Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 204 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 161
d. Bd.)
Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
I. Rohmaterialien und Malz.
Ueber Kartoffelcultur liegen mehrere Arbeiten vor, von
denen wir zunächst den Bericht über die Anbauversuche der
deutschen Kartoffelculturstation im J. 1891 erwähnen, welchen der Vorsteher
der Station, C. v. Eckenbrecher, in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15
Ergänzungsheft S. 38, veröffentlicht. Im Gegensatze zu früher gelangte diesmal neben
Kunstdünger auch Stalldünger zur Anwendung. Das in Folge der schlechten Witterung
für das Wachsthum der Kartoffel sehr ungünstige Jahr bot eine willkommene
Gelegenheit, um die neueren Züchtungen auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen
Witterungseinflüsse und gegen die Krankheit zu prüfen. Es zeigte sich, dass eine
ganze Anzahl von Varietäten im Stande war, auch in schlechten Jahren hohe Erträge zu
liefern. So bewährten sich von den schon mehrmals geprüften Sorten auch im J. 1891
wiederum gut: Richter's Imperator, Simson, Blaue
Riesen; von den neuesten Züchtungen von Paulsen und Richter zeichneten sich besonders aus: Athene, Fürst
von Lippe, Minister v. Lucius und Saxonia.
An derselben Stelle, S. 76, theilt F. Heine die Resultate seiner vergleichenden Anbauversuche mit
verschiedenen Kartoffelsorten im J. 1891 mit.
Weiter berichtet Märcker daselbst S. 14 über die Bedingungen des Anbaues der neuen
Kartoffelsorten. Bei den Anbauversuchen der Kartoffelculturstation haben
einzelne Sorten ganz enorm hohe Erträge ergeben, so z.B. Blaue Riesen in einem Falle
43480 k Kartoffeln auf den Hektar. Die Leistungen der einzelnen Sorten an
verschiedenen Versuchsstellen sind aber nicht gleichartige, denn es wurden von
Blauen Riesen an einem anderen Orte nur 16800 k geerntet. Diese Verschiedenheit
führt der Verfasser darauf zurück, dass die ertragreichen Sorten sehr hohe Ansprüche
an den Nährstoffgehalt des Bodens machen. Die hohe Ertragsfähigkeit der neueren
Sorten kann daher auch nur dann voll zur Ausnutzung kommen, wenn durch
aussergewöhnlich hohe Düngung für die Zufuhr genügender Nährstoffen engen Sorge
getragen wird. Eine Ernte von 43480 k Kartoffeln entzieht dem Boden 200 k Stickstoff
und 290 k Kali, und es ist klar, dass nur in den seltensten Fällen ein Boden im
Stande sein wird, diese grossen Mengen herzugeben, dass es vielmehr einer
reichlichen Zufuhr durch die Düngung bedürfen wird. Dass aber auch von einem an
Nährstoffen armen Boden hohe Erträge durch starke Düngung erzielt werden können,
lehren die Erfolge, welche Schultz-Lupitz aufzuweisen
hat. Der Verfasser schlägt vor, im nächsten Jahre bei den ertragreichen Sorten
Versuche mit extrem hohen Gaben an Düngemitteln auszuführen, bei welchen neben
Stalldünger und 40 bis 50 k Phosphorsäure 800 k Chilisalpeter und 1500 k Kainit
finden Hektar zur Anwendung kommen müssten, und zwar zu verschiedenen Zeiten, theils
im Herbst, theils im Frühjahr, und endlich auch als Kopfdüngung. Es wäre wohl
möglich, dass eine so starke Düngung eine erhebliche Schädigung in der Qualität
bewirkte, aber versuchen müsste man es trotzdem, denn man kann die Fähigkeiten der
ertragreichen Varietäten nur dadurch erweitern, dass man ihnen die Nährstoffmengen
gibt, auf welche sie Anspruch haben; sonst können sie nicht gedeihen. Auf einen
zweiten Vortrag Märcker's, ebendaselbst S. 22, über den volkswirthschaftlichen Werth der Kartoffeln
verarbeitenden Industrien, können wir hier nur aufmerksam machen.
Untersuchungen über den Mais der Ernte 1891
veröffentlicht Otto Reinke in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 104. Es
wurden folgende Extreme beobachtet:
Wasser
Stärkemehl
Pferdezahnmais
13,75 bis 18,53
61,69 bis 63,30
Proc.
Europäischer Mais
14,28 bis 21,05
54,72 bis 63,80
„
Mischung
16,52 bis 18,21
61,00 bis 62,40
„
Besonders bei dem europäischen Mais waren die Schwankungen im Stärkegehalt nicht
allein durch den verschiedenen Wassergehalt bedingt, denn der auf Trockensubstanz
berechnete Stärkegehalt zeigte hier Schwankungen zwischen 68 bis 76 Proc., während
beim Pferdezahnmais mit etwa 74 Proc. Stärke in der Trockensubstanz nur geringe
Schwankungen beobachtet wurden. Bei ersteren Maissorten muss der Reifegrad ein sehr
verschiedenartiger gewesen sein. Auch in Bezug auf die hellere oder dunklere Farbe
der Maischen zeigten sich grosse Unterschiede.
Ueber die Ergebnisse der Preisbewerbung zur Herstellung des
besten Malzes berichtet Hayduck in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15
Ergänzungsheft S. 28. Es waren 26 Malze aus Gerste, 10 aus Gerste und Hafer und ein
reines Hafermalz eingegangen. Die Untersuchung erstreckte sich auf die Bestimmung
der diastatischen Kraft, die Ermittelung des Hektolitergewichtes, der Korngrösse,
des Gehaltes an Gesammt- und an in Wasser löslichem Stickstoff und des Gehaltes an
in Wasser löslichen Stoffen überhaupt. Die Resultate dieser Prüfungen in Verbindung
mit den Angaben über die Herstellung des Malzes ergaben im Wesentlichen Folgendes:
1) Das diastatische Vermögen war sehr verschieden, am geringsten bei den Malzen aus
Hafer oder Hafer und Gerste, woraus folgen würde, dass der Diastasegehalt des
Hafermalzes im Allgemeinen weit geringer ist, als der des Gerstenmalzes. Die in der
Praxis mit Hafermalz vielfach gemachten günstigen Beobachtungen müssen also einen
anderen Grund haben; nach Ansicht Delbrück's findet
vielleicht eine günstige Einwirkung auf die Hefe statt. 2) Ausser der Keimfähigkeit
ist die Schwere des Kornes von Einfluss auf die diastatische Wirkung des Malzes;
leichte Gersten geben ein wirksameres Malz. 3) Mit steigendem Gehalt der Gerste an
Gesammtstickstoff sowohl wie an löslichem Stickstoff nimmt die diastatische Kraft
des Malzes zu. Die Versuche bestätigten in dieser Beziehung also den von Lintner schon lange vermutheten und später von ihm und
auch von Behrend nachgewiesenen Zusammenhang zwischen
der diastatischen Kraft des Malzes und dem Gehalte der Gerste an
Stickstoffverbindungen. 4) Die diastasereichsten Malze waren diejenigen, bei
denen der Blattkeim die Länge des Kornes nicht übertraf. Mit aus wachsendem
Blattkeim nahm die diastatische Wirkung der Malze ab. 5) Bei der Entwickelung der
Wurzelkeime dagegen kommt es nicht auf die Länge derselben an, sondern auf den
Gehalt der Wurzelkeime an Trockensubstanz. Mit zunehmendem Gehalte der
Malzkeimtrockensubstanz wächst die diastatische Wirkung der Malze. 6) Die Menge der
stickstoffreien Extractstoffe im Malze steht in keiner Beziehung zur diastatischen
Wirkung. Eine solche Beziehung besteht nur zwischen den in Wasser löslichen
stickstoffhaltigen Stoffen des Malzes. 7) Ein bestes Mälzungsverfahren liess sich
nicht feststellen, mehr als das Verfahren kommt die Auswahl des Malzgutes in
Betracht. Mit gutem Malzgut lässt sich nach den verschiedensten Verfahren ein gutes
Malz gewinnen; im Allgemeinen wird das Verfahren in jedem Falle der Beschaffenheit
des Malzgutes anzupassen sein. Bis zu einer gewissen Grenze kann die diastatische
Kraft des Malzes auch durch ein rationelles Mälzereiverfahren erhöht werden.
II. Dämpfen und Maischen.
Vorschläge zur Anreicherung der Maismaischen mit
stickstoffhaltigen Hefenährstoffen werden in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 26, gemacht. Während die
Kartoffeln etwa ⅘, ihres Stickstoffes in Form von löslichen Verbindungen enthalten,
und zwar zum grossen Theil in Form der als Hefenährstoffe anerkannt gut wirkenden
Amide, bestehen die stickstoffhaltigen Körper des Mais fast ausschliesslich aus
Eiweisstoffen, von denen nur ein geringer Theil löslich ist. Durch das Dämpfen
findet nun zwar eine Bildung von Amidverbindungen statt; die Menge derselben ist
jedoch zur Ernährung der Hefe in concentrirten Maischen nicht ausreichend, und
hierin erblickt man eine wesentliche Ursache für die Schwierigkeiten, welche sich
der Vergährung concentrirter Maismaischen entgegenstellen. Man pflegt daher, wenn
man Maismaische zur Hefebereitung verwendet, derselben etwas Roggenschrot zur
Erhöhung des Stickstoffgehaltes zuzusetzen. Dasselbe Mittel kommt in Betracht, wenn
man die Hauptmaischen mit Stickstoff bereichern will, und der Verfasser empfiehlt
einen Zusatz von etwa 50 k Roggenschrot oder noch besser von Roggenmalz während des
Einmaischens für einen Bottich von mittlerer Grösse. Als ein weiteres Mittel wird
das Zumaischen von Kartoffeln in Vorschlag gebracht, jedoch in dem Sinne, dass es
sich dabei nicht um eine Bereicherung der Maische an Stärke, sondern lediglich um
die Zuführung von geeigneten Hefenährstoffen handelt. Zu diesem Zwecke bringe man
für jede Maischung 100 bis 150 k Kartoffeln mit dem Mais zusammen in das im
Henzedämpfer befindliche Wasser und dämpfe den Mais ganz wie gewöhnlich; die
Aufschliessung des Stärkemehles in den Kartoffeln wird dabei immerhin auch noch eine
einigermaassen befriedigende sein. Endlich wird für den gedachten Zweck auf die
Verwendung der Lupinen hingewiesen, welche schon an sich nicht unerhebliche Mengen
löslicher Stickstoffverbindungen enthalten, deren Menge nach Untersuchungen von Behrend durch das Dämpfen noch erheblich vermehrt wird,
so dass die Lupinen zur Anreicherung der Maischen an stickstoffhaltigen
Hefenährstoffen sehr geeignet erscheinen. Man versuche einen Zusatz von 50 bis 100 k
Lupinen für jede Maischung und
dämpfe dieselben gleichzeitig mit dem Mais. Eine Schädigung der Schlampe durch
die Lupinen ist nicht zu befürchten, da die in denselben etwa vorhandenen Giftstoffe
durch das Dämpfen zerstört werden. Auf die Zuführung von Hefenährstoffen durch die
Lupinen ist vielleicht die mehrfach bei Verarbeitung derselben behauptete Erhöhung
der Alkoholausbeute zurückzuführen, da die Lupinen an sich, weil sie kein Stärkemehl
enthalten, direct zur Erhöhung der Ausbeute nicht beitragen können. – An derselben
Stelle S. 42 berichtet Mann über Versuche, welche er,
angeregt durch obige Vorschläge, mit Lupinen und
Lupinenmalz ausgeführt hat. Die Mehrausbeute von Mais wurde jedoch nur
unerheblich, etwa um 782 Literprocent, gesteigert, so dass der Verfasser dem
Zumaischen von Lupinen kein grosses Gewicht beilegt. Dagegen hält er die Anwendung
von Lupinenmalz unter Umständen für zweckmässig zur Ersparung von Gerstenmalz. Man
kann die Lupinen mit der Gerste gleichzeitig mälzen, nur müssen sie, da 30 Stunden
Quellzeit ausreichend sind, später als die Gerste in den Quellstock gegeben
werden.
III. Gährung und Hefe.
Die Bedingungen, welche Gährflüssigkeiten erfüllen müssen,
damit Fluorverbindungen in ihnen die grösste Wirkung ausüben, hat J. Effront studirt. Wie bekannt, ist die Wirkung der
Fluoride eine doppelte: sie wirken einmal als Antiseptica, andererseits üben sie
einen directen Einfluss auf das Protoplasma der Hefezellen aus, und der Verfasser
hatte schon bei seinen früheren Untersuchungen gefunden, dass in einem bestimmten
Nährmedium eine bestimmte Menge von Fluoriden eine bestimmte Wirkung auf die
Fermente und auf die Hefe ausübt, und dass diese Wirkung sich ändert, sobald das
Nährmedium eine Aenderung erfährt. Die jetzigen Versuche, durch welche diese
Verhältnisse näher erforscht werden sollten, ergaben im Wesentlichen Folgendes:
1) Für die antiseptische Wirkung der Fluoride kommt in
erster Reihe der Säuregehalt der Maischen in Frage. In einer neutralen oder
alkalischen Würze zeigen die Fluoride, ebenso wie die Flussäure, fast gar keine
Wirkung, diese beginnt erst, sobald die Würze schwach sauer ist, und steigert sich
mit zunehmendem Säuregehalt der Würze. So beobachtete Effront z.B. die Entwickelung von Milchsäurebakterien in einer neutralen
oder alkalischen Maische noch bei Gegenwart von 50 bis 100 mg Fluoriden, während in einer Brennereimaische schon 3 bis 6 mg, in einer
Maische, deren Säuregehalt einem Gehalt von 3 g Schwefelsäure für 1 l entspricht,
sogar schon 0,5 bis 1 mg Fluoride genügten, um die Entwickelung der Fermente zu
hemmen oder sogar vollständig aufzuhalten. Ausser dem Säuregehalt ist auch die
Temperatur von Einfluss auf die Stärke der antiseptischen Wirkung. Die günstigste
Temperatur zur Erzielung der höchsten Wirkung liegt zwischen 50 und 60°, doch hat
die Temperatur insofern eine mehr nebensächliche Bedeutung, als man mit grösseren
Fluorgaben bei 30° dasselbe erreichen kann, wie mit kleineren Gaben bei 60°.
2) Bezüglich der Einwirkung der Fluoride auf das Protoplasma
der Hefezellen spielt die chemische Zusammensetzung des Nährmediums die
Hauptrolle. In reinen Zuckerlösungen; wirkt das Fluor schon in Gaben von 6 mg
Fluorverbindungen auf 100 cc Flüssigkeit schädlich auf die Hefe, sowohl
bezüglich der Gestalt der Hefezellen, als auch der Alkoholproduction, in Malzwürzen
dagegen steigern die Fluoride sehr deutlich das Wachsthum der Hefezellen und ihr
Gährvermögen. Diese Verschiedenheit wird durch die Abwesenheit bezieh. Gegenwart von
Hefenährstoffen bedingt. Vergleichende Versuche darüber, ob dabei die Gesammtheit
der Nährstoffe oder hauptsächlich nur einer und in diesem Falle welcher in Frage
kommt, führten zu dem Resultat, dass es die Phosphate und namentlich das
Kaliumphosphat ist, welches die Wirkung der Fluoride auf die Hefe regulirt. Eine
Zuckerlösung, welche keine Phosphate enthält, vergährt ohne Fluoride besser als mit
denselben, sind aber Phosphate zugegen, so verhält sich dieselbe Zuckerlösung gerade
entgegengesetzt. Ein besonderes Interesse hat der Einfluss der Phosphate auf die
Wirkung der Fluoride bei der Gährung der Melasse. Man hat hier die Fluoride schon
vielfach angewendet und bei richtiger Anwendung sehr befriedigende Resultate
erhalten. Die Erfahrung hat aber gelehrt, dass die Anwendung mit grosser Umsicht
geschehen muss und dass man bestimmte Grenzen nicht überschreiten darf, ohne sich
einer Verlangsamung oder einem Aufhören der Gährung auszusetzen. Effront führte Versuche mit Melasse aus unter Zugabe
wechselnder Mengen von Natriumphosphat und Fluorammonium, deren Ergebniss folgendes
war: Phosphat allein in Gaben von 0 bis 80 mg war ohne Einfluss auf die Ausbeute an
Alkohol. Fluorid allein in Gaben von 2 mg steigerte die Ausbeute, während 4 und 6 mg
sowohl die Ausbeute verminderten, wie auch die Vergährung verschlechterten. Dagegen
wurde bei gleichzeitiger Anwendung von Phosphat und Fluorid die Ausbeute gesteigert,
und zwar bei 6 mg Fluorid die höchste Ausbeute und beste Vergährung unter allen
Versuchen erzielt. Die Versuche zeigen demnach, wie die Wirkung der Fluoride durch
die Phosphate begünstigt wird, und zwar tritt diese Wirkung sowohl, wie auch
diejenige der Fluoride um so mehr hervor, je geringer die Menge der angewandten Hefe
war, eine schon früher von Effront u.a. gemachte
Beobachtung. Andere Versuche, welche mit sterilisirter Melasse unter Anwendung von
spaltpilzfreier Reinhefe ausgeführt wurden, bei denen also eine antiseptische
Wirkung der Fluoride nicht in Frage kam, zeigten ebenfalls, dass wenn Fluor nicht
als Antisepticum wirkt, es die Gährung jedesmal verzögert, wo es sich nicht in
Gegenwart von Phosphaten befindet, dass dagegen die Vergährung und Ausbeute
gesteigert wird, sobald die Flüssigkeit reich an Phosphaten ist. – Auch die Wirkung
der Fluoride auf die Hefe wird durch den Säuregehalt der Würze beeinflusst.
Versuche, welche mit Milchsäure in dieser Richtung ausgeführt wurden, ergaben, dass
die Hefevermehrung und Alkohol ausbeute um so mehr durch die Flussäure eingeschränkt
wird, je höher der Säuregehalt der Würze ist. (Nach Moniteur
scientifique Quesneville, Februarheft 1892 S. 81.)
Ueber die Erzielung reiner Gährungen unter Verwendung von
spaltpilzfreien reinen Heferassen und Pilzgiften berichtet Delbrück nach Untersuchungen von Matthes, Lafar und Hanow
in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15
Ergänzungsheft S. 24. Die Arbeiten von Märcker, Cluss
und Schuppan gaben dem Verfasser Veranlassung, die
Wirkung der verschiedenen Antiseptica nochmals eingehend studiren zu lassen. Neben
Flussäure und schwefliger Säure
wurde noch Milchsäure verwendet, theils allein, theils in Verbindung mit den
beiden anderen. Zu den ersten Versuchen diente eine Würze aus Darrmalz oder aus
Maismaischen hergestellt. Durch die Zusätze wurde der Ertrag an Alkohol erheblich
gesteigert, und zwar bei der Darrmalzwürze am meisten durch die Milchsäure, am
wenigsten durch die Flussäure, die schweflige Säure stand in der Mitte. Bei der
Maiswürze gaben alle drei Antiseptica die gleiche Ertragserhöhung. Diese Resultate
differirten also erheblich mit den von Märcker
erhaltenen. Es wurden nun dieselben Versuche statt mit Würze mit Maische wiederholt,
also mit einer träberhaltigen Flüssigkeit, und hier war das Resultat gerade das
umgekehrte, denn es wurden erhalten: ohne Zusatz 10 Proc. Alkohol, mit Milchsäure
10,6 Proc. mit schwefliger Säure 11,4 Proc. mit Flussäure 12,4 Proc. Auf Grund
dieser Resultate erkennt der Verfasser an, dass in Maischen die Flussäure das
stärkere Pilzgift ist und dass die Ansicht Märcker's,
die Flussäure habe für die Praxis eine höhere Bedeutung als die schweflige Säure,
zutreffen. Das verschiedene Verhalten der Antiseptica einerseits in Würzen,
andererseits in Maischen erklärt der Verfasser damit, dass die Würze weniger
inficirt ist, indem ein Theil der Spaltpilze von den Trabern zurückgehalten werde.
In der weniger inficirten Würze vermag daher schon die Milchsäure der Hefe
genügenden Schutz zu gewähren, und da sie die Hefe am wenigsten schädigt, gibt sie
hier die höchsten Erträge; für die stärker inficirte Maische dagegen reicht die
antiseptische Wirkung der Milchsäure zur Tödtung der Spaltpilze nicht mehr aus,
daher ist hier die Flussäure als das am energischsten wirkende Pilzgift
überlegen.
In einer anderen Versuchsreihe wurde spaltpilzfreie Reinhefe verwendet und zum
Vergleiche gewöhnliche Hefe unter Zusatz von Flussäure und etwas Milchsäure. Bei
Anwendung von Würze ergab die Reinhefe einen um 0,6 Proc. höheren Ertrag als die
Flussäure, dagegen war in der Maische wieder das Umgekehrte der Fall, hier zeigte
sich die Flussäure der Reinhefe um 1,8 Proc. überlegen. Verschiedene Beobachtungen
deuteten darauf hin, dass auch die Maischtemperatur schon eine pilztödtende Wirkung
ausübt in der Art, dass dadurch zwar die Spaltpilze nicht vollständig abgetödtet,
aber doch so weit geschwächt werden, dass, sofern eine spaltpilzfreie Hefe dazu
kommt, diese die Spaltpilze nicht aufkommen lässt. Es wurden daher die obigen
Versuche sowohl mit Würze, wie mit Maische wiederholt, einmal bei einer
Maischtemperatur von 65°, dann bei einer solchen von 58,75°, die Reinhefe wurde
dabei noch durch Zusatz von Milchsäure unterstützt. Die Resultate waren
folgende:
Würze
Maische
65°
58,75°
65°
58,75°
Ohne Zusatz
9,6
10,8
9,5
11,2
Proc.
Alkohol
Mit Flussäure
10,5
12,1
11,0
12,8
„
„
Mit Reinhefe
10,4
11,1
11,5
12,1
„
„
Bei der niederen Temperatur war also die Flussäure sowohl in der Würze, wie in der
Maische der Reinhefe überlegen, bei der hohen Temperatur war diese Ueberlegenheit in
der Würze nur noch sehr gering und in der Maische gab die Reinhefe das höchste
Resultat. Es folgt also daraus, dass die Reinhefe nur dann im Stande ist, eine reine
Gährung zu vollziehen, wenn eine ausreichend hohe Maischtemperatur, welche eine
pilztödtende Wirkung auszuüben vermag, gewährt wird. Zu diesem Behufe muss man
an die möglichst oberste Grenze herangehen.
In der Praxis stehen nun drei Concurrenzverfahren einander gegenüber. Zunächst das
alte, bewährte Verfahren, das charakterisirt ist durch die Anwendung des lebenden
und thätigen Milchsäurepilzes als Schutz für die Hefe, welches sichere und hohe
Erträge gibt, aber zur Ausführung tüchtiger, geschulter Brennereiverwalter bedarf.
In Concurrenz tritt damit das Flussäureverfahren, welches als kritischen Punkt den
hat, dass es die Krankheiten der Brennerei durch das einfachste Mittel, einfach
durch Zuführung eines Pilzgiftes, beseitigt, und welches unter ungünstigen Umständen
das alte Verfahren schlägt, unter günstigen Umständen nicht. Als drittes komme in
Betracht die Anwendung der reinen Heferassen, unter Abtödtung der Spaltpilze mittels
Maischtemperatur und Ausscheidung auch des Milchsäurepilzes aus der
Kunsthefebereitung mittels Wiederanwärmens des Hefegutes nach der Säuerung. Welcher
der drei Concurrenten endgültig das Feld behaupten werde, müsse die Praxis lehren
und könne wohl erst nach Jahren entschieden werden. Bestehen bleibe aber auf alle
Fälle die Nothwendigkeit, bestimmte, für die Brennerei geeignete Heferassen zu
verwenden. Denn selbst wenn die Flussäure schliesslich den Sieg davontragen würde,
so ist in Bezug auf die Reinhefe doch zu beachten, dass dieselbe nicht nur eine von
Spaltpilzen freie, sondern auch eine in sich reine Rasse darstellt und dass es
festgestellt ist, dass in den deutschen Brennereien zahlreiche Varietäten von Hefen
geführt werden, von denen die einen geeignet, die anderen ungeeignet sind, eine
vollkommene Vergährung zu erzielen. Das zu beseitigen und dafür eine dauernd
leistungsfähige Heferasse einzuführen, ist die Aufgabe, welche sich die bereits im
Betriebe befindliche Hefereinzuchtanstalt des Vereins gestellt hat.
Im Anschlusse hieran weist Cluss an derselben Stelle S.
28 darauf hin, dass auch die Reinhefe leicht inficirt werden könne, dass man
dieselbe aber durch einen kleinen Zusatz von Flussäure schützen könne, worauf auch
Delbrück ein Zusammengehen des Flussäureverfahrens
mit der Reinhefe für sehr möglich hält. Ferner weist Cluss auf die Möglichkeit hin, dass die Flussäure ihren physiologischen
Einfluss auf die Hefe auch bei der reinen Hefe geltend machen könnte.
Endlich berichten Cluss und Delbrück übereinstimmend, dass sie mit dem Verfahren mit Schwefelkohlenstoff keine Erfolge haben erzielen
können. Cluss beobachtete gar keine Ertragserhöhung,
wohl aber eine Schädigung der Qualität des Spiritus. Auch Hesse und Schindke haben keine bessere
Ausbeute mit diesem Verfahren erzielt (Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 1).
Wie ist eine geringe Mehrausbeute an Alkohol im
Brennereiverfahren festzustellen? Findet eine Nachaufschliessung von Stärke
während der Gährung statt? Diese Fragen erörtert Delbrück in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 95. Der Verfasser hält es für sehr schwer,
wenn nicht unmöglich, kleine Differenzen von etwa 0,2 Proc. vom Maischraum noch mit
Sicherheit nachzuweisen. Den besten Anhalt gibt noch der Alkoholfactor, d.h. die
Zahl, welche besagt, wie viel Alkohol von 1 Proc. vergohrener Saccharometeranzeige
gewonnen sind. Zur Feststellung dieser Zahl muss man die Saccharometeranzeige in der
süssen und in
der vergohrenen Maische und den Alkoholgehalt bestimmen. Aber auch diese
Methode ist nur verwendbar zum Vergleiche an Maischen, welche auf genau gleiche
Weise hergestellt sind, da Aenderung der Rohmaterialien, des Dämpfprocesses und
besonders der Maischmethode grosse Differenzen hervorbringen. Eine grosse Rolle
dabei spielt auch die Nachaufschliessung der Stärke während der Gährung, welche
Verfasser bei seinen im vorigen Referate mitgetheilten Versuchen mit Würze
nachgewiesen hat. Die Saccharometeranzeige in der trüben und in der ganz klar
filtrirten Würze zeigte Unterschiede von 2 bis 3 Proc. und nur bei Zugrundelegung
der in der trüben Würze ermittelten Zahl erhielt man richtige Werthe für den
Alkoholfactor. Es ist kein Zweifel, dass die ganze Menge der in der trüben Würze
vorhandenen Stärkekörnchen während der Gährung gelöst worden ist.
Versuche über die Wirkung von Flussäure und
unterschwefligsaurem (? der Ref.) Kalk auf die
Gährung von Melassemaischen theilen Kraul und Wilkening in der Zeitschrift
für angewandte Chemie, 1892 S. 112, mit. Bei den Versuchen, bei welchen
absichtlich abnorme, nicht frische Hefen verwendet wurden, zeigten beide Antiseptica
eine conservirende, die Ausbeute erhöhende Wirkung. Bei normalen Verhältnissen trat
die gährungshemmende Wirkung hervor und nur in einem Falle ergab auch hier die
Flusssäure eine höhere Ausbeute. Die Versuche sollen mit Reinhefe wieder aufgenommen
werden.
Schlinke hat Hefe unter Zusatz
von Flussäure ohne Milchsäure gezüchtet und diese Hefe mit gutem Erfolg für
die Spirituserzeugung verwendet. (Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 96.)
Ein Hefeverfahren zur Uebergehung der todten Punkte bei der
Kunsthefebereitung beschreibt Johann Ernst
Brauer in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 2. Das Vorstellen findet nicht mit süsser
Maische, sondern mit saurem Hefegut statt. Muttereimer zur Aufbewahrung der Hefe
werden bei dem Verfahren überflüssig. Die todten Punkte werden in folgender Weise
übergangen. Das Kühlen des Hefegutes wird bei 50° begonnen und energisch und schnell
über die schädlichen Temperaturen von 30 bis 34° hinweggeführt. Bei 31,3° erfolgt
die Anstellung der Hefe, so dass diese bei den günstigen Temperaturen sogleich ihre
volle Function aufnimmt und auch durch die starke Angährung bei der Abkühlung auf
11,3 bis 12,5° fortsetzt. Bei diesen niederen Temperaturen sind etwa eingeschleppte
Bakterien wenig lebensfähig, vielmehr werden dieselben von der bereits stark
entwickelten Hefe unterdrückt. Die Hefe enthält zwar äusserst geringe Säuremengen,
die Säure ist aber sehr rein. An derselben Stelle S. 17 berichtet Gohr günstig über dieses Verfahren, ebenso über ein
anderes Verfahren, welches er jetzt verwendet und bei welchem die von Delbrück vorgeschlagene Andämpfungsmethode in Anwendung
kommt.
Die Einführung der Reinhefe in die Brennerei hat mit
Eröffnung der von dem Verein der Spiritusfabrikanten Deutschlands errichteten
Hefereinzuchtanstalt ein allgemeines praktisches Interesse gewonnen. Delbrück veröffentlicht in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 15 S. 41, 49, 71, 79, 87 und 88,
eine Reihe von darauf bezüglichen Abhandlungen, denen wir hier das Folgende
entnehmen. Die Hefereinzuchtanstalt bezweckt, die Reinhefe schnell und in grossem
Umfange in Deutschland einzubürgern, um durch Versuchsanstellung im grössten
Maasstabe ein endgültiges Urtheil über den Nutzen, welchen die Reinhefe gewähren
kann, zu gewinnen. Die Anlage ist so ausgeführt, dass täglich bis 125 k Reinhefe
hergestellt werden, wodurch es möglich gemacht ist, das Kilo Reinhefe zum Preise von
5 M. abzugeben.
(Fortsetzung folgt.)