Titel: | Ueber ein für Wärmestrahlen undurchlässiges Glas. |
Autor: | Richard Zsigmondy |
Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 69 |
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Ueber ein für Wärmestrahlen undurchlässiges
Glas.
Von Richard Zsigmondy.
(Fortsetzung des Berichtes S. 17 d.
Bd.)
Mit Abbildung.
Ueber ein für Wärmestrahlen undurchlässiges Glas.
Beispiele für die praktische Anwendung von Schirmglas.
Die folgenden Zeilen mögen dazu dienen, anzudeuten, für welche Zwecke der Industrie
und des Haushaltes das für Wärmestrahlen wenig durchlässige Glas etwa Verwendung
finden könnte. Ich möchte gleich eingangs erwähnen, dass es sich mir dabei in erster
Linie um Erörterungen und Beispiele handelt, die Prüfung der Brauchbarkeit des
Schirmglases für den einen oder den anderen Zweck, die Feststellung der besten
Dimensionen und zweckmässigsten Anordnung aber den Gegenstand einer in sich
abgeschlossenen umfangreichen Arbeit bilden würde, die in Angriff zu nehmen ich bis
jetzt nicht Gelegenheit hatte. Nur in einzelnen Fällen konnte ich praktische
Versuche im Kleinen ausführen und ich werde nicht ermangeln, dieselben passenden
Orts anzuführen.
Ehe ich indess näher auf mein Thema eingehe, möchte ich vorerst einen naheliegenden
Einwand entkräften, denn mancher Leser wird vielleicht an der bläulichen Färbung der
Eisenoxydulgläser Anstoss nehmen und meinen, gefärbte Gläser könne man in der Zeit
des farblosen Glases höchstens für Kirchenfenster u. dgl. verwenden. Aber, abgesehen
davon; dass die Färbung keine unschöne und auch keine intensive ist, halte ich die
Herstellung farbloser oder beinahe ungefärbter, stark absorbirender
Eisenoxydulgläser gar nicht für unmöglich, nur würde ich an diese Frage erst dann
herantreten, wenn ich mich einmal von der erfolgreichen Verwendung und beifälligen
Aufnahme des Schirmglases überzeugt habe. Uebrigens werde ich auf die Färbung noch
mehrmals zurückkommen.
Um den zu behandelnden Stoff übersichtlich zu gestalten, möchte ich mir erlauben, die
aus Schirmglas zu fertigenden Gegenstände ihrer Verwendung nach in zwei Gruppen zu
theilen. Die erste Gruppe umfasse Glaswaaren, die dazu dienen, eine beleuchtete Fläche vor Einwirkung der Wärmestrahlen zu bewahren,
hier hat das Glas im wahren Sinne des Wortes als Schirm zu dienen; in die zweite
Gruppe wären jene Glaswaaren einzureihen, die einen zu erleuchtenden Raum vor Erwärmung durch Sonnenstrahlen zu schützen
haben.
In die erste Gruppe gehören also Lampenschirme, Ofenschirme, Schutzbrillen,
Glasdachziegel; in die zweite Gruppe Glasfenster, Glasjalousien, Deckglas für
Treibhäuser, Glasdachziegel u. dgl. mehr.
Ein principieller Unterschied dieser beiden Gruppen besteht darin, dass bei
Glaswaaren der ersten Gruppe die Wärme für den Raum, in welchem sie erzeugt wird,
nicht verloren geht (ein gläserner Ofenschirm z.B. wird wohl eine bestrahlte Fläche
vor zu grosser Erwärmung schützen können, die Zimmerluft wird aber genau ebenso warm
werden, ob der Schirm dasteht oder nicht), während durch Glaswaaren der zweiten
Gruppe vielmehr der Raum selbst, und damit auch die Luft des betreffenden Raumes
gegen Erwärmung durch Strahlen, die von aussen her
eindringen; bewahrt werden soll.
Um eine Vorstellung zu geben, in welcher Weise ein Glasschirm schützend gegen die
dunklen Wärmestrahlen wirkt, sei es mir gestattet, eine graphische Darstellung
dieser Verhältnisse, wie sie in Tyndall's trefflichem
Werke „Die Wärme, betrachtet als eine Art der
Bewegung“ enthalten ist, wiederzugeben.
Textabbildung Bd. 287, S. 68Fig. 2. Es sei F das Feuer, von dem die Strahlen in
geradem Wege auf die Person P fallen würden. Ehe der
Schirm zwischengestellt worden war, folgte jeder Strahl seinem Wege direct nach P.
Der Schirm S fängt nun die dunklen Wärmestrahlen auf
und wird seinerseits hierdurch erwärmt. Statt also die Strahlen in der
ursprünglichen Richtung hindurchzulassen, strahlt er sie als ein warmer Körper nach
allen Richtungen hin aus (wie die schwach punktirten Linien der Zeichnung andeuten)
und gibt gleichzeitig einen Theil seiner Wärme durch Mittheilung an die ihn
umgebende Luft ab. Daher kann er der Person P nicht
alle von ihm aufgefangene Wärme wiedergeben. Ein Theil der Wärme wird allerdings
auch jetzt noch der Person P zugestrahlt, aber der bei
weitem grössere Theil ist von P abgelenkt und nach
anderen Richtungen hin zerstreut.
1. Gruppe.
Gläserne Ofenschirme werden in den Wohnräumen der
Engländer schon seit langer Zeit verwendet, um die von dem meist offenen Feuer
ausgehenden dunklen Wärmestrahlen theilweise aufzunehmen und die Wärme der
Zimmerluft mitzutheilen. Es wird dadurch erreicht, dass die Bewohner des Zimmers
vor der bei heller Glut oft recht lästigen Bestrahlung geschützt werden, ohne
jedoch zur Anwendung von Metallschirmen greifen zu müssen, welche der an den
Anblick des Feuers gewöhnte Sohn Albions gewiss nur mit Widerwillen verwenden
würde.
Auch ich glaube, dass für diesen Zweck Schirme aus gewöhnlichem Glase ganz gute
Dienste leisten werden, für sehr empfindliche oder auch für augenleidende
Personen wird indess die Verwendung des neuen Glases vielleicht dennoch von
Vortheil sein.
Anders stehen die Verhältnisse bei den Oefen, welche unsere Industrie für
Schmelz- und Sinterungszwecke verwendet. Mächtige Feuergarben durchstreichen
hier oft wochenlang den Innenraum des Ofens und bringen Tiegel und Ofenwände auf
die höchste Weissglut. Die Hitze, welche z.B. dem Glasofen mit
Regenerativfeuerung entströmt, ist so intensiv, dass Leute, welche, ohne daran
gewöhnt zu sein, einen Blick in die blendende Glut eines solchen Ofens werfen
wollen und demselben dabei zu nahe kommen, zurückweichen müssen. Ich selbst
erinnere mich eines Falles, wo mir ein Schutz gegen die Wärmestrahlen eines
Siemens-Ofens sehr angenehm gewesen wäre. Ein Versuchstiegel, etwas abseits auf
die Ränder zweier Glashäfen gestellt, hatte sich zur Seite geneigt. Es galt,
denselben zu beobachten, was mir, da ich mich nahe zur Arbeitsöffnung hinstellen
musste, beinahe unmöglich wurde. Hier würde gewöhnliches Glas nicht viel nützen;
dünneres wird durchstrahlt, ebenso dickeres Glas; letzteres würde ausserdem
springen. Ein Stück Schirmglas aber könnte gute Dienste leisten. Um das Springen
desselben hintanzuhalten, würde ich vorschlagen; mehrere dünne Glasscheiben aus
Eisenoxydulglas zu einem Schirm zu vereinigen. Man könnte zwischen den einzelnen
Platten Zwischenräume zur Luftcirculation lassen und dieselben mit einem
durchlöcherten Rahmen umgeben, falls der Schirm ständig der Ofenhitze ausgesetzt
werden soll; für vorübergehenden Gebrauch ist diese Vorsichtsmaassregel
jedenfalls nicht nöthig.
Wäre indess dennoch ein Springen der ersten Platte zu befürchten, so könnte man
als Basis für dieselbe ein neues, für Temperaturdifferenzen unempfindliches Glas
von Dr. O. Schott in JenaDieses
neue Glas leistet in Bezug auf Widerstandsfähigkeit gegen
Temperaturschwankungen Bewunderungswürdiges. Ich sah Herrn Schott einen Kolben, in dem siedendes
Glycerin sich befand, mit kaltem Wasser bespritzen; jeder andere Kolben
würde wohl gesprungen sein, der dickwandige Probekolben blieb
intact. verwenden.
Unter der Einwirkung der strahlenden Wärme haben entschieden die Augen am meisten
zu leiden. Dr. G. Salviati berichtet im Journal of the Society of Arts (vgl. 1890 278 311), dass die Glasarbeiter von Murano in ihrem
späteren Lebensalter meistens erblinden. Auch die Augen anderer Feuerarbeiter
werden durch das fortwährende Schauen in die Glut stark mitgenommen und
geschwächt. Fragt man diese Leute, warum sie keine Brillen nehmen, so erhält man
die verschiedenartigsten Auskünfte. Die einen meinen, der Schweiss belästige die
Augen mehr als die Hitze; anderen wieder rinnt der Schweiss über die Brille und
sie sehen gerade im entscheidenden Momente nichts. Wieder andere behaupten, dass
sie ausserhalb des Ofens (wo sie ihre Arbeit verrichten müssen) durch gefärbte
oder durch Rauchgläser nichts sehen, helle Gläser aber nichts nützen; noch
andere würden eine Brille schon benützen, aber das Glas ist ihnen gesprungen;
endlich gibt es natürlich auch solche, die thatsächlich durch Gläser in die Glut
sehen, doch wirken hier auch andere Momente hindernd ein: so schenkte ich dem
Schürer einer Glasfabrik einst einen Zwicker aus Rauchglas, weil er über
empfindliche Augen geklagt hat. Der Mann war mir sehr dankbar, nur bat er mich,
dem Fabriksherrn nichts davon zu erzählen.
Fasst man alle diese verschiedenartigen Angaben zusammen, so kann man sich kaum
der Ansicht erwehren, dass die Leute ihre Augen nicht schützen, weil sie eben
nichts Praktisches, Zweckentsprechendes zur Verfügung haben.
Wollten wir nun wirklich zweckentsprechende Schutzbrillen herstellen, so müssten
wir zunächst die Frage stellen: Welche Strahlen sind es, die das Auge am meisten
schädigen? Ich glaube, die Antwort wird nicht schwer zu finden sein: es sind die
Strahlen grösserer Wellenlänge; gerade diese werden von dem Eisenoxydulglas
aufgenommen. Man kann sich auch leicht selbst von der angenehmen Wirkung
eines nur schwach gefärbten Schirmglases überzeugen, wenn man in die Flamme
sieht und jenes davor hält. Um das dem Auge unangenehme Gelb zu entfernen,
könnte dem Glassatz ausserdem eine Spur Kobalt zugesetzt werden. Man hätte dann
ein Glas, das genügend hell und durchsichtig, dem Arbeiter das Sehen im dunklen
Hüttenraum nicht erschwert, gleichzeitig aber alle dem Auge lästigen Strahlen
abhält oder schwächt.
Hat man einmal das richtige Material, dann kann die zweckmässige Anordnung nicht
mehr schwierig sein. Auch hier könnte man mehrere Blättchen zu einer Brille
vereinigen, oder zwei Gläser anwenden, das erste aus Schott'schem Glase. Selbstverständlich müsste bei der Construction der
Brille auch darauf Bedacht genommen werden, dass der Schweiss nicht über die
Gläser herablaufen könnte.
Ein Glas aber, das diesen Anforderungen entspricht, würde wohl manchem Arbeiter
willkommen sein.
Lampenschirme.
Ein oft gerügter Uebelstand der Erdöl- und Gaslampen ist die grosse Hitze, welche
dieselben abgeben. Allgemein klagt man darüber, dass Gaslampen die Zimmer zu
sehr heizen, die Luft verderben. Frische und abgekühlte Luft hereinzubringen,
ist Sache der guten Ventilation, diese Frage interessirt uns hier also weiter
nicht. Mindestens ebenso unangenehm fühlbar macht sich aber der von den Lampen
durch Strahlung ausgesandte Theil der Wärme und dieser kann durch Lüftung nicht
entfernt werden.
Man kann deshalb annehmen, dass ein Schutz gegen die strahlende Wärme der Lampen
sehr erwünscht wäre, und wiederholt wurde mir von Bekannten der Wunsch
geäussert, einen Schirm aus solchem für Wärmestrahlen undurchdringlichen Glase
zu besitzen.
Ich hatte Gelegenheit, hier selbst praktische Versuche anzustellen. Es standen
mir zu diesem Zweck mehrere Lampenkugeln, Cylinder für Argandbrenner und zwei
Glasplatten zur Verfügung, die aus dem Glase A angefertigt worden waren. Leider
musste beim Abschmelzen des Glases wohl irgend ein Irrthum unterlaufen sein,
denn die Gläser hatten weder die Farbe, noch das Absorptionsvermögen meines
Glases A.
Ich will dieses Glas zum Unterschiede vom Originalglase A mit A1 bezeichnen. Die Durchlässigkeit für strahlende
Wärme ist dann in folgender Tabelle angeführt:
Argandbrenner:
Durchgelassene Wärmein Procenten
dertotalen Strahlung
A1 (4,5 mm dick)
15,0 Proc.
A1 (3,5 „ „
)
22,0 „
A (8,5 „ „ )
0,7 „
A (2,3 „ „ )
13,6 „
Man sieht also, Glas A1 ist für Wärme viel
durchlässiger als Glas A. Es dürfen daher die folgenden Daten nicht als
endgültig feststehende betrachtet werden, da die Versuche eben mit
unzureichenden Mitteln ausgeführt werden mussten.
Immerhin geben sie einen ganz werthvollen Aufschluss darüber, in welcher Weise
Schirmglas verwendet werden muss, wenn man einen Vortheil davon erwarten will,
und darum führe ich die betreffenden Resultate hier an.
Ich lasse zunächst einige Experimente folgen, welche ohne Benutzung eines
Messinstrumentes angestellt wurden.
Hält man die Hand oder das Gesicht in die Nähe einer hellbrennenden Erdöl- oder
Gaslampe, deren Schirm vorher entfernt worden ist, so wird man sich bald von der
kräftigen Wärmestrahlung dieser Lampen überzeugen können. Wird nun zwischen die
Lampe und den erwärmten Körpertheil schnell eine Platte aus Schirmglas gebracht,
so hat man augenblicklich das Gefühl der Kälte, das so stark werden kann
(namentlich wenn die Platte an einem kalten Ort lag), dass man eine Weile die
Empfindung hat, als ob ein kalter Luftstrom über Gesicht oder Hand streiche.
Dasselbe empfindet man auch, wenn man statt der Platte A1 eine solche aus Spiegelglas nimmt, nur in viel
geringerem Maasse und schon nach ganz kurzer Zeit (wenn nämlich die
Contrastwirkung vorüber ist) fühlt man die Strahlen, welche durch das Glas
dringen.
Die Empfindung, ein kalter Luftstrom streiche über die Hand, wird nicht etwa
durch einen Luftzug hervorgerufen, denn man kann die Platte so einschalten, dass
überhaupt keine merkliche Bewegung der Luft eintritt; auch hält das Gefühl der
Kälte bei Einschaltung der Platte A1 längere
Zeit an, bis dieselbe sich erwärmt hat.
Die Ursache der erwähnten Empfindung ist vielmehr eine Folge der Strahlung der
erwärmten Hand gegen das kalte Glas, eine Erklärung, die schon seit langem für
einen analogen Fall in Anwendung gebracht wird. Hängt man nämlich an kalten
Tagen Wolldecken vor das Fenster, so verhindern diese die Strahlung des Körpers
gegen das kalte Fenster; entfernt man sie aber, so entsteht das Gefühl, als
streiche die kalte Luft durch das Fenster und doch handelt es sich hier nicht um
einen Luftzug, sondern um Strahlung.
Befestigt man nun die beiden Platten in einem Stativ in gleichem Abstande vom
Lampencylinder, so werden sie warm. Nach etwa 20 Minuten ist der Höhepunkt der
Erwärmung eingetreten, ihre Temperatur steigt jetzt nicht weiter. Man wird dann
beobachten, dass die Platte aus Schirmglas heisser geworden ist, als die Platte
aus gewöhnlichem Glase. Sie wird selbst auch etwas mehr ausstrahlen, als das
andere Glas; dennoch wird man sich durch das Gefühl überzeugen, dass die
Gesammtstrahlung von Lampe und Platte bei Schirmglas geringer ist, als bei
gewöhnlichem Glase.
Versuche mit der
Thermosäule.
Die nun folgenden Versuche wurden angestellt, um ein Bild darüber zu gewinnen, ob
die Anwendung eines Lampencylinders aus Schirmglas gewisse Vortheile gewähren
würde, ferner um eine Vorstellung über die Strablungsverhältnisse des
Argandbrenners zu bekommen. Ich hatte mich dabei der bereitwilligen und
liebenswürdigen Unterstützung meines Freundes Dr. Michael Radokovic zu erfreuen.
Die Anordnung bei diesen Versuchen war folgende: Ein Holzschirm mit einer 4 qc
grossen, durch eine kleine Fallthür momentan verschliessbaren Oeffnung war 36,5
cm von der Mitte eines gewöhnlichen Argandbrenners aufgestellt. In einer
Entfernung von 25 cm hinter dem Holzschirm befand sich die Thermosäule, so
aufgestellt, dass die Strahlen der Flamme direct auf die Löthstellen der
Metallstäbchen fallen konnten. Ausserdem war die Säule mit einem Metalltrichter,
der die Strahlen des oberen Cylindertheiles gegen die Löthstellen hin
reflectirte, versehen und mit einem Thomson'schen
Spiegelgalvanometer verbunden.
Die Oeffnung des Holzschirmes blieb für gewöhnlich verschlossen und der
Verschluss wurde nur dann rasch aufgezogen, wenn man eine Beobachtung machen
wollte. Der erste Ausschlag des Galvanometers ist dann der im Moment des
Oeffnens von dem Brenner der Säule zugesandten Wärmemenge und damit der von
diesem durch Strahlung ausgesandten Wärme proportional.Man wird
es vielleicht als Fehler bezeichnen, dass die Anordnung nicht so
getroffen wurde, dass die Strahlen des ganzen Cylinders direct auf die
Löthstellen der Thermosäule fielen. Eine derartige Aufstellung hätte
aber andere Uebelstände im Gefolge gehabt, auch handelt es sich hier nur
darum, dein Techniker ein ungefähres Bild zu geben, wie ein
Argandbrenner unter Umständen strahlen kann und wie Schirme aus Glas
wirken. Ein anderer Cylinder, eine andere Flammenhöhe hätten schon
andere Werthe ergeben.
Man kann also in einer Secunde eine Beobachtung machen, zu der man mit dem
Thermometer 10 bis 20 Minuten brauchen würde, und erhält, wie wir gleich sehen
werden, über die Strahlung Aufschlüsse, die man auf anderem Wege gar nicht
erhalten könnte.
Zunächst wurde beobachtet, in welcher Zeit der Cylinder heiss wird, und wie die
Strahlung der Lampe sich dabei ändert.
Zu diesem Zweck wurde die Lampe vorerst mit einem Cylinder aus gewöhnlichem
weissen Glase versehen und die erste Beobachtung ungefähr eine Secunde nach dem
Entzünden der Flamme angestellt, solange der Cylinder noch vollkommen kalt war,
wovon man sich durch Berühren desselben mit der Hand überzeugen konnte.
Die folgende Tabelle enthält die Daten dieser ersten Beobachtungsreihe:
Strahlung des Argandbrenners mit gewöhnlichem Cylinder.
Nr. derBeobach-tung
Ausschlagin Scalen-theilen
Zeit
Bemerkungen
1
22,3
6 Uhr 07 Min.
Cylinder kalt.
2 3 4 5
29,041,241,943,0
– „ – „6 „ 10 „6 „ 11 „6 „ 12
„
Cylinder erwärmt sich.
6
42,7
6 „ 13 „
Strahlung nimmt nicht mehrzu. Der Cylinder
wird nichtheisser.
7
20,7
6 „ 20 „
Eine Secunde nach dem Ver-löschen der
Flamme.
8 9101112
20,3 9,0 4,6 3,2 2,0
6 „ 20 „6 „ 21 „6 „ 22 „6 „ 23
„6 „ 24 „
Cylinder erkaltet.
13
1,6
6 „ 25 „
Der Cylinder ist noch nichtganz kalt.
Durch die etwa 6 cm hohe Flamme wird also der Cylinder in ungefähr fünf Minuten
zum Maximum der Temperatur erwärmt und zwar steigt seine Temperatur anfangs sehr
rasch, später langsam; ebenso kühlt er sich nach dem Verlöschen der Flamme
anfangs schnell, später langsam ab.
Interessant ist der Vergleich der Beobachtungen 1, 6 und 7. Aus ihnen ergibt sich
nämlich, dass auf die Flamme selbst etwa die Hälfte der Gesammtstrahlung des
Argandbrenners fällt. Der liest wird vom Cylinder ausgestrahlt.
Im Gegensatz zu diesen ersten sollen die beiden folgenden Versuche dazu dienen,
die Strahlung des Argandbrenners mit gewöhnlichem Cylinder zu vergleichen mit
der
Strahlung des Brenners bei Benutzung eines Cylinders aus Schirmglas. Zu diesem
Behufe wurde der Hahn der Gasleitung in bestimmter Stellung fixirt und dadurch
die Höhe der Flamme bestimmt, während der der Lampe nach Bedarf auf- und
zugedreht werden konnte. Die Versuche wurden zur Mittagszeit rasch hinter
einander angestellt.
Brenner mit Schirmglas A1:
Ausschlag in Scalen-theilen
Flamme eben angezündet
9,8
Cylinder heiss; Ausschlag constant geworden
27,1
Cylinder heiss; Flamme eben ausgelöscht
19,0
Brenner mit gewöhnlichem
Cylinder:
Flamme eben angezündet
?
Cylinder heiss; Ausschlag constant geworden
26,7
Cylinder heiss; Flamme eben ausgelöscht
13,5
Man ersieht aus der Tabelle zunächst, dass es nicht von Vortheil wäre, einen
Cylinder aus Schirmglas anzuwenden, denn wenn auch die Strahlung der Flamme
herabgesetzt wird (sie ist bei dem leider unvollkommenen Probestück immer noch
ganz beträchtlich), so wird dieser Vortheil doch durch die erhöhte
Cylinderstrahlung mehr als ausgeglichen. Die Gesammtstrahlung ist vielmehr
angenähert die gleiche, ob man das eine oder das andere Glas nimmt, da die etwas
geringere Gesammtstrahlung beim zweiten Versuch vielleicht auf eine kleine
Schwankung in der Flammenintensität zurückzuführen ist.
Bemerkenswerth ist die höhere Strahlung des Glases A1 (19 Scalentheile gegen 13), welche wahrscheinlich auf folgenden zwei
Ursachen beruht: Erstens dürfte nämlich das Glas in Folge seiner stärkeren
Absorption heisser werden als gewöhnliches Glas und zweitens strahlt es dann als
gut absorbirend auch besser aus.
Die Thatsache, dass ein grosser Theil der Lampenstrahlung vom Cylinder herrührt,
ist für die Praxis nicht unwichtig, indem sie andeutet, dass ein richtig
construirter Schirm den Cylinder möglichst vollständig verdecken muss.
So liess die 4,5 mm dicke Platte A1 bei Anwendung
eines Cylinders aus demselben Glase 11 Proc. der Gesammtstrahlung durch, wenn
der Cylinder vollständig, 38,6 Proc. aber, wenn nur die Flamme verdeckt wurde.
Die Strahlung der Tafel selbst, in 3 cm Entfernung vom Cylinder so aufgestellt,
dass sie denselben ganz verdeckt, beträgt, wenn sie sich erwärmt hat, etwa 10
Proc. der Gesammtstrahlung ohne Schirm.
Wenn nun, wie aus den vorhergehenden Versuchen ersichtlich ist, die Verwendung
von Eisenoxydulglas für Lampencylinder nicht von Vortheil wäre, so wird dieses
Glas, in anderer Form zur Anwendung gebracht, doch gute Dienste leisten können,
wie aus den folgenden Ausführungen hervorgehen wird.
(Schluss folgt.)