Titel: | Ueber die optische Messung hoher Temperaturen. |
Autor: | H. Le Chatelier |
Fundstelle: | Band 286, Jahrgang 1892, S. 44 |
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Ueber die optische Messung hoher
Temperaturen.Wir geben diese
Arbeit mit gütiger Erlaubniss des Herausgebers und der Verlagshandlung nach der
Physikalischen Revue (vgl. S. 24
dieses Heftes), Heft 7 S. 79, wieder.
Von H. Le Chatelier.H. Le Chatelier, Journ. de phys., 1892 (3) Bd. 1 S.
185.
Mit Abbildungen.
Ueber die optische Messung hoher Temperaturen.
Eine Messungsmethode, welche hohe Temperaturen zugleich einfach und genau zu
bestimmen gestattet, würde für gewisse Industrien von unbestreitbarem Nutzen sein.
Bei dem Härten des Stahles, beim Porzellangiessen, bei der Chlorfabrikation mittels
des Deacon-Processes genügt ein Temperaturfehler von nur 20°, um vollständige
Misserfolge herbeizuführen. Auch hat sich, seitdem ich angegeben habe, unter welchen
Bedingungen die thermo-elektrischen Säulen zur genauen Messung hoher Temperaturen
dienen können, die Anwendung dieser elektrischen Pyrometer schnell in der Industrie
verbreitet. Man darf indessen nicht verkennen, dass so feine Instrumente, wie es die
elektrischen Apparate sind, sich kaum dazu eignen, den Arbeitern in die Hand gegeben
zu werden.
Ich bin von verschiedenen Seiten ersucht worden, diese Frage, besonders vom
Standpunkte der industriellen Bedürfnisse aus, wieder aufzunehmen; so entstanden die
neuen Untersuchungen, welche ich über Pyrometrie angestellt habe.
Ein Ueberblick über die verschiedenen Verfahren, die zur Messung hoher Temperaturen
dienen können, zeigt, dass nur die optischen Verfahren eine befriedigende Lösung des
Problems geben können. In der That ersparen sie uns den Gebrauch besonderer
thermometrischer Substanzen,
welche alle den in gewissen Oefen vorkommenden, hohen Temperaturen auf die
Dauer nicht widerstehen können. Sie erfordern keine materielle Verbindung zwischen
Ofen und Instrument, die immer schwer herzustellen wäre, da in der Fabrik Arbeiter
und Apparate oft ihren Ort wechseln.
Die Intensität der Lichtausstrahlung glühender Körper wächst mit der Temperatur, ihre
Helligkeit nimmt zu. Diese Intensität wächst ungleichmässig für Strahlen von
verschiedener Wellenlänge. Die Färbung des Körpers variirt also auch mit der
Temperatur. Man kann nun aus Messungen der Helligkeit oder der Färbung eine
Schätzung der Temperatur herzuleiten versuchen.
Pouillet hat 1836 eine Tabelle der Temperaturen
aufgestellt, welche diesen verschiedenen Graden von Helligkeit und Färbung
entsprechen, welche er mit blossem Auge schätzte. Diese Tabelle, so wenig genau sie
bei einem so rohen Verfahren auch nur sein konnte, wird heute noch benutzt.
Edm. Becquerel hat 1864 in Folge seiner Untersuchungen
über die Ausstrahlung glühender Körper ausgesprochen, es sei möglich, mittels
photometrischer Messungen der Lichtintensität der von glühenden Körpern ausgesandten
rothen Strahlen sich einen Begriff von den hohen Temperaturen zu machen. Er hat
versucht, diese Methode zur Bestimmung des Schmelzpunktes von Palladium und Platin,
der Temperatur von Kalk in einer Knallgasflamme und der Temperatur der Kohle im
Voltabogen anzuwenden. Aber dieser Versuch schlug fehl wegen der unzureichenden
Methode bei der Temperaturmessung und wegen der geringen Dehnbarkeit der angewandten
photometrischen Methode, welche Experimente nur in einem Temperaturintervall von
250° gestattete.
Seitdem ist die Ausführung dieser Methode nicht mehr versucht worden. Violle hat unterdessen einen wichtigen Schritt in
unserer Frage vorwärts gethan, indem er die Ungenauigkeit des Strahlungsgesetzes von
Dulong nachwies, welches die Experimente von Edm. Becquerel zu bestätigen schienen.
Crova suchte 1879 die Bestimmung hoher Temperaturen
durch Messungen der relativen Intensitätsänderung verschiedener Strahlen (roth und
grün) auszuführen, aber dieser Versuch misslang wegen seines Mangels an Genauigkeit
und wegen der zu complicirten Apparate.
Noch heute benutzt man die Strahlung glühender Körper nach dem Verfahren von Pouillet oder nach analogen Methoden; d.h. man schätzt
die Intensität oder vielmehr die Färbung der Strahlen entweder mit blossem Auge,
oder indem man das Auge mit einem Cobaltglase oder mit Quarz zwischen zwei Nicols
(Nouel- und Mesuré-Lupe) bewaffnet, welche die Strahlen mittlerer Brechbarkeit
abfangen und dadurch die Aenderung in der Farbennuance der glühenden Körper
verstärken. Diese Methoden befähigen einige Arbeiter, ziemlich befriedigende
Resultate zu erhalten, aber sie setzen die Beobachter, welche keine lange Lehrzeit
hinter sich haben, Fehlern von mehreren Hundert Graden aus. (Vgl. 1889 272 * 361.)
Um ein wirklich praktisches Pyrometer zu erhalten, muss man das Auge durch einen
Messungsapparat unterstützen, der sehr genau und dennoch hinreichend einfach ist und
zu seiner Anwendung keine lange Ausbildung erfordert. Das ist die Aufgabe, deren
Lösung ich versucht habe.
Die Messung der Aenderungen in der Farbennuance, d.h. der ungleichen
Intensitätsänderungen verschiedener Strahlen kann, wie man sich leicht überzeugen
kann, kein genaues Resultat liefern, weil die zu messende Erscheinung nur
Aenderungen aufweist, welche die Beobachtungsfehler zu wenig an Grösse übertreffen.
Nach Violle variirt das Intensitätsverhältniss der
Strahlen λ = 656 (roth) und λ
= 482 (blau) in dem Verhältniss 1 : 4,5 für ein Temperaturintervall von
700°. Nun kann die Unsicherheit in der Messung dieses Verhältnisses praktisch nicht
unter 10 Proc. sein, was schon einen Fehler von 50° verursachen würde, ohne
Rücksicht auf andere gleich beträchtliche Fehlerquellen, welche dieser
Beobachtungsmethode anhaften.
Die absolute Intensitätsänderung dagegen von Strahlen mit bestimmter Wellenlänge,
z.B. der rothen Strahlen, erreicht für dasselbe Temperaturintervall – von 700° –
zwischen 1000° und 1700° das Verhältniss 1 : 300. Es erhebt sich zwischen 600° und
1800° bis auf 1 : 1000000. Man erkennt also die ganze Empfindlichkeit, welche eine
auf die absolute Messung der Strahlung basirte pyrometrische Methode erreichen kann.
Wenn man sich seit Becquerel nicht mehr mit dieser
Methode beschäftigt hat, so liegt das ohne Zweifel an den Fehlern, welche vom
theoretischen Standpunkte aus sicher in Betracht kommen, welche aber in der Praxis
die Bedeutung nicht haben, welche man hätte befürchten können. Kirchhoff hat festgestellt, dass die von einem
glühenden Körper ausgesandten Strahlen nicht nur von seiner Temperatur abhängen,
sondern auch von seiner Beschaffenheit, von dem Zustande seiner Oberfläche und
überhaupt von der Temperatur der Hülle, welche ihn umgibt. Nur bei den schwarzen
Körpern, d.h. bei den Körpern, deren Absorptionsvermögen und daher auch deren
Emissionsvermögen ein Maximum ist, hängt der Glanz nur von der Temperatur ab. Nun
findet man, wie ich unten feststellen werde, dass oxydirtes Eisen, das
interessanteste der industriellen Producte und das bei pyrometrischen Messungen am
meisten interessirte, ein ähnlicher schwarzer Körper ist.
Ich hatte mich im Laufe dieser Untersuchungen zu beschäftigen mit:
1) der photometrischen Methode;
2) dem Emissionsvermögen;
3) dem Gesetz der Strahlung glühender Körper.
Ich werde am Schlusse die Ergebnisse, welche ich in verschiedenen Hüttenwerken sowohl
mit dem optischen, wie andererseits mit dem thermoelektrischen Pyrometer erhalten
habe, mittheilen.
Das Photometer. Der Zwang der industriellen Anwendung
erfordert, dass man direct das Bild des zu untersuchenden Gegenstandes mit
demjenigen einer Lichtquelle, welche als feste Einheit dient, vergleichen muss. Die
Spectrophotometer, deren Aufstellung langwierig und delicat ist, sind nothwendiger
Weise zu verwerfen; sie würden niemals die Beobachtung so flüchtiger Erscheinungen
wie das Ablassen des Stahles, das Werfen einer Schiene beim Strecken gestatten.
Um Lichtintensitäten, welche im Verhältniss 1 : 1000000 schwanken können, gleich zu
machen, kann man an kein anderes Verfahren als den Gebrauch von Absorptionsgläsern
denken, die in grösserer oder geringerer Anzahl an einander gelegt werden. Für die
Aenderungen innerhalb des Intervalles der auf einander folgenden Gläser kann man sich Nicol'scher Prismen oder einer Irisblende bedienen. Das
zweite Mittel allein erschien mir hinreichend genau und praktisch. Die schwierige
Regulirung und das leichte Verderben der Nicol'schen
Prismen, sowie die partielle Polarisation des von den leuchtenden Körpern
ausgesandten Lichtes sind Gründe, von denen jeder hinreichen würde, den Gebrauch der
Polarisatoren zu verwerfen.
Textabbildung Bd. 286, S. 45Fig. 1.Photometer. Endlich ist es unerlässlich, bei diesen Vergleichungen mit einfarbigem
Lichte zu arbeiten; die Strahlen müssen roth sein, weil die einzigen
monochromatischen Gläser diese Farbe haben; die rothen Strahlen bieten andererseits
den Vortheil, dass sie die ersten sind, welche sich bei glühenden Körpern
entwickeln; ihre Anwendung erlaubt also die Messungen über das grösstmögliche
Temperaturintervall zu erstrecken.
Diese verschiedenen Einrichtungen, welche sich einem pyrometrischen Photometer
aufdrängen, sind alle in dem Photometer von Cornu
vereinigt; ich hatte also nur dieses Instrument zu nehmen, indem ich allein die
äussere Form abänderte, um sie den Bedürfnissen der Hüttenwerke anzupassen.Dieser Apparat
ist von Ph. Pellin construirt.
Das Mikroskop, welches in dem Apparate von Cornu dazu
dient, die Bilder des glühenden Körpers und der Lichtquelle anzuvisiren, ist durch
ein einfaches Ocular G (Fig.
2) ersetzt worden. Die besondere Erdöllampe ist durch eine kleine tragbare
Lampe L ersetzt worden derart, dass sie am Apparate
befestigt und von einer Hülle, die sie gegen den Luftzug schützt, umgeben ist. Das
Photometer bildet also eine tragbare Lupe, welche nach Belieben in der Hand gehalten
oder von einem Fuss getragen werden kann.
Ernste Schwierigkeiten boten sich sowohl bei der Wahl des rothen Glases, das vor dem
Ocular G angebracht ist, als auch bei derjenigen der
dunkeln Absorptionsgläser E vor der Irisblende D. Es gibt wenige rothe Gläser, welche für Messungen,
welche sich auf sehr verschiedenes Licht erstrecken, hinreichend einfarbig sind,
ohne gleichzeitig zu dunkel zu werden, um gute photometrische Messungen zuzulassen.
Es glückte mir indessen, passende rothe Gläser ausfindig zu machen.
Der Schwierigkeit, dunkle absorbirende Gläser zu finden, welche die Farbe der
durchgehenden rothen Strahlen nicht beträchtlich ändern, bin ich mit Hilfe des
Herrn Appert Herr geworden, welcher nach meinen Angaben
eine Reihe von Glascompositionen versuchte, und dem es gelang, eine zu finden,
welche ausgezeichnete Resultate gibt. Die färbenden Oxyde sind ein Gemisch von
Eisen- und Kupferoxyd mit einer kleinen Menge Mangan- und Nickeloxyd.
Um die Lichtintensitäten auszudrücken, muss man als Einheit ein bestimmtes Lichtmaass
annehmen, welches leicht anzuwenden und zu reproduciren ist. Die Carcel-Lampe ist
sehr complicirt für den Gebrauch in Fabriken und ihre Flamme zeigt eine sehr
unregelmässige Helligkeit. Die kleine Normallampe mit Amylacetat habe ich versucht,
aber für die Praxis ist sie zu verwerfen. Mit der grössten Sorgfalt regulirt, gibt
sie vielleicht befriedigende Resultate, aber ohne besondere Vorsichtsmaassregeln
angewandt, kann sie nur eine sehr unregelmässige Intensität liefern, die Metallampe
bedeckt sich rasch mit Grünspan, der Docht imprägnirt sich mit Kupfersalz und lässt
keine Flüssigkeit aufsteigen; endlich muss man das Acetat selbst präpariren, um
seiner Reinheit sicher zu sein. Für industrielle Versuche gibt eine gewöhnliche
Kerze oder eine kleine Lampe mit Petroleumäther eine viel stetigere Lichtintensität.
Ich habe bei meinen Versuchen als Visirpunkt den hellsten Theil der axialen Gegend
genommen und die Nähe der Ränder beiseite gelassen, bei denen die Intensität rasch
wechselt.
Textabbildung Bd. 286, S. 45Fig. 2.Cornu's Photometer mit Mikroskop. So habe ich für verschiedene Lichtquellen die folgenden Resultate
erhalten:
Amylacetat.StearinkerzeGaskerze
Pigeon-Lampemit Petroleum-äther
Carcel-Lampe
Gaslampe,Bengal.Sugg.
Platin,in einer
Knall-gasflammeschmelzend
1
1,10
1,9
0,74
15
Das auf Platin bezügliche Ergebniss ist ein wenig unsicher wegen der eigenen
Helligkeit der Flamme des Knallgasgebläses, welches ich anwandte.
Intensitätsmessungen. Um mit diesem Photometer eine
Intensitätsmessung auszuführen, verfährt man folgendermaassen:
Man muss nötigenfalls mit der Regulirung des Spiegels mittels dreier Stellschrauben
beginnen, so dass das Lichtbündel,
welches aus der Lampe kommt und vom Spiegel reflectirt wird, und dasjenige,
welches direct vom anvisirten Objecte herkommt, vollständig in das Auge dringen.
Diese Bedingung ist erfüllt, wenn die vom Ocular gelieferten Bilder der beiden
Objective sich über einander lagern und in der Achse des Rohres liegen. Man
verificirt das, indem man diese beiden Bilder, welche sich ein wenig hinter dem
Ocularring bilden, mit einer Lupe ansieht. Selbstverständlich muss man beide
Objective, um sie sichtbar zu machen, beleuchten, und zwar das eine mit der Lampe,
das andere mit einer beliebigen Lichtquelle. Wenn die Uebereinanderlagerung nicht
vorhanden ist, stellt man sie mit den drei Schrauben her, welche den Spiegel
befestigen. Der Apparat muss, wenn er keine Stösse erhält, beliebig lange regulirt
bleiben.
Die Vergleichslampe des Photometers muss, um constante Helligkeit zu geben, eine
regelmässige Flammenhöhe haben, z.B. gleich der Höhe des rechteckigen Fensters,
welche vor der Lampe aufgestellt wird. Ihr Bild muss durch die Spiegelkante genau in
zwei Theile geschnitten werden, was man durch Drehen der Lampe in ihrem Gestelle, in
welchem sie excentrisch sitzt, erreicht.
Endlich muss man vor Beginn der Messung etwa 10 Minuten warten, bis die Lampe ihre
beharrende Erwärmung angenommen hat; nur dann gibt die Flamme eine stetige
Helligkeit.
Um eine Messung auszuführen, visirt man durch das Rohr das leuchtende Object derartig
an, dass sein Bild von der Spiegelkante durchschnitten und so mit dem Bilde der
Flamme in Contact gebracht wird. Man verändert mittels des unten angebrachten
Knopfes die Oeffnung der Irisblende, bis die gleiche Intensität der Bilder erreicht
ist.
Es sei n die Anzahl der Theilstriche, welche die
Oeffnung der Irisblende in diesem Augenblicke angeben; es sei n' die entsprechende Anzahl bei dem Anvisiren der
Amylacetat-Normallampe, die gemessene Intensität ist dann
J=\left(\frac{n'}{n}\right)^2,
d.h. gleich dem umgekehrten Verhältniss der Oeffnungen der
Irisblende.
Wenn, was im Allgemeinen der Fall ist, die anvisirten Objecte nicht den gleichen
Abstand haben und daher verschiedene Einstellung erfordern, so erhält man, wenn man
f und f' die
Focalabstände der Bilder des Objectes und der Normallampe nennt,
J=\right(\frac{n'}{n}\right)^2\,\left(\frac{f}{f'}\right)^2.
Wenn endlich zur Ergänzung der Irisblende die dunkeln Absorptionsgläser nöthig sind,
muss man mit der Bestimmung ihrer Absorptionscoefficienten beginnen. Dazu visirt man
gegen ein Object von geeigneter Helligkeit, indem man ein dunkles Glas vor die
Irisblende einschiebt oder nicht. Es sei N die Oeffnung
der Irisblende ohne dunkles Glas und N' mit einem
solchen; der Absorptionscoefficient des Glases wird dann
K=\left(\frac{N'}{N}\right)^2.
Bei einer Messung mit p Gläsern vor der Irisblende wird
die Helligkeit
J=\left(\frac{n'}{n}\right)^2\,\left(\frac{f}{f'}\right)^2\,\left(\frac{1}{K}\right)_p
sein.
Wenn es sich im Gegentheile um ein weniger helles Object handelt und die Gläser
vor die Lampe geschoben werden müssen (in der Fassung, welche das rechteckige
Fenster trägt), wird die Intensität durch die Formel
J=\right(\frac{n'}{n}\right)^2\,\left(\frac{f}{f'}\right)^2\,K^P
gegeben.
Wenn man sehr kleine Objecte anvisiren will, ist es vortheilhaft, um ein hinreichend
grosses Bild zu erhalten, sich sehr nahe aufzustellen; man bringt dann vor der
Irisblende in die Fassung der dunkeln Gläser eine zweite, dem Objectiv des
Photometers ähnliche Linse an. Man kann dann, indem man das anvisirte Object in
ihren Hauptbrennpunkt bringt, in dem Photometer ein Bild in richtiger Grösse
erhalten. So verfuhr ich bei allen Graduirungsversuchen, über welche unten berichtet
wird. Diese Hilfslinse absorbirt ungefähr 10 Proc. der Lichtintensität.
Emissionsvermögen. Bevor man die Graduirung eines
solchen optischen Pyrometers, d.h. das Verhältniss, welches zwischen der
Strahlungsintensität der glühenden Körper und ihrer Temperatur besteht,
festzustellen versucht, ist es unerlässlich, deren Emissionsvermögen zu prüfen. Das
Emissionsvermögen ist das Verhältniss der Intensität der von einem glühenden Körper
in eine kalte Umhüllung ausgesandten Strahlen zu der Intensität der von demselben
Körper ausgesandten Strahlen, wenn er mitten in eine Umhüllung von gleicher
Temperatur gestellt wird, wobei die Intensität durch ein unendlich kleines in diese
Umhüllung gebohrtes Loch beobachtet wird. Ich habe anfangs versucht, dieses
Verhältniss zu ermitteln, indem ich die Helligkeit einer Löthstelle eines
Thermoelementes mass, die mit verschiedenen Körpern bedeckt war und entweder in der
Flamme eines Bunsenbrenners erwärmt wurde, oder in der Mitte einer von aussen
geheizten Thonröhre. Der Bunsenbrenner realisirt wegen der Transparenz seiner Flamme
für leuchtende Strahlen den Fall der kalten Umhüllung; aber diese Methode gibt kein
genaues Resultat, weil die kleinste Unsicherheit in der Temperaturmessung grosse
Veränderungen der zu vergleichenden Lichtintensitäten nach sich zieht. Ausserdem ist
es unmöglich, im Laboratorium Umgebungen von streng gleichförmiger Temperatur
herzustellen; die Temperaturungleichheiten ziehen für Körper mit schwachem
Emissionsvermögen und folglich mit starkem Diffusionsvermögen beträchtliche
Helligkeitsänderungen nach sich. Z.B. wurden in einem Thonröhre bei der Temperatur
von 800° folgende Ergebnisse erhalten:
Strahlende Körper
Lichtintensität
Fe3O4
1
Pd
1,32
Ag
1,9
Die Helligkeiten dieser drei Körper haben also vom einfachen zum doppelten variirt,
und entgegengesetzt als man bei einer raschen Ueberlegung vermuthen könnte, ist es
das Silber, ein Körper mit schwachem Emissionsvermögen, welches die grösste
Helligkeit hat. Das zeigt einfach an, dass es durch wärmere Theile der Hülle, als es
selbst war, zum Leuchten gebracht wurde.
In derselben Weise ergab ein kleines, schmelzendes Stück Platin mir merklich die
gleiche Helligkeit, ob es in freier Luft oder in einer Kalkröhre erhitzt wurde. Um
dieses Resultat zu erklären, genügt die Annahme, dass die Kalkhülle eine um 300°
niedrigere Temperatur hatte als das Platin. Dies ist vollkommen zulässig mit
Rücksicht auf die
äussere Abkühlung der Hülle. Um die Emissionsvermögen zu messen, habe ich die
folgende Bemerkung von Kirchhoff benutzt. Das Innere
der Spalten eines Körpers lässt sich so auffassen, als sei es von einer Hülle von
gleichförmiger Temperatur umgeben, natürlich vorausgesetzt, dass die Oeffnung der
Spalten hinreichend klein ist. Das Emissionsvermögen eines Körpers ist also bei der
betrachteten Temperatur gleich dem Verhältnisse der Lichtintensität der Oberfläche
zu derjenigen des Bodens im Innern tiefer Spalten.
Um Messungen des Emissionsvermögens auszuführen, benutzte ich kleine Kugeln oder
kleine Cylinder von 5 mm Durchmesser, in welche längs eines Durchmessers ein Loch
von 1 mm Durchmesser und 4 mm Tiefe gebohrt war.
Ich habe folgende Ergebnisse für rothe Strahlen bei ungefähr 1300° erhalten.
Körper
Emissionsvermögen
Fe3O4,
C
1
Pd
0,6
Pt matt
0,4
Pt polirt, weisser Thon
0,25
MgO
0,1
Diese Zahlen zeigen, dass man für rothes Eisen, welches an seiner Oberfläche stets
oxydirt ist, das Emissionsvermögen als der Einheit gleich ansehen darf. Die
Intensität der Strahlung ist deshalb unabhängig von der Temperatur der Umgebung und
von dem Glänze der Oberfläche, eine für die optischen Temperaturmessungen werthvolle
Eigenschaft.
Im Laufe dieser Untersuchungen habe ich eine interessante Bestätigung der Theorien
Kirchhoff's beobachtet. Für feste Körper wie für
Gase sind die mit grösserer Intensität ausgesandten Strahlen auch diejenigen, welche
am energischsten absorbirt werden, derart, dass die Farbe eines glühenden Körpers in
gewissem Grade zu der Farbe complementär ist, welche er vor weissem Lichte
beleuchtet zeigt. Zinkoxyd, welches von weissem Lichte beleuchtet gelb erscheint,
wenn es etwas erhitzt ist, Magnesia u.s.w. erschienen blau, als sie bis zur
Weissglut gebracht waren. Man erkennt die specifische Färbung eines Körpers sehr
leicht, wenn man die Farbe der Oberfläche des in einer transparenten Flamme
erwärmten Körpers mit der Farbe vergleicht, welche die Tiefe der Spalten zeigt,
welche von der Temperatur allein abhängt und von der Beschaffenheit des betrachteten
Körpers unabhängig ist.
(Schluss folgt.)