinder behauptet, auf so
einfache Weise möglich ist.
Für selbsthätige Holzzuführung in die Pressen der Schleifer hat Th. Glauch das D. R. P. Nr. 56445 erhalten. In der
nach der Patentschrift beigegebenen Skizze Fig. 5
erkennen wir, dass dem gut gelagerten wagerechten Stein durch die Pressen d das Holz mittels des Rades a zugeführt werden soll. Von oben fällt das Holz,
entweder auch selbsthätig durch den Zutheiler c
gebracht oder durch einen Arbeiter geworfen, zwischen die Arme des Rades a. Dieses wird hier durch Schneckentrieb von der
Schleifwelle aus langsam angetrieben, soll mit der Unterseite der Arme das Holz
an den Schleifer pressen und allmählich sich drehend einen neuen Klotz in die
Presse gleiten lassen. Hierbei mag wohl gefragt werden, wo dann, wenigstens für
kurze Zeit, der Druck auf das Holz bleibt? Bei dieser Art der Ausführung mit dem
Antriebe des Rades a von der Schleif welle aus
scheint es mir ganz unvermeidlich, dass zeitweise eine derartige Entlastung bei
einer oder der anderen Presse eintritt und so der Stein entschieden einseitig
gedrückt wird. Wenigstens theilweise könnte dies vermieden werden nach Ansicht
des Referenten, wenn der Antrieb, ähnlich wie bei so vielen
Schleiferconstructionen, bei Rad a unabhängig von
der Schleifwelle z.B. durch Gewichte oder hydraulischen Druck in irgend einer
Ausführung geschähe. Falls sich dann einmal ein Radarm nicht auf das Holz legt
und dieses presst, wie gerade nach dem Abwerfen eines Klotzes möglich, so wird
der selbständige Antrieb von a schon ein rasches
Nachdrehen desselben bewirken. Allerdings kämen dann möglicher Weise nicht
unbedeutende Stösse vor.
Textabbildung Bd. 285, S. 148Lebelt's Holzschleifer. An die Constructionen, welche einen Ersatz des theueren, unter
Umständen gefährlichen Schleifsteines erstreben, Ausführungen, auf die ich auch
in meinen früheren Berichten hingewiesen habe, reiht sich eine neue von Emil Lebelt in Bautzen, für welche Maschine das
österreichische Privilegium vom 23. Januar 1890 ertheilt worden ist. In der
Maschine, welche nach dem österreichisch-ungarischen Patentblatt in Fig. 6 und 7 skizzirt ist, haben
wir den Stein durch die Feilenscheibe A ersetzt,
welche selbst wagerecht auf der lothrechten Welle B
festgekeilt ist. Durch diese Feilenscheibe, ein Werkzeug, wie es schon lange
ganz ähnlich bei dem Centrifugalholländer Kingsland's benutzt wird, ist die Maschine charakterisirt. Wenn wir in
Fig. 7 diesen
arbeitenden Theil etwas näher ansehen, so bemerken wir die aus Gusstahl
hergestellten Feilenstücke H in Abständen im
Umkreise angeordnet, und sind dieselben durch Schraubenverbindungen lösbar und
auswechselbar mit der Scheibe A verbunden.
Aehnlich wie die Steinschärfe, die Quarzkörnchen, werden hier die Feilenzähnchen
Fasern von dem Holze lösen, welches sich in den wie gewöhnlich angebrachten
Schleifkästen E befindet und durch deren Thüren P eingelegt werden kann. Wasser vermag durch das
Ringrohr Q zuzutreten und spült den Schliff in den
Kasten D mit Thür S,
von wo er durch das Rohr R abgeleitet wird.
Vielleicht ist es möglich, hier durch die solide Lagerung der lothrechten Welle
die unangenehmen Folgen einseitiger Drücke bei wagerechten Schleifern mehr
hintanzuhalten. Doch scheint einem Stein gegenüber ein entschiedener Nachtheil
darin zu liegen, dass die arbeitenden Zähne nicht im ganzen Umfange vorhanden
sind. Doch liesse sich dies ja verbessern, so dass die Holzklötze nicht bald auf
die hervorragenden Feilen, bald wieder auf die glatten Flächen von A gepresst würden, was nicht ohne ganz merkliche
Stösse geschehen kann.
Textabbildung Bd. 285, S. 148Fig. 8.Bonett's Holzschleife. Nach Ansicht von E. F. Millard in seinem
amerikanischen Patente Nr. 449586 ist der hohe Druck, welcher bei den Pressen
der Holzschleifer angewendet wird, Ursache, dass so viel Holz zu weit
zerkleinert, todt gemahlen wird. Er erhofft von geringerem Drucke, etwa ⅕ des
bisher angewendeten, ein wesentlich besseres, gleichmässigeres Product. Es mag
zugegeben werden, dass bei geringerem Drucke die abgelösten Fasern glimpflicher
behandelt werden, doch wird Holz allein für Papier
immer ein sehr fragwürdiges Endproduct liefern und ist auch bei geringem Drucke
nur eine entsprechend kleinere Menge von Stoff in der Zeiteinheit zu
erwarten.
Edwin J. Bonett hat das amerikanische Patent Nr.
440616 für einen Schleifer erhalten, bei dem der Stein statt mit Wasser mit
Dampf gespült wird. In der nach der amerikanischen Patentschrift in der Papierzeitung erschienenen Skizze Fig. 8 umgibt den Schleifstein A, an den durch hydraulische Pressen G die Holzklötze B
gedrückt werden, eine Haube E dichtschliessend. In
den Zwischenraum zwischen Stein und Haube wird durch die Rohre D, D1 Dampf
zugeleitet, der dann durch F nach Bedarf abgeleitet
werden kann. Der Erfinder erhofft von der Benutzung des Dampfes ein geringeres
Verschmieren des Steines durch
das Harz des Holzes, weiter aber auch ein Erweichen des Holzes selbst, so
dass wohl eine Art schwach gekochter, brauner Holzschliff folgen soll.
Jedenfalls wird sehr viel auf guten Verschluss gesehen werden müssen,
insbesondere bei den Pressen, wenn nicht sehr viel Dampf verbraucht werden
soll.
Andere Verfahren, das Holz vor dem Schleifen zu erweichen, ohne die kostspieligen
Kocher wie für Braunholzschliff zu brauchen, sind von J.
Robein in Reichshofen und von A. F. Fölle
in Vienenburg angegeben worden. Man erhält nach beiden Verfahren Producte, die
in ihrem Werthe zwischen Holzschliff und Cellulose liegen dürften, ähnlich wie
Braunholzschliff. Nach Robein's D. R. P. Nr. 57538
werden 3 bis 5 cm dicke Holzscheiben in eine warme Lösung caustischer Soda
getaucht und dann in eine cementirte Grube geschüttet; dieselbe hat geneigten
Boden mit einem Abflussrohr und einem gelochten Dampfrohr. Sobald die Grube mit
Holzstücken fast gefüllt ist, kommt eine Schicht Sägespäne, dann Tücher darüber,
worauf das Ganze mit Brettern und Steinen beschwert wird und Abdampf, durch das
Dampfrohr zuströmend, das Holz durch etwa acht Tage dämpft. Mit hinreichend
Wasser gewaschen, soll das Holz dann im Kollergang zerquetscht und schliesslich
unter Einwirkung von Kalk bei 5 at Ueberdruck in einem Kocher gar gekocht zu
braunem Holzschliffe werden.
Textabbildung Bd. 285, S. 149Fig. 9.Chelius' Stoffsortirer. Während hier doch noch ein Kocher nothwendig ist, soll nach dem D. R.
P. Nr. 56107 von A. F. Fölle das zerkleinerte Holz
nur in einem Kessel kalt bei 5 at Ueberdruck der
Einwirkung einer Lauge aus Holzasche, Kochsalz, Portlandcement und Wasser durch
10 bis 12 Stunden ausgesetzt werden. Dadurch soll nach dem Schleifen eine
hinreichend zähe Faser erhalten werden, um ohne Zellstoff haltbare Pappen
herstellen zu können.
Sogar Nadeln der Nadelhölzer sollen zu Fasermaterial gebildet werden, dessen
Brauchbarkeit für die Zwecke der Papierfabrikation, so wie die Sache derzeit
liegt, noch bezweifelt werden mag. Auf Apparaten, welche mit gewissen Maschinen
der Streichgarnspinnerei auffallende Aehnlichkeit auch in der principiellen
Einrichtung haben, sollen die Nadeln vorerst gequetscht und gebrochen und dann
zu einem Faserbande gebildet werden. A. Scott in
Cronly hat hierfür das D. R. P. Nr. 54228 erlangt.
Prof. Mitscherlich ist dem Problem näher getreten,
Holzabfälle, wie Hobel- und Sägespäne, zu gewerblich brauchbaren Stoffen,
insbesondere auch aus Sägespänen geeigneten Holzschliff zu machen. Derartige
holzige Pflanzentheile sollen nach seinem D. R. P. Nr. 57889 mit einer billigen
concentrirten Salzlösung getränkt und dann sich selbst überlassen werden. Nach
dem Verdunsten des Wassers ist das Ganze wegen des Krystallisirens des Salzes zu
einer mehr weniger harten, spröden Masse geworden, die durch Mahlen, Walzen,
Kollern oder sonst auf geeignete Weise gepulvert und sodann wieder durch
Auslaugen von den Salzen befreit werden soll. Durch Anwendung des
Gegenstromsystemes kann der Salzverbrauch sehr her abgedrückt werden.
In einer eigenthümlichen Form verwendet C.
Chelius in Rumbeck ebene Siebe zum Sortiren von Papierstoff nach D. R.
P. Nr. 50359. Fig. 9 gibt nach der Patentschrift
eine Zeichnung. Ueber die Walzen A und B, von denen B die
angetriebene ist, läuft das endlose Sieb S, jedoch
nicht einfach eben im oberen und unteren Theile, sondern oben zu einer Art
Siebtrog gebildet. Dies wird erzwungen mittels der geriffelten Walzen C und D, die an ihren Enden konisch gemacht sind,
sowie durch die schief gestellten Leitrollen E.
Ganz begreiflich ist es, dass das Sieb dabei sehr angestrengt wird, indem es aus
dieser geknickten Form unten wieder in die ebene überzugehen hat. Es wird das
Sieb daher trotz des seitlichen Besatzes mit Gummistreifen wohl bald zu Grunde
gehen. Dieser Mangel dürfte reichlich die Annehmlichkeit aufwiegen, dass auch
seitlich ein Durchtreten des Stoffes, ein Sortiren, stattfinden kann. Im
Uebrigen sei bemerkt, dass der Stoff bei J
überfallend auf das Sieb gelangt. Der das Sieb durchdringende Theil füllt den
umgebenden Trog K, aus welchem er bei u überfliesst und durch v abgeleitet wird. Die gröberen Theile werden bis zur Walze B mitgenommen und dort durch ein Spritzrohr oder
sonst in passender Weise abgenommen und weiter verarbeitet. Eine Rolle F dient zum Spannen und Leiten des Siebes mittels
der Hebel H und H1, durch welche ein Verschieben der Lager von
F möglich ist. Hebel H1 kann durch das vorbeistreifende
Sieb selbst so gestellt werden, dass dasselbe gerade geführt wird.
Ohne wesentliche Neuerung scheint der Sortirer mit ebenem Sieb und Saugwirkung
von Guilford D. Rowell
nach dem amerikanischen Patent Nr. 457013 zu sein. Lassen wir bei dem 1890 277 181 beschriebenen Eilers'schen Apparate die Auf- und Abbewegung des Bodens statt durch
Excenter durch schwingende Hebel geschehen, so haben wir die „neue“
Einrichtung, von der weniger Stösse, was wohl als zweifelhaft anzusehen ist,
erhofft werden.
Zwei rotirende Siebcylinder benutzt nach D. R. P. Nr. 49745 August Thumb in Rattimau. Der innere Cylinder ist
konisch gemacht, hält nur die gröbsten Theile zurück, welche gegen den weiten
Theil kollern und dort nach dem Verschieben eines die Achse der Cylinder lose
umfassenden und geführten Tellers durch eine Oeffnung in der Seitenwand des
Siebcylinders herausfallen können.
Nach dem D. R. P. Nr. 54614 verwendet M. Bässler in
Zwickau zum Sortiren von Papierstoff die Centrifugalkraft. In Fig. 10 ist b das um
eine lothrechte Achse sich drehende Sieb im Kasten a. Dem konischen Siebe wird der Stoff aus dem Ringkanale c mittels eines Ueberfalles und des
Vertheilungsschirmes g zugeführt. Wie aus der
Zeichnung zu ersehen, gelangt der Stoff im ganzen Umkreise ziemlich gleichmässig
auf das Sieb. Er strebt, dem Gesetz der Schwere folgend, abwärts, durch
Nebenwiderstände etwas aufgehalten, und jedenfalls wird die Flüssigkeit gut
ausgeschleudert. Es scheint aber der Erfinder selbst zu fürchten, dass der Stoff
nicht im selben Maasse durchgeht, denn er wendet energische Bespritzung
durch das Rohr h an, welches viele über die
ganze Länge vertheilte Spritzlöcher besitzt und auch noch auf und ab gehende
Bewegung durch Zapfen und Nuth l erhält, um auch
etwas festgesessenen Stoff abzuwaschen. So sollen endlich alle feineren Theile
in den Kanal p, die gröberen Theile in den Kanal
m gelangen, von wo dieselben abgeleitet werden.
Ob dieser Vorgang jedoch thatsächlich so stattfindet, ob nicht viele feine Theile auch im inneren Raume bleiben –
diese Frage kann wohl nur durch einen praktischen Versuch gelöst werden.
Textabbildung Bd. 285, S. 150Fig. 10.Bässler's Sortirmaschine. Ich entschloss mich, um den wirklichen Vorgang thunlichst nachzuahmen,
Sägespäne in sehr viel Wasser, sowie einen Blechcylinder von etwa 300 mm
Durchmesser zu benutzen, der für diesen Versuch jedenfalls genügend weite
Oeffnungen, nämlich Schlitze von 7 bis 8 mm Weite und ungefähr 75 mm Länge, im
Umkreise vertheilt, besass. Der Blechcylinder wurde in rasche Drehung versetzt
und sodann am Rande das Gemenge von Sägespänen und
Wasser vorsichtig eingegossen. Schon während des Ganges merkte ich das
Ausspritzen von Feuchtigkeit; nach dem Stillsetzen der Trommel befand sich
begreiflicher Weise noch Wasser am Boden des Cylinders mit etwas Sägespänen,
während deren viele an der Wand des Cylinders klebten, trotzdem dieser mit
Oelfarbe angestrichen war. Aussen herumgespritzte Sägespäne konnte ich nur wenig
bemerken. Es gelang mir auch nicht, trotzdem ich der Trommel absichtlich Stösse
während der Drehung ertheilte, die an der Wand klebenden Sägespäne wesentlich
zum Fortrücken, allenfalls zum Durchfliegen durch die Schlitze zu zwingen, auch
wenn ich die Späne stark mit Wasser behaftet ganz an den Rand des Schlitzes
brachte. Ich glaube daraus schliessen zu dürfen, dass für das Sortiren von der Benutzung der Centrifugalkraft in
der geschilderten Weise nichts Besonderes zu erwarten ist (weil tangential die festen Holztheile nicht durchfliegen
können), wenn auch durch ein Spritzrohr, also durch Wasser, wie oben erwähnt,
fortwährend gespült wird und dieses allenfalls
Stoff nach aussen treibt. Es wird doch hauptsächlich Wasser ausgeschleudert
werden, so dass ohne das fortwährende Zuführen des Wassers eine Art Trocknung
des Stoffes geschähe, während der Stoff, nur wenig sortirt, von dem
nachströmenden Wasser in den inneren Kanal m der
Fig. 10 abgespült werden wird. Bei grösserem
Winkel des Siebkegels gegen die Achse könnte meines Erachtens besser sortirt
werden, man käme aber dann leicht auf unförmliche Ausdehnung.
c) Cellulose.
Für die Herstellung von Zellstoff richtet sich
erhöhte Aufmerksamkeit auf jene Kocher, welche nach dem Verfahren von Dr. Salomon und Brüngger, worüber schon 1890 276 54 berichtet worden ist, innen mit einer
Schutzkruste bedeckt sind, so dass das Verbleien oder Ausmauern der Kocher ganz
entfällt. Diese Schutzkruste, welche sich als Calciummonosulfit erwiesen hat,
ist nach dem D. R. P. Nr. 50789 dadurch zu erhalten, dass der von aussen geheizte Kocher innen jene Füllung von
Sulfitlauge, Gyps u. dgl. erhält, wie ich es in meinem früheren Berichte
angegeben habe. Leider gelang es mir trotz unmittelbaren Ansuchens bei den
Erfindern nicht, ein Stück jener Kruste zur Beurtheilung zu erhalten. Nach den
vorliegenden Berichten jedoch sind wenigstens vorerst für Drehkocher, wo die
Lauge unbedingt überall hingelangen kann, sehr günstige Erfahrungen gemacht
worden, so dass man wirklich versucht ist, von einer selbsthätigen, richtiger
von einer selbsterneuernden Kocherauskleidung zu sprechen. Doch ist
hervorzuheben, dass nur bei ganz bestimmter Laugenzusammensetzung, welche
begreiflicher Weise geheim gehalten wird, und richtiger Leitung des
Kochprocesses ein günstiges Resultat zu erhoffen ist. Es sollen dann keine
grösseren Stücke sich ablösen; auch soll sich die Kruste gleichmässig erhalten.
Der Wärmeaufwand, zur Heizung von aussen, ist nicht bedeutend; überdies kommt
derselbe ja auch dem Kochen selbst, wenigstens theilweise, zu gute. Gibt es doch
so viele Cellulosetechniker, welche unbedingt die Heizung der Kocher von aussen
vorziehen.
Lange zweifelte man, ob dieses Verfahren für stehende, cylindrische Kocher werde
anwendbar sein. Doch scheinen die bezüglichen Schwierigkeiten überwunden, indem
von Brüngger selbst in der York Haven Paper Co. in Pennsylvanien nach The
Paper Mill zwei aufrechtstehende, cylindrische Kocher nach dem
erwähnten Patente innen verkrustet worden sind. Die Kocher sollen derart
zufriedenstellend arbeiten, dass für die bedeutenden Fabriken von Pusey und Jones in Wilmington sechs Kocher von
derselben Art bestellt sind. Auf denselben Gegenstand bezieht sich auch das
amerikanische Patent Nr. 443924 von Sidney Smith,
welcher statt der von Salomon und Brüngger gewöhnlich angewendeten Heizung mit
Dampfmantel eine solche durch directe Feuerung (erhitzte Feuergase)
empfiehlt.
Neben der Salomon und Brüngger'schen Erfindung beansprucht volles Interesse eine
eigenthümliche Krustenauskleidung von Wilhelm
Wenzel in Wien. Blei entfällt auch hier vollständig als Schutzmaterial.
Dabei wird langsam und schichten weise eine etwa 10 cm dicke Einlage auf die
Kocherwandung gemacht, welche durch ein Gerippe von starken Eisendrähten mehr
Halt bekommt. Die Zusammensetzung der Masse ist Geheimniss. Doch verlautet, dass
Cement und Wasserglas wesentliche Bestandtheile derselben bilden. In diese
Schicht werden eigenthümliche Porzellanplatten, von Lederer und Nesseny in Wien erzeugt, eingebettet und die Fugen mit
Cement verstrichen. Nach
Wenzel's Angabe kann etwa am zwölften Arbeitstage
die erste Kochung gemacht werden. Dabei zeigt sich dann noch bei den absichtlich
im Kocherbleche zahlreich angebrachten Löchern ein Rinnen oder doch Schwitzen.
Die Auskleidung muss dann nach der Kochung ausgebessert werden und ist nach etwa
15 bis 20 Kochungen die Kruste vollständig undurchlässig. Wie bemerkt, wird das
Kocherinnere damit ausgekleidet, nur die Stutzen werden aus Phosphorbronze
gemacht, weil sich dieselbe mit der Krustensubstanz innig verbinden soll. Die
absichtlich offen gelassenen Löcher, Controllöcher, sollen ein allfälliges
Undichtwerden sofort anzeigen. Für Kocher mit innerer Heizung gewährt diese
dicke Kruste jedenfalls guten Wärmeschutz, wie auch die Erfahrung zeigt; doch
ist es wohl fraglich, ob diese Kruste bei Drehkochern geeignet ist, ob dieselbe
bei solchen nicht während des Kochens zerstört wird und ob deren Gewicht hierbei
nicht unangenehm empfunden wird. Zu den zahlreich vorliegenden günstigen
Gutachten ist jedoch zu bemerken, dass nur die besondere Erfahrung und Hingebung
Wenzel's und seiner Arbeiter gute Erfolge
erwarten lassen. Ohne diese Erfahrung mag ein Versuch wohl sehr gewagt sein.
Ganz merkwürdige Aehnlichkeit, um nicht zu sagen Uebereinstimmung, mit Wenzel's Verfahren zeigt nach dem amerikanischen
Patente Nr. 445235 das von G. F. Russell in
Lawrence, Mass.
Viel Aehnlichkeit mit dem Wenzel'schen Verfahren hat
auch das österreichisch-ungarische Privilegium vom 19. November 1890, ertheilt
an Jung und Lindig in Freiburg i. S. Danach soll
eine schützende Schicht aus Calciumeisensilicat und Calciumsilicat an denjenigen
Stellen gebildet werden, wo Sulfitlauge hingelangen kann. Der Kocher wird innen
zur Entfettung und Reinigung mit Natronlauge oder Aehnlichem abgewaschen und
dann getrocknet. Darauf folgt der Anstrich mit doppeltschwefligsaurem Kalk,
wodurch sich Calciumeisensulfit bildet. Nach abermaligem Trocknen folgt ein
Anstrich mit Kali- oder Natronwasserglas, um Calciumeisensilicate zu bilden.
Darauf kommt eine 1 bis 5 cm starke breiige Schicht aus 30 Th. Calciummonosulfit
und 50 Th. Wasserglas nebst etwa 100 Th. Chamottemehl, Quarzsand oder
Aehnlichem; diesen Ueberzug lässt man ruhig erhärten. Beim Kochen erwarten dann
die Genannten die Bildung von kieselsaurem Kalk, der den Kocher vor den
Angriffen der Sulfitlauge schützt. Allenfalls kann der Anstrich, wie früher
beschrieben, einige Male wiederholt werden, um mehrere schützende Schichten zu
bekommen. Auch Rohre, Ventile u. dgl. sollen ähnlich behandelt werden. Die
Erfinder erwarten ein gutes Anhaften der Kruste wegen der Vorbehandlung des
Eisens, sowie auch deshalb, weil der Ausdehnungscoefficient von Eisen und jener
Masse bis zur fünften Decimalstelle übereinstimmen sollen. Auf elektrolytischem
Wege können Sprünge und Risse, welche schliesslich doch entstehen, unschädlich
gemacht werden, indem sich die Zersetzungsproducte der Füllung gerade an jenen
Stellen absetzen sollen, nachdem dieselben im leeren Kocher mit Wasserglaslösung
bestrichen wurden. Viel einfacher scheint jedenfalls das Salomon und Brüngger'sche Verfahren zu sein.
Ohne jeden Schutz werden Kocher von der Desoxidized Metal
Company in Bridgeport, Nordamerika, vorgeschlagen. Aus Eisen können
solche Kocher nicht sein, weil dieselben von der Säure zu stark angegriffen
würden. Nach dem österreichisch-ungarischen Privilegium vom 1. Mai 1890
sollen dieselben aus nicht angreifbarer Bronze, frei von Oxyden und
Oxydulen, hergestellt werden. Solche Bronze soll erhalten werden, indem in
geschmolzenes Kupfer, das mit thierischem Horn sorgfältig bedeckt ist, Zinn
eingetragen wird, bis das Verhältniss von 1 Th. Zinn auf 9 Th. Kupfer erreicht
ist. Die Kocher, welche nur aus gegossenen und dann zusammengeschraubten Theilen
bestehen und sich im Ganzen von schon bekannten Formen nicht unterscheiden,
müssen wohl erst erprobt werden. Sichere Erfahrungen liegen darüber nicht vor.
Ob nicht der jedenfalls sehr hohe Preis solcher Kocher ein bedeutendes
Hinderniss für die Einführung derselben ist, mag dahingestellt bleiben. Kommen
wirklich wenig Corrosionen vor, so wird allerdings gegenüber dem Bleifutter viel
Zeit mit dem Ausbessern gespart.
(Fortsetzung folgt.)