Titel: | Die Reinigung der Speisewasser für Dampfkessel. |
Fundstelle: | Band 286, Jahrgang 1892, S. 172 |
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Die Reinigung der Speisewasser für
Dampfkessel.Vgl. 1890 275 * 364. 412. * 549.
Mit Abbildungen.
Die Reinigung der Speisewasser für Dampfkessel.
Ueber die Ergebnisse mit den neueren Verfahren zur Reinigung der
Dampfkesselspeisewasser macht die Zeitschrift der
Kessel-Ueberwachungs-Vereine in Nr. 11 des Jahrgangs 1891 bemerkenswerthe
Mittheilungen aus dem Vortrage des Oberingenieurs Betke in Stettin, welcher im Auftrage des Vereins über die Reinigungsfrage
bei den Mitgliedern Erkundigungen eingezogen hatte. Aus den Eingängen ergibt sich,
dass 1400 oder 5½ Proc. der in Frage stehenden Kessel mit auf chemischem, 130 oder ½
Proc. derselben mit auf mechanischem Wege vor dem Speisen gereinigtem Wasser
versorgt werden; bei 150 oder 0,6 Proc. der Kessel wird ein Weichmachen des Wassers
im Kessel bei Verwendung besonderer Apparate erzielt, welche bei Umlauf des
Kesselwassers die in Schlammform ausgeschiedenen Steinbildner während des Betriebes
selbsthätig durch Ansammlung in Schlammfängern ausserhalb des Kessels zu entfernen
suchen. Bei 3800 oder 15 Proc. der Kessel endlich wird ein Weichmachen durch
alleinige Anwendung geeigneter Chemikalien, als Kalk und Soda, sowie bei ganz
weichem Wasser Cachou, und, glücklicher Weise immer seltener auch durch Anwendung
dieses oder jenes Universal-Kesselsteingegenmittels, im Kessel selbst
angestrebt.
Die zur Verwendung gelangenden Verfahren zur Reinigung des Wassers vor dem Speisen
mittels Chemikalien zerfallen in solche, welche die ausgeschiedenen Steinbildner
sich absetzen lassen – die Satzmethode – und andere, bei denen sie durch Filtration
zu entfernen gesucht werden – die Filtrirmethode.
Bei rund 640 Kesseln oder 40 Proc. der so gespeisten Kessel wurden offene
Absatzgefässe benutzt, in denen mittels Chemikalien unter Anwendung von Wärme und
eines Dampfstrahlgebläses die Steinbildner ausgeschieden wurden, bei rund 280 oder
20 Proc. dieser Kessel die Dehne'sche Einrichtung mit
Filterpresse, bei rund 250 oder 18 Proc. der Apparat der Maschinenfabrik Humboldt1890 275 * 412., System Gaillet, bei 61 oder 4,5 Proc. dieser Kessel die
Reinigungsbatterie, System Bohlig und Heyne, bei 54
oder 4 Proc. dieser Kessel der Dervaux'sche
Säulenapparat neuer Construction, bei den übrigen 255 dieser Kessel die Verfahren
Berenger-Stingl, Reuchling, Hohenzollern, Klein,
Schanzlin und Becher, Reinicke; endlich wurden in einzelnen Fällen offene
Gefässe benutzt, in welchen mittels Chlorbarium und Soda die Steinbildner gefällt
werden.
Zur Reinigung des Wassers im Kessel selbst und zur selbsthätigen Entfernung des
Schlammes aus demselben dient bei 105 oder 70 Proc. dieser 150 Kessel der Dervaux-Apparat mit Schlammfänger, bei 40 oder 26,7
Proc. der Apparat von Schröter und endlich bei den
übrigen 5 Kesseln der Apparat von Grimme, Natalis und
Co.1890 275 * 551.; während die
mechanische Reinigung des Speisewassers für 130 Kessel durch Kies- und Schwammfilter
vorgenommen wurde.
Die Kesselbesitzer sind im Allgemeinen mit der Wirksamkeit ihrer Reinigungsverfahren
zufrieden, vereinzelt kommt auch das Gegentheil vor und mancher Apparat musste als
ungeeignet wieder entfernt werden; das Urtheil der Kesselrevisoren lautet dagegen
vielfach minder günstig; nach ihnen ist es rathsam, dort, wo genügend Platz
vorhanden ist, offene Wassergefässe mit einem Dampfstrahlgebläse aufzustellen, in
welchen mittels der geeigneten Chemikalien die Weichmachung des Wassers mindestens
so vollkommen erreicht würde, als mit dem heutigen besten selbsthätigen Apparate, im
anderen Falle aber sich des Humboldt, Dehne (1889 274 117), Dervaux-Säulenapparates und bei kleinen Kesselanlagen endlich sich des
Circulations-
und Entschlammungsapparates nach Dervaux, Grimme,
Natalis und Co. oder Schröter zu bedienen
(vgl. 274 * 112).
Besonders zahlreich kommen die Vorreinigungsverfahren in offenen Gefässen nach dem
System Rossel, Schulze und Bayerischer Dampfkessel-Revisions-Verein vor, denen allgemein durchaus
zufriedenstellende Resultate nachgerühmt werden.
Der Magdeburger-Verein hat für kleine Dampfkesselanlagen seinen Ingenieuren eine
Anleitung in Wort und Bild zur billigen Einrichtung eines Gefässes auf dem Kessel
gegeben, um durch dasselbe auch während des Betriebes die nöthigen Chemikalien
zuführen zu können. Dasselbe besteht in einem Rohrstück von 50 mm lichtem
Durchmesser und 500 mm Höhe, welches mit einem in die Kesselwand oben
eingeschraubten Hahne durch Gewinde verbunden und oben durch eine Kopfschraube von
16 mm Stärke geschlossen ist. Will man dem Kessel die Chemikalien zuführen, so löst
man dieselben in Wasser auf und giesst sie bei geschlossenem Hahn in das
beschriebene Rohrstück von oben durch die 16 mm weite Verschraubungsöffnung hinein.
Nach Verschluss dieser und Oeffnen des Hahnes gelangt der Inhalt nach und nach in
den Kessel.
Diese Einrichtung ist dort, wo die Weichmachung im Kessel selbst geschehen soll,
vollkommen am Platze.
Klagen darüber, dass die Kesselgarnitur und die Kappenverschlüsse bei
Wasserrohrkesseln nicht dicht zu halten seien, dass die Speiserohre sich zusetzen
und dass das Kesselwasser leicht gesättigt wird, wenn bei der Vorreinigung nicht mit
der nöthigen Achtsamkeit verfahren wird, hört man nicht selten. Ein Vorwurf, welcher
den Vorreinigungsapparaten gemacht wird, ist der, dass sie sowohl in der Anschaffung
als auch Unterhaltung zu theuer seien.
Die Controlirung der Verfahren auf ihr richtiges und wirksames Functioniren fand bei
den offenen Gefässen vielfach durch Prüfung des gereinigten Wassers mittels rothen
Lackmuspapiers, bei den Apparaten mittels Seifenlösung nach der Titrirmethode,
vielfach allein auch nach der Menge der Ausscheidungen in den Filterpressen bezieh.
Absatzgefässen und endlich in den allermeisten Fällen nur nach dem Kesselbefunde
allein statt. Das Speisewasser aus den selbsthätigen Apparaten wurde vielfach von 2
bis 3° Härte gefunden.
Zur Benutzung gelangten harte und weiche, saure, alkalische und indifferente
Speisewässer.
Den Eigenschaften des Speisewassers entsprechend ist die Zeitfolge der
Kesselreinigung sehr verschieden, dieselbe erfolgt alle 14 Tage bis zu alle zwei
Jahre; in Württemberg, mit dem härtesten Wasser und einer ausgedehnten
Vorwasserreinigung, bei Tagesbetrieb zu 10 Stunden, alle 3 Monate, bei Tag- und
Nachtarbeit alle 6 bis 8 Wochen.
Einzelne Kessel werden mit Vortheil innen mit einem Anstrich von entsäuertem Theer
versehen, andere wieder mit Soda aasgekocht.
Die meisten der Verbandskessel werden zur inneren Reinigung unter geringem Dampfdruck
ausgeblasen und entleert; die wenigsten werden nach vollkommener Abkühlung einfach
leerlaufen gelassen.
Die Frage, ob Absetzenlassen oder aber Filtriren das Rationellere sei, ist
entscheidend zu beantworten heute nicht möglich. Dagegen hält der Vortragende
alle Vorreinigungsanlagen dort für überflüssig, wo das Wasser nur massig unrein,
etwa nur bis reichlich zur Hälfte mit lösbaren Bestandtheilen gesättigt ist, und wo
ausserdem die Kesselconstruction eine Ansammlung von Schlamm ohne Schaden für den
Kessel gestattet; denn in diesen Fällen genügt völlig das billige und einfache
Verfahren des Sodazusetzens zum Kesselwasser durch eine auf dem Kessel angebrachte
geeignete Vorrichtung, weil eine hierzu etwa verwendete Speisepumpe leicht durch
Verschlammung zeitweilig ausser Function kommen könnte.
Wir wollen nach dieser Uebersicht über weitere Vorschläge und Versuche berichten, die
zur Lösung der wichtigen Frage angestellt worden sind.
Ein D. R. P. Nr. 55241 zur Entfernung des Kesselsteins wurde K. Schübler in Barmen ertheilt. Das Verfahren besteht darin, dass man den
zu reinigenden Dampfkessel vor dem Ablassen des Betriebswassers mit einer flüssige
Kohlensäure enthaltenden Flasche verbindet; die flüssige Kohlensäure verwandelt sich
in gasförmige Kohlensäure, welche langsam in den Kessel, und zwar in das Wasser
desselben ausströmt und dasselbe mit Kohlensäure sättigt. Es wirkt dann das mit
Kohlensäure gesättigte Wasser auf den an den Kesselwänden angesetzten Kesselstein
lösend ein, und zwar deshalb, weil durch die Zufuhr von unter hohem Druck stehender
Kohlensäure auch das Wasser des Kessels unter einem entsprechenden Druck erhalten
wird. Wenige Stunden der Einwirkung sollen genügen, um den Kesselstein mürb zu
machen, so dass sich derselbe nach dem Ablassen des Wassers ohne Mühe in Form von
Sand und Schlamm entfernen lässt.
Die Entfernung des Kesselsteins aus Vorwärmern, Abdampfapparaten und chemischen
Apparaten erfolgt in derselben Weise.
Der Patentanspruch lautet auf die Verwendung von flüssiger Kohlensäure zur Entfernung
des Kesselsteins aus Dampfkesseln und anderen Gefässen, indem man dieselbe in den
Wasserraum, des Dampfkessels unter Druck einführt.
Das Verfahren ist nur anwendbar, wenn der Kesselstein aus Carbonaten besteht.
Nach einer Mittheilung der Thonindustrie-Zeitung sind in
verschiedenen Staatswerkstätten Versuche angestellt worden, die Dampfkessel dadurch
von Kesselstein zu reinigen, dass nach dem Ausspritzen des Kessels durch Wasser die
inneren Wandungen mit Erdöl besprengt wurden. Die Versuche haben durchweg ein
günstiges Resultat ergeben. Nach mehrmaliger Anwendung dieses Verfahrens hat sich
sogar gezeigt, dass selbst mit sehr starker Kesselsteinschicht bedeckte Theile eine
fast metallisch reine Oberfläche aufweisen. Der Grund hierfür ist wohl darin zu
suchen, dass das in den Kessel eingeführte Erdöl die Poren des Kesselsteins
durchdringt und bei der Erwärmung Dämpfe bildet, welche ein Abheben des Kesselsteins
bewirken. Die Kosten sind unerheblich, da (je nach der Menge und der Beschaffenheit
des Kesselsteins) jedesmal nicht mehr als 0,5 bis 2 k Erdöl erforderlich sind.
Die Reihe der sogen. empirischen Mittel gegen den Kesselstein, Kartoffeln,
Eichenrinde, Syrup u. dgl. ist, wie Engineering and Mining
Journal mittheilt, durch eine Eucalyptusart noch verlängert worden. Die
Bombay- und Northwestern-Bahn in Indien soll ihren Locomotiven nach jeder Fahrt von
300 bis 450 engl. Meilen 12 Gallonen einer Lösung, zu der sich besonders Eucalyptus
globulosus als geeignet erwiesen hat, zusetzen.
Ueber Kerosinöl als Kesselsteinlösungsmittel hielt L. F.
Lyne in der Versammlung amerikanischer Maschineningenieure in Philadelphia
einen Vortrag. Das Kerosin wird dem Dampfkessel mit dem Speisewasser zugeführt, und
zwar mittels eines kleinen Apparates, auf welchem der Oelbehälter angebracht ist.
Der erste Versuch wurde mit einem stabilen Kessel angestellt, welcher bis zu ½ Zoll
dicke Kesselsteinablagerungen aufwies. Nach dem Ablassen des Wassers wurden 2,25 l
Kerosin eingeführt, der Kessel wieder mit Wasser gefüllt und in Dienst gestellt.
Einen Monat hindurch fand jeden zweiten Tag eine Zuführung derselben Menge Kerosin
statt. Nach Verlauf des ersten Monats ergab sich, dass der Kesselstein gelöst und
gelockert war und leicht entfernt werden konnte. Die im oberen Theile des Kessels
noch zurückgebliebenen harten Ablagerungen waren indess durch das Kerosin bereits
sichtlich erweicht. Am Ende des dritten Monats fand man den Kessel inwendig
vollkommen frei von Kesselstein; der abgelagerte Schlamm konnte leicht abgelassen
werden. Nach weiteren drei Monaten fand man nach dem Ablassen des Wassers nur mehr
geringfügige weiche Schmutzablagerungen im Kessel vor. Nun wurde regelmässig 1,12 l
Oel täglich zugesetzt, jede Woche einmal das Wasser theilweise abgelassen und
monatlich einmal der Kessel ganz entleert. Seit dieser Zeit erspart man das
Auswaschen des Kessels vollständig, weil aller Schmutz vom abfliessenden Wasser
mitgerissen wird. Die Röhren, Hähne und die Wasserstandsgläser sind seither von den
Einwirkungen des schlechten Speisewassers vollkommen verschont. Man hat auch rohes
Erdöl zu demselben Zwecke angewendet und bei genügender Vorsicht auch gute Resultate
damit erzielt. Dagegen kamen viele Beschädigungen von Dampfkesseln dort vor, wo man
zu viel Oel zusetzte. Man fand, dass dasselbe sich mit dem Schlamme zu einem festen
Teige verbunden und Kesselschäden veranlasst hatte. Bei Anwendung von Kerosin kann
dies nie vorkommen, weil es ausserordentlich leicht ist. Wo der Dampf in
unmittelbare Berührung mit den Erzeugnissen der Industrie gebracht werden muss, ist
dieses Verfahren selbstverständlich ausgeschlossen.
Von allen Mitteln hat sich wohl die caustische Soda am besten bewährt. Aber auch
diese muss, wie die Zeitschrift der
Kessel-Ueberwachungs-Vereine ausführt, mit Vorsicht verwendet werden, damit
das zu viel Soda enthaltende alkalische Wasser die Bronze- und Messinghähne nicht
angreife.
Eine beachtenswerthe Abhandlung von Dr. A. Rossel über
die Verwendung der caustischen Soda ist im 20. Jahresbericht
des Schweizerischen Vereins von Dampfkesselbesitzern veröffentlicht worden.
Diese Abhandlung ist auch in einer Sonderausgabe erschienen (vgl. 1892 283 188).
Eine sehr dankenswerthe Arbeit, Untersuchung der Universalmittel gegen Kesselstein,
hat die Grossherzogl. Badische Chemisch-technische Prüfungs- und Versuchsanstalt in
Karlsruhe durchgeführt. Die Ergebnisse sind im Jahrg. 1891 S. 47 u. ff. der oben
angeführten Zeitschrift der
Kessel-Ueberwachungs-Vereine veröffentlicht worden und bestätigen aufs
neue, dass sich bei den Kesselsteinmitteln unter wohlklingenden Namen meistens
bekannte Stoffe wiederfinden, die mit dem Vielfachen ihres wirklichen Werthes
bezahlt werden.
Ein verbreiteter und empfehlenswerther Apparat zur Reinigung von Kessel- und
Fabrikationswasser ist, wie erwähnt wurde, von Dervaux
angegeben und wird von der Firma Hans Reisert in Köln
geliefert. Der Apparat (Fig. 1) bewirkt sowohl die
Niederschlagung der Kesselsteinbildner als auch die Abscheidung des Schlammes. Die
chemische Reinigung geht auf folgende Weise vor sich:
Textabbildung Bd. 286, S. 174Fig. 1.Dervaux' Kesselwasserreiniger. Das von einem Hochbehälter oder einer Pumpe durch das Rohr H zufliessende unreine Wasser gelangt zunächst in ein
Reservoir R, in welchem es von einem Schwimmer stets im
gleichen Niveau gehalten wird. Von da strömt ein Theil durch den genau eingestellten
Hahn P in die Rinne E und
ein Theil durch den in gleicher Höhe wie P angebrachten
Hahn V in das Rohr V.
Dieses Rohr führt das Wasser in den unteren spitzen Theil des Kalksättigers S, woselbst es den darin befindlichen gelöschten Kalk
(Kalkhydrat) stets aufwirbelt und auflöst. Da 1000 Gew.-Th. Wasser sich mit 1,8 Th.
Kalkhydrat sättigen, so fliesst oben aus dem Kalksättiger, so lange gelöschter Kalk
zum. Auslaugen vorhanden ist, stets eine constante, gesättigte Kalkhydratlösung ab.
Das den Kalksättiger durchströmende Wasser sättigt sich nicht nur mit Kalkhydrat,
sondern klärt sich auch, so dass keine ungelösten Theile mit übergehen. Die
gesättigte und geklärte Kalklösung läuft oben aus dem Kalksättiger ebenfalls in die
Rinne E ab. Dieselbe dient zur Fällung der
doppeltkohlensauren Kalk- und der Magnesiaverbindungen aus dem zu reinigenden
Wasser. Der hierzu angewandte gebrannte Kalk wird täglich 1- oder 2mal in das Gefäss J eingeführt, worin er sich löscht, aus einander fällt
und von da allmählich durch gelochtes Blech nach unten sinkt. Die calcinirte Soda,
die zur Ausfällung schwefelsaurer und Chlorverbindungen gebraucht wird, wird in der
nöthigen Stärke dadurch hergestellt, dass man eine bestimmte Menge Soda in das aus
gelochtem Blech bestehende Gefäss im Sodabehälter C
einschüttet und darüber das nöthige auf einer Scala abzulesende Wasser laufen lässt.
Die so erhaltene Sodalösung läuft durch ein Röhrchen in das Regulirgefäss B, von wo sie durch einen genau eingestellten Siphon
N in die Rinne E
fliesst. Dieser Siphon ist durch ein Kettchen Q mit dem
im Wasserregulirgefäss R befindlichen Schwimmer
verbunden, so dass er bei Unterbrechung des Wasserzuflusses durch den sinkenden
Schwimmer hoch gehoben wird, wodurch der Sodawasserzufluss ebenfalls unterbrochen
wird, um aber bei steigendem Wasserspiegel wieder zu beginnen.
Das Gemisch von Wasser, Soda- und Kalklösung läuft über den Vertheilungsteller K in die obere Reactionsabtheilung des Klärbehälters
D, sinkt allmählich tiefer, um sich in die
Klärabtheilungen GG zu vertheilen. Diese
Klärabtheilungen stehen oben nur durch kleine, unter sich gleich grosse Oeffnungen
in dem Sammelrohr A mit diesem in Verbindung. Die
Bewegung des Wassers in jeder Abtheilung ist demnach eine so geringe, dass schon in
diesem eine vollständige Klärung stattfindet und nur klares Wasser durch die kleinen
Oeffnungen gelangen kann. Dagegen rutscht der Schlamm auf den schrägen Flächen nach
unten, um durch den Hahn O zeitweilig entfernt zu
werden. Das reine Wasser fliesst durch das Rohr A1, durchdringt noch das
Filter F und verlässt durch den Stutzen T den Apparat. Das Filter ist nicht immer nöthig,
vielmehr ist es dazu bestimmt, dem Wasser den letzten trüben Schimmer zu nehmen. Es
sei noch besonders auf das Stromtheilungssystem aufmerksam gemacht, dessen grosse
Vortheile den Klärbehältern anderer Systeme gegenüber, bei welchen das zu klärende
Wasser von einer Abtheilung in die andere hindurchströmen muss, einleuchtend sind,
wenn man bedenkt, dass durch das Ueberfliessen des Wassers von einer Abtheilung in
die nächstliegende die Schichtung von Schlamm und Wasser, also die bereits
geleistete Arbeit, jedesmal grösstentheils wieder verloren geht. Dagegen braucht das
Wasser in jeder einzelnen Abtheilung bei dem Stromtheilungssystem die gleiche Zeit
als bei anderen Apparaten durch sämmtliche Abtheilungen hindurch. Die
Geschwindigkeit ist demnach eine soviel geringere, daher die Klärung eine raschere
und viel bessere.
Denselben chemischen Process führt der Apparat (Fig.
2) von Desrumaux in Lille (D. R. P. Nr. 57082 und
57727, beide vom 28. April 1889) aus, der auch in constructiver Hinsicht nur wenige
Abänderungen zeigt. Der Apparat sowohl wie der Vorgang sind aus nebenstehender Figur
zu ersehen. In derselben ist A das Eintrittsrohr für
das zu reinigende Wasser, B ein Wasserbehälter mit
gleichbleibender Füllung. Beim Ausfliessen des zu reinigenden Wassers wird das Rad
E in Bewegung gesetzt, welches mit Schnurbetrieb
seine Bewegung auf die Rührvorrichtung HJ der aus dem
Behälter F zuströmenden Kalkmilchlösung überträgt. In
dem Behälter G befindet sich die Sodaauflösung. Die
Wässer gehen durch L und M
in den unteren Theil des Apparates, wobei sich die chemische Wirkung vollzieht, dann
steigen sie an der Aussenfläche aufwärts, wobei sie den Schlamm in den
trichterförmigen Spiralen N absetzen, welche denselben
durch das Rohr O in den Ablasstrichter P fallen lassen; am oberen Theile durchstreichen die
Wässer noch eine Filterschicht Q und fliessen klar zum
Gebrauche durch das Rohr R ab. J ist ein Schwimmerventil, K die Rinne,
welche die Kalkmilch aus der Rührvorrichtung zuleitet, S ein Schlammablassventil.
Textabbildung Bd. 286, S. 175Fig. 2.Speisewasserreiniger von Desrumaux. Auf demselben chemischen Vorgange beruht der in seiner äusseren Form
vollständig abweichende Wasserreinigungsapparat von Breda,
Berliner und Co. in Gleiwitz (Fig. 3 und 4). In dem Gefässe A wird das, durch die Analyse bestimmte, für einen Tag
ausreichende Quantum Soda aufgelöst. In den Kalkbereiter B füllt man gelöschten Kalk, dem aus der Leitung Wasser zuströmt, das den
Kalk durchdringt und ihn auslaugt.
Um die Ausscheidung des Schlammes zu bewirken, fliesst das trübe Wasser in einer
dünnen Schicht, welche sich über die ganze Breite des Apparates H vertheilt, wagerecht zwei- oder dreimal hin und her,
so dass die Schlammtheilchen aus dem fliessenden Wasser in die unter demselben
befindliche, fast stillstehende Schicht, welche durch Querwände verhindert ist, an
der Bewegung Theil zu nehmen, sinken können. Sobald der Schlamm in das stehende
Wasser gekommen, kann er nicht mehr fortgeschwemmt werden, sondern sinkt in den
Trichtern J und durch die Röhren in die Schlammsammler K, aus denen er von Zeit zu Zeit abgelassen wird. Um
etwa vom Wasser noch weiter mit fortgeführten sehr leichten Schlamm auch
abzuscheiden, fliesst das Wasser schliesslich noch durch einen mit Holzwolle oder
Hobelspänen gefüllten Filterraum L, der auch die
feinsten Theile zurückhält, so dass das Wasser klar in den Reinwasserbehälter
abfliesst.
Nach einmal erfolgter Einstellung der Regulirhähne arbeitet der Apparat selbsthätig
und beschränkt sich die Bedienung darauf, täglich einmal die Sodalauge anzurichten,
alle 2 bis 3 Tage etwas Kalk nachzufüllen und den Schlamm abzulassen, sowie bei
veränderlichem Wasser dann und wann die Reinheit des fertigen Wassers zu prüfen.
Diese Controle bewirkt man durch Titriren mittels Seifenlösung. Die erforderliche
Einrichtung wird von dem Fabrikanten mitgeliefert.
Textabbildung Bd. 286, S. 176Wasserreinigungsapparat von Breda, Berliner und Co. Die hier gebildete Kalkmilch fliesst dann über eine Scheidewand in den
Ablagerungsraum C, in dem der ungelöste Kalk zu Boden
sinkt, so dass reines Kalkwasser nach oben gelangt. Da das Wasser ziemlich genau 1 g
Calciumoxyd in 1 l auflöst, so liefert der Kalkbereiter stets eine Flüssigkeit von
bestimmter chemischer Wirkung. Beide Flüssigkeiten gelangen nun durch ein
Schwimmerventil und ein Ueberlaufrohr nach dem Regulirgehäuse D.
Das rohe Wasser tritt aus einem Hochbassin oder einer Leitung ebenfalls durch ein
Schwimmerventil, welches in dem kleinen Zwischengefäss eine constante Druckhöhe
herstellt, nach dem Regulirgehäuse.
Das Regulirgehäuse, in welches alle drei Flüssigkeiten münden, hat für jede derselben
einen Hahn, der so construirt ist, dass er für die durchzulassende Flüssigkeitsmenge
genau eingestellt werden kann, so wie sie nach der Analyse für die Reinigung
erforderlich sind. Die Ausflussöffnungen werden ausserdem noch durch Ventile, die
von einem im Reinwasserbehälter E befindlichen
Schwimmer bewegt werden, je nach Bedarf geöffnet oder geschlossen.
Das beim Ausfluss aus dem Regulirgehäuse D entstehende
Gemisch von Wasser und Kalklauge fliesst durch den Vorwärmer über ein System
wagerechter Bleche nach unten, während der Abdampf den entgegengesetzten Weg nimmt
und sowohl durch die Beheizung der dünnen Wasserschichten auf den Blechen, wie durch
Durchdringen der in dünne Strahlen zertheilten Fälle das Wasser auf die
Siedetemperatur erhitzt. Hierbei werden durch das Rohr G der kohlensaure Kalk und die Magnesia gefällt. Beim Verlassen des
Vorwärmers mischt das kochende Wasser sich mit der hier zugeführten Sodalauge;
es erfolgt die Fällung des schwefelsauren Kalkes, womit der chemische Theil des
Verfahrens beendet ist.
Maignen's Speisewasserreiniger (D. R. P. Nr. 54037),
Fig. 5, ist in The
Engineer vom 22. August 1890 beschrieben und abgebildet. Der aus drei
Behältern bestehende Apparat liefert in der Stunde 500 Gallonen reines Wasser. Das
zu reinigende Wasser hat 36 englische Härtegrade und enthält nebenher eine Menge
erdiger Theile. Nach der Reinigung hat das Wasser noch 6 bis 7 Härtegrade, ist
krystallhell und frei von Verunreinigungen. Die Behälter fassen annähernd 1200
Gallonen (5,5 cbm). Das Wasser bewegt sich durch einen trichterförmigen inneren
Theil nach unten und steigt an der Aussenwand in die Höhe, um den zweiten Behälter
in derselben Weise zu durchstreichen. Im dritten Behälter ist die Bewegungsrichtung
umgekehrt und steigt hier das Wasser durch den inneren Konus nach oben. Dieser Konus
ist mit flachen Schalen und schräg angebrachten Schlammfängern versehen. Zur
vollständigen Entfernung des Schlammes ist noch eine besondere Filtrirvorrichtung
angebracht, die aus Asbestgewebe, das über Holzrahmen gespannt ist, gebildet ist.
Dieser Reinigungsapparat ist ebenfalls vollständig selbsthätig. Die zugeleiteten
Wasser setzen ein kleines Wasserrad in Bewegung, von dem aus mittels konischer Räder
eine Rührvorrichtung bethätigt wird, die das Reinigungsmittel in den einströmenden
Wasserstrahl befördert.
Einige Apparate, die auf kleineren Betrieb berechnet sind, wollen wir wenigstens
erwähnen. Im American Machinist vom 28. Juli 1888 wird
ein Apparat zum gleichzeitigen Vorwärmen und Reinigen des Wassers beschrieben.
Ferner sei noch auf das D. R. P. Nr. 54058 von C. Kleyer
in Karlsruhe aufmerksam gemacht. Der Reinigungsapparat besteht aus zwei
Flüssigkeitsbehältern, die mit Dampf heizbar sind. Das Filtriren wird durch eine
Koksschicht bewirkt.
The Engineer vom 26. Februar 1892 beschreibt an der Hand
eingehender Abbildungen Edmiston's
Speisewasserfilter.
Bezüglich des Betriebes der Sodareinigungsverfahren ist es zu empfehlen, das
gereinigte Wasser bald zu verwenden, wie aus Nachstehendem hervorgeht:
Angeregt durch die Beobachtung, dass bei Wassererweichungseinrichtungen die Härte des
in den Klärapparaten verweilenden erweichten Wassers allmählich zunimmt, wenn der
Betrieb gelegentlich auf längere Zeit ausgesetzt wird, unternahm Edmund L. Neugebauer nach der Zeitschrift für
angewandte Chemie die folgenden Laboratoriumsversuche:
Textabbildung Bd. 286, S. 177Fig. 5.Maignen's Speisewasserreiniger. 4 l eines Brunnenwassers von 93° Härte wurde in einem weiten mit Tubus und
beweglichem, innerhalb etwas nach oben gekrümmtem Heber versehenen Cylinder mit den
erforderlichen Mengen Kalkwasser und Sodalösung gefällt, von Zeit zu Zeit Proben
genommen und die Härte mittels Seifenlösung bestimmt. Dieselbe betrug
nach
1
Tage
2,5°
„
2
Tagen
1,7°
„
5
„
5,0°
„
8
„
9,0°
„
76
„
12,0°
„
100
„
15,6°
Die Gewichtsanalyse ergab (mg im Liter):
CaO
MgO
des ursprünglichen Wassers
771
114
„
erweichten
Wassers
nach
1 Tage
8
11
„
„
„
„
100 Tagen
20
96
Die Härte des Wassers hat somit im Laufe von 100 Tagen um 13° zugenommen und zwar,
wie die Gewichtsanalyse zeigt, ganz vorwiegend auf Kosten der im Niederschlage
befindlichen basisch kohlensauren Magnesia, während der Kalkgehalt eine viel
unbedeutendere Zunahme erfahren hat.