Titel: | Die Gewinnung des Antimons auf nassem Wege. |
Autor: | C. A. Hering |
Fundstelle: | Band 286, Jahrgang 1892, S. 288 |
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Die Gewinnung des Antimons auf nassem
Wege.
Von C. A. Hering, consult. Bergingenieur in
Dresden.
Die Gewinnung des Antimons auf nassem Wege.
Die Gewinnung von metallischem Antimon hat auf den Antimonwerken bis jetzt stets nur
auf pyrochemischem Wege stattgefunden, weil das Antimonerz auf den eigentlichen
Antimonerzlagerstätten meist nur in grösseren reinen oder wenigstens nur mit sehr
wenig Gangarten untermengten Concretionen aufgefunden wurde, welches eine
mechanische Concentration nicht erforderte und die Darstellung von Antimonmetall in
ausserordentlich einfachen Schmelzapparaten gestattete. Die erzarmen Gangmittel
fanden früher keine weitere Beachtung, da arme Erze kostspielige Erzaufbereitungs-
und grössere Schmelzhüttenanlagen erforderten, die wiederum bei der Eigenart der
Antimonerze sowohl bei der Aufbereitung, wie bei der Verschmelzung grosse
Metallverluste ergaben. Erst in neuerer Zeit, nachdem man sowohl in der
Erzaufbereitung wie in dem Hüttenwesen grosse Verbesserungen gemacht hat, um die
Metallverluste bei den Operationen wesentlich zu reduciren, ist es auch gelungen,
arme Antimonerze noch mit Vortheil zu verarbeiten, und hierbei haben bis jetzt
immerhin noch ziemlich einfache Schmelzoperationen zur schliesslichen
Metalldarstellung genügt, wogegen alle Vorschläge für die Gewinnung des
Antimonmetalles auf nassem Wege zu grosse und keineswegs einfache Anlagen
benöthigten, zu deren Bedienung und Leitung auch wissenschaftlich gut geschulte
Fachleute erforderlich waren.
Locale Verhältnisse können nun dennoch die Antimonmetallgewinnung auf nassem Wege
vortheilhafter, als solche auf feurigem Wege möglich ist, gestalten, und daher will
ich eine Uebersicht über alle Vorschläge, die für die Antimongewinnung auf nassem
Wege bekannt geworden sind, im Folgenden geben.
1) Der älteste Vorschlag wurde von R. F. Smith in
Glasgow gemacht, der sich auf sein Verfahren ein englisches Patent vom 26. Februar
1871 (vgl. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu
Berlin, 1871 Nr. 15) ertheilen liess.
Bei diesem Verfahren werden feingepulverte Antimonerze in heisse Salzsäure
enthaltende, irdene Töpfe eingetragen. Die hiernach erhaltene Antimonchloridlösung
wird abgezogen und das Antimon durch Zink oder Eisen präcipitirt. Der Niederschlag
wird gewaschen, getrocknet und dann in Tiegeln unter Kohlenstäubdecke
eingeschmolzen.
Dieses Verfahren ist unter Beobachtung der allen Antimonhüttenleuten sonst bekannten
Verhältnisse ganz leicht ausführbar, jedoch leidet es unter der grossen
Unannehmlichkeit, dass bei der Behandlung der Erze mit Salzsäure sehr lästige und
giftige Gase entwickelt werden.
2) Den zweiten Vorschlag habe ich im J. 1878 gemacht: arme, Schwefelantimon
enthaltende Erze mittels Salzsäure zu extrahiren (vgl. D. p.
J. 1878 230 253 ff.), ohne damals von dem Smith'schen Patente etwas zu wissen. Für die Fällung
der Antimonchloridlösung schlug ich vor: a) Fällung durch Verdünnen der Lösung mit
Wasser, wobei das Antimon als Algarothpulver erhalten wird; b) Fällung des Antimons
wie bei vorbeschriebenem Smith'schen Verfahren durch
Zink, Eisen u. dgl.; c) Fällung des Antimons durch den elektrischen Strom oder d)
Fällung des Antimons als Schwefelantimon durch Schwefelwasserstoff.
Während alle vier Fällungsmethoden praktisch recht gut ausführbar sind, leidet das
Verfahren nur an der bei der Auflösung von Schwefelantimon in Salzsäure auftretenden
höchst lästigen Entwickelung giftiger Gase. Die Anwendung von geschlossenen
Auflösungsgefässen und von Apparaten zur Unschädlichmachung der Gase ist aber bei
der Verarbeitung armer Erze wegen der sehr hohen Anlagekosten und kostspieligen
Unterhaltung nicht anwendbar. Aus diesen Gründen halte ich die Extraction armer
Antimonerze mit Salzsäure überhaupt nicht für vortheilhaft und nicht für die
Grosspraxis geeignet.
3) Verfahren von J. Hargreaves und Th. Robinson in Widnes (Englisches Patent 1881 Nr.
1584). Die Lösung der Erze erfolgt hiernach ebenfalls durch Salzsäure und die
Fällung des Antimons ebenfalls durch Eisen oder Zink. Das Verfahren ist also genau
dasselbe wie bei 1 und 2 sub b, und aus oben angeführten Gründen auch nicht
anwendbar.
4) Verfahren von F. M. Lyte in London (D. R. P. Nr.
22131 vom Jahre 1883). Dieses Verfahren bezieht sich weniger auf Antimonerze als auf
antimonhaltige Blei-, Silber-, Kupfererze. Diese Erze sollen chlorirend geröstet
werden, wobei Antimon sich als Chlorantimon verflüchtigt. Der Chlorantimondampf wird
mittels einer Salzlösung condensirt und aus der Lösung Antimon durch Eisen und Zink
metallisch präcipitirt.
Dieses Verfahren erfordert eine sehr difficile Einrichtung von Condensationsapparaten
und trotz dieser dürften, noch Chlor enthaltende Gase entweichen, die der Vegetation
sehr schädlich sind.
Jedenfalls eignet sich das Verfahren nicht für die Antimongewinnung aus armen Erzen
im Grossen.
5) Verfahren von J. Simpson und E. W. Parnell in Liverpool (D. R. P. Nr. 33097 vom 30. December 1884).
Hiernach sollen arme Schwefelantimonerze in feingepulvertem Zustande mit einer
wässerigen Alkali- oder Erdalkalisulfidlösung extrahirt werden. Das hierdurch
gelöste Schwefelantimon wird aus der filtrirten Lösung wieder durch Salzsäure
gefällt.
Dieses Verfahren kann eine Anwendung im Grossen für arme Erze wohl kaum finden, denn sowohl eine
vollständige Extraction mit Schwefelalkali, wie die Fällung des Schwefelantimons aus
dieser Lösung bietet grosse Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten und ist ausserdem
viel zu kostspielig. Das englische Patent Nr. 8415 vom 15. Mai 1891 von A. W. Warwick in Battersen, Surrey, beruht auf
denselben chemischen Principien.
6) Das Verfahren von Dr. W. Borchers (Chemiker-Zeitung,
1887 S. 1021) beruht ebenfalls auf der Löslichkeit von Schwefelantimon in
Schwefelnatriumlösung, nur wendet Borchers zur Fällung
des Antimons den elektrischen Strom an. Bei der Elektrolyse dürften die Reactionen
folgende sein:
a) an der Kathode:
Sb2S3 + 3Na2S + 6H =
Sb2 + 6NaHS
b) an der Anode:
6NaHS + 3O = 3H2O + 3Na2S2.
Die Auflösung erfolgt unter Zusatz von 3 Proc. Kochsalz, welches zur Klärung,
Abscheidung von gelöstem Schwefeleisen und bei der Elektrolyse zur Verringerung des
Widerstandes dient. Zur Zersetzung ist für jede Zelle bei einer Stromstärke von 40
bis 50 Ampère für 1 qm eine Stromspannung von 2 bis 2½ Volt nöthig. Das Metall wird
je nach der Stromstärke in mehr oder weniger compactem Zustande erhalten, jedenfalls
muss dasselbe dann noch umgeschmolzen und „auf Stern“ raffinirt werden.
So gut auch dieses Verfahren gehen kann, ist es doch unter allen Umständen zu
theuer.
7) Die Verarbeitung von Rohantimon in Lixo bei Oporto nach Sanderson (D. R. P. Nr. 54219 vom 26. Februar 1890) ist eigentlich keine
Antimongewinnungsmethode, vielmehr eine Metallscheidung, indem es bezweckt, den
häufig im Antimon vorhandenen Goldgehalt zu gewinnen. Die goldhaltigen
Antimonplatten werden in einer Lösung von Antimonchlorid mit Kochsalz elektrolysirt.
Beim Durchleiten des Stromes löst sich das Antimon der Kathode auf, während das Gold
ungelöst zu Boden fällt. An der Kathode schlägt sich das gelöste Antimon wieder
metallisch nieder, aber auch hier ist das Antimon nur in schuppiger Form zu
erhalten, so dass ein Umschmelzen unentbehrlich ist.
Das Verfahren hat sich als zu kostspielig erwiesen.
8) Der Köpp'sche elektrolytische
Antimongewinnungsprocess ist das letzte Verfahren, welches bis jetzt in Vorschlag
gekommen ist. Hiernach werden die Erze in Eisenoxydsalzen am besten mit Zusatz von
Haloidsalzen und etwas freier Salzsäure gelöst, und zwar geht die Auflösung nach
folgender Gleichung vor sich:
2Fe2Cl6 + Sb2S3
= 2Fe2Cl4 + Sb2Cl4 + S3.
Die vom Schwefel abfiltrirte Flüssigkeit wird elektrolysirt, wobei das Antimon am
negativen Pol sich abscheidet, während sich am positiven Pol das bei der Lösung
gebildete Eisenchlorür in Eisenchlorid wieder umsetzt, das dann zur Erzauflösung
wieder Verwendung findet.
Die Anoden- wie Kathodenplatten bestehen aus Blei. Das Bad wird auf 50° C. erwärmt
und beständig in Circulation erhalten. Um das Metall möglichst compact zu erhalten,
ist es nothwendig, einen Strom von 50 Ampère auf jedes Quadratmeter Kathodenplatten
zu verwenden.
Es will mir scheinen, dass dieses Verfahren noch am allerersten einen Vortheil bieten
kann; es hat besonders das Angenehme für sich, dass bei den Operationen fast gar
keine belästigende Gasentwickelung stattfindet, doch wird es wohl unvermeidlich
sein, das elektrolytisch gefällte Antimon nochmals umzuschmelzen, wodurch das
Verfahren nicht unwesentlich vertheuert wird – wenigstens sind bis jetzt alle
Versuche, ein compactes Antimonmetall direct bei der Elektrolyse zu erhalten,
gescheitert.Eine neue
elektrolytische Antimongewinnung ist von Siemens und
Halske am 28. Juni 1892 zum D. R. P. angemeldet
worden.
Bei dem Ueberblicke über alle die vorbeschriebenen hydrometallurgischen
Antimongewinnungsprocesse ergibt sich, dass nur diejenigen nassen Processe eine
Einführung in die Grosspraxis finden können, bei denen ein Präcipitationsproduct
erzielt wird, welches ohne weiteres Handelswaare ist, oder wenigstens ein Product,
welches für die Weiterverarbeitung für chemische Producte und technische Verwendung
leicht zu verwerthen ist, wie das Algarothpulver und der Goldschwefel. Das
elektrolytisch gewonnene Antimonmetall ist ja an sich auch für chemische Zwecke
verwendbar, aber hier ist die elektrolytische Fällung entschieden theurer, als jede
andere hier angeführte.