Titel: | Ueber die Fortschritte der Photographie und der photomechanischen Druckverfahren. |
Autor: | J. M. Eder, E. Valenta |
Fundstelle: | Band 285, Jahrgang 1892, S. 299 |
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Ueber die Fortschritte der Photographie und der
photomechanischen Druckverfahren.
Von Dr. J. M. Eder und
E. Valenta.
(Fortsetzung des Berichtes S. 278 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Ueber die Fortschritte der Photographie und der photomechanischen
Druckverfahren.
Mikrophotographie.
Neuhauss empfiehlt die Verwendung des Gaedike'schen Magnesiumblitzpulvers (Gemenge von
Magnesiumpulver mit übermangansaurem Kali) unter gleichzeitiger Anwendung des
Chromfilters von Zettnow und orthochromatischer Platten
(Zeitschr. f. wiss. Mikroskop., Bd. 8 S. 181). Man
kann hierbei selbst mit Systemen, welche ziemliche Focusdifferenzen zeigen,
arbeiten, indem nur Licht von sehr eng begrenzter Wellenlänge zur Wirkung gelangt.
(Eder's Jahrbuch, 1892 S. 70.)
Nach Czapsky ist eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit
des Mikroskopes durch eine weitere Vergrösserung der Apertur nicht mehr möglich; es
wäre danach das Bestreben der Physiker dahin zu richten, mit Licht von möglichst
kleiner Wellenlänge zu arbeiten. Um solches Licht aber zur vollen Wirksamkeit
gelangen zu lassen, ist es nöthig, einerseits Platten, welche hierfür eine genügende
Empfindlichkeit besitzen, und andererseits Lichtfilter, welche jedes andere Licht
ausschliessen, zu verwenden. (Zeitschr. f. wiss.
Mikroskop., Bd. 8 S. 145.)
Walmsley (Handg.
Photomicrographic Cameras, A monthly Micr. Journ., Bd. HS. 257) und Backer (J. Roy, Mikr.
Soc., 1891 S. 525) beschreiben neue mikrophotographische Cameras, welche
aber vor ähnlichen, früher beschriebenen Apparaten keinen nennenswerthen Vortheil
gewähren.
Die von Sternberg (J. Roy, Micr.
Soc., 1890 S. 667) empfohlene Verwendung mehrerer hinter einander
gestellter Gasflachbrenner für starke Vergrösserungen dürfte bei schwierig
aufzulösenden Objecten wohl im Stiche lassen.
Sehr gelungene Aufnahmen von Spirillum undula, Proteus
vulgaris und Typhus abdominalis stellte Zettnow in Berlin her. (Vgl. Eder, Jahrbuch f. Photogr., 1892 S. 121.)
Photographie in natürlichen Farben.
Dieser Zweig der Photographie, welcher lange Zeit still stand, war im J. 1891
mehrfach Gegenstand neuerer gründlicher Untersuchungen. Wir erwähnen hier vor allen
die interessanten, von Erfolg gekrönten Untersuchungen des Prof. G. Lippmann in Paris. Demselben ist es gelungen, ein
Verfahren zu finden, welches gestattet, die Photochromien zu fixiren.
Die ersten Versuche, welche Lippmann anstellte, wurden
in folgender Weise gemacht: Eine mit Albumin überzogene, mit Jodsilber empfindlich
gemachte Glasplatte wurde in einem Quecksilberbade, so dass die lichtempfindliche
Seite direct mit dem Quecksilber in Berührung war, der Wirkung von senkrecht zur
Platte einfallenden Lichtstrahlen ausgesetzt. Die einfallenden Lichtwellen einerseits und die reflectirten Lichtwellen andererseits geben das unter dem Namen Interferenzerscheinungen bekannte Phänomen, welches
sich im Inneren der Albuminschicht vollzieht, und es resultiren abwechselnd Phasen
der Helligkeit und entsprechende Phasen der Dunkelheit.
Die Entwickelung und Fixirung geschieht wie gewöhnlich. Im Inneren der Albuminschicht
treten nun die weissen und schwarzen Schichten hervor, welche die Photographien des
Interferenzphänomens sind; diese Schichten sind sehr dünn und haben genau jene
Dicke, welche nothwendig ist, um durch Reflexion die Farbe zu geben, welche
ursprünglich einwirkte. In Wirklichkeit ist die erhaltene Photographie negativ im
durchfallenden Lichte, indem jede Farbe durch ihre complementäre Farbe reproducirt
erscheint. Dagegen ist die Photographie positiv im reflectirten Lichte, obschon das
ganze Bild mehr wie ein Irisiren erscheint, als wie die präcise Wiedergabe des
Spectrums. Es sind dies sogen. Farben dünner Plättchen, vom selben Charakter wie das
Farbenspiel der Seifenblasen.
Lippmann verwendete später an Stelle des Jodsilbers
Bromsilber und an Stelle des Albumins Collodion mit gleich gutem Erfolge; nur ist es
nöthig, dass die empfindliche Schicht keine unter dem Mikroskope erkennbare Körnung
besitzt, oder, wenn eine solche vorhanden ist, muss der Durchmesser der Körner so
klein sein, dass er gegenüber der Wellenlänge des Lichtes vernachlässigt werden
kann.
Textabbildung Bd. 285, S. 300Fig. 6.Lippmann's Kassette für farbige Photographie. Der Apparat, den Lippmann zu seinen Versuchen
verwendet, ist eine Cassette, deren Einrichtung die Fig.
6 und 7 erläutern.
Fig. 6 stellt den verwendeten Apparat dar, G ist die empfindliche Platte, deren Schicht auf dem
Quecksilberspiegel M zu liegen kommt.
Fig. 7 ist eine schematische Zeichnung und zeigt
links das Quecksilber, rechts das Glas, dazwischen die sehr vergrösserte
empfindliche Schicht ideal in Theile zerlegt. Die vom Quecksilberspiegel
zurückgeworfenen Lichtwellen durchschneiden sich in kürzeren oder längeren
Intervallen je nach ihrer Länge und heben sich in diesen Punkten auf. (Phot. Corresp. 1891.)
Ch. Thronig wiederholte die Lippmann'schen Versuche, er verwendet folgende Emulsion hierzu. 25 g
Bromcadmium werden in 280 cc Alkohol gelöst und 5 cc Salzsäure zugefügt. Von dieser
Lösung werden 5 cc mit 40 cc Aether und 2 g Pyroxylin gemischt und hierzu unter
Umschütteln 1 g Silbernitrat in 10 cc Alkohol gelöst gefügt. Belichtungszeit 20
Minuten in der Sonne. (Amer. Journ. of Phot., 1891 S.
553.)
Berget behandelt die Lippmann'sche Farbenphotographie in einer ausführlichen Schrift (La Photographie des couleurs, 1891, Paris,
Gauthier-Villars).
Textabbildung Bd. 285, S. 300Fig. 7.Lippmann's Farbenphotographie.H. Krone in Dresden setzt an Stelle des
Quecksilberspiegels die reflectirende Fläche der Glasplatte und erhielt so unter
gewissen Bedingungen die gleichen Resultate wie Lippmann ohne Verwendung eines Quecksilberspiegels.
H. W. Vogel schrieb über die Ursachen des Nichtfixirens
der älteren Photochromien:
Bedingung für das Entstehen der Naturfarben ist nach Zenker's Theorie 1) Schichtenbildung in Abständen der halben Wellenlänge
der Farbe, 2) ein möglichst durchsichtiges Medium, innerhalb dessen die Schichten
liegen. Man nahm bisher zur Photochromie ausschliesslich das angelaufene braune
Chlorsilber (Silberchlorür), weil dasselbe Empfindlichkeit für alle Farben zeigt.
Dieses zerfällt aber
beim Fixiren in Chlorsilber, welches sich im Fixirnatron löst, und in
metallisches pulveriges Silber nach der Gleichung Ag2Cl = Ag + AgCl.
Dieses Silberpulver lagert sich nun nicht regelmässig in bestimmter Entfernung der
Schichten von einander ab, sondern ganz unregelmässig durch die gesammte Schicht und
bewirkt Trübung derselben. Dadurch wird die Möglichkeit der Entstehung von
„Farben dünner Plättchen“ zerstört. Bei Lippmann, welcher mit Bromsilber arbeitete, verblieb aber Silberbromür nur an jenen Stellen, wo die Wellenbewegung des Lichtes
ein Maximum ist, in Folge dessen auch nur an jenen Stellen bei der Fixage pulveriges
Silber ausgeschieden werden konnte, wie es die Theorie Zenker's fordert. Daher ist in diesem Falle die Fixage nicht störend,
sondern förderlich.
St. Florent will farbige Bilder auf jedem beliebigen der
im Handel befindlichen Chlorsilbergelatine- oder Chlorsilbercollodionpapiere
erhalten, indem er dieselben vorerst so lange dem Lichte aussetzt, bis sie einen
metallischen Glanz zeigen und danach unter einem farbigen Glasbilde im directen
Sonnenlichte sehr lange Zeit belichtet. (Phot. Arch.,
1891 S. 307.)Versuche, welche wir in der Richtung angestellt haben, zeigten, dass auf dem
obigen Wege kein Resultat zu erhalten sei, wenn nicht vorher die in allen
Chlorsilbercopirpapieren des Handels vorhandene Citronensäure durch
Salzsäure bezieh. Chlor ersetzt worden ist, was man durch Baden der Papiere
in 3procentiger Chlorzinklösung, welche ungefähr 5 Proc. Salzsäure enthält,
leicht erreicht. – So behandelte Papiere (z.B. Kurz'sches Celloidinpapier) sind zur Herstellung farbiger Bilder
geeignet. (Anm. d. Ref.)
H. Krone berichtet über seine Versuche in der Deutschen Photographenzeitung, 1891 S. 326. Derselbe
wiederholte die Versuche Bequerel's und Poitevin's und erhielt mit dem etwas veränderten Poitevin'schen Verfahren die besten Resultate, Wir
geben seine Versuche hier kurz wieder und verweisen bezüglich der theoretischen
Erklärung auf die citirte Abhandlung:
1) Salzen des Papieres. Photographisches Rohpapier wird durch Schwimmenlassen auf
einer 10procentigen Lösung von Chlornatrium in Wasser präparirt.
2) Silbern. Das getrocknete gesalzene Papier wird mit einer 8procentigen
Silbernitratlösung behandelt – abtropfen gelassen und in destillirtes Wasser
gebracht, um den Ueberschuss an Silbernitrat zu entfernen.
3) Reduciren. Die Reduction des Chlorsilbers zu Silberchlorür wird unter einer
5procentigen Zinnsalzlösung vorgenommen. Die Blätter werden im zerstreuten
Tageslichte bis sie methylviolett sind, belichtet, dann getrocknet und können so
aufbewahrt werden.
4) Sensibilisiren. Das Sensibilisiren geschieht mit Hilfe einer Lösung, bestehend aus
gleichen Theilen von concentrirter Kaliumbichromatlösung und Kupfersulfatlösung (2
bis 3 Minuten schwimmen lassen).
5) Belichtet wird unter einem farbigen Glasbilde im Copirrahmen, bis die Farben
möglichst ähnlich erschienen sind.
6) Das Entwickeln bezieh. Nachwaschen geschieht in einer Lösung von 1 l Wasser, 3 g
Sublimat und 3 Tropfen Schwefelsäure.
Krone behauptet, dass Veress nach diesem Vorgange seine Bilder hergestellt habe (was nicht
richtig sein dürfte. – Anm. d. Ref.), und gibt eine theoretische Erklärung des
Vorganges, welche er mit alten Aequivalentformeln erläutert und auf die wir
hier nicht näher eingehen. (Deutsche
Photographenzeitung, 1891 S. 336.)
Dr. R. Kopp in Münster (Schweiz) hat das Poitevin'sche Verfahren in der Weise modificirt, dass
er als Sensibilisator eine Lösung von Kaliumbichromat, Kupfersulfat und
Mercuronitrat in Wasser, welche vom gebildeten Quecksilberbichromat abfiltrirt
wurde, verwendet; diese Flüssigkeit dient auch zum Fixiren der Bilder. (Das
Verfahren Kopp's gibt Roth und Grüngelb sehr gut, die
übrigen Farben weniger befriedigend – es hat den Vortheil, die Farben auf weissem
Grunde erscheinen zu lassen. Anm. d. Ref.) (Englisches Patent; vgl. Liesegang, Phot. Arch., 1892 S. 67.)
Ueber die Herstellung von Photochromien auf indirectem Wege
mittels Ueberdruck verschiedenfarbiger Lichtdrucke u.s.w. hielt H. W. Vogel einen Vortrag; der Autor erwähnt das
Verfahren Ranconnet's, welcher im J. 1865 bereits den
Vorschlag machte, mittels dreier Aufnahmen durch verschiedenfarbige Medien (Roth,
Gelb, Blau), welche photolithographisch übertragen werden und durch Ueberdruck mit
zweckmässig gewählten Farben, Drucke in Naturfarben zu erhalten.
Das Verfahren konnte nicht praktisch durchgeführt werden, indem es damals noch keine
Platten gab, welche genug farbenempfindlich für Gelb und Roth waren. Seit Vogel's Entdeckung der farbenempfindlichen Platten
(1873) wurde dieses Verfahren erst praktisch verwerthbar und es wurden von Cros und Ducos, Albert u.a. schöne Erfolge damit
erzielt.
Albert verwendete einen einzigen Sensibilisator für
seine Platten, und zwar Eosincollodion. Das Eosin macht nun die Platten sehr
empfindlich für Grün, weit weniger für Blau und am wenigsten für Roth. Ferner wurden
die Druckfarben willkürlich gewählt. Diese Umstände waren Ursache, dass die
heliochromischen Drucke mit den Originalen verglichen stets wesentliche Differenzen
in Farbe und Schattirung zeigten.
H. W. Vogel hat diese Fehler dadurch verbessert,
dass:
1) anstatt eines einzigen optischen Sensibilisators (wie bei Ducos) deren mehrere angewendet werden, und zwar jeder für sich in
besonderer Platte, so z.B. ein Sensibilisator für Roth, einer für Gelb, einer für
Grün, einer für Blaugrün (für Blau ist keiner nöthig, da Bromsilber ohnehin
blauempfindlich ist);
2) die optischen Sensibilisatoren zugleich die Druckfarbe für die damit gewonnenen
Platten bilden, oder aber, wenn die Sensibilisatoren selbst nicht als Druckfarbe
dienen können, eine ihnen spektroskopisch möglichst ähnliche genommen wird.
Die letzte Bedingung wird verständlich, wenn man in Betracht zieht, dass die
Druckfarbe die Farbenstrahlen reflectiren muss, welche von betreffender
farbenempfindlicher Platte nicht verschluckt werden, oder umgekehrt die Farben nicht
reflectiren darf, welche von der farbengestimmten Platte absorbirt werden.
Dieses Verfahren wurde 1891/92 von H. W. Vogel und E. Vogel jr. weiter ausgearbeitet. Ulrich (Chromolithograph in Berlin) erwies die
Richtigkeit des Vogel'schen Principes und stellte eine
Anzahl „Naturfarbenlichtdrucke“ her, welche als gelungene Versuche bezeichnet
werden müssen.
Gegenwärtig hat die Gesellschaft für
Naturfarbenlichtdruck,
Vogel-Ulrich, die weitere Cultivirung dieses Verfahrens
in die Hand genommen.
(Fortsetzung folgtfogt.)