Titel: | Ueber Copfärberei. |
Autor: | Carl Otto Weber |
Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 163 |
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Ueber Copfärberei.
Von Dr. Carl Otto Weber.
(Schluss der Abhandlung S. 136 d. Bd.)
Ueber Copfärberei.
b) Basische Farbstoffe.
Einige wenige der basischen Farbstoffe, wie Bismarckbraun und Chrysoidin,
vermögen sich ohne Beizen auf der Faser zu fixiren und lassen sich so mittels
derselben auch auf Cops helle braune und orange Töne erzeugen. Echtheit kann
aber diesen Färbungen gewiss nicht nachgerühmt werden, und sie kommen hier für
uns nicht weiter in Betracht, da echte Färbungen mit den basischen Farbstoffen
sich nur auf einem Tanninmordant erzeugen lassen. Für die Erzeugung sehr
brillanter, besonders heller Nuancen dient öfters eine Thonerdebeize mit Seife
oder Türkischrothöl als Befestigungsmittel. Da die auf solchem Mordant erzeugten
Färbungen sehr unbefriedigende Waschechtheit besitzen, so sollen dieselben im
Folgenden nicht weiter in Betracht gezogen werden.
Die Tannirung der Cops geschieht unter denselben Bedingungen wie die der
baumwollenen Garne, nämlich in einem 80 bis 90° C. heissen Bade. Die Garne
bleiben bekanntlich längere Zeit in den Bädern, bis dieselben mehr oder weniger
erkaltet sind. Dieses Verfahren ist natürlich in der Copfärberei nicht
anwendbar. Es ist aber auch nicht nothwendig, da hauptsächlich in den mit Vacuum
arbeitenden Copfärbemaschinen die Gerbsäure von der Faser mit geradezu
erstaunlicher Schnelligkeit aufgenommen wird, eine Erscheinung, die
unzweifelhaft auf dieselbe Ursache zurückzuführen ist, wie die geradezu
verblüffende Schnelligkeit, mit der die Färbung der Cops im Vacuum mit
Substantiven Farbstoffen vor sich geht. Eine Vacuumimmersion von 1 Minute in
einem 5procentigen Tanninbade bei einer Temperatur von 90° C. tannirt die Cops
ebenso kräftig, als eine 4stündige Immersion von Strängen in einem Bad unter
denselben Bedingungen; die Temperatur des Bades im letzteren Falle war nach 4
Stunden auf 34° C. gesunken. Die jeweils erreichte Stärke der Tannirung der Cops
ist natürlich durchaus von der Concentration der verwendeten Bäder abhängig und
dieser fast genau proportional. Nachdem die Cops mit dem Tanninbade
imprägnirt wurden, wird, wie nach jeder Operation in der Copfärberei, zur
Entfernung des Ueberschusses an Bad aus den Cops Luft durch dieselben gesaugt.
Die Cops enthalten dann 1) die unmittelbar von der Faser absorbirte und
festgehaltene Tanninmenge und 2) die in dem mechanisch aufgesaugten, nicht durch
Aussaugen entfernbaren Quantum Tanninbad enthaltene Tanninmenge. Ich habe früher
erwähnt, dass die Cops nach Imprägnirung ungefähr 70 Proc. ihres
Trockengewichtes an nicht aussaugbarem Bade enthalten. Demgemäss hätten wir in
100 k auf einem 5procentigen Tanninbade behandelter Cops 70 k nicht aussaugbares
Tanninbad, entsprechend 3,5 Proc. Tannin vom Trockengewicht der Cops. Bei
Extraction des in solchen Cops enthaltenen Gesammttannins fand ich 3,898 Proc.
Tannin, so dass also die Cops ungefähr 0,5 Proc. Tannin unter den angegebenen
Bedingungen direct fixirten. Es kann aber natürlich keinem Zweifel unterliegen,
dass die, wie oben angegeben, imprägnirten Cops beim nachträglichen Erkalten
einen grossen Theil, wenn nicht die Gesammtmenge des in ihnen in Form von
aufgesaugtem Bade enthaltenen Tannins assimiliren. Was mich zu dieser Annahme
veranlasst, ist wesentlich die Beobachtung, dass von den 4 Proc. des von den
Cops aufgenommenen Tannins etwa 0,3 Proc. sich mit grösster Leichtigkeit
extrahiren lassen, während für die vollständige Extraction der restirenden 3,7
Proc. eine 21stündige Extraction erforderlich war. Genau in derselben Weise wie
Tannin lassen sich natürlich auch die übrigen in der Färberei üblichen
Gerbstoffe verwenden. Des Hinweises werth erscheint mir die grosse Ersparniss an
Tannin bei gleichstarker Tannirung von Cops und Strängen. Diese Ersparniss ist
darauf zurückzuführen, dass die Tanninbäder stets auf gleicher Stärke erhalten
werden und die von den Cops mechanisch festgehaltene Bademenge ihren
Gesammtgehalt an Tannin an die Faser gibt. In Folge dessen ist zur Erzielung
einer 1,5procentigen Tanninbeizung auf Cops nur sehr wenig über 1,5 Proc. Tannin
erforderlich, während zur Erzielung derselben Tannirung auf Strang beinahe 10
Proc. TanninVgl.
hierüber: Knecht and Kershaw, Journ. Soc. chem.
Ind., 129, 1892, und E. Weiler,
Färber-Zeitung (Lehne's), 1892. verbraucht oder
besser gesagt vergeudet werden.
Die mit Tannin imprägnirten Cops dürfen unter keinen Umständen trocken werden, da
sonst unvermeidlich das von der Oberfläche der Cops verdunstende Wasser die
Egalität der Tannirung völlig zerstört. Am besten ist es, die tannirten Cops
nach 4- bis 5stündigem Stehen auf dem Brechweinsteinbade zu behandeln. Die
verschiedenen im Handel befindlichen Antimonfluoride und Doppelfluoride sind
unverwendbar, da dieselben die Metalltheile der Maschinen enorm angreifen und
der Tannirung eine stark graugrüne Färbung ertheilen, welche natürlich die
Reinheit der Ausfärbung absolut zerstört. Haben die Cops nach der Tannirung
nicht lange genug gestanden, so werden die Brechweinsteinbäder durch in
dieselben gelangendes Tannin sehr rasch unbrauchbar. Ganz klar lassen sich die
Brechweinsteinbäder nie erhalten, und es ist daher unvermeidlich, dass in
denselben suspendirtes Antimontannat auf die Aussenseite der Cops filtrirt wird
und dieselbe in der Folge sich auch etwas dunkler anfärbt als die inneren
Partien der Cops. Dieser Uebelstand dürfte in Koblenzer's Apparat kaum auftreten, in Folge der zwischen den
einzelnen Copschichten befindlichen Filterböden, er wird in Mommer's Apparat die Anwendung der basischen Farbstoffe zum wenigsten
zu einer sehr heiklen Operation machen, wenn nicht ganz verhindern, während er
in Crippin und Young's Maschine in einfacher und
vollkommener Weise durch Ueberstülpen einer aus perforirtem Blech gearbeiteten
und mit dünnem Stoff bedeckten Filterhaube über die Copträger vermieden wird.
Ganz ebenso liegen die Verhältnisse, wenn die tannirten Cops mit Ferrisulfat
fixirt werden. Es ist natürlich darauf zu achten, dass dieses Bad immer stark
basisch erhalten wird, was entweder durch Sodazusatz, oder besser mittels
Natriumacetat geschieht. Die auf dem einen oder anderen Bade behandelten Cops
werden sodann gewaschen und ich brauche wohl kaum darauf hinzuweisen, dass
dieser Operation die grösste Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Ich möchte
bei dieser Gelegenheit bemerken, dass mit Ausnahme von Koblenzer's Maschine alle übrigen Copfärbemaschinen für das Waschen
der Cops durchaus ungeeignet sind oder eine äusserst umständliche Arbeitsweise
bedingen, da es unbedingt zu verwerfen ist, dasselbe Waschwasser wiederholt zum
Waschen neuer Partien zu verwenden, wie das in all den Maschinen geschieht, die
mit einem in geschlossenem Kreislauf arbeitenden Bade functioniren. Crippin und Young haben diese Schwierigkeit durch
Anwendung besonderer Waschapparate überwunden, deren Benutzung für den
vorliegenden Zweck ausserdem ökonomischer ist, da diese Apparate sich nur auf
einen Bruchtheil des Preises einer Färbemaschine stellen.
Das Ausfärben der auf die eine oder andere Weise gebeizten und gewaschenen Cops
ist in all den Fällen, wo die angewandten basischen Farbstoffe keine
Verwandtschaft zur ungeheizten Faser zeigen, ein höchst einfaches, da die
Führung der Bäder so gut wie keine Beaufsichtigung erfordert, indem die
fixirbare Quantität von Farbstoff durch die auf der Baumwollfaser fixirte
Tanninmenge unveränderlich feststeht. Es ist deshalb im Interesse der grösseren
Reinheit der Nuancen auch angezeigt, mit Bädern von sehr massiger Concentration
bei einer Temperatur von 50 bis 60° C. zu arbeiten. Etwas anders verhält es sich
mit den Farbstoffen, die, wie Bismarckbraun. Chrysoidin, Indoïnblau und mehrere
der Rhodamine, schon die ungeheizte Faser färben. Es ist in diesem Falle
geboten, um egale Partien zu erhalten, die Farbbäder in derselben Weise auf
ihrer ursprünglichen Concentration zu erhalten, wie dies für die Substantiven
Farbstoffe erforderlich ist. Sobald übrigens das auf den Cops fixirte
Tanninquantum bekannt ist, lässt sich das zu deren Ausfärbung erforderliche
Farbstoffquantum mit mathematischer Schärfe bestimmen, nach einem Verfahren, das
ich an einem anderen OrteWeber, Untersuchung über die Bildung der
Farblacke, l. c. ausführlich beschrieben habe. Es
ist dann natürlich ein Leichtes, mit Hilfe eines entsprechend zusammengesetzten
Ersatzbades das Farbbad egal zu führen. Ein Beispiel für die Arbeitsweise in
solchem Falle dürfte aber immerhin willkommen sein:
Angenommen die Cops enthalten 1,25 Proc. fixirtes TanninGenauere
Angaben über die Bestimmung des Procentsatzes der auf Baumwollgarnen
fixirten Tanninmengen sollen binnen kurzem folgen. und
dieselben sollen mit Rhodamin B gefärbt werden, für welches ein Tanninäquivalent
von 41 Proc. gefunden wurde, und nehmen wir ferner an, das ursprüngliche
Farbbad enthalte 5 g Rhodamin in 1 l, so ergibt sich folgender
Farbstoffverbrauch für 1 k gefärbter Cops:
1 k Cops, enthaltend 12,5 Proc. Tannin, nehmen
auf
30,5 g
Rhodamin
1 k Cops halten zurück 0,7 l
Farbbad, entsprechend
3,5 g
„
––––––––––––––––––––––––––
Totaler Farbstoffverbrauch für 1 k Cops
34,0 g
Rhodamin
Wir haben also nach jeder Operation und für jedes Kilo gefärbter Cops, um das
Farbbad auf seine frühere Concentration zurückzubringen, demselben eine Lösung,
enthaltend 34 g Rhodamin, zuzufügen und gleichzeitig einen etwaigen
Verdampfungsverlust durch Zusatz von Wasser zu ersetzen. Bei gleichbleibender
Temperatur des Bades ist natürlich der Verdampfungsverlust per Färbeoperation
eine constante Grösse und wird daher am zweckmässigsten so verfahren, dass das
nach jeder Färbeoperation zuzusetzende Quantum Rhodamin in dem per
Färbeoperation dem Bade durch die Cops und Verdampfung entzogenen Wasserquantum
gelöst wird. Nebenbei sei hier bemerkt, dass der Wasserverlust der Farbbäder
durch Verdampfung in allen mit Vacuum arbeitenden Maschinen ein ganz erheblicher
ist und beispielsweise in Crippin und Young's
Maschine bei kochenden Farbbädern für 1 k gefärbter Cops durchschnittlich 3 l
beträgt.
Wie schon gesagt, ist jedoch eine derartige genaue Controle der Farbbäder nur in
den Fällen erforderlich, wenn Farbstoffe gefärbt werden, die schon die
ungeheizte Baumwolle färben. In allen übrigen Fällen ist es genügend, so viel
Farbstoff in den Bädern zu haben, dass die aus den Cops kommende Flüssigkeit
noch kräftig gefärbt ist. Das Ausfärben von mit Ferritannaten gebeizten Cops ist
in allen Einzelheiten identisch mit dem soeben besprochenen Färbeverfahren. Die
gefärbten Cops müssen natürlich unter allen Umständen noch gewaschen werden, um
den nicht fixirten Farbstoff zu entfernen. Kalte Waschwässer sind in den meisten
Fällen genügend, heisse Waschungen sind nur erforderlich oder wenigstens
rathsam, wenn mit schwerlöslichen Farbstoffen gefärbt wurde.
C. Pigmentfarbstoffe.
Zu den Pigmentfarbstoffen rechne ich alle diejenigen Farbstoffe, deren Fixirung auf
der Faser weder direct, noch mittels Beizen, sondern nur in statu nascendi möglich
ist. Solche Farbstoffe sind:
a) die Entwickelungsfarbstoffe,
b) die mineralischen (anorganischen) Pigmente,
c) die Küpenfarbstoffe,
d) das Anilinschwarz.
Die meisten der Farbstoffe dieser vier Klassen sind in Folge ihrer meist sehr grossen
Wasch- und Lichtechtheit von hervorragender Bedeutung in der Baumwollfärberei.
a) Die
Entwickelungsfarbstoffe.
Als Entwickelungsfarbstoffe bezeichnen wir aus ihren Componenten direct auf der
Faser erzeugte Azofarbstoffe, es unterliegt aber keinem Zweifel, dass in der
Folge auch andere Farbstoffe, deren Bildung auf einer einfachen, glatt
verlaufenden chemischen Reaction beruht, in ähnlicher Weise Anwendung finden
werden. Die Bildung der Azofarbstoffe beruht bekanntlich auf der Einwirkung
einer aromatischen diazotirten Base auf Phenole, Naphtole, Amine und deren
Derivate. Für die Baumwollfärberei sind natürlich nur solche Combinationen
dieser Körper von allgemeinem Interesse, welche absolut unlöslich in Wasser,
verdünnten Alkalien, Säuren und Seife sind. Die einzelnen Componenten können
entweder die sogen. Halbproducte der Theerfarbenfabriken sein oder aber auch
Farbstoffe, soweit dieselben sich diazotiren lassen bezieh. im Stande sind, sich
mit Diazoverbindungen zu Azofarbstoffen zu vereinigen. Wir werden in der Folge
sehen, dass besonders die diazotirbaren Baumwollfarbstoffe von ganz
hervorragender Bedeutung für die Baumwollfärberei zu werden versprechen.
Die Bildung der Azofarbstoffe direct auf der Faser kann auf zwei Arten bewirkt
werden. Wir können die Cops erst mit einer Lösung eines Diazosalzes behandeln
und dann ein Entwickelungsbad folgen lassen, bestehend aus einer alkalischen
Phenol- oder Naphtollösung, oder der Lösung eines Amines in Salz- bezieh.
Essigsäure, oder wir können in umgekehrter Reihenfolge operiren und die Cops
erst mit der Lösung des Entwicklers imprägniren und sodann im Bade des
Diazosalzes behandeln. Beide Methoden geben sehr schlechte Resultate auf Cops,
obgleich sie bereits mit ziemlichem Erfolg auf Garnen, Strang und auf Stückwaare
angewendet werden. Der Grund des schlechten Resultates auf Cops ist leicht
einzusehen und besteht einfach darin, dass sich weder die Diazoverbindungen,
noch die Entwickler auf der Faser fixiren lassen, so dass sie in der Folge im
Moment der Farbstoffentwickelung zum grössten Theil abgespült werden, die Bäder
verunreinigen und dieselben für den weiteren Gebrauch ganz unverwendbar machen.
Hierzu kommt ferner, dass die Diazosalzbäder so ungemein zersetzlich sind, dass
sie für den längeren Gebrauch untauglich sind. Es ist deshalb klar, dass auf der
Faser entwickelte Azofarbstoffe für die Copfärberei nur dann in Betracht kommen
können, wenn wir in der Lage sind, vor der Entwicklung des Farbstoffes entweder
den Diazokörper oder den Entwickler in der Art einer Beize wasserecht auf der
Faser zu fixiren. Entwickler dieser Art kennen wir zur Zeit noch nicht, auch
wäre der Copfärberei mit solchen kaum gedient, da die Ausfärbung auf den
zersetzlichen Diazosalzbädern für die Copfärberei wenig Verlockendes bietet.
Streng genommen kennen wir auch keine Diazosalze, die sich aus ihren Lösungen
auf der Baumwollfaser fixiren, wohl aber besitzen wir eine Anzahl von
Substantiven Farbstoffen, die sich auf bekannte Weise leicht auf Baumwolle
wasserecht fixiren und im Stande sind, bei Behandlung mit salpetriger Säure auf
der Faser sich in Diazoverbindungen umwandeln zu lassen, die mit Aminen und
Phenolen zu neuen Farbstoffen combinirt werden können, ohne dass die geringste
Spur der Diazoverbindungen in die Entwickelungsbäder überginge. Farbstoffe
dieser Art sind bekanntlich das Primulin, Diaminschwarz BO, RO und BH,
Diaminblauschwarz E, Diaminbraun V, Baumwollbraun A und N. Einige ähnliche
Farbstoffe sind für denselben Zweck von anderen Farbenfabriken empfohlen worden,
liefern aber bei weitem nicht so gute Resultate als die vorerwähnten Cassella'schen Diaminfarbstoffe.
Die betreffenden Farbstoffe werden auf die bei Besprechung der Application der
Substantiven Farbstoffe beschriebene Weise zunächst auf die Cops gefärbt und
letztere sodann gewaschen. Dies muss mit grosser Gründlichkeit geschehen, da
sonst stark abrussende Färbungen erhalten werden. Mit Primulin gemachte
Vorfärbungen können in kaltem Wasser gewaschen werden, während bei den
Diaminfarben, ganz besonders Diaminschwarz BO und RO, warme Waschwässer
vorzuziehen sind. Eine Temperatur der Waschwässer in diesem Falle von ungefähr
45° C. gibt gute Resultate; Waschen in heissen oder kochenden Bädern führt zu
grossen Verlusten an Farbstoff. Die völlig kalten Cops werden sodann in das
Nitritbad gebracht, das ungefähr 0,5 k Natriumnitrit und 1,5 k Essigsäure
(30proc.) enthält. Dieses Bad sollte so geführt werden, dass keine zu grossen
Schwankungen in der Menge der jeweils vorhandenen salpetrigen Säure stattfinden.
Die Berechnung der für jedes Kilo behandelter Baumwolle dem Bade zuzusetzenden
Mengen von Nitrit und Essigsäure geschieht genau wie die Berechnung der
Ersatzbäder für die Farbflotten. Die diazotirten Cops werden sorgfältig
gewaschen und sodann sofort auf die Entwickelungsbäder gebracht. Letztere werden
zweckmässig etwas kürzer geführt, als für die Zwecke der Strang- und
Stückfärberei empfohlen wurde; 3- bis 5procentige Entwickelungsbäder erweisen
sich am vortheilhaftesten. Bezüglich der Führung bezieh. Ergänzung dieser Bäder
sei auf früher Gesagtes verwiesen. Nach der Entwickelung wird wieder
gewaschen.
Auf mit Primulin vorgefärbten Garnen lassen sich gelbe, orange, scharlachrothe,
bordeauxfarbige, braune und violette Nuancen entwickeln, die alle
ausserordentlich echt gegen Säuren, Alkalien und Seife sind. Leider ist deren
Lichtbeständigkeit höchst unbefriedigend, und wäre es sicher ein lohnendes
Unternehmen, einen echten Ersatz für das Primulin zu schaffen. Dagegen sind die
aus den oben genannten Cassella'schen Diaminfarben
entwickelten Färbungen theilweise von ganz ausserordentlicher Lichtechtheit und
haben zweifellos eine grosse Zukunft.
b) Die mineralischen (anorganischen)
Pigmente.
Die Farbstoffe dieser Klasse waren vor der Einführung der Substantiven Farbstoffe
und der Anilinfarbstoffe überhaupt von sehr grosser Bedeutung für die
Baumwollfärberei. Gegenwärtig empfiehlt sie nur noch ihre Billigkeit und ihre
meistens sehr grosse Lichtechtheit. Ob sie für die Copfärberei selbst die
massige Bedeutung erlangen werden, die sie heute noch in der Strangfärberei
besitzen, halte ich für sehr zweifelhaft, da zur Erzeugung dieser Farbstoffe
fast stets zwei Bäder, also zwei Maschinen nöthig sind, und es ferner fast
unmöglich ist, die Ausfärbebäder klar zu erhalten.
Unter allen mineralischen Pigmenten, die zum Färben der Baumwolle angewandt
werden, ist wohl der Eisenchamois das älteste. Dessen Erzeugung auf Baumwolle
geschieht mit denselben Materialien und auf dieselbe Weise wie die Eisenbeizung
auf Baumwolle. Der Eisenchamois wird daher auf den Cops genau in derselben Weise
erzeugt, wie der früher beschriebene Eisenmordant. Handelt es sich um die
Erzeugung sehr heller Nankingtöne, so werden die Cops in dem nach dem
Ferrisulfatbade folgenden Sodabade leicht unegal. Dies lässt sich vermeiden,
indem man durch die in der Maschine befindlichen, von überschüssigem Eisenbade
durch Luftsaugen befreiten Cops eine geringe Menge Ammoniakgas saugt. Es bietet
dies auf den meisten Copfärbemaschinen keine Schwierigkeit und können sodann die
Cops, ohne Sodapassage, sofort gewaschen und getrocknet werden.
Von weit grösserer Bedeutung als die Eisenchamois sind die Chromgelbe, die auch
heute noch, trotzdem an guten gelben Baumwollfarbstoffen durchaus kein Mangel
herrscht,
stark angewendet werden. Dieselben werden bekanntlich hergestellt durch
Behandlung der Baumwolle in einem Bleizuckerbade, Ausringen und nachfolgende
Behandlung in einem aus Bichromat und Schwefelsäure oder Glaubersalz
zusammengesetzten Bade. Die Erzeugung dieses Gelbes auf Cops ist sehr schwierig.
Es bietet natürlich die Imprägnirung der Cops mit der Lösung des Bleisalzes
keine Schwierigkeit, bei der nachfolgenden Chromirung ist es aber unvermeidlich,
dass erhebliche Mengen Bleisalz in die Bäder gewaschen werden, wodurch dasselbe
sofort unbrauchbar wird. Diese Schwierigkeiten werden vermieden, wenn man das
Bleisalz fest auf der Faser fixirt, was auf die Art geschehen kann, dass man
tannirte Cops mit der Lösung des Bleisalzes behandelt und sodann wäscht. In den
meisten Fällen wird aber dieses Verfahren unbedingt zu theuer sein. Fixirung des
Bleisalzes durch nachträgliche Behandlung der Cops mit Ammoniakgas, Carbonaten
oder Sulfaten gibt sehr unbefriedigende Resultate.
Pariser-Blau (Berliner-Blau) lässt sich sehr leicht und schön auf mit dem
Eisenchamois gefärbten Cops erzeugen, indem man dieselben nach dem Waschen mit
einem Bade von Ferrocyankalium und Schwefelsäure behandelt. Seiner geringen
Licht- und Waschechtheit wegen dürfte indess dieses Blau auf Cops kaum angewandt
werden.
Die in der Form ihrer Sulfide auf der Faser befestigten Cadmiumgelbe, Arsenorange
und Antimonorange, ferner die braunen Manganpigmente (Bister) sind gegenwärtig
nur noch von sehr geringem Interesse in der Färberei baumwollener Garne und
werden wohl in der Copfärberei kaum je eine grössere Rolle spielen, so dass ich
auf die Methode der Application dieser Farbstoffe nicht näher einzugehen
brauche.
Aus dem Vorstehenden geht hervor, dass die Mineralpigmente für die Copfärberei
von sehr untergeordneter Bedeutung sind. In den wenigen Fällen, wo deren
Anwendung vortheilhaft sein könnte, ist deren Anwendung ausserordentlich
erschwert durch die Tendenz der Bäder, sich im Verlaufe der Operation durch
freien Farbstoff bis zur Unbrauchbarkeit zu trüben.
c) Die Küpenfarbstoffe.
Hier kommt in erster Linie die Indigoküpe und ferner die gemischte
Indigo-Indophenolküpe in Betracht. Die Indigofärberei auf Cops ist natürlich in
erster Linie eine Frage des anzuwendenden Reductionsmittels, da vollkommene
Klarheit der Küpe, wie bei allen Färbeoperationen mit Cops, absolutes
Erforderniss ist. Aus diesem Grunde sind alle mit unlöslichen Reductionsmitteln
arbeitenden Küpen, wie die Eisenvitriolküpe, Zinkstaubküpe, sowie die Gährküpen,
unanwendbar. Zwar liesse sich natürlich eine Einrichtung treffen, um aus der
Küpe die klare Indigweisslösung während der Imprägnirung der Cops abzufiltriren,
aber hierbei wäre eine starke Oxydation der Lösung nicht zu vermeiden und würde
zu sehr schlechten Resultaten führen. Wir müssen also eine Küpe anwenden, die
mit einem löslichen Reductionsmittel arbeitet, und als solche hat sich die
Hydrosnlfitküpe trefflich bewährt. Thatsächlich sind alle Versuche, die bislang
gemacht wurden, Indigo auf Cops zu färben, mit der Hydrosulfitküpe gemacht
worden. Die Herstellung dieser Küpe ist so wohl bekannt, dass wir hier nicht
weiter darauf einzugehen brauchen, ausserdem ist das Hydrosulfit in der Form
mehr oder weniger concentrirter Lösungen im Handel zu haben, wodurch die
Bereitung der Küpe zu einer höchst einfachen Operation sich gestaltet.
Das Färben der Cops auf dieser Küpe geschieht nun in der Weise, dass die absolut
klare Küpe ein oder mehrmals durch die Cops gesaugt wird, wobei nach jeder
Imprägnirung oxydirt wird. Es ist ganz unvermeidlich, dass beim Hindurchpassiren
der Küpe durch die Cops die Küpe mit der im Copfärbeapparat und in den Cops
befindlichen Luft in Berührung kommt, so dass die Küpe bei jeder Operation sich
durch theilweise zu Indigblau oxydirtes Indigweiss mehr oder weniger trübt. Im
Sammelbade verschwindet diese Trübung zwar wieder ganz oder doch zum grösseren
Theil, aber es ist unbedingt rathsam, in der Maschine eine Filtrireinrichtung zu
treffen, so dass stets nur die absolut klare Küpe zur Imprägnirung der Cops
dient. Die Oxydation scheint auf den ersten Blick gar keine Schwierigkeiten zu
bieten und in gewissem Sinne ist das auch der Fall, indem einfaches Durchsaugen
von Luft durch die imprägnirten Cops völlig genügt, um das Indigweiss vollkommen
zu oxydiren. Es ist aber auffallend, dass das unter diesen Umständen erhaltene
Blau von sehr geringer Schönheit ist. Diesen Uebelstand haben Crippin und Burrell in ihrem zum Patent
angemeldeten Verfahren glücklich vermieden, indem dieselben mit gespanntem
Wasserdampf unter völligem Ausschluss der Luft oxydiren. Dies erscheint auf den
ersten Blick ganz unverständlich, da an eine oxydirende Wirkung des
Wasserdampfes doch nicht gedacht werden kann. Die unzweifelhaft vorhandene sehr
kräftige Oxydationswirkung ist jedenfalls auf den in dem Dampfe enthaltenen,
ursprünglich vom Kesselspeisewasser absorbirten Luftsauerstoff zurückzuführen.
In neuerer Zeit haben Flick und Michaelis
vorgeschlagen, die Oxydation der in der Indigoküpe gefärbten Garne durch
Eintauchen derselben in heisses ammoniakalisches Wasser zu bewirken, und ist
natürlich auch in diesem Falle der im Wasser gelöste Sauerstoff das
Oxydationsmittel. Das Verfahren gibt sehr schöne Resultate und ist natürlich
auch für Cops anwendbar, bietet aber hier dem Crippin'schen Verfahren gegenüber den erheblichen Nachtheil, dass für
die Oxydation eine zweite Copfärbemaschine erforderlich ist.
Auffallend ist die grosse Tendenz der Indigofärbungen, auf Cops sehr unegal
auszufallen und häufig zahlreiche hellere und weisse Flecken aufzuweisen.
Letztere zeigen sich stets, wenn rohe (graue) Cops gefärbt werden, was natürlich
nicht zu verwundern ist, dagegen ist die Ungleichmässigkeit der Färbung
überhaupt eine erhebliche Schwierigkeit, die sich mit Sicherheit nur auf
denjenigen Copfärbemaschinen überwinden lässt, welche eine doppelseitige
Circulation der Küpe gestatten. Es zeigt sich dies besonders deutlich, wenn sehr
dunkle Nuancen gefärbt werden. Diese Unegalität verschwindet, sobald die Küpe
alternirend von aussen nach innen und von innen nach aussen geführt wird, und
die Möglichkeit dieser doppelseitigen oder alternirenden Circulation ist, wie
ich bereits früher hervorgehoben habe, einer der grössten Vorzüge von Crippin und Young's Maschine.
Zur Erzeugung billiger Indigofärbungen werden bekanntlich die Garne erst mit
Blauholz oder einem Theerfarbstoff grundirt und dann einfach mit Indigo
übersetzt. Es lässt sich dieses Princip auch in der Copfärberei anwenden. Es
darf aber nicht vergessen werden, dass eine so gründliche Wäsche, wie sie die
Garne nach der Gründirung erhalten, in der Copfärberei fast unmöglich ist.
Es sollten deshalb nur solche Farbstoffe zur Grundirung der Cops verwendet
werden, die absolut waschechte Färbungen auf Baumwolle geben, da sonst die Küpen
sehr rasch bis zur Unbrauchbarkeit verunreinigt werden. Am besten ist es
überhaupt, die Grundirung zu unterlassen und den gewünschten Effect durch
Uebersetzen der mit Indigo vorgefärbten Cops mit einem passenden Farbstoff zu
bewirken. Es lassen sich so weit bessere Resultate erzielen, die Färbungen
erscheinen viel voller und es bleibt vor allem die Küpe rein. Letzterer Vortheil
ist jedenfalls ein sehr schwerwiegender.
d) Das Anilinschwarz.
Die Erzeugung von Anilinschwarz auf Cops befindet sich noch gänzlich im Stadium
des Experiments, obgleich vorauszusehen ist, dass die Lösung dieses Problems
nicht lange auf sich warten lassen wird.
Das in der Baumwollfärberei in so ausgedehntem Maasse benutzte Einbadschwarz ist
für die Copfärberei gänzlich unbrauchbar, da sich die Bildung von freiem Schwarz
im Bade absolut nicht verhüten lässt. Da nun in der Copfärberei stets mit
verhältnissmässig sehr grossen Mengen von Farbbad, bei einer kleinen Menge Garn
per Operation gearbeitet wird, so würde sich das Verfahren enorm theuer stellen,
und es wären ferner complicirte Filtrationseinrichtungen nöthig, um nur klares
Anilinschwarzbad durch die Cops circuliren zu lassen.
Oxydationsanilinschwarz auf Cops bietet keine Schwierigkeiten der obengenannten
Art, trotzdem ist es bisher noch nicht gelungen, dasselbe in befriedigender
Weise zu färben. Die Imprägnirung der Cops mit dem Bade bietet natürlich keine
Schwierigkeit, schon aber das darauffolgende Trocknen derselben zeitigt eine
unangenehme Erscheinung. Es erfolgt natürlich die Verdunstung des Wassers von
der Oberfläche der Cops, wodurch zunächst an dieser sich eine concentrirtere
Lösung der das Bad constituirenden Salze bildet, als im Inneren der Cops. In
Folge dessen findet eine Flüssigkeitswanderung aus dem Inneren der Cops nach
deren Oberfläche statt, und sind endlich die Cops trocken geworden, so zeigen
sich die äusseren Partien derselben und besonders die Oberfläche viel reicher an
den Badbestandtheilen als die inneren Partien, und es wird dann bei der
folgenden Chromirung ein durchaus unegales Schwarz erhalten. Abgesehen davon
bietet aber die Luftoxydation der Cops keine Schwierigkeiten und verläuft in
durchaus befriedigender Weise bei Anwendung eines gut arbeitenden Bades. Sehr
wichtig ist es, hierbei auf den richtigen Feuchtigkeitsgrad des Oxydationsraumes
zu achten. Wird bei zu hoher Temperatur oder zu trocken oxydirt, so wird der
Faden der Garne ausserordentlich geschwächt. Bei 45° C. am trockenen und 38 bis
40° C. am nassen Thermometer entwickelt sich das Schwarz sehr rasch, ohne dass
die Faser merklich angegriffen wird. Ein ausserordentlich schönes Schwarz lässt
sich mit Anilinfluorat erzielen, doch darf das Bad nicht die in der von der
Firma Bayer und Co. empfohlenen Vorschrift
vorgeschriebene Stärke enthalten, da das so erhaltene Bad sich weder durch die
Cops saugen, noch pressen lässt; man lässt daher die Stärke entweder einfach weg
oder ersetzt dieselbe durch Dextrin, Glucose oder Glycerin. Leider hat das
Anilinfluorat (Fluorid) Eigenschaften, welche dessen Anwendung in den
nothwendiger Weise aus Metall construirten Copfärbemaschinen ganz unmöglich
machen. Eisen, Kupfer, Phosphorbronze, Blei und begreiflicher Weise auch
Emaillen und Thongefässe werden von dem Fluorid furchtbar angegriffen.
Dampfanilinschwarz bietet im Allgemeinen in der Copfärberei dieselben
Schwierigkeiten wie Oxydationsschwarz. Auch das Dämpfen der trockenen Cops ist
eine viel schwierigere Operation, als auf den ersten Blick erscheinen möchte.
Sollte es gelingen, dieses Verfahren gebrauchsfähig zu gestalten, so würde es
vor dem Oxydationsschwarz seiner Einfachheit halber entschieden den Vorzug
verdienen.
Die neueren Patente von Jagenburg (F. P. Nr. 220031,
1892) und Mommer (D. R. P. Nr. 56090, 1891) werden
für die Copfärberei schwerlich von Bedeutung werden, da im ersten Falle trübe
Bäder auf die Dauer unvermeidlich sein werden, während das im letzteren
Verfahren angewandte Case'in so viscöse Bäder gibt, dass es sehr zweifelhaft
erscheint, ob dieselben sich überhaupt durch die Cops forciren lassen
werden.