Titel: | Fortschritte und Neuerungen auf dem Gebiete der Fabrikation von Stärke, Dextrin, Traubenzucker u.s.w. |
Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 185 |
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Fortschritte und Neuerungen auf dem Gebiete der
Fabrikation von Stärke, Dextrin, Traubenzucker u.s.w.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 280 S.
288.)
Mit Abbildungen.
Fortschritte und Neuerungen auf dem Gebiete der Fabrikation von
Stärke, Dextrin, Traubenzucker u.s.w.
Ueber Kartoffelreiben.
Construction der Reibe und, wenn die Construction entspricht, die gute Behandlung der
Reibe, sichert als gute Basis eine zufriedenstellende Ausbeute. Es handelt sich vor
allem darum, ein möglichst feines Reibsel zu bekommen.
Das feine Reibsel lässt sich leicht gut auswaschen und wenn man die Reibe mit grösstmöglicher Sorgfalt behandelt, so wird man es
nicht nöthig haben, noch auf eine gute Function von Nachzerkleinerungsapparaten, wie
Mahlgängen, Kegelmühlen u.s.w. zu rechnen. Es zeigt sich in der Praxis, dass man den
Reiben weniger gute Wartung angedeihen lässt, wenn man ausser diesen auch noch
Nachzerkleinerungsapparate zur Verfügung hat.
Unter den in jüngster Zeit bekannt gewordenen Constructionen von Kartoffelreiben
gebührt der Reibe des Stärketechnikers W. Angele in
Berlin unbedingt der Vorzug.
Wie aus Fig. 1 zu
ersehen ist, wird diese Reibe von beiden Seiten angetrieben, welcher Umstand sehr
viel zu einem gleichförmigen Gange derselben beitragen muss. Ferner besitzt diese
Reibe zwei Reibklötze, welche an verschiedenen Seiten
der Trommel in einer eigenthümlichen Weise angeordnet sind.
Die Sägeblätter haben 26 mm Höhe und 20 Zähne auf den Zoll und sind durch
Stahleinlagen getrennt.
Die Zahl der Umdrehungen in der Minute ist 900 bis 1000.
Die Construction dieser Reibe ist äusserst solide. Die Trommel hängt in einem
Gehäuse, in welches dieselbe eingedreht und eingefräst ist und daher nur überall 1,5
mm Spielraum hat. Auf diese Art können keine Schwarten
entstehen und muss ein feines Reibsel erhalten werden.
Das Gehäuse ist wagerecht in der Linie der Trommelachse getheilt, so dass der obere,
an der Auswurfseite mit Scharnier versehene, deckelartige Theil nach Lösung zweier
an der anderen Seite befindlichen Klappschrauben zurückgeschlagen werden kann, damit
man leicht etwaige Schäden an den Sägeblättern erkennen oder die Trommel leicht
auswechseln könne. Die Schrauben sind sogen. Klöppelschrauben, welche ohne Schlüssel
gelöst werden können, wobei die Schraube in einem Drehbolzen hängen bleibt.
Die Stellung, bezieh. Führung der beiden Reibklötze ist bequem und dabei sehr empfindlich. An der dem Auswurfe des Reibsels
entgegengesetzten Seite befindet sich der grössere etwa 10 cm hohe, hölzerne
Reibklotz, der eine feste Führung besitzt und an seiner Stirnseite eine Stahlkammer
trägt, in welche eine Stellschraube mit doppelter Führung trifft. Durch einfache
Oeffnung von zwei Schrauben kann der Reibklotz herausgenommen werden.
Unter der Reibetrommel befindet sich ein geschlossener, an das Gehäuse seitlich eng
anschliessender Metallmantel, welcher auf der Seite des Reibklotzes durch ein
Scharnier mit leicht zu behandelndem Bolzen gehalten wird und auf der
entgegengesetzten Seite vor der Auswurfsöffnung einen etwa 5 cm breiten, als Keil in
den Mantel eingetriebenen Reibklotz von Buchenholz trägt, welcher etwa 25 mm über
den Mantel hervorragt. Dieser zweite kleinere Reibklotz kann durch zwei an einer
kleinen mit Stellrad versehenen Welle befestigte Excenter leicht und beliebig gegen
die Reibetrommel gedrückt werden, indem die Excenter die im Scharnier bewegliche
Mantelplatte gegen die Trommel drücken. Ist die Trommel aus dem Gehäuse gehoben, so
kann man zum Zwecke der Erneuerung des Reibklotzes durch Fortziehen des
Scharnierbolzens die ganze Mantelplatte herausheben und den neuen Klotz einfach in
die keilförmige Oeffnung, die ihn aufnehmen soll, von der Seite einschlagen.
Die Kartoffeln müssen zunächst den ersten Klotz passiren, das gröbere Reibsel wird in
dem geschlossenen Hohlraum zwischen den beiden Klötzen nochmals durchgemischt und
kann die Reibe erst verlassen, wenn es den zweiten Klotz passirt hat.
Diese Reibe kann auch zur Zerkleinerung des gequellten Maises, bevor derselbe zum
zweiten Male mit schwefliger Säure eingeweicht wird, benutzt werden. Zu diesem
Zwecke ersetzt man den grösseren Reibklotz durch einen gusseisernen, welcher an der
Reibfläche ziemlich grobe, wagerechte Riffeln bekommt. Der zweite Reibklotz
verbleibt in Material, Grösse und Anordnung wie beim Reiben von Kartoffeln.
Nach Erfahrungen, welche in der letzten Campagne mit dieser Reibe gemacht wurden,
gibt dieselbe ein feineres Reibsel als eine gewöhnliche Sägeblattreibe und Mahlgang
zusammen genommen. Angele baut diese Reiben in zwei Grössen und zwar mit 550 mm und 475 mm
Trommeldurchmesser und 330 mm bezieh. 250 mm Reibfläche.
Die grössere Reibe leistet als Minimum 5000 k Kartoffeln
in der Stunde zu einem feinen Reibsel verrieben.
R = grosser
Reibklotz,
r = kleiner
„
E = Excenter,
H = Excenterhebel.
Dr. Saare hat sich auch über diese neue Reibe sehr
günstig ausgesprochen und rühmt ganz besonders die Einfachheit der Auseinandernähme und Zusammensetzung der einzelnen Theile,
welche die Neubelagung und die Controle der Reibe wesentlich begünstigen.
Diese Reibe war auch auf der vom Verein der
Stärkeinteressenten veranstalteten Ausstellung von Reiben und
Nachzerkleinerungsapparaten bei Gelegenheit der diesjährigen Generalversammlung zur
Besichtigung geboten.
Für die Höhe der Ausbeute ist die Güte der Reibe in jedem Betriebe von hoher
Bedeutung und es verdient diesbezüglich die Ausführung des Herrn Dr. Saare über diesen Gegenstand (Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 14 Nr. 32) in ihrer vollen
Deutlichkeit zur Kenntniss aller Fabrikanten gebracht zu werden.
Textabbildung Bd. 285, S. 185Angele's Reibe. Nach Saare's Erfahrungen wird gerade oft in
kleinen Betrieben, welche schon an und für sich mit höheren Unkosten arbeiten, die
Wichtigkeit dieser Maschine verkannt, weder auf zweckmässige Construction gesehen,
noch für gehörige Montirung und Instandhaltung Sorge getragen. Es ist zumeist die
allzugrosse Sparsamkeit bei der Einrichtung der Fabriken Schuld daran, dass noch
immer Reibenconstructionen Eingang finden, welche schon längst als nicht
leistungsfähig erkannt wurden, nur deshalb, weil sie billig sind.
Einige kurze Zahlenbeispiele, welche Saare anführt,
beweisen es in der unzweideutigsten Weise, dass diese Sparsamkeit sehr übel
angebracht ist. Eine Raspelhiebreibe von etwa 400 mm Durchmesser kostet 300 bis 400
M., eine ebenso dimensionirte Sägeblattreibe 500 bis 600 M. Im strengsten Falle
können also hier 300 M. gespart werden.
Wie aber schon früher Saare nachgewiesen hat (Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1889 S. 200, siehe
auch D. p. J., 1889 272
527), machen die Sägeblattreiben wesentlich mehr Stärke
frei als die Raspelhiebreiben, z.B. in derselben Fabrik
bei gleichprocentigen und gleichen Kartoffeln, gleichem Durchmesser der Trommeln und
annähernd gleicher. Tourenzahl in der Minute aus 100 Centnern 20procentiger
Kartoffeln die Raspelhiebreibe 29,3 Centner nasser Stärke, die Sägeblattreibe
33 Centner, somit 3,7 Centner mehr. Eine Fabrik, welche
täglich nur 100 Centner Kartoffeln reibt, gehört zu den kleinsten bestehenden
landwirthschaftlichen Fabriken. Trotzdem werden dort täglich 3,7 Centner feuchter
Stärke weniger gewonnen als mit einer guten
Sägeblattreibe, d.h. bei einem Preise von 3,5 bis 7 M. für 1 Centner rund um 13 bis
26 M. weniger erzielt bei gleicher Arbeit und bei
gleichem Kohlenverbrauch, somit bei einer Campagne von 150
Tagen etwa 1950 bis 3900 M.!
Und selbst wenn man die in der Pülpe verbleibende Stärke als Viehfutter zu einem
hohen Preise von 5,5 Pf. für 1 Pfund anrechnet, so resultiren bei der Annahme 3,7
Centner nasser Stärke = 1,85 wasserfreier Stärke zu 5,5 M. trotzdem Verluste von 3
bis 16 M. für 1 Tag oder in 150 Tagen ein Verlust von 450
bis 2400 M.! Somit erscheint es als erwiesen, dass bereits in einer Campagne der Verlust bei schlecht arbeitender
Reibe (Raspelhiebreibe), selbst bei den schlechtesten Preisconjuncturen viel höher
ist als die Ersparnisse gegenüber der Aufstellung einer guten Reibe
(Sägeblattreibe).
Aber selbst die bestconstruirte Reibe bedarf der sorgfältigen Aufstellung und der
unausgesetzten Beobachtung und Wartung.
Wenn dies nicht geschieht, kann oft das Resultat noch schlechter ausfallen als bei
der Raspelhiebreibe. Für die gute Function einer sonst tadellos construirten
Sägeblattreibe ist es Bedingung, dass die Sägeblätter alle gleich hoch aus den
Einlagen hervorragen, denn ein einzelnes vorstehendes Sägeblatt schlägt den
Reibklotz mehr ab als die anderen Sägeblätter, welche dann nicht mehr an den Klotz
hinanreichen und so dem groben Reibsel ungehinderten Durchgang gewähren. Die
Sägeblätter dürfen aber auch in ihrer Gesammtheit nicht zu weit aus den Einlagen
hervorragen, nie dürfen dieselben mit dem ungezahnten
Theile über die Einlagen hervorstehen. Im Allgemeinen sollen die Zähne nicht mehr
als 1 mm über die Einlagen hervortreten. Die Reibe muss
auch von Zeit zu Zeit umgedreht bezieh. mit neuen Blättern belegt werden. Wenn
Steine in die Reibe gelangt sind, so müssen sofort entweder neue Sägeblätter
eingelegt oder dieselben müssen, wenn die eine Zahnreihe noch nicht abgenutzt ist,
umgedreht werden.
Beim Neueinlegen der Sägeblätter muss man sich durch passendes Drehen der Trommel
gegen ein feststehendes eisernes Lineal oder eine feststehende Leiste davon
überzeugen, dass die Blätter überall gleich weit vorstehen. Das Gleichstellen
bezieh. Gleichrichten der Blätter muss mittels eines Kupferhammers vorgenommen
werden.
Dem Reibklotz ist die grösste Sorgfalt zuzuwenden. Wenn derselbe nicht rationell
arbeitet, so ist weniger oft die Handhabung als die Construction der Reibe Schuld
tragend.
Die Hauptmängel, welche sich bei diesem wichtigen Bestandtheil der Reibe ergeben
können, sind folgende:
1) Der Reibklotz ist nicht hoch genug, z.B. nur 5 cm; dadurch ist eine zu kleine
Reibfläche gegeben. Dieser Uebelstand liegt in der schlechten Construction der Reibe
und ist demselben nicht abzuhelfen. Ein guter Reibklotz soll 8 bis 10 cm Höhe haben.
Man hat auch doppelte Reibklötze mit 10 bis 20 cm Höhe mit Vortheil angewendet.
2) Die Bauart des Reibklotzes ist nicht richtig. Man findet oft Reibklötze, die auf
der der Reibe zugewendeten Seite völlig bis auf 2 cm keilförmig zugeschärft sind,
statt nur kurz an der oberen Kante abgestossen zu sein.
3) Der Reibklotz muss aus festem, kurzfaserigem Holze (Eichen- oder Birkenholz)
hergestellt und keinesfalls mit der Längsfaser gegen die Trommel gerichtet sein. Vor
der Inbetriebsetzung der Fabrik muss der Klotz in Wasser aufquellen und dann bis zur
leichten Führung abgehobelt werden.
4) Die Führung und Anziehung des Reibklotzes durch Schrauben muss eine feste, sehr
solide sein. Manche Maschinenfabrikanten umgeben daher den ganzen Klotz mit einem
festen eisernen Gehäuse, in welchem er läuft.Ist bei der neuen Reibe von W. Angele
durchgeführt. Die Schrauben zum Anziehen des Klotzes müssen in an
der Unterlage befestigten Muttern laufen, nicht aber letztere lose zwischen einer
Gabel stecken, wie man es häufig sieht, so dass die Schrauben bei dem starken
Gegendruck der Reibtrommel sich seitlich verschieben und der Reibklotz schief steht.
Am besten haben diese Schrauben doppelte Muttern zur Führung und zwar eine an der
Unterlage und eine im Kopfe des Reibklotzes, der durch eine Eisenschiene verstärkt
ist.
Wenn auch die Detailconstructionen verschieden sind, so muss doch als Princip gelten,
dass weder der Klotz noch die ihn gegen die Trommel drückenden Schrauben nach irgend
einer Richtung nachgeben können, so dass der Klotz nicht genau an die Trommel
anstösst, sonst sind zahlreiche Schwarten im Reibsel unvermeidlich.
5) Die obere Fläche des Reibklotzes muss, verlängert gedacht, durch die Achse der
Reibetrommel gehen, nicht über oder unter derselben durch. Die Reibetrommel muss
sehr solide gebaut sein, die überstehenden Seitenflächen müssen aufgezogene Ringe
tragen, nicht aus einem Gusstück bestehen; auch müssen diese Ringe wenigstens 25 bis
30 mm breit sein.
Je grösser der Durchmesser der Trommel ist, um so feiner wird das Reibsel. Für
kleinere und mittlere Fabriken reicht ein Durchmesser von 400 bis 500 mm aus. Die
Trommel und die Einlagen müssen sehr sorgfältig abgedreht und die Trommel ganz
besonders gut ausbalancirt sein. Auf breite und gute Lager muss gesehen werden.
Von besonderer Wichtigkeit ist es, die Reiben gut ausbalancirt zu haben. Für den
gleichmässigen Gang einer Reibe ist es unerlässlich, dass dieselbe gut ausbalancirt
sei. Im anderen Falle ist es unmöglich, ein feines
Reibsel zu bekommen.
Nach Saare (Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 15 Nr. 4) prüft man in leichter Weise eine Reibe in
dieser Hinsicht. Zu diesem Zwecke wird ein kleines Gerüst aus über Kreuz gelegten
Balken hergestellt, um die Reibetrommel hineinhängen zu können. Die beiden obersten,
parallel gelegten Balken, welche so weit aus einander stehen, dass die Trommel
zwischen ihnen Platz hat, werden mit ganz glatt gehobelten Eisenschienen
belegt, die als Lager für die Welle der Trommel dienen sollen. Diese Schienen werden
nun mit der Wasserwage genau wagerecht gestellt und dann die Reibetrommel mit der
Achse darauf gelegt. Ist dieselbe richtig ausbalancirt, so muss die Trommel in jeder Lage, welche man ihr durch Drehung gibt, still
stehen bleiben.
Befindet sich dagegen ihr Schwerpunkt nicht genau in der Mitte, so wird sie alsbald
ins Rollen kommen und erst dann die Ruhestellung einnehmen, wenn die schwerere Seite
unten ist. Um eine solche Trommel richtig auszubalanciren, muss man die leichtere
Seite (oben) durch Befestigen, Anschrauben u.s.w. von Eisentheilen an der Innenseite
beschweren und deren Grösse so bemessen, dass die oben beschriebene, gleichmässige
Balancirung vollständig erreicht wird.
Es ist natürlich auch nothwendig stets darauf zu achten, dass die Lager der Reibe
nicht abgenutzt (ausgelaufen) werden.
Die Menge der zu verarbeitenden Kartoffeln ist abhängig einmal von dem Durchmesser
der Reibetrommel, aber auch selbstverständlich von der Breite der Reibfläche. Man
kann auf 1 cm Breite bezieh. Länge des Sägeblattes etwa 1 Centner Kartoffeln in der
Stunde rechnen. Dabei ist eine Reibetrommel von 400 mm Durchmesser gedacht. Man kann
somit bei einer Länge von 25 cm der Sägeblätter etwa 25 Centner in der Stunde
reiben.
Wichtig ist es auch, dass das Gehäuse der Reibe leicht zu öffnen ist und das
Auseinandernehmen der Reibe möglichst kurze Zeit in Anspruch nimmt. In dieser
Hinsicht leistet die oben besprochene Reibe von W.
Angele Vorzügliches.
Wo der Zugang zur Reibe sehr schwer ist und das Auseinandernehmen längere Zeit in
Anspruch nimmt, wird auch die Wartung der Reibe viel zu wünschen übrig lassen.
Besonders für Trockenstärkefabriken ist auch die allgemeine Disposition der Reibe
sehr wichtig. Ihr Platz wird sich hauptsächlich nach der Wäsche richten müssen, sie
muss aber auch möglichst nahe der Siebstation sich befinden, um lange
Pumpenleitungen zu vermeiden. Auch soll die Reibe niemals in einer Vertiefung
stehen, da sonst ein Hineinfliessen von Schmutzwasser in das Reibsel nicht zu
vermeiden sein wird.
(Fortsetzung folgt.)