Titel: | Beiträge zur Kenntniss des Degras. |
Autor: | R. Ruhsam |
Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 234 |
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Beiträge zur Kenntniss des Degras.
Von R. Ruhsam.
Beiträge zur Kenntniss des Degras.
Unter allen den Fettproducten, die in der Lohgerberei Verwendung finden, nimmt seit
jüngerer Zeit jenes von der Sämischgerberei herrührende Abfallfett einen
hervorragenden Platz ein, welches unter der Bezeichnung Degras in den Handel kommt. Wenn auch die Anwendung dieses Abfallfettes
zur Einfettung von lohgarem Leder vor längerer Zeit schon hier und da in Gebrauch
war, so ist doch eine allgemeinere Verwendung und die Darstellung desselben in
Fabriken, aus denen es nicht als Abfallproduct, sondern als Haupterzeugniss
hervorgeht, erst neueren Datums.
Ueber die verschiedenen Degrassorten des Handels und deren Herstellungsweise, sowie
über die dabei zur Verarbeitung dienenden Fettstoffe hat Dir. Eitner in Wien in einem ausführlichen Artikel: Ueber DegrasDer Gerber, 1890 S. 85 ff.
Aufschluss ertheilt und darin seine reichen Erfahrungen auf diesem Gebiete
zusammengestellt. Neben erwähnter Abhandlung liegt eine eingehende Arbeit von F. Simand: Ueber DegrasuntersuchungEbenda, 1890 S. 243 ff. vor, worin derselbe durch Angabe
eines genauen Analysenganges dem Fachchemiker ein schätzbares Mittel zur richtigen
Beurtheilung und Begutachtung aller der im Handel unter dem Namen Degras
erscheinenden Producte an die Hand gibt.
In kurzen Zügen sei hier zunächst die Darstellungsweise des französischen Degras
angedeutet. Die zur Gerbung vorbereiteten Häute werden mit Thran bestrichen, einige
Zeit gewalkt und dann in Haufen gelegt und diese Operationen so oft wiederholt, bis
die Blösse vollständig mit Oel gesättigt ist. Ein grosser Theil des Thranes wird
dann nach Eintauchen der Häute in lauwarmes Wasser ausgepresst und die erhaltene
Fettemulsion als Moëllon in den Handel gebracht. Dieser ist also ein durch den
Sämischgerbprocess umgewandelter Thran mit einem grösseren oder geringeren Gehalt an
Wasser. Ueber die Art und Weise der Umwandelung, welche hierbei der Thran erleidet,
herrschen verschiedene Ansichten. Die am meisten verbreitete Ansicht dürfte die
naheliegende Annahme sein, dass die Sämischgerbung und die Bildung von Degras auf
Oxydationsprocessen beruhen.Vgl. Fahrion, Zeitschrift für angewandte Chemie,
1891 Heft 6.
Auf ein im Degras sich vorfindendes Umwandelungsproduct des Thranes, einen
eigenthümlichen schwarzen, harzartigen Körper, wurde schon früher von Jean hingewiesen, welcher dieser Substanz auch das
leichte Emulgirungsvermögen des Degrasfettes zuschreibt. Simand hat nun auch diesen Körper zum Gegenstand eingehender
Untersuchungen gemacht und demselben bei der Prüfung von Degrasproben besondere
Aufmerksamkeit zugewendet. Er hat eine Methode ausgearbeitet, welche gestattet, die
Menge des „Degrasbildners“ – so nannte er diese Substanz – in einem Degras zu
bestimmen, und fand, dass diese Substanz zwar schon in geringerer Menge in den
Thranen vorhanden sei, sich aber erst in grösserer Menge bei dem Sämischgerbprocesse
bildet. Als Schlussfolgerung hebt sodann Simand hervor,
„dass nur dann ein Degras als echt und rein zu bezeichnen sei, wenn derselbe
bei einem angenommenen mittleren Wassergehalte von 20 Proc. mindestens 12 Proc.
dieses Degrasbildners enthält.“
Die Anregung zu vorliegender Arbeit bildete einerseits die Frage, ob bei der
Untersuchung von Degrasproben die Anwendung der gewöhnlichen quantitativen
Fettuntersuchungsmethoden von Vortheil und Erfolg sei, andererseits die Vermuthung,
dass vielleicht durch Ausführung derselben für die Natur der in dem Degrasfett
enthaltenen, zum grössten Theil noch unbekannten Fettsäuren einige Aufklärungen
erhalten werden könnten. Es wurde dabei die Bestimmung der Jodzahl, der Säurezahl
und Verseifungszahl des wasserhaltigen Fettes sowohl als der daraus gewonnenen
freien unlöslichen Fettsäuren und die Acetylzahl der letzteren berücksichtigt.
Für die folgenden Versuchsreihen wurde eine Anzahl von nach französischer Methode
hergestellten Degrasproben verwendet, die aus verschiedenen Fabriken stammten; sie
sind in den Zusammenstellungen mit fortlaufenden Nummern bezeichnet. Um unter
einander vergleichbare Resultate zu erhalten, war es zunächst bei dem sehr
verschiedenen Wassergehalt der Fettproben erforderlich,
die Höhe desselben zu bestimmen, die durch folgende einfache Ausführung sich rasch
ermitteln liessVgl. Zeitschrift für angewandte Chemie, 1891
Heft 6.: Aus 2 bis 3 g Degras wurde in einem Platintiegel durch
directes vorsichtiges Erwärmen mit einer Bunsenflamme das Wasser weggekocht. Der
Punkt, bei welchem alles Wasser verdampft war, machte sich durch das Auftreten eines
brenzlichen Geruches und knisternden Geräusches bemerkbar.
Zur Bestimmung der Jodzahl wurde 0,15 bis 0,2 g
wasserhaltiger Degras und 30 cc frisch bereitete Jodlösung angewendet und bei jeder
Versuchsreihe ein blinder Versuch zur Gehaltsbestimmung an freiem Jod in der leicht
veränderlichen Jodlösung angestellt. Die Uebereinstimmung in den Resultaten einer
und derselben Fettprobe erwies sich entgegen der Ansicht von MeerkatzDer Gerber, 1889 Nr. 359.,
welcher die Anwendung der Jodzahlbestimmung für die Untersuchung von Thranen als
„nutzlos und unmöglich“ hinstellt, als zufriedenstellend. In gleicher
Weise wie für das wasserhaltige Fett wurde das Jodadditionsvermögen auch für die aus
den Degrasproben gewonnenen freien unlöslichen Fettsäuren, sowie auch für die
acetylirten Fettsäuren ermittelt. Die Abscheidung der freien
unlöslichen Fettsäuren erfolgte durch etwa zweistündiges Erwärmen von 2
Gew.-Th. Fett mit 8 Vol.-Th. Alkohol und 1 Gew.-Th. Kalihydrat, das vorher in 4 Th.
Wasser gelöst war, in einem mit Rückflussrohr versehenen Kolben. Die erhaltene
Seifelösung wurde dann mit 40 Gew.-Th. Wasser verdünnt, eine Stunde zur Vertreibung
des Alkohols gekocht und mit verdünnter Schwefelsäure (1 : 10) zerlegt. Das Kochen
wurde dann noch fortgesetzt, bis die abgeschiedenen Fettsäuren als klare Oelschicht
obenauf schwammen, in welcher die eingangs erwähnte harzartige Substanz in
Flockenform enthalten war. Nach dem Erkalten der Flüssigkeit und Trennen des
säurehaltigen Wassers von dem Fettsäuregemisch erfolgte noch ein dreimaliges
Auskochen mit Wasser. Degrasbildner und Fettsäuren wurden dann durch warmen
Petroleumäther von einander getrennt, in welchem ersterer unlöslich ist, während die
Fettsäuren gelöst werden. Aus der filtrirten Petroleumätherlösung wurden durch
Verdunsten
A.
Bezeich-nung
Wasser-gehaltProc.
Jodzahl von Degras
Jodzahl derfreien
un-löslichenFettsäuren
Jodzahl
deracetylirtenFettsäuren
mitursprüngl.Wasser-gehalt
bei 0 Proc.Wasser
I
II
III
IV
V
1 2 3 4 5 6 7 8 9101112
19,112,912,415,916,411,513,917,316,6 5,3––
60,4 55,9 67,8 65,9 65,0 67,8 83,3 69,2 67,5 70,5127,7126,7
74,7 64,2 77,4 78,4 77,8 76,6 96,7 83,7 80,9 74,4127,7126,7
70,5 58,6 75,4 70,2 78,5 76,5 95,9 93,4– 79,3142,3106,0
73,1 52,7 90,4 66,6 76,2 75,7 88,9102,7– 73,0127,4101,9
Mittelaus 1–10
78,5
77,6
77,7
des Lösungsmittels die freien Fettsäuren gewonnen. Behufs
Feststellung der Acetylzahl der Degrasfettsäuren wurde ein Theil derselben acetylirt
(s. später).
Die Resultate der Jodzahlbestimmungen waren die in Tabelle A enthaltenen.
Die mit den Nummern 1 bis 9 bezeichneten Proben sind französische Kunstdegras aus
verschiedenen Fabriken, Nr. 10 führt die Bezeichnung Emulsionsfett und Nr. 11 ist
ein in hiesiger Lehrgerberei aus dem unter Nr. 12 aufgeführten Thran hergestellter
reiner Moëllon. Im Allgemeinen treten aus der Zusammenstellung keine bedeutenden
Schwankungen in dem Jodadditionsvermögen der verschiedenen Degrasproben hervor; mit
etwas niedrigerer Jodzahl fallen nur Nr. 2, mit etwas höherer, über dem Durchschnitt
liegender Jodzahl Nr. 7 und 8 in die Augen. Die Jodzahl des Thranes ist nicht
wesentlich anders gefunden worden als die des daraus hergestellten Moëllons, beide
Werthe sind aber bedeutend höher als die Jodzahlen der Kunstdegras, woraus sich
vielleicht der Schluss ziehen liesse, dass in denselben Fettarten, wie Talg,
Wollschweissfett u.s.w., enthalten sind, welche ein geringeres
Jodabsorptionsvermögen besitzen, als die meisten Thrane, dass diese Degrassorten
also nicht aus reinem Thran gewonnen wurden. FahrionZeitschrift für angewandte Chemie, 1891 Heft
21. fand jedoch ein dieser Schlussfolgerung
widersprechendes Resultat, er fand nämlich, dass ein Moëllon im Stande ist eine
wesentlich geringere Jodmenge aufzunehmen, als der entsprechende Thran. Die
erhaltenen Zahlen waren folgende:
Jodzahl
Dorschthran
143,0
Sämisch-Moëllon daraus
59,5
Fischthran
191,1
Sämisch-Moëllon daraus
96,9.
Fahrion führt diese Zahlen auch hauptsächlich als einen
Beweis für seine jedenfalls richtige Behauptung an, dass der Sämischprocess ein
Oxydationsvorgang sei, bei welchem die doppelten Bindungen der ungesättigten
Thranfettsäuren durch Anlagerung von Sauerstoff gelöst würden.
Eine zweite Versuchsreihe wird durch die Ermittelung der Säurezahlen, der Verseifungszahlen und Aetherzahlen gebildet. Da die Kunstproducte wohl in den
meisten Fällen einen Zusatz von Mineralöl erfahren, so war gewiss die Voraussetzung
berechtigt, dass die Zugabe derartiger unverseifbarer Substanzen auch in der
Verseifungszahl zum Ausdruck gelangen müsse. Behufs Feststellung
B.
Bezeich-nung
Wasser-gehaltinProc.
Säurezahl
Verseifungszahl
Aetherzahl
bei
ur-sprüng-lichemWasser-gehalt
bei0 Proc.Wasser
bei
ur-sprüng-lichemWasser-gehalt
bei0 Proc.Wasser
bei
ur-sprüng-lichemWasser-gehalt
bei0 Proc.Wasser
1 2 3 4 5 6 8 9101112
19,112,912,415,916,411,517,316,6 5,3––
30,563,335,242,144,157,423,943,451,2––
37,772,740,250,152,764,928,952,054,1––
– 96,2 97,0113,4114,9 96,3 83,4117,8118,6163,8186,0
–110,4110,7134,8137,4108,8100,8141,2125,2163,8186,0
–32,962,271,370,838,959,574,467,4––
–37,770,584,784,743,971,989,271,1––
Mittelaus 1–10
50,4
121,2
70,8
der Säurezahl wurde das Fett in Aetheralkohol gelöst und
die Lösung mit wässeriger Kalilauge unter Zusatz von Phenolphtaleïn titrirt, bei
Bestimmung der Verseifungszahl wurde alkoholische Kalilauge angewendet, deren Titer
vor jeder Versuchsreihe neu gestellt wurde. Es ergaben sich hierbei die in
vorstehender Tabelle B enthaltenen Zahlen.
Wie die Thrane einen sehr verschiedenen Gehalt an freien Fettsäuren aufweisen, so
zeigen auch die zur Untersuchung verwendeten Degrassorten in ziemlich weiten Grenzen
schwankende Säurezahlen. Die höchste Säurezahl ergab die mit 2 bezeichnete Probe,
die sich schon durch eine besonders niedrige Jodzahl hervorhob. Die
Verseifungszahlen der wasserfreien Degrasfette bleiben weit zurück hinter den
entsprechenden Werthen des Thranes und des reinen Moëllons; aus diesem Unterschiede
lässt sich in den Degrasproben das Vorhandensein von unverseifbaren Substanzen
vermuthen, die sich auch bei den Proben mit nahe an 100 liegender Verseifungszahl
(auf wasserfreie Substanz bezogen) bei Feststellung der Köttstorfer'schen Zahl dem Auge durch Abscheidung von Oeltröpfchen
bemerkbar machten. Für zwei Proben wurde übrigens die unverseifbare Substanz auch
direct bestimmt, und für Nr. 5 bei ursprünglichem Wassergehalt 0,38 Proc. (bei 0
Proc. Wasser = 0,45 Proc.) und für Nr. 6 = 9,83 Proc. (bei 0 Proc. Wasser = 11,11
Proc.) Unverseifbares ermittelt. Dieses Resultat entspricht also ganz gut den
gefundenen Verseifungszahlen, die für Nr. 5 zu 137,4, für Nr. 6 zu 108,8 gefunden
wurden. Ein Gehalt eines Degras an 10 Proc. Mineralöl würde ungefähr dessen
Verseifungszahl um 20 Einheiten erniedrigen, das ist eine Differenz, die der
Beobachtung nicht entgehen kann. Für Nr. 1 war die genaue Ermittelung der
Verseifungszahl unmöglich geworden durch die dunkelrothe Farbe, welche die
Seifelösung angenommen hatte, so dass der Umschlag der rothen Phenolphtaleïnfärbung
nicht zu erkennen war, und zwar auch dann nicht, wenn die Seifelösung mit Alkohol
verdünnt in einer weissen Schale titrirt wurde. Offenbar ist bei Bereitung dieses
Productes ein sehr dunkelfarbiger Thran verwendet worden.
Führt man die Bestimmung der Säurezahl und der Verseifungszahl für die aus einem
Fette abgeschiedenen freien Fettsäuren aus, so ist in den meisten Fällen die
Säurezahl gleich der Verseifungszahl, der Verbrauch an Kalihydrat zur Neutralisation
und zur Verseifung des Fettsäuregemisches also derselbe. Bei den aus den
Degrasproben abgeschiedenen Fettsäuren war dies nicht der Fall, zur Verseifung war
immer eine grössere Menge Kalihydrat erforderlich als zur Neutralisation. Zum
Unterschiede von den entsprechenden Zahlenwerthen des Fettes selbst sind diese
Zahlen constante Säurezahl, constante Verseifungszahl
und die Differenz beider constante Aetherzahl genannt
worden. Der Unterschied zwischen Säurezahl und Verseifungszahl eines
Fettsäuregemisches lässt sich aus dem Vorhandensein von lactonartigen Anhydriden
erklären, die zwar bei Verseifung des Fettes in Salze der entsprechenden
Oxyfettsäuren übergehen, bei Zerlegung dieser Seife durch Mineralsäuren aber in
Anhydride zurückgebildet werden und mithin in das abgeschiedene Fettsäuregemisch
gelangen. Nachfolgende Tabelle C zeigt die bei Ausführung dieser Bestimmungsweise
für die Degrasproben gewonnenen Resultate.
C.
Bezeichnung
ConstanteSäurezahl
ConstanteVerseifungszahl
ConstanteAetherzahl
1 2 3 4 5 6 7 8101112
185,5102,8129,6162,9163,5175,8182,5 96,7179,5180,8159,3
224,3131,5172,9193,7185,9229,6215,6197,1210,2212,2213,2
38,8 28,7 43,4 30,8 22,4 53,8 33,1100,4 30,7 31,4 53,9
Mittel aus 1–10 mitAusschluss von Nr. 8
160,3
195,5
35,2
Nr. 8 eingerechnet
153,2
195,6
42,4
Auch in dieser Versuchsreihe fallen die für Nr. 2 und Nr. 8 gefundenen Werthe
besonders auf, die constanten Säurezahlen sind bei beiden sehr niedrig, Nr. 2 zeigt
ausserdem auch eine sehr niedrige constante Verseifungszahl im Gegensatze zu Nr. 8,
bei welcher Probe dieselbe ungefähr dem Mittelwerthe aus den gesammten Resultaten
entspricht.
Eine weitere Reihe von Versuchen, welche mit den gleichen Degrasproben zur Ausführung
gebracht wurden und deren Resultate in der Zusammenstellung D sich finden, bezieht
sich auf den Gehalt an Oxyfettsäuren. Diese Säuren sind
in den meisten Fetten und Oelen nur in verhältnissmässig geringen Mengen enthalten,
eine hervorragende Ausnahme bilden nur das Ricinusöl und das Traubenkernöl mit sehr
hohem Oxyfettsäuregehalt. Die Bestimmung der Oxyfettsäuren in einem Fette geschieht
nach Benedikt und UlzerBenedikt, Analyse der Fette, S.
113. in der Weise, dass 20 bis 50 g der aus dem Fette
gewonnenen, nichtflüchtigen Fettsäuren mit dem gleichen Volumen Essigsäureanhydrid
zwei Stunden in einem Kölbchen mit Rückflussrohr gekocht werden; die Mischung wird
sodann in ein hohes Becherglas von 1 l Inhalt entleert, mit 500 bis 600 cc Wasser
übergossen und mindestens eine halbe Stunde gekocht. Um ein Stossen der Flüssigkeit
zu vermeiden, leitet man durch ein Capillarrohr einen langsamen Kohlensäurestrom
ein. Das Wasser wird nach einiger Zeit abgehebert und das Fettsäuregemisch zur
vollständigen Entfernung der Essigsäure in gleicher Weise noch dreimal mit Wasser
ausgekocht. Die acetylirten Fettsäuren werden dann im Luftbade filtrirt und deren
Säurezahl und Verseifungszahl
D.
Bezeichnung
Acetyl-Säurezahl
Acetyl-Verseifungszahl
Acetylzahl
1 2 3 4 5 6 7 8101112
181,0 92,6128,9157,0160,9171,0178,7 92,8180,1176,8158,2
280,0164,7196,1237,0227,0282,5212,4175,4217,0228,3215,7
99,0 72,1 67,2 80,0 66,1111,5 33,7 82,6 36,9 51,5 57,5
Mittel aus 1–10(2 und 8 ausgeschl.)
165,4
236,0
70,6
Mittel aus 1–10
149,2
221,3
72,1
ermittelt. Zur Bestimmung der letzteren kam wässerige
½-Normalkalilauge zur Verwendung.
Es ergaben sich hierbei die in vorstehender Tabelle D enthaltenen Zahlen.
Eine Betrachtung der in Tabelle C und D gegebenen Zusammenstellungen lehrt zunächst,
dass constante Säurezahl und Acetylsäurezahl im Allgemeinen annähernd gleich sind,
nur sind die Säurezahlen der acetylirten Fettsäuren um ein Weniges niedriger, was
sich ohne weiteres damit erklären lässt, dass durch Eintritt der Acetylgruppe das
Molekulargewicht der Fettsäuren erhöht worden ist. Die Acetylverseifungszahlen sind
hingegen wesentlich höher gefunden worden als die Verseifungszahlen der nicht
acetylirten Fettsäuren, abgesehen von den für Nr. 7 und 8 ermittelten Resultaten,
denen irgend ein Fehler in der Ausführung des Versuches zu Grunde liegt, ein Fehler,
der nicht corrigirt werden konnte, da das Material für eine Wiederholung der
diesbezüglichen Versuche nicht mehr ausreichte. Da schon die nichtacetylirten
Fettsäuren eine Aetherzahl ergaben, wie aus Tabelle C hervorgeht, und bei
Ermittelung der Aetherzahl der acetylirten Fettsäuren die constante Aetherzahl mit
in der Acetylzahl enthalten ist, so wird man, abgesehen von dem geringen Fehler, den
man durch Nichtbeachtung der Molekulargewichtserhöhung begeht, den Werth der
constanten Aetherzahl von der Acetylzahl abzuziehen haben, wenn man den den
Oxyfettsäuren entsprechenden Verbrauch an Kalihydrat erfahren will. In ähnlicher
Weise muss sich, von den erwähnten Fehlern abgesehen, die eigentliche Acetylzahl
annäherungsweise aus der Differenz der Acetylverseifungszahl und der constanten
Verseifungszahl berechnen, wie Tabelle E zeigen mag.
E.
Be-zeich-nung
I
II
III
IV
V
VI
Acetyl-zahl
Con-stanteAether-zahl
Differenzaus I und
II(eigentlichAcetylzahl)
Acetyl-Ver-seifungs-zahl
ConstanteVer-seifungs-zahl
Differenzaus IV und V(Columne
IIIent-sprechend)
1 2 3 4 5 6 7 8101112
99,0 72,1 67,2 80,0 66,1111,5 33,7 82,6 36,9 51,5 57,5
38,8 28,7 43,4 30,8 22,4 53,8 33,1100,4 30,7 31,4 53,9
60,243,423,849,243,757,7 0,6– 6,220,1 3,7
280,0164,7196,1237,0227,0282,5212,4175,4217,0228,3215,7
224,3131,5172,9193,7185,9229,6215,6197,1210,2212,2213,2
55,733,223,243,341,152,9–– 6,816,1 2,5
Von B. WeissDer Gerber, 1889. in Wien
wurden schon früher mit verschiedenen Thranen und einigen Moëllons ähnliche Versuche
ausgeführt, aus denen hervorging, dass die Menge der Oxyfettsäuren in einem Moëllon
nicht grösser ist als in dem zur Bereitung des Moëllons benutzten Thran, doch war
die Anzahl der Versuche eine so geringe, dass aus denselben wohl ebenso wenig ein
sicherer Schluss zu ziehen war, wie aus den hier angeführten Resultaten. Letztere
würden allerdings für eine durch den Sämischprocess hervorgerufene Zunahme der
Oxyfettsäuren sprechen.
Am Schlusse dieser Betrachtungen sei noch einmal kurz auf jene im Degras enthaltene
Substanz hingewiesen, die Simand mit dem Namen
Degrasbildner bezeichnet und welche Fahrion der
vermutlichen Zusammensetzung nach Oxyfettsäuren nennt. Es wurde zunächst die
Menge dieser in den Degrasproben 1 bis 8 enthaltenen Substanz bestimmt und die in
folgender Zusammenstellung gegebenen Zahlen erhalten:
F.
Bezeichnung
1
2
3
4
5
6
7
8
Degras-bildner
bei ursprüngl.Wassergehalt
17,03 %
1,44
1,33
4,83
5,54
4,39
4,44
1,79
bei 0 % Wasser
21,05 %
1,65
1,52
5,74
6,63
4,96
5,16
2,16
Für die Nr. 2, 3 und 8, die sich schon in fast allen vorausgegangenen Versuchsreihen
durch auffallende Abweichungen von den übrigen Werthen kenntlich machten, ist auch
der Gehalt an Degrasbildner oder Oxyfettsäuren als ein sehr geringer gefunden
worden. Aus dem mit Nr. 1 bezeichneten Degras, welcher in Folge des hohen
Procentgehaltes an Degrasbildner nach Simand als echter
Sämisch-Degras zu bezeichnen wäre, wurde diese Substanz in grösseren Mengen
gewonnen, indem eine grössere Portion des Degras mit alkoholischer Natronlauge
verseift und die Seife nach Vertreibung des Alkohols durch Salzsäure zerlegt wurde.
Da diese Verbindungen beim Erhitzen sehr wesentliche Veränderungen erleiden –
dieselbe Erscheinung wurde auch im Laufe der Untersuchungen an den freien Fettsäuren
des Thranes und der Degrasproben beobachtet – so wurde ein Erwärmen auf höhere
Temperatur vermieden und die Trennung der Fettsäuren von dem Degrasbildner durch
wiederholtes Auswaschen mit kaltem Petroleumäther vorgenommen. Ein Theil der so
gewonnenen Oxyfettsäuren wurde mit Aether so oft geschüttelt, bis derselbe nichts
mehr aufnahm. Aus der ätherischen Lösung wurde der Aether verdunstet und ein
dickflüssiges braunes Oel erhalten. Der nach Behandlung mit Aether gebliebene
Rückstand war in Alkohol vollkommen löslich und bildete nach Abdampfen des
Lösungsmittels eine hellbraune feste Substanz, die sich zu einem hellbraunen Pulver
zerreiben liess.
Es wurden sodann Jodzahl der Gesammt-Oxysäuren, sowie des in Aether löslichen und in
Aether unlöslichen Antheiles bestimmt und hierbei folgende Resultate erhalten:
Jodzahl
der Gesammt-Oxyfettsäuren
= 78,8Die Jodzahl der aus einem anderen Degras abgeschiedenen
Gesammt-Oxyfettsäuren betrug 65,9.
„
des in Aether löslichen Antheiles
= 81,7
„
„ „ „ unlöslichen „
= 69,5.
Fahrion hat gefundenZeitschrift für angewandte Chemie, 1891 Heft
21., dass von dem Gesammt-Degrasbildner rund 68 Proc. in Aether
löslich sind. Legt man dieses Verhältniss für die gewonnenen Jodzahlen zu Grunde, so
würde auf 68 Th. der in Aether löslichen Oxyfettsäuren die Jodzahl 55,6 und auf 32
Th. der unlöslichen Oxyfettsäuren die Jodzahl 22,2 entfallen. Die Jodzahl der
Gesammt-Oxyfettsäuren würde sich daraus zu 77,8 berechnen, mit der direct gefundenen
Jodzahl der Gesammt-Oxyfettsäuren also gut übereinstimmend. Der acetylirte
Degrasbildner ergab die Jodzahl 76,6.
Ein Versuch, die constante Aetherzahl und Acetylzahl der abgeschiedenen Oxyfettsäuren
zu bestimmen, scheiterte an der dunkelrothbraunen Färbung der alkoholischen Lösung,
so dass ein Farbenübergang bei Anwendung von Phenolphtaleïn als Indicator nur sehr
schwierig und unsicher
zu erkennen war, immerhin aber ergab sich aus diesen vorläufigen Versuchen die
Gewissheit, dass erwähnte Zahlen von beträchtlicher Höhe erhalten werden.
Freiberg im Juni 1892.