Titel: | Neuere Stopfbüchsen. |
Fundstelle: | Band 286, Jahrgang 1892, S. 151 |
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Neuere Stopfbüchsen.
Mit Abbildungen.
Neuere Stopfbüchsen.
Die Stopfbüchsenliderung von Franz Clouth, Rheinische
Gummiwaarenfabrik in Köln-Nippes (D. R. P. Nr. 36419 vom 4. Juli 1891) besteht aus
Ringen von starkem gummirten Baumwollgewebe, dessen einzelne Lagen durch
Vulcanisation sehr fest mit einander verbunden sind, mit einem Querschnitt wie in
Fig. 1 dargestellt, und werden zu je zwei, mit
ihren flachen Seiten sich berührend, so in die Stopfbüchse eingelegt, dass je zwei
derselben einen schräg kreuzförmigen Querschnitt bilden.
Durch diese Anordnung wird die Reibungsfläche zwischen Stange und Liderung
verringert. Die Flüssigkeiten, welche sich in den Räumen zwischen den einzelnen
Ringen, zwischen Stange und Ringen und zwischen diesen und den Wänden der Büchse
ansammeln, dienen ebenfalls mit zur Verdichtung. Wenn sich die ganzen Ringe nicht
über die Stange ziehen lassen, werden sie schräg durchschnitten und mit versetzten
Stössen über dieselbe gezogen. Das Andrehen der Schrauben kann bei dieser Dichtung
mit einem geringen Kraftaufwand bewirkt werden, meistens durch ein Andrehen mit der
Hand.
Textabbildung Bd. 286, S. 151Fig. 1.Stopfbüchsenliderung von Clouth. Die Vorzüge dieser federnden Stopfbüchsenliderung sind geringe Reibung und
in Folge dessen ein ebenso geringer Arbeitsverlust, geringer Verschleiss der
Kolbenstange, zuverlässige Abdichtung, leichtes Einbauen und geringe Abnutzung.
Die Ringe passen in jede glatte Stopfbüchse.
Eine Stopfbüchsenpackung aus dünnen Drähten, imprägnirt und nicht imprägnirt, liefern
Feiten und Guilleaume, Karlswerk Mülheim a. Rhein.
Die Packung besteht aus zu Strähnen geflochtenem dünnen Draht, und zwar imprägnirtem
Bronze- oder Eisendraht, oder aus verzinntem Messingdraht. Die Packung schliesst bei
den höchsten Dampfspannungen dicht ab, verbrennt und erhärtet nicht, verursacht also
auch keine Riefeln an den Kolbenstangen. Die Packung lässt sich leicht herausnehmen
und kann von neuem eingebaut werden. Die Dauerhaftigkeit der Packung lässt sie
insbesondere für Schiffsmaschinen und Locomotiven geeignet erscheinen. Zum Gebrauche
dieser Packung gibt Lieferantin folgende Anweisung: Von der in langen Stücken
angefertigten Packung schneidet man mit einem Meissel oder kräftigen Messer ein Stück ab,
welches lang genug ist, um einen vollständigen Ring um die zu dichtende Stange zu
bilden, und dabei noch ein festes Ineinanderstauchen der Enden beim Einsetzen zu
gestatten. Damit das Geflecht sich nicht löst, muss die Packung zu beiden Seiten der
Schnittstellen fest mit Draht eingebunden werden. Die Anzahl der Ringe richtet sich
nach der Länge der Stopfbüchse; gewöhnlich sind drei bis fünf Ringe nothwendig. Die
zusammen gestossenen Enden der Ringe dürfen nicht an einer Seite liegen, sondern
müssen vertheilt werden. Während des Einlegens schraubt man den Stopfbüchsendeckel
nach jedem Ring einmal fest an, damit die Packung sich richtig legt, beim Gehen der
Maschine müssen die Schrauben ganz lose angedreht sein. Es empfiehlt sich, vor und
nach den letzten Metallringen eine Lage Hanf einzubringen.
Textabbildung Bd. 286, S. 152Fig. 2.Schelling's Metallstopfbüchse. Eine längsgetheilte Metallstopfbüchsenpackung mit zweifacher Fugendichtung
ist Gegenstand des Patentes von Fr. Schelling in
Neumühlen bei Kiel (D. R. P. Nr. 55734 vom 6. August 1890, Fig. 2). Die Stopfbüchsenpackung ist dadurch gekennzeichnet, dass die
längsgetheilte cylindrische Büchse a einen Kopf b hat, dessen radiale Fugen von der gleich grossen,
abgesetzten Scheibe f abgedichtet werden, und dass die
Kämme der Büchse a auf ihren Berührungsflächen durch in
radialen Nuthen n liegende Packungen von Asbest u. dgl.
abgedichtet werden.
Textabbildung Bd. 286, S. 152Fig. 3.Dyppel's Metallstopfbüchse. Die Metallstopfbüchsenpackung mit zwei durch Querschrauben angedrückten
Schalen von H. C. L. Dyppel in Flensburg (D. R. P. Nr.
59900 vom 13. März 1891) soll hohen Anforderungen genügen und für Dampfmaschinen mit
hoher Kolbengeschwindigkeit und hoher Spannung sich bewähren, wie nach Uhland die Versuche mit dieser Packung auf dem Dampfer
„Ingraban“ bewiesen haben, bei denen diese Packung unter 6 at Druck und
bei 1,15 m Kolbengeschwindigkeit in vollkommener Weise dicht hielt. Nach derselben
Quelle ist die Packung am oberen Ende der Kolbenstange des Hoch- und
Niederdruckcylinders angebracht. Die Haupttheile derselben, bei der die Anwendung
eines Grundringes ganz überflüssig gemacht ist, sind zwei Schalen AB (Fig. 3 bis 12) mit nach innen
abgeschrägten Längsflächen, zwischen welchen sechs entsprechend abgeschrägte
Einsatzstücke abca1b1c1 eingeschaltet
werden. Aehnlich wie bei einer Wellenlagerung umschliessen die beiden Schalen AB, welche zweckmässig mit Weichmetall ausgefüttert
werden, die zu verpackende Stange. Dabei werden sie von zwei oder mehreren von
aussen anzuziehenden und festzustellenden Stellschrauben ss1 an die Stange gepresst und schieben
gleichzeitig mit ihren nach innen abgeschrägten Längsflächen die Einsatzstücke abca1b1c1 nach innen, indem
sie dieselben dadurch ebenfalls an die Stange pressen. Hinter den mittleren
Einsatzstücken bb1 sind
die Schalen AB zu beiden Seiten um ein gewisses Maass
abgeflacht und nehmen an dieser Stelle je eine Platte dd1 mit einer der Bohrung entsprechend
gewölbten Hinterfläche und quadratischer ebener Vorderfläche auf, welche dazu dient,
eine Verschiebung der Schalen A und B gegen einander unmöglich zu machen. Die Verschiebung
der Einsatzstücke abca1b1c1 in der
Achsenrichtung wird dadurch verhindert, dass dieselben nicht dicht an einander
liegen, sondern getrennt in gewissen Abständen zwischen die Theilungsfugen der
Schalen AB eingelassen sind. In die Schalen eingedrehte
Nuthen ee1 dienen zur
Aufnahme sich etwa ansammelnden Niederschlagwassers.
Die Packung wird durch einen auf die Stirnfläche unter Zwischenlegung von
Asbestdichtung aufgeschraubten Ring C an Bewegungen in
der Achsenrichtung verhindert. Der Abschluss dieses Ringes gegen die zu verpackende
Stange erfolgt durch eine kleine Hilfsstopfbüchse D,
welche indessen nur leicht angezogen zu werden braucht.
Damit die Schalen AB beim Lösen der Packung leicht
entfernt werden können, haben dieselben senkrecht eingebohrte, mit Gewinde versehene
Löcher ff1, in die man zum Herausziehen der Schalen passende
Handhaben einschraubt.
Textabbildung Bd. 286, S. 152Dyppel's Metallstopfbüchse. Es gibt nun allerdings Metallstopfbüchsenpackungen, welche der
vorbeschriebenen ähnlich zu sein scheinen. Doch leiden dieselben sämmtlich an dem
Nachtheile, dass, wenn die Stange in der Führung einmal warm wird, die Packung so
anklebt, dass sie nicht mehr losgemacht werden kann. Die Packung von Dyppel ist leicht durch die Querschrauben zu reguliren,
sie benöthigt wenig Oel (bei den erwähnten Versuchen ist sie wochenlang ohne
Schmierung in Thätigkeit gewesen) und das dabei in Verwendung kommende Asbest kann
bis auf den letzten Rest aufgebraucht werden. Da die Packung nach allen Seiten
verstellbar ist, kann der Kolben bezieh. der Schieber stets genau centrirt gehalten
werden. Sie ist ebenso wohl für liegende als auch für aufrecht stehende Anordnung
anwendbar und da sie mit derselben Stopfbüchsenlänge gegenüber einer gewöhnlichen
Verpackung die doppelte Anliegefläche erzielt, eignet sie sich besonders gut für
hohe Dampfspannungen. Die in der „Ingraban“ angewendete Packung ist aus
weicher Bronze mit Dichtungsstücken aus Weissmetall hergestellt, hat eine Länge von
175 mm und wird alle 5 bis 6 Tage ein wenig angezogen. Die Querschrauben sollen aus
Rücksicht auf Kraftersparniss mittels eines Schraubenschlüssels von 100 bis 130 mm
Länge angezogen werden, das Anziehen der Packung darf nur so weit erfolgen, dass die
Schale die Stange gerade berührt. Hat man die Packung zu stramm angezogen, so wird die
Stange nach und nach warm und dies ist ein Fingerzeig; dass dieselbe etwas gelockert
werden muss.
Man thut gut daran, eine neue Packung die ersten paar Tage in Schmierung zu halten;
sobald sich die Stange eingelaufen hat – und dies ist schon nach wenigen Tagen der
Fall – ist die weitere Schmierung überflüssig.
Textabbildung Bd. 286, S. 153Stopfbuchse von Cordts und Pleit. Kegelförmige, längs geschlitzte Metallpackung für Stopfbüchsen von W. Cordts und J. C. A.
Pielt in Hamburg (D. R. P. Nr. 51197 vom 20. September 1889). Die Hülse
H (Fig. 13 und 14) bildet an der
Aussenseite einen schlanken Kegel und ihre innere cylindrische Bohrung ist genau dem
Durchmesser der abzudichtenden Kolben- oder Schieberstange angepasst. Auf etwa ⅔ der
Länge von jedem Ende her ist die Hülse je nach dem Durchmesser der inneren Bohrung
mit mehr oder weniger Einschnitten E versehen (Fig. 13), welche
derselben genügende Elasticität verleihen, sich stets an die betreffende
Kolbenstange dicht anschmiegen, und die gleichzeitig als Schmiernuthen dienen.
Die Hülse liegt in einer Passenden kegelförmigen Ausbohrung des Stopfbüchsenhalses
und wird nach Einlegung einer Dichtungsschnur mittels einer
Stopfbüchsenverschraubung gehalten. Die Schnur soll kleine Undichtigkeiten
beseitigen und die durch die Erwärmung hervorgerufene Ausdehnung der verschiedenen
Metalle in der Achsenrichtung ausgleichen. In der metallenen Hülse ist die
Kolbenstange sicher geführt, so dass die gebräuchlichen Grund- oder Führungsbüchsen
unnöthig werden.
Textabbildung Bd. 286, S. 153Metallpackung von Woodhouse and Mitchell. Bei schwer zugänglichen Stopfbüchsen wird die Hülse H entweder der Länge nach zerschnitten und mittels
eingelegter Schlusstücke s gedichtet oder aus mehreren
zerschnittenen Hülsen zusammengesetzt, deren Aussenflächen einen gemeinschaftlichen
Kegel bilden, wobei die einzelnen Theile, deren Längsfugen gegen einander versetzt
sind, durch Führungsstifte gegen Verdrehung gesichert werden. Um die beschriebene
Packung auch bei alten Stopfbüchsen anwenden zu können, werden diese durch
Metallfutter, welche dem Kegel der Packungshülse H
entsprechend ausgebohrt sind, ausgebüchst.
Eine Metallpackung für Kolben und Kolbenstangen von R.
Woodhouse and S. Mitchell in Brighouse, Yorks., ist Gegenstand des
englischen Patentes Nr. 15750 vom 17. September 1891. Nach Fig. 15 und 16 ist A die Kolbenstange, B der
Cylinderdeckel, auf welchen mittels der Schrauben D die
Büchse C aufgeschraubt ist. In den so gebildeten Raum
sind die kugelförmig abgedrehten Ringe E und F eingeschlossen, welche die Metallpackung G zwischen sich fassen, die die Kolbenstange
einschliessen, und durch Spiralfedern H angespannt
werden. Die kugelförmige Gestalt der Ringe E und
F soll eine gewisse Nachgiebigkeit der Dichtung bei
etwaigen Schwankungen der Kolbenstangen ermöglichen. Die Umformung dieser
Construction zur Verwendung bei Kolben wird keine Schwierigkeit machen.
Die beiden nachstehenden englischen Patente nehmen zur Dichtung gespannten Dampf zu
Hilfe.
Textabbildung Bd. 286, S. 153Johnson's Stopfbüchse.S. A. Johnson in London legt nach dem englischen Patent
Nr. 12661 vom 10. August 1889 in den Stopfbüchsenraum einen aus zwei Cylindern A und B (Fig. 17 und 18) bestehenden Ring,
welche eine dampfdichte Büchse bilden, der mittels des Rohres C Dampf zugeführt wird. Der Druck desselben wirkt auf
die gewellte Wand der Blechbüchse, wodurch die Dichtungsringe an den Kolben gedrückt
werden.
Textabbildung Bd. 286, S. 153Fig. 19.Stopfbüchse von Ellis. Die andere Stopfbüchse mit Dampfdichtung rührt von O. J. Ellis in Blackheath, Kent, her und ist unter Nr. 16161 vom 14.
October 1889 in England patentirt. Nach Fig. 19 geht
die Kolbenstange C durch die Bronzekappe B in die Stopfbüchse A
hinein. Der Schmierring a hat eine Aussparung b, in welche das Dampfzuführungsrohr F mündet. Durch den Dampfdruck werden die Lederscheiben
D gedichtet. Grössere Unterschiede können durch
Nachschrauben der Bronzekappe ausgeglichen werden.
Die Metallstopfbüchsenpackung von E. Bösch und Jos. Alkemper in Bernburg (D. R. P. Nr. 60739) besteht
aus einer Mischung von Zinn, Kupfer und Antimon, ist cylindrisch, ein- oder
zweitheilig, je nachdem sie für neue oder alte Maschinen verwendet werden soll. Die
Packung ist aussen und innen mit halbkreisförmigen Ringnuthen versehen, die so zu
einander versetzt sind, dass der stehen bleibende Theil eine Schlangenlinie bildet,
die beim Anziehen der Stopfbüchse federt, und in Folge dessen an Kolbenstange und
Stopfbüchsenwand anschliesst. Das in den Ringnuthen sich ansammelnde Oel oder Wasser
trägt zum Abdichten und Schmieren der Kolbenstange bei.
Ferd. Bauer in Wien trennt nach seinem D. R. P. Nr.
60938 den Flanschentheil von der eigentlichen Büchse und gibt ihm einen centralen,
in die Büchse eingeschliffenen Kugelansatz, der beim Anziehen der Stopfbüchse eine
im Gehäuse liegende Büchse gegen die Packung presst, ohne die Kolbenstange einseitig
zu beanspruchen. Um etwas freies Spiel zu schaffen, geht die Kolbenstange mit Spiel
durch den Flanschentheil hindurch.
Textabbildung Bd. 286, S. 154Fig. 20.Stopfbüchse von Müller. Die Stopfbüchsenpackung von Jacob Müller in
Essen an der Ruhr (D. R. P. Nr. 60108 vom 20. Mai 1891) hat elastische K-formige Metallringe aus Weissmetall, die abwechselnd
eingelegt werden, wie Fig. 20 zeigt. Beim Anziehen
der Flanschen federn die Ringe und drücken sich sowohl an die Kolbenstange als auch
an die Stopfbüchsenwand an.
A. D. Estienne in Marseille (D. R. P. Nr. 58727) benutzt
als Stopfbüchsenpackung abgerundete Metallkörner, welche lose und ohne Füllmaterial
in den Packungsraum gefüllt werden. Sie sollen eine Art Labyrinthdichtung bilden und
in den Zwischenräumen eine grosse Menge Schmieröl aufzunehmen vermögen. Unter der
Stopfbüchsenflansche ist, und das ist wohl das Beste an dieser Packung, eine Lage
aus Baumwolle angebracht.