Titel: | Neuerungen an Dampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 286, Jahrgang 1892, S. 29 |
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Neuerungen an Dampfmaschinen.
Mit Abbildungen.
Neuerungen an Dampfmaschinen.
Eine mit Trunksteuerkolben arbeitende einfach wirkende Verbundmaschine stehender
Anordnung, von W. T. Lord in London zeigt die Industries, 1891 S. 574, entnommene Abbildung Fig. 1.
Textabbildung Bd. 286, S. 29Fig. 1.Trunksteuerkolben von Lord.A ist der mit dem Trunkkolben B versehene Niederdruckcylinder und E der
Hochdruckcylinder, dessen Kolben D feststeht; im
unteren Ende des letzteren befindet sich eine Oeffnung, durch welche ein mittels
Stopfbüchse abgedichtetes Rohr F tritt, welches in
seinem oberen geschlossenen Theile mit Oeffnungen G
versehen ist, durch welche der frische Dampf aus D
tritt, um nach dem Durchstreichen eines im Rundschieber H (vgl. schnellgehende Dampfmaschine nach dem System Newall von Blyth, 1890 276 *
341) liegenden Kanales in den Hochdruckcylinder zu gelangen. Der im
Hochdruckcylinder wirksam gewesene Dampf tritt in das Innere des den Zapfen der
Pleuelstange bildenden Schiebers H, während der Dampf
aus dem Niederdruckcylinder durch die Kanäle I, J, K
und das Rohr L ins Freie oder in einen Condensator
entweicht. Bei der Weiterbewegung des Schiebers H
strömt der in seinem
Inneren eingeschlossene Dampf, wie auf der Abbildung ersichtlich, durch den Kanal
M in den Niederdruckcylinder. Um übermässigen Druck
im Hochdruckcylinder zu verhüten, ist im Kolben D
desselben ein Ventil N eingebaut (vgl. auch Engineer vom 29. Mai 1891 und Engineering vom 5. Juni 1891).
Eine doppelt wirkende, stehende Verbundmaschine von R.
Bichardson in Renfrewshire, deren Steuerung durch den Dampfkolben selbst
erfolgt, so dass Excenter, deren Stangen und andere Steuerungsorgane vollständig in
Wegfall kommen, beschreibt Industries sowie Engineering 1891.
Textabbildung Bd. 286, S. 30Doppelt wirkende Verbundmaschine von Richardson. Die Hoch- und Niederdruckcylinder A bezieh.
A1 sind, wie die
Abbildungen Fig. 2 und
3 erkennen lassen,
durch einen in ihrer wagerechten Mittelebene liegenden Kanal B mit einander verbunden, welcher den Ein- und Ausströmöffnungen B1 diametral gegenüber
liegt. Die in den Kolben A und A1 liegenden je vier Kanäle münden an den
unteren bezieh. wie die Abbildung Fig. 2 zeigt, oberen
Enden derselben aus und kommen bei der Drehbewegung der Kolben den Oeffnungen B und B1 derart gegenüber zu stehen, dass die Ein- und
Ausströmung des Dampfes in beiden Cylindern regelrecht stattfindet. Die
Kolbenstangen sind mit Führungen C, C1 verbunden, deren untere Flächen mittels
Kugelgelenk D an die Pleuelstangen E angeschlossen sind, welche auf die um 90° gegenseitig
versetzten Kurbeln der Welle F wirken. Die Führungen
C, C1 und ebenso
die Kolben A, A1
enthalten ihre Drehung mit Hilfe eines an dem oberen gegabelten Ende jeder
Pleuelstange sitzenden Zahnes, der mit Zähnen auf den unteren Seiten der Führungen
C, C1 in Eingriff
steht. Die auf die Kolben ausgeübten Dampfdrücke werden theils direct, theils
indirect mit Hilfe eines um den Zapfen G1 drehbaren Hebels G,
dessen Enden mit den Führungen C, C1 scharnierartig verbunden sind, in der Weise auf
die Kurbelwelle übertragen, dass die Kreuzkopf- und Kurbelzapfen, sowie die Lager
der Kurbelwelle nur einseitig beansprucht werden.
Textabbildung Bd. 286, S. 30Einfach wirkende Zwillingsmaschine von Richards.Der Zapfen G1 des
Hebels G kann mittels der Schraube H nach unten bewegt werden.
Auch die einfach wirkende Zwillingsmaschine von G.
Richards in Altrincham, Cheshire, wird durch den Dampfkolben selbst
gesteuert.
Wie die Engineering vom 6. März 1891 entnommenen
Abbildungen Fig. 4 und
5 erkennen lassen,
sind die Trunkkolben 2 beider Cylinder mit gelenkigen
Zapfen versehen, welche durch angreifende Pleuelstangen 4 mit um 180° gegenseitig versetzten Kurbeln 3 verbunden sind. Der frische Dampf strömt durch Kanäle 8,8 des Cylinders 5 und
Oeffnungen 9, 9 des Kolbens 2 in diesen letzteren, um, wie die Abbildung Fig. 5 erkennen lässt,
nach vollbrachter Arbeit durch den Kanal 10 des
Cylinders in einen gemeinschaftlichen Kasten beider Cylinder und von hier durch das
Rohr 11 in die freie Atmosphäre zu entweichen.
(Englisches Patent Nr. 21002 vom 28. Januar 1891.)
Eine Dampfmaschine mit drei Seite an Seite liegenden einfach wirkenden Cylindern von
J. H. Eickerschoff in Cincinnati, Nordamerika,
deren Steuerung durch mit entsprechenden Oeffnungen versehene Kammern, welche direct
über den Cylindern liegen, geführte und mit den Dampfkolben aus einem Stück
gegossene, demnach die Bewegungen derselben mitmachende Kolbenschieber erfolgt,
beschreibt Engineering vom 24. April 1891.
Textabbildung Bd. 286, S. 30Zwillingsmaschine von Smith und Eastwood. Die Schieberkammern stehen hierbei derart mit aussen liegenden,
angegossenen Kanälen in Verbindung, dass mit Hilfe derselben, sowie der in den
Schiebern angebrachten Oeffnungen die Dampfvertheilung der drei Cylinder geregelt
wird, und die unten offenen Kolben der letzteren arbeiten auf um 180° gegenseitig
versetzte Kurbeln einer Welle, welche sich in einem vollständig geschlossenen, mit
Oel angefüllten Kasten bewegt.
T. und W. H. Smith und Eastwood in Bradford haben unter
Nr. 18701 vom 19. November 1890 für nachstehend beschriebene, auf die
Dampfvertheilung, den Expansionsschieber und Regulator einer stehenden
Zwillingsmaschine sich beziehende Neuerungen ein englisches Patent erhalten.
Wie aus der Industries vom 6. November 1891 entnommenen
Abbildung Fig. 6
ersichtlich ist, ist das obere Ende des Dampfcylinders A derart von einem Mantel B umgeben, dass ein
ringförmiger Zwischenraum entsteht, in welchem ein Ring- oder Kolbenschieber C liegt, der mittels der Stange D von einem Excenter seine abwechselnden Bewegungen erhält. Der frische
Dampf strömt in die ringförmige Dampfkammer bei E ein
und nach vollbrachter Arbeit im Cylinder bei F aus. Der
letztere ist ringsum mit einer Anzahl von Einströmöffnungen G umgeben und auch für den durch die Rohrleitung in den Ausströmraum
entweichenden Dampf sind ähnliche Oeffnungen H
angeordnet.
Zur Steuerung dienen zwei Excenter, von denen das eine I
(Fig. 7) sich auf
einem frei beweglichen viereckigen Block I1 führt, welcher in einer entsprechenden Oeffnung
des Excenters, die nach einer Richtung eine grössere Länge als der Block selbst
besitzt, liegt; hierdurch kann sich das Excenter je nach der Wirkung der
Regulatorgewichte K nach aussen oder innen bewegen,
damit den Hub des Expansionsschiebers vermehren oder vermindern, und da der Block
lose auf der Welle sitzt, wird auch eine entsprechende Drehung des
Excentermittelpunktes um die Welle stattfinden. Das andere Excenter L trägt einen Bügel M, an
welchem ein mit dem Excenter I verbundener Zapfen N befestigt ist, und der Mittelpunkt O des Excenters L ist so
gelegt, dass, wenn der Bügel M durch die Wirkung der
Gewichte K und Stangen P
eine Drehung erleidet, der Zapfen N sich in der
Richtung NQ bewegt; sowie er dann in die Mittellinie
R der Maschine zu liegen kommt, verringert sich der
Hub des Schieberexcenters I, indem dessen Mittelpunkt
aus der Lage S für den grössten Hub entfernt und sich
derjenigen T für den kleinsten Hub immer mehr nähert.
Die Wirkung dieses Regulators soll eine derartige sein, dass nur minimale
Geschwindigkeitsänderungen der Maschine eintreten können, gleichgültig ob grössere
oder kleinere Widerstände plötzlich ausgeschaltet werden.
Um die Anzahl der bewegten Theile bei Maschinen mit zwei, drei oder mehreren
Cylindern möglichst gering zu erhalten und trotzdem eine vollkommene
Dampfvertheilung zu erzielen, lässt. J. T. Ewen in
Forfar nach Mittheilungen in Engineer, 1891 S. 463,
bezieh. auch Industries, 1891, ein oder mehrere
Excenter fortfallen und bethätigt die Steuerungsorgane in solchem Falle direct von
dem Kreuzkopf des einen oder anderen Cylinders aus.
Textabbildung Bd. 286, S. 31Fig. 8.Dreifache Expansionsmaschine von Ewen. In der durch die Abbildung Fig. 8
dargestellten Dreifach-Expansionsmaschine, die aus den Cylindern A, B und C mit zugehörigen
Kolbenschiebern D, E und F
besteht, wird der Schieber D des Cylinders A z.B. von einem Excenter G mitgenommen, während die Schieber E und F direct von nicht zugehörigen Kreuzköpfen mittels der
Arme H betrieben werden. Der frische Dampf tritt von
der Mitte des Schiebers D aus in den Cylinder A,
entweicht in den an den Enden des Schiebers liegenden Kanälen nach den Enden
des Schiebers E, strömt in den Cylinder B, aus diesem durch die Mitte des Schiebers E hindurch nach den Enden des Schiebers F, geht dann in den Cylinder C und strömt schliesslich nach vollbrachter Arbeit in diesem durch den
Ausströmkanal ins Freie bezieh. in einen Condensator.
Bei der Verbundmaschine von N. Chandler in Hednesford
liegen, wie die Engineering vom 21. August 1891
entnommene Abbildung erkennen lässt, Hoch- und Niederdruckcylinder Seite an Seite
und die Kolben arbeiten auf um 180° gegenseitig versetzte Kurbeln. Die
Dampfvertheilung regelt ein mit Dichtungsringen umgebener entlasteter Kolbenschieber
unter Mitwirkung eines Hilfsschiebers in folgender Weise: In der auf der Abbildung
Fig. 9 ersichtlichen Schieberstellung gelangt aus
dem Dampfraum 17 durch den Kanal 18 frischer Dampf in das obere Ende des
Hochdruckcylinders und die beiden Enden des Niederdruckcylinders sind durch den
Hilfsschieber 20, welcher zu derselben Zeit die nach
der Ausströmkammer 21 führende Oeffnung schliesst, mit
einander in Verbindung. Der Hochdruckkolben führt nun seinen Abwärtshub, der
Niederdruckkolben, welcher beinahe gleichen Drücken auf beiden Seiten ausgesetzt
ist, seinen Aufwärtshub aus. Während dieser Zeit bewegt sich der Hauptschieber nach
unten, und der Kolben 12 desselben schliesst die von
dem Dampfraum 17 nach der Schieberkammer führenden
Oeffnungen 17a, so dass die weitere Zufuhr frischen
Dampfes in den Hochdruckcylinder aufhört; der Kolben 13
des Hauptschiebers schliesst dann den Kanal 19, so dass
der über dem Niederdruckkolben stehende Dampf comprimirt wird, und gleichzeitig
öffnet der Hilfsschieber 20 den Ausströmkanal; so dass
der unter beiden Kolben befindliche Dampf entweichen kann. Der Kolben 13 öffnet nun den Kanal 19
und gestattet das Ueberströmen des vordem im Hochdruckcylinder wirksam gewesenen
Dampfes durch den Kanal 18 und der ringförmigen Raum
zwischen den Kolben 12 und 13 des Hauptschiebers in das obere Ende des Niederdruckcylinders, dessen
Kolben sich nach abwärts bewegt, während der Hochdruckkolben seinen Aufwärtshub
ausführt. Innerhalb dieses Zeitraumes geht der Hauptschieber wieder nach unten, so
dass, wenn Niederdruck- bezieh. Hochdruckkolben beinahe in ihre Endstellung gelangt
sind, der Schieberkolben 13 die Verbindung zwischen den
unteren Enden beider Cylinder abschliesst; der Hilfsschieber 20 schliesst die Ausströmöffnung, so dass der noch unter dem
Niederdruckkolben befindliche Dampf comprimirt wird, und der Kolben 12 öffnet danach wieder die Oeffnungen 17a, damit abermals frischer Dampf in den
Hochdruckcylinder treten kann.
Textabbildung Bd. 286, S. 31Fig. 9.Verbundmaschine von Chandler. Um die Gewichte der bewegten Theile bei stehend angeordneten
Zwillings-Verbundmaschinen auszugleichen, so dass der auf die Dampfkolben ausgeübte
Druck während der Auf- und Abwärtsbewegung derselben ein gleicher bleibt, hat C. Worthington in Irvington, Nordamerika, nach
Mittheilungen in Industries, 1891, nachstehend
beschriebene Einrichtung getroffen.
Textabbildung Bd. 286, S. 32Stehende Zwillings-Verbundmaschine von Worthington. Die Maschine besteht aus zwei Hochdruckcylindern A, B (Fig. 10
und 11) und zwei
Niederdruckcylindern C, D, von denen die ersteren die
eine, die letzteren die andere Seite der Zwillingsmaschine bilden; je zwei
zusammengehörige Cylinder sind in der dem Verbundsystem eigenthümlichen Weise mit
einander verbunden, und sämmtliche Cylinder mit Ein- und Ausströmschiebern
gewöhnlicher Construction, die Kolbenstangen G, H der
Cylinder A, B ausserdem mit Verbindungen E versehen, durch welche der Schieber eines jeden
Cylinders von der Kolbenstange des anderen bethätigt wird; in ähnlicher Weise
erfolgt auch die Mitnahme der zu den Cylindern C, D
gehörigen Schieber von den Kolbenstangen I, H aus.
Unter den Cylindern jeder Seite liegen, mit ihren Zapfen in auf dem Maschinengestell
aufgeschraubten Lagern drehbar, gleicharmige Balanciers K,
L, welche durch Stangen M mit den
Kolbenstangen G, H und I,
H gelenkig verbunden sind, so dass z.B. die Kolben der Cylinder A, C und die mit diesen in Verbindung stehenden Theile
veranlasst werden, sich gleichförmig zu bewegen, obwohl der eine Kolben mit
Verbindungstheilen seinen Abwärts-, der andere Kolben mit Verbindungstheilen seinen
Aufwärtshub ausführt. Die Enden jedes Balanciers sind zur Aufnahme der Köpfe der
Kolbenstangen zweier Compensationscylinder O, welche um
hohle Zapfen schwingen, die sich in ebenfalls am Maschinengestell befestigten Lagern
führen, in der auf den Abbildungen ersichtlichen Weise gestaltet. Die Cylinder O enthalten irgend ein unter Druck stehendes Fluidum,
welches ihnen durch mit je einem Zapfen derselben in Verbindung stehende Röhrchen
zugeführt wird.
Hat der Kolben des Cylinders C seinen Abwärtshub,
derjenige des Cylinders A seinen Aufwärtshub
vollendet, so kommen Balanciers K, sowie die
zugehörigen Compensationscylinder in die auf der Abbildung Fig. 10 durch punktirte
Linien angegebene Lage; der Winkel, welchen die Stangen der Compensationscylinder
mit dem Balancier K bilden, ist jetzt ein solcher, das
der Abwärtsbewegung des Kolbens im Cylinder A, sowie
der Aufwärtsbewegung desjenigen im Cylinder C ein
gewisser Widerstand entgegenwirkt, d.h. es wird sich während des ersten Theiles vom
Hube beider Kolben dem auf die Flächen derselben ausgeübten Dampfdrucke eine vom
Drucke auf die Kolben der Compensationscylinder abhängige Kraft entgegensetzen; je
weiter indess die Kolben der Dampfcylinder von ihren bezüglichen Endstellungen sich
entfernen, um so geringer wird, zufolge der beständigen Aenderung des Winkels
zwischen den Stangen der Compensationscylinder und dem Balancier K, dieser Widerstand werden, bis er schliesslich
gänzlich fortfällt, wenn die Kolben der Cylinder A, C
ihre Mittelstellung erreicht haben, und wie die Abbildung Fig. 10 in den
ausgezogenen Linien angibt, die Mitten der beiden Compensationscylinder in eine und
dieselbe Gerade fallen, wobei irgend welche Einwirkung auf die Kolben der
Dampfcylinder nicht mehr stattfindet. Während der letzten Hälfte des Kolbenhubes in
beiden Cylindern ist die Wirkung eine umgekehrte, d.h. die Kolben der
Compensationscylinder werden der Bewegung der Dampfkolben einen allmählich
wachsenden Widerstand entgegensetzen.
(Fortsetzung folgt.)