Titel: | Neues über Druckluft. |
Autor: | Mg. |
Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 266 |
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Neues über Druckluft.
(Schluss des Berichtes S. 241 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Neues über Druckluft.
Versuchsvorrichtung für Luftmaschinen und Vorwärmer.
Von den Windkesseln der Versuchsstation ist eine besondere Leitung E abgezweigt, welche die Luft, nachdem sie durch einen
dicht hinter den Kesseln befindlichen Wärmeabscheider geströmt ist, der
Versuchsvorrichtung zuführt. Diese besteht in der Hauptsache aus einem dicht an den
Rohrgraben der Versuchsleitung E stossenden
gusseisernen und mit Längs- und Quernuthen versehenen Versuchstisch P, der auf der inneren Seite durch eine ausgemauerte
Grube für Schwungräder grösserer Maschinen begrenzt ist. Jenseits dieser Grube, die
für gewöhnlich durch einen Bohlenbelag abgedeckt ist, befindet sich noch ein
Fundament zur eventuellen Befestigung des hinteren Lagers grösserer Maschinen bei
Bremsversuchen. Ausserdem steht bei dem Versuchstisch ein gemauerter Kamin K, in welchen die Rauchrohre der Vorwärmer einmünden.
Die Rohrleitung E ist mit einer grösseren Zahl von
Stutzen verschiedener Lichtweite versehen, an welche die Zuleitungsrohre für die
Luftmaschinen bezieh. Vorwärmer angeschlossen werden können. Der Verlauf der Prüfung
ist nun im gewöhnlichen Falle der folgende: Die zu untersuchende Maschine wird mit
ihrem Vorwärmer auf dem Versuchstisch P durch Tatzen
und Schrauben solid befestigt und mit der Versuchsleitung E verbunden. Das Verbindungsrohr zwischen Vorwärmofen und Maschine wird
sorgfältig isolirt und enthält an geeigneten Stellen T-Stücke, um in Stopfbüchsen
gefasste Quecksilberthermometer einzuführen, welche Gradeintheilung bis 360° C.
besitzen. Dann wird der Auspuff der Maschine, hinter dem ebenfalls stets ein T-Stück
zur Aufnahme eines Thermometers eingeführt wird, mit dem senkrechten Gusseisenrohr
R verbunden. Dieses Rohr mündet in das 2 cbm Luft
fassende Ausgleichsgefäss A von 2,55 m Höhe und 1 m
Durchmesser. Um die Luft etwa auch vor dem Ausgleichsgefäss entweichen zu lassen,
sind die Schieber S1
und S2 eingeschaltet.
Von dem Ausgleichsgefässe, welches mit einem Manometer versehen ist, tritt die Luft
durch die Rohrleitung R2 und das Eintrittsventil V1 in den Luftmesser L,
eine grosse, genau geaichte Gasuhr aus der Fabrik L. A.
Riedinger (Abtheilung Apparatenbau), deren Zifferblatt sich auf der dem
Versuchstück zugewendeten Deckelseite befindet, und darauf durch das Austrittsventil
und ein daran angeschlossenes senkrechtes Zinkrohr R3 über Dach ins Freie. Der Luftmesser L ist mit Wasserstandsgläsern ausgerüstet, aus denen
der Druck und die Wasserfüllung jederzeit ersehen werden kann. Durch eine an der
Wand bis zur Füllschraube des Luftmessers geführte Wasserleitung ist dafür
gesorgt, dass jederzeit sofort nachgefüllt werden kann.
Der Luftmesser L ist übrigens behufs Verwendung zum
Aichen der Zählwerke für Druckluft noch durch eine besondere, an den Fenstern
entlang laufende und in das Rohr R1 einmündende Leitung mit einem der Windkessel W verbunden. In diese Leitung werden die Zählwerke
mittels vorhandener Passtücke eingesetzt und die Luft hinter ihnen durch einen
Schieber bis auf die atmosphärische Spannung abgedrosselt der Gasuhr zugeführt.
Durch Vergleich der Zifferblätter der Zählwerke mit denen der Gasuhr ergeben sich
dann die Constanten, mit welchen die Zählwerke dem Betrieb übergeben werden.
Luftmaschinen.
Die in Paris und auch in zahlreichen Bergwerken gebräuchlichen Luftmaschinen waren
meist sehr unvollkommen. Die Commanditgesellschaft A,
Riedinger musste demnach auch hierin von Grund aus Neues schaffen, wobei
ihr die Versuchsstation sehr von Nutzen war. Der Druckluftbetrieb ist nur dann
vortheilhaft, wenn die Luft im Cylinder der Maschine bis nahezu auf die
atmosphärische Spannung expandiren kann. Um hierbei Schnee- und Eisbildungen zu
vermeiden, muss die gespannte Luft vorher erwärmt werden.
Man erkennt ohne weiteres, dass in Folge der durchschnittlich höheren Temperatur im
Cylinder gegenüber der Umgebung während der Expansion noch eine, wenn auch nur
unbedeutende Wärmeentziehung stattfinden muss, welche theoretisch eine noch
unterhalb der Adiabate verlaufende Expansionscurve zur Folge haben musste. Sind die
Cylinder hingegen verschalt und ist die Verschalung womöglich noch durch Isolirmasse
ausgefüllt, so wird die Wärmeentziehung so gering, dass sich der Verlauf kaum
merklich von einem adiabatischen unterscheidet. Jedenfalls ist der Einfluss der
Cylinderwandungen auf den Verlauf der Compression bei trockener Luft weitaus
geringer als bei Dampfmaschinen, wohl wesentlich aus dem Grunde, weil
Aggregatzustandsänderungen hier nicht auftreten können. Ganz anders gestaltet sich
die Expansion bei starkem Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Alsdann tritt ein Gemisch
von Luft und meist überhitztem Wasserdampf in den Cylinder. Der Dampf nimmt an der
Temperaturerniedrigung mit theil, wird nach und nach gesättigt und beginnt endlich
sich niederzuschlagen. Die hierbei frei werdende Verdampfungswärme wird der Luft
mitgetheilt, und dadurch der Charakter der Expansionscurve wesentlich geändert.
Diese verläuft jetzt unter dem Einfluss dieser allmählichen Wärmezufuhr beträchtlich
über der Adiabate und kann sich sogar der Isotherme bedeutend nähern, ohne dass
deshalb die Temperatur während der Expansion gleich bleibt. Besonders stark wird die
Einwirkung des
Wassers, wenn man es in grösseren Mengen entweder in den Vorwärmer oder in den
Cylinder während der Expansion einspritzt. In diesem letzten Falle wird die
Expansion zu einer vollständigen Umkehrung der Compression mit Einspritzkühlung, so
dass die dort entwickelten Gleichungen auch ohne weiteres hier gültig bleiben.
Textabbildung Bd. 287, S. 266Riedinger's Luftmaschine. Die Erfahrungen, welche bisher mit Dampf- bezieh. Wasserbeimischung
gemacht wurden, sind aber nicht geeignet gewesen, die damit verbundene verwickeltere
Bauart bei verhältnissmässig kleinen Maschinen zu rechtfertigen. Zum Verständniss
der nachfolgenden Untersuchungen, bei denen der Wassergehalt der Luft keine
bedeutende Rolle spielt, sind neue theoretische Betrachtungen um so weniger nöthig,
als der Process schon von verschiedenen Seiten eingehend besprochen und dargestellt
worden ist.
Textabbildung Bd. 287, S. 266Fig. 10.Riedinger's Luftmaschine. Manches Neue dagegen dürfte die Construction der Luftmaschinen der Firma
A. Riedinger und Co. bieten. Sie werden, wie aus
den Fig. 8 bis 10 hervorgeht, für kleine Leistungen von ¾ bis zu 4
e als einfachwirkende Ventilmaschinen in
geschlossenem Gehäuse gebaut. Die nachstehende Tabelle gibt die hauptsächlichsten
Maasse dieser Maschinen an:
Leistung in
e
¾
1
2
4
Cylinderdurchmesser
mm
80
100
125
180
Hub
mm
120
120
150
180
Minutliche Umdrehungen
250
250
250
200
Gesammthöhe
mm
1000
1000
1100
1500
Durchmesser der Grundfläche
mm
450
450
450
550
Schwungraddurchmesser
mm
540
540
600
800
Durch die Wahl von Ventilen, deren Gehäuse sich im oberen Deckel befinden, ist es
gelungen, den schädlichen Raum so klein zu halten, wie es bei anderen
Steuerungsorganen wohl kaum möglich wäre. Er beträgt bei keiner dieser Maschinen
mehr als 2,5 Proc. Es liegt dies besonders daran, dass der Kolben, was nur bei
genauer Arbeit möglich ist, sich bis auf 1 mm dem Deckel nähert, und dass das
Austrittsventil, welches durch eine aussenliegende Feder auf seinem Sitze gehalten
wird, sich nach dem Cylinderinneren hin öffnet, mithin gar nichts zum schädlichen
Raume beiträgt. Das Eintrittsventil, welches durch den Ueberdruck der Luft und die
Spannung einer Feder niedergedrückt wird, ist als Kugelabschnitt ausgebildet und
ruht auf scharfem Sitze. Bemerkenswerth ist die Regulirung der Maschinen (D. R. P.
Nr. 58880). Sie wird bewirkt durch ein auf der Einlassteuerstange S1 mittels Spiralfeder
elastisch sitzendes Gewicht G. Dieses Gewicht ist mit
dem Mitnehmer M für das Eintrittsventil, der auf einem
oben abgeschrägten Arme A der Steuerstange gleitet,
durch eine Schubstange verbunden. Um das Eintrittsventil zu öffnen, genügt ein Theil
des Excenterhubes, der aber durch die veränderliche Lage des Mitnehmers verkleinert
oder vergrössert werden kann. Diese Verschiebung findet nur statt, wenn der
Mitnehmer mit dem Anschlag des Ventils E nicht im
Eingriffe steht, mithin ist der Regulator nahezu rückdruckfrei. Die Steuerung wird
auch so ausgeführt, dass für den Fall des zu raschen Ganges der alsdann mit einem
Zahn versehene Mitnehmer gar nicht mit dem Ventil in Eingriff gelangt, so dass eine
oder mehrere Füllungen ausfallen. Alsdann ist das Eintrittsventil frei, während das
Auslassventil, wie gewöhnlich, gesteuert wird. Die Folge davon ist, dass die
Maschine während des Vorschubes des Kolbens hierbei mit Unterdruck arbeitet, also
etwas Arbeit verzehrt, da beim Hubwechsel das Eintrittsventil sich öffnet und die
vorher im Cylinder verdünnte Luft durch Eindringen von äusserer Luft
ausserordentlich schnell die atmosphärische Spannung annimmt. In Folge hiervon
regelt sich der Gang der Maschine ausserordentlich rasch.
Bei Anwendung veränderlicher Expansion hat es sich als zweckmässig erwiesen, den
kleinsten Füllungsgrad so zu wählen, dass die Luft am Hubende des Kolbens nahezu die
atmosphärische Spannung erreicht hat, während die normale Füllung nur wenig darüber
liegen soll. Nach oben hin ist man mit der Füllung nicht mehr beschränkt, so dass
eine Luftmaschine mit veränderlicher Füllung bedeutend über ihre durchschnittliche
Leistung angestrengt werden kann.
Die Wahl von Rundschiebern zur Steuerung der Luftmaschinen mit Leistungen über 5
e war begründet in der verhältnissmässig
geringen Reibungsarbeit dieser Organe, dann, weil sich bei ihnen eine vollständige
Trennung von Ein- und Austrittskanälen, wie sie ja für alle thermodynamischen
Maschinen längst als zweckmässig anerkannt ist, durchführen lässt, und endlich, weil
solche mit Rundschiebern gesteuerte Maschinen der Gefahr des Einfrierens so gut wie
gar nicht ausgesetzt sind. Dieser für die Betriebssicherheit wesentliche Umstand
wird bedingt durch die Gestalt der Austrittskanäle in den Rundschiebern gegenüber
dem Flachschieber, welcher die auspuffende Luft zwingt, mehrere Male ihre
Bewegungsrichtung zu ändern, während der bei liegender Maschine stets auf der
Unterseite befindliche Rundschieber ihr einen einzigen, nur leicht gekrümmten Kanal
darbietet, in welchem sie ausserdem keine Gelegenheit zu Schneeablagerungen
findet.
Der früher beschriebene Luftvorwärmer der Gesellschaft
Riedinger besteht aus einem schraubenförmig
gewundenen Schmiedeeisenrohre. Die Luft nimmt in den Oefen die Wärme durchweg
unter constantem Drucke auf, so dass die specifische Wärme, die für die Berechnung
der Wärmetransmission hier einzusetzen ist, cp
= 0,2377 beträgt. Man hat demnach bei einer
Eintrittstemperatur t0,
einer Austrittstemperatur t1 die im Vorwärmer der Luft mitgetheilte Wärme zu
Q = G .
cp (t1 – t0)
für G k Luft. Das Gewicht der
Luft schwankt je nach der Temperatur, mit der sie durch den Messapparat strömt, und
ist hier im Mittel zu 1,2 k für 1 cbm angenommen.
In der nachfolgenden kleinen Tabelle sind die wesentlichsten Versuchswerthe
zusammengefasst, und zwar bezieht sich die erste Spalte auf einen Vorwärmer
kleinster Abmessung, während die andere von einem sehr grossen Vorwärmer, der bis zu
40 genügt, herstammt.
Versuchs-Nr.
I
II
Mittlere Heizfläche
qm
0,2
2,45
Ueberdruck
k/qc
5,67
7
Stündliche Luftmenge
cbm
22
373
Eintrittstemperatur der Luft
Gr. C.
20
28
Austrittstemperatur „ „
„ „
200
215
Stündlicher Koksverbrauch
k
0,35
3,5
Stündlich übertragene Wärme
W.-E.
1130
19900
„ „ „ für 1 qm
Heizfläche
„
5650
8120
Uebertragene Wärme für 1 k Koks
„
3200
5700
Diese Versuche lehrten ausserdem, dass neben der Grösse der Heizfläche und dem
Temperaturunterschied auch die Geschwindigkeit der Luft in dem Heizrohr einen
Einfluss auf die Wärmeaufnahme ausübt, und zwar scheint es, als ob für jeden Apparat
unter sonst gegebenen Verhältnissen eine bestimmte Geschwindigkeit der Luft
vorliegt, für welche die Wärmeübertragung einen Höchstwerth annimmt.
Die endgültige Lösung dieser ebenso wichtigen wie interessanten Frage muss jedoch
weiteren eingehenden Untersuchungen vorbehalten bleiben.
Immerhin lehren die obigen Zahlen, dass bis zu 80 Proc. der durch Verbrennen des Koks
entwickelten Wärme (rund 7200 W.-E. für 1 k Koks) der Luft mitgetheilt und
unmittelbar im Luftmotor ohne nennenswerthen Abzug in Arbeit umgesetzt werden.
Versuche an Luftmaschinen.
Die nachstehenden Bremsversuche an einer kleinen Ventilluftmaschine wurden mit
Ausschaltung des Regulators also bei constanter Füllung (30 Proc.) angestellt.
woraus sich die Verschiedenheit der minutlichen Umdrehungen erklärt.
Die während der Bremsung abgenommenen Diagramme entstammen einem Crosby-Indicator, dessen Trommel durch eine der im
Inneren des Gehäuses rotirenden Maschinenkurbel genau entsprechende Kurbel mit einer
Schubstange und Geradführung angetrieben wird. Das Verhältniss von Kurbellänge zur
Schubstangenlänge des Indicatorantriebes ist gleich dem entsprechenden Verhältniss
in der Maschine.
Auch war die Umdrehungszahl der Maschine nicht hoch genug, um auf die
Indicatordiagramme einen Einfluss auszuüben.
Versuche an einer einfach wirkenden Ventilluftmaschine Nr.
11 Cylinderdurchmesser 100 mm, Hub 120 mm.
Versuchs-Nr.
I
II
III
IV
Dauer in Minuten
20
30
30
30
Ueberdruck in der Leitung
k/qc
5,9
5,9
6,1
6
Temperatur der Luft vor der Maschine
Gr. C.
+ 21
110
148
190
Temperatur der Luft hinter der Maschine
„ „
– 32
– 14,5
– 6,3
+ 12
Minutliche Umdrehungen
160,6
185,2
191,6
178,4
Bremsbelastung
k
8
8
8
8
Bremshebelarm
m
0,42
0,42
0,42
0,39
Effective Leistung
e
0,75
0,848
0,88
0,787
Mittlerer Druck
k/qc
–
3,095
2,91
2,86
Indicirte Leistung
i
–
1,2
1,17
1,073
Gesammter Luftverbrauch
cbm
7,4
8,32
8,5
6,1
Stündlicher Luftverbrauch
„
22,2
16,64
16,1
12,2
Stündlicher Luftverbrauch für 1 e
„
29,6
19,62
18,3
15,7
Stündlicher Luftverbrauch für 1 i
„
–
13,8
13,77
11,37
Mechanischer Wirkungsgrad
–
0,707
0,75
0,735
Die bei den Versuchen benutzte Bremse war ein gewöhnlicher Zaum, der genau
ausgewuchtet und constant belastet war. Der Zaum wurde durch Staufferbüchsen mit
consistentem Fett geschmiert. Die Umdrehungen wurden durch einen Hubzähler bestimmt.
Die Temperatur wurde alle fünf Minuten abgelesen, ebenso oft auch Diagramme
genommen. Die obigen Angaben geben die Mittelwerthe aus diesen Ablesungen an.
Das DiagrammEs soll hier
nicht unerwähnt bleiben, dass die verbrauchte Luftmenge auch aus dem
Indicatordiagramm entnommen werden kann. Obwohl nun diese Messung bei
Luftmaschinen bedeutend sicherer ist als bei Dampfmaschinen, bei denen die
Condensationsverluste eine grosse Rolle spielen, so sind doch solche Angaben
immer mit Vorsicht zu gebrauchen, weil nicht nur in der Annahme des meist
bei Beginn des Voraustritts gewählten Punktes, sondern auch in der dort
herrschenden Spannung und noch mehr in der Temperatur Fehlerquellen liegen,
die bei einer Luftmessung mittels der Gasuhr ausgeschlossen sind.
(Fig. 11) entspricht dem IV. Versuch; aus ihm
dürfte der ziemlich rasche Abschluss des Ventils hervorgehen.
Textabbildung Bd. 287, S. 267Fig. 11.Diagramm. Von grossem Interesse für das Wesen des ganzen Systems der
Druckluftvertheilung ist der Vergleich der indicirten Arbeit mit der dem
Temperaturgefälle entsprechenden Wärme, wie er in der nachfolgenden Tabelle für die
Versuche III und IV durchgeführt ist. Bezeichnet man die Anfangstemperatur mit t1, die Endtemperatur
mit t2, so stellt t1
– t2 das
Temperaturgefälle und
Q = G . cp (t1 – t2)
die demselben entsprechende Wärmeabgabe für G k Luft dar, worin cp = 0,2377 die specifische Wärme der Luft
bei constantem Drucke ist. Nach dieser Formel ist die Tabelle berechnet.
Die beiden letzten Reihen stimmen jedenfalls sehr befriedigend überein; sie zeigen
deutlich den bedeutenden Erfolg der Vorwärmung bezieh. die vorzügliche
Ausnutzung
Versuchs-Nr.
III
IV
Temperaturgefälle
Gr. C.
154,3
178
Entspr. stündliche Wärmeabgabe
W.-E.
764
652
Arbeitsäquivalent dafür
mk
324000
276500
„ „
1,2
1,024
Indicirte Arbeit an dem Diagramm
i
1,17
1,073
der im Vorwärmer von der Luft aufgenommenen Wärme durch die
Maschine. Ausserdem ergibt sich hieraus, dass der Process, wie auch aus dem Diagramm
hervorgeht, nahezu adiabatisch verläuft, was für die Vorausberechnung der
Luftmaschinen wichtig ist. Die Abweichung von der Adiabate ist wahrscheinlich auf
den Einfluss des Wasserbezieh. Dampfgehaltes der Luft zurückzuführen, der sich in
den ersten beiden Versuchsreihen noch stärker geltend machte.
Die Rundschiebermaschine verhielt sich etwas anders. Auch diese Maschine wurde
gleichzeitig gebremst und indicirt. Die Diagramme wurden alle fünf Minuten genommen,
die Temperatur gleichzeitig abgelesen. Die Maschine war mit einem Pröll'schen Drosselregulator ausgerüstet, der bei jedem
Versuche, um verschiedene Leistungen zu erzielen, mit einer anderen Scheibe versehen
wurde. Der obere Backen des Bremszaumes war ein kräftiger Holzblock, während der
untere aus einzelnen Stücken bestand, die auf einem Kupferband befestigt waren. Als
Bremshebel dienten zwei am oberen Backen befestigte Flacheisen, welche mit ihrem
äussersten Ende auf eine während jedes Versuches constant belastete Decimalwage
drückten. Bei reichlicher Schmierung und sorgfältiger Regulirung einer der
Spannschrauben des Zaumes war es nicht schwer, die Wage leicht spielen zu lassen und
alle Stösse zu vermeiden. Auf diese Weise wurden die in nachstehender Tabelle
verzeichneten Ergebnisse bei einer constanten Füllung der Maschine von 35 Proc.
gewonnen.
Versuche an einer Rundschiebermaschine Nr. I.
Cylinderdurchmesser 150 mm, Hub 250 mm.
Versuchs-Nr.
I
II
III
IV
Versuchsdauer in Minuten
30
30
30
30
Leitungsüberdruck
k/qc
6,03
6,16
6,0
6,0
Temperatur vor der Ma- schine
Gr. C.
+ 29
120
204
181
Temperatur hinter der Ma- schine
„ „
– 4
+ 1,3
+ 15
56
Minutliche Umdrehungen
127
169,2
148,6
150
Bremsbelastung, berichtigt
k
32,5
33,8
35,2
–
Bremshebelarm
m
1
1
1
–
Effective Leistung
e
5,76
7,98
7,3
–
Mittlerer Druck, vorn
k/qc
3,108
3,20
3,336
0,439
„ „ hinten
„
2,464
2,72
2,790
0,667
Indicirte Leistung
i
6,71
9,44
8,65
1,57
Gesammter Luftverbrauch
cbm
70,7
73,2
54,75
18,65
Stündlicher Luftverbrauch
„
141,4
146,4
109,5
37,3
Stündlicher Luftverbrauch für 1 e
„
24,55
18,4
15,0
–
Stündlicher Luftverbrauch für 1 i
„
21,08
15,5
12,65
23,8
Mechanischer Wirkungsgrad
0,857
0,842
0,841
–
Von diesen Versuchen stellt Nr. IV einen Leerlauf mit vorgewärmter Luft dar, wobei
trotz der starken Abdrosselung durch den Regulator doch noch Unterdruck im Cylinder
entstand.
Für den Vergleich zwischen der in der Maschine durch das Temperaturgefälle in Arbeit
verwandelten Wärme mit der indicirten Arbeit ist hierbei nur Nr. III und IV
verwendbar, weil sich bei den ersten beiden Versuchen hin und wieder Schnee
bildete, dessen Menge jedoch nicht gemessen wurde.
Neben dieser schätzenswerthen Arbeit hat auch A. Riedler
in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1892 * S. 821 u. ff., neue Bausteine zur Beurtheilung der Druckluftleitungsfrage
zusammengetragen. Riedler gibt zunächst eine Kritik der
vorhandenen Anlagen und betont dabei, dass durch seine von ihm entworfene neue
Anlage von 8000 in Paris die Betriebskosten auf 4/10 herabgesetzt
worden seien.
Das kennzeichnet den früheren Betrieb mit den alten Maschinen. Wenn bei einem
Grossbetriebe, der in drei verschiedenen Zeitabschnitten mit neuen grossen Maschinen
ausgerüstet wurde, durch Aenderung der Maschinen allein die Betriebskosten auf
weniger als die Hälfte heruntergesetzt werden können, dann ist dies in heutiger Zeit
nicht so sehr eine maschinentechnische Leistung, als vor allem ein Beleg für die
Unvollkommenheit der früheren Maschinen. Ausserdem wurden durch die neuen Maschinen
allein 1 Million Francs an Anschaffungskosten gegenüber dem Voranschlage der 24
Maschinen erspart. Hierbei ist jedoch zu erwägen, dass die Kosten der Centrale nur
einen Factor der Unternehmung bilden.
Diese günstigen Betriebsverhältnisse der neuen Centrale führten sofort dazu, den
Betrieb der alten Anlage ganz einzustellen; dies bedeutet aber selbstverständlich
die Todtlegung eines verausgabten Kapitals von etwa 5 Millionen, die verzinst und
abgeschrieben werden müssen.
Mit der neuen Maschinenanlage wurde auch ein zusammen etwa 13 km langes, doppeltes
Hauptdruckrohr (500 mm-Schmiedeeisenblechleitung) angelegt, gleichfalls eine
zunächst nicht ertragsfähige Ausgabe von 2 Millionen Francs, da für die Ausdehnung
des Druckluftbetriebes in gleichem Maasstabe nicht gesorgt wurde.
Dies ergibt sich wieder aus Nachstehendem:
Gleichzeitig mit der 8000pferdigen Druckluft anläge am Quai de la Gare wurde auch der
Bau eines 1200pferdigen Lichtwerkes am Boulevard Richard Lenoir für Dampfbetrieb
beschlossen.
Die Druckluftunternehmung hat dadurch, entgegen ihrem eigenen Princip, sich selbst
von vornherein eine Absatzquelle verschlossen, für welche sie im Stande sein musste,
Betriebskraft billiger zu liefern. Wenn sie dies nicht vermochte, dann war für die
grossartige Druckluftanlage keine genügend rasche Entwickelung und Ertragsfähigkeit
anzunehmen.
Die für das Lichtwerk verwendeten 300pferdigen Dampfmaschinen arbeiten mit 1 Hoch-, 1
Mittel- und 2 Niederdruckcylindern (390, 580 und 720 mm Durchmesser, 450 mm Hub, 135
minutliche Umdrehungen, 10 at Betriebsdampf); sie wurden mit nicht stellbarer
Expansionssteuerung (bei halber Füllung in jedem Cylinder) mit Regulator und
Drosselventil ausgeführt. Die Schieberstangen für die über einander gebauten
Dampfcylinder sind gemeinsam. Zwei getrennte Luftpumpmaschinen sind ausserhalb des
Maschinenhauses aufgestellt. Je eine Dynamomaschine wird auf jeder Seite der
Kurbelwelle unmittelbar angetrieben.
Die Dynamo laden mit hochgespanntem Gleichstrom ein System von Accumulatorstationen
in den zu versorgenden Stadtbezirken. Die Instandhaltung der Accumulatoren kostete bisher 10
Proc. der Anschaffungskosten; dies tritt also als laufende Ausgabe des
Lichtbetriebes hinzu, so dass zusammen mit dem geringen Wirkungsgrade der
Accumulatoren die Betriebskosten für die Stromlieferung sehr hohe sind.
Im Betriebe betrug der Dampfverbrauch etwa 14 k, also so viel, dass selbst im
Zusammenhange mit der bestehenden Druckluftanlage, bei gewöhnlicher Art des
Luftbetriebes und der Vorwärmung, geringere Betriebskosten erreichbar gewesen wären.
Desgleichen wäre die Anlage für Luftbetrieb wegen des Wegfalles der Dampfkessel und
sonstiger Baulichkeiten in kürzerer Zeit und auf geringerer Baufläche ausführbar
gewesen.
Im eigentlichen Beleuchtungsgebiet hat die Unternehmung neben einander drei Leitungen
liegen: die Ladungskabel für die Accumulatoren, die Vertheilungskabel und das
Leitungsrohr für die Druckluft, welches schon früher das ganze Beleuchtungsgebiet
mit Kraft versorgte.
In der weiteren Kritik der Pariser Anlage wird namentlich die Unzulänglichkeit der
benutzten Luftmaschinen bemängelt, als welche die ältesten Constructionen von
Dampfmaschinen benutzt wurden. Auch die so wesentliche zweistufige Vorwärmung der
Druckluft sei völlig ausser Verwendung gelassen.
In der neuesten Zeit werden Luftmaschinen mit anderer Vorwärmungsart versucht. Schon
im Lichtwerk Retiro erfolgt die Luftvorwärmung nur durch Dampfeinspritzung, welche
wegen der niedrigen Dampftemperatur und der Verhältnisse der Dampferzeugung auf
niedrigen Luftverbrauch und geringe Betriebskosten nicht führen kann und ausserdem
die Aufstellung eines Dampfkessels und eines Auspuffschornsteins für die nasse
Auspuffluft nothwendig macht.
Bei einigen neuesten Versuchsmaschinen in Paris wird der Druckluft Dampf von etwa
300° Temperatur zugeführt, die Mischung erfolgt in einem eigenen Mischcylinder. Die
Auspuffluft wird in einen „Échangeur“ geleitet, in welchem die erste
Vorwärmung der Luft vorgenommen wird. Damit ist der wesentlichste und beste Theil
des Popp'schen Systems, die unmittelbare
Wärmezuführung, verlassen und ein Rückschritt zu den Vorwärmungsmethoden eingeführt,
welche von Cornet in Mons, Siemens in London und Mekarski in Paris
längst schon durchgeführt wurden.
In ähnlicher Weise fehlt jede technische Entwickelung in den besonderen Anwendungen
der Druckluft. Ein bezeichnendes Beispiel bilden die Strassenbahnen. Hierbei ist
auch ein unmittelbarer Vergleich gegeben, indem in Nantes seit 1879, in Paris seit
1887 die bekannten Mekarski'schen Luftbahnen im
laufenden Betriebe stehen. Diese benutzen hochgespannte Luft und Vorwärmung durch
Heisswasser von etwa 180° C.
Dem System haften mehrere Mängel an. Diese liegen in der hohen Spannung und den
Verlusten durch Drosselung, in der ungünstigen Erzeugung der Druckluft durch kleine,
unvollkommene Maschinen und in der geringen Vorwärmung. Aber die Einrichtungen sind
von einem gründlichen Fachmann innerhalb der gegebenen Verhältnisse in musterhafter,
praktisch lebensfähiger Weise durchgeführt und trotz ihrer Unvollkommenheit seit
mehr als zehn Jahren in erfolgreichem Betriebe. Die Pariser Druckluftunternehmung
sollte aber solchen Betrieb viel vortheilhafter durchführen können, weil sie in der
Lage wäre, im Zusammenhang mit der städtischen Kraftvertheilung die
Betriebskraft viel billiger zu erzeugen, als dies in kleinen Maschinenstationen
möglich ist. Insbesondere könnten im Anschluss an das Vertheilungsnetz
Unterstationen nahezu an beliebiger Stelle erbaut werden.
Diese Unterstationen brauchten nur die Luft aus der Leitung von 8 at auf höhere
Spannung zu verdichten, was einfach durch Vermittelung einer Luftmaschine erfolgen
könnte. Die Anlage bestände daher nur in einem kleinen, durch Luftmaschinen
getriebenen Compressor und in den Behältern für die Aufspeicherung; sie würde sehr
geringen Raum einnehmen und könnte insbesondere unterirdisch an jeder Oertlichkeit
hergestellt werden.
Beim Füllen der Wagen könnten Verluste vermieden werden, indem die Auffüllung durch
einen Dreiwegverschluss erst mit Luft aus dem städtischen Netz (8 at), dann aus dem
Zwischenbehälter des Compressors und schliesslich aus dem Behälter mit
hochgespannter Luft erfolgt, ohne die erforderlichen Rohrleitungen wesentlich zu
verwickeln.
Trotz aller dieser nahe liegenden Vortheile ist für Trambahnen von der Pariser
Druckluftgesellschaft nichts geschehen. Gutermuth hat
ein allerdings nur die technische Seite behandelndes Project aufgestellt; es enthält
den Vorschlag, als Motoren für die Strassenbahnwagen zwei oder drei Luftcylinder zu
verwenden, welche beim Anfahren mit unabhängiger Füllung, während der Fahrt aber als
Verbundmaschinen mit mehrstufiger Expansion und mehrmaliger Vorwärmung benutzt
werden. Zu einem Versuch oder einer Ausführung ist es nicht gekommen.
Die Mekarski'sche Einrichtung wird hingegen trotz ihrer
beschränkten Betriebsverhältnisse in neuerer Zeit für zwei grosse Linien innerhalb
Paris und auch in anderen Städten ausgeführt.
Die Anwendung der Druckluft für Lüftungszwecke wurde gleichfalls in Paris
vernachlässigt, während Riedinger in kurzer Zeit
hervorragende Neuerungen durchführte, welche wegen des Wegfalls aller Maschinen und
mechanischen Einrichtungen, durch die beliebige Regulirfähigkeit, Theilbarkeit und
Betriebssicherheit bezieh, stete Bereitschaft und durch die erzielten Leistungen von
grosser Bedeutung sind.
Aehnlich steht es in Paris mit der Entwickelung der Verwendung der Kaltluft. Es
besteht kein Zweifel, dass für einen Grossbetrieb die Luft als Uebertragungsmittel
wegen des Wassergehaltes hinter anderen Mitteln der Kälteerzeugung unbedingt
zurückstehen muss; trotzdem kann Kaltluft ausgedehnte Verwendung finden, nämlich im
Nebenbetrieb und in Betrieben von kleinem Maasstabe, da, wo besondere Kältemaschinen
nicht aufgestellt werden können. Damit ist aber die Grundlage für die Verwendung der
Kaltluft gegeben. Dennoch wurden in Paris nach der ersten Richtung grossartige
Versuche durchgeführt, während nach der anderen, meines Erachtens allein
lebensfähigen Richtung nichts geschehen ist.
In der alten Centralstation St. Fargeau wurde eine Kaltlufteinrichtung als
Schaustück, in der Bourse de Commerce eine 150pferdige Kaltluftmaschine aufgestellt
und Kaltkammern regelmässig betrieben.
1890 wurde für die Bourse de Commerce eine sehr schlecht gebaute 150pferdige
Kaltluftmaschine ohne stellbare Expansion bestellt, die wegen grober Fehler in der
Bauart und Ausführung erst in jüngster Zeit in Betrieb kam. Andere grössere
Kaltluftanlagen wurden in Paris nicht ausgeführt.
Ein grosser Kaltluftversuch wurde mit einer Cockerill'schen 400pferdigen Compressionsmaschine in der Centralstation St.
Fargeau durchgeführt, derart, dass die Compressoren als Widerstände hinter den
Maschinen benutzt, aber die Dampfcylinder mit Druckluft betrieben wurden. Die
Maschinen blieben hierbei vollständig unverändert. Es strömte also die Luft in den
Hochdruckcylinder, dann durch Vermittelung des Aufnehmers in den Niederdruckcylinder
und von dort in die Versuchskaltkammern. Die Steuerungen und sonstigen Einrichtungen
der Maschine sind für diesen Kaltluftbetrieb wenig geeignet; es hat sich aber bei
etwa 18stündigem ununterbrochenem Betriebe keine Schwierigkeit herausgestellt. Ich
erwähne diese Thatsache insbesondere gegenüber der oft gehörten Behauptung, es sei
unmöglich, Luftmaschinen längere Zeit ohne Vorwärmung zu betreiben, weil die
Eisbildung rasch eine Grenze setze. Diese Behauptung trifft nur zu bei solchen
Maschinen, deren Auspuff für die Ablagerung von Eis besonders günstig ist.
Aus dem Erwähnten ergibt sich, dass in den abgelaufenen zwei Jahren in den einzelnen
Zweigen des Druckluftbetriebes kein Fortschritt erzielt wurde. Die Berliner
Druckluftgesellschaft hat keine technischen Anlagen ausgeführt und auch keine
Concessionen zur Errichtung von Druckluftanlagen übernommen. Ausserdem ist noch
darauf hinzuweisen, dass auf anderen Gebieten Hunderte fähiger Köpfe sich dem
Studium des Fortschrittes widmen und sich hierbei des Verständnisses und der
Unterstützung der Interessenten zu erfreuen haben, so dass im Vergleiche hierzu das,
was bisher unter den geschilderten Umständen auf dem Felde der Druckluft von wenigen
Personen technisch angestrebt wurde, immerhin als beachtenswerth gelten kann, wenn
es auch für die Vernachlässigung aller übrigen Factoren nicht Ersatz bietet.
Bedauerlich ist, dass auch die technische Seite schwer geschädigt wurde, um so mehr,
für je mächtiger die betheiligten Geldleute gelten und je grössere Summen in
technisch unrichtiger Weise verbraucht wurden. Diese Schädigung muss sich
selbstverständlich auch dort äussern, wo inzwischen auf gleichem Gebiete, unabhängig
von den geschilderten Verhältnissen, Tüchtiges geleistet wurde.
Dies gilt insbesondere von den Riedinger'schen
Ausführungen in Offenbach. Diese sind Arbeiten, welche höchstes Lob verdienen. Die
Offenbacher Anlage wurde aber ohne jeglichen Zusammenhang mit Paris geschaffen. Von
dort wurde dem Unternehmen nichts zur Verfügung gestellt. Soweit es sich um
constructive Einrichtungen handelt, ist dadurch nichts verloren, wohl aber ist die
Nichtbenutzung aller Pariser Erfahrungen zu bedauern. Ausserdem ist die Offenbacher
Anlage in wirthschaftlich er Beziehung zu klein, um trotz ihrer guten Durchführung
die von Paris und seinen Geldleuten ausgegangene Schädigung des Druckluftsystems
auszugleichen.
Zu dieser schädigenden Rückwirkung kommt weiter noch der Umstand, dass inzwischen die
Birminghamer Anlage, wie vorauszusehen war, eingegangen ist, und zwar in Folge
grober technischer und geschäftlicher Fehler. Die Unternehmung wurde zur Anlage
einer sehr kostspieligen schmiedeeisernen Leitung gezwungen, ihr Concessionsgebiet
war ein beschränktes und konnte auf das Centrum, sowie auf
Beleuchtungseinrichtungen nicht ausgedehnt werden.
Der technische Misserfolg ist selbstverständlich. Die verunglückte Gasfeuerung wurde
für 20000 ausgeführt, das Rohrnetz ist für 30000 reichlich
bemessen, wird aber mit durchschnittlich unter 1000 und nur im Tagesbetrieb
benutzt, die Maschinen laufen statt mit 90 minutlichen Umdrehungen in Folge
schlechter Construction nur mit 40 bis 50, und die schlechten Betriebsverhältnisse
sind eine selbstverständliche Folge solcher Fehler. Die grossartig angelegte
Gasfeuerung ergab im Betrieb 50 Proc. höhere Kosten als gewöhnliche
Kohlenfeuerung.
Es fehlte, wie in Paris, dort an einer sachgemässen Durchführung. Die Thätigkeit der
Erbauer beschränkte sich auf constructive Liebhabereien und deren einseitige,
unverständige Durchführung.
Riedler erwähnt weiter eine missglückte Anlage in
Washington, die Judson Pneumatic Railway. Diese
angebliche „Druckluftstrassenbahn“ wurde vor ihrer Ingangsetzung im Herbst
vorigen Jahres grossartig gepriesen und überhaupt als die grösste bestehende
Druckluftanlage geschildert. In Wirklichkeit ist sie an sich unbedeutend und besteht
dem Wesen nach in Folgendem:
Um den in Amerika ausserordentlich verbreiteten Seilstrassenbahnen Concurrenz zu
bereiten, wird an die Stelle des Seils unter die Fahrbahn eine umlaufende Rohrwelle
gelegt. Jeder Triebwagen erhält vom Führerstande einstellbare schräge Rollen, welche
an die Triebwelle angepresst werden können. Die Welle wird durch Motoren gedreht und
durch Reibung der angepressten schrägen Rollen soll der Wagen in Bewegung gesetzt
werden. Die Grundlage ist daher etwa: Mannesmann umgekehrt! Durch die verschiedene
Neigung der Rollen soll dabei verschiedener Vorschub und veränderliche
Zuggeschwindigkeit erreicht werden. Die Wellen sind in einzelnen Abschnitten von
etwa 100 m Länge hergestellt, und jedes solche Wellenstück wird durch einen
Druckluftmotor angetrieben. Letzteres ist unwesentlich, denn in gleicher Weise
könnte ja auch der Antrieb durch andere Motoren erfolgen.
Die ganze Anlage wurde auf Grund eines kleinen Modells gebaut, an welchem der
Erfinder die Möglichkeit solcher Kraftübertragung zeigte. Die Anlage ist, wie
selbstverständlich, sofort bei der Inbetriebsetzung verunglückt; die Rollen und
deren Befestigung wurden abgewürgt.
Aus dem Erwähnten ergibt sich, dass die Sache mit Druckluftbetrieb nichts zu thun
hat, das Misslingen wurde aber trotzdem vielfach als ein Misserfolg der
Druckluftübertragung hingestellt.
Aehnliche misslungene oder wahrscheinlich noch misslingende Versuche gibt es in
Amerika noch mehrere, wo es bei scharfer Unternehmungslust häufig vorkommt, dass
ohne vorangegangene Versuche und Studien mit grossen Anlagen vorgegangen wird.
Dadurch können ja bei sachgemässer Behandlung wohl auch Fortschritte erzielt werden,
viel häufiger aber fallen die Unternehmer in gründlichster Weise herein.
So sind gegenwärtig mehrere Versuche im Zuge, Strassenbahnen mit Druckluftbetrieb
nach Mekarski's Vorbild einzurichten. Die Neuerungen
laufen im Wesentlichen darauf hinaus, automatische Ladestationen einzurichten,
derart, dass der Motorwagen an jeder beliebigen Stelle entweder ohne Stillstand
oder mit nur geringem Stillstande mit Druckluft aufgefüllt werden kann. Darunter
sind Einrichtungen geplant, die an Unzweckmässigkeit nichts zu wünschen übrig
lassen.
Andere Druckluftprojecte gleichfalls amerikanischen Ursprunges streben für den
Betrieb geschlossenen Kreislauf an, also derart, dass die Druckluft in einem
Rohrnetz den Luftmaschinen zugeführt, die Abluft hingegen in einem zweiten,
geschlossenen Rohr wieder an die Centralstation zurückgeleitet wird, so dass die
Compression in letzterer nicht bei atmosphärischer, sondern bei einer höheren
Spannung beginnt, eine Einrichtung, die für Zwecke der Kraftvertheilung nur zu
unnöthiger Complication führt.
Solche Einrichtungen sind aber ebenso wie die vorhin geschilderte Pariser
Dilettantenarbeit geeignet, die technische Sache auf längere Zeit schwer zu
schädigen, auf die Dauer freilich nicht, denn was technisch gut ist, lässt sich auch
durch solche Behandlung nicht ganz umbringen. Ferner ist hervorzuheben, dass in
Paris die Interessenten der Druckluft selbst es waren, welche der Sache eine so
schwere Schädigung zufügten, wie es auch die heftigsten geschäftlichen Gegner mit
keinerlei Mitteln vollbracht haben könnten. Dies findet seine Erklärung darin, dass
die Anwendung der Druckluft so einfach ist, dass leider auch in den Händen von
Nichtfachleuten ein gewisser äusserer Erfolg möglich ist. Vollständiges Versagen
kann auch bei der unverständigsten Behandlung kaum vorkommen, während andere
Kraftübertragungsmittel doch ein gewisses minimales Maass von Sachkenntniss
erfordern.
Riedler gibt sodann an der Hand ausführlicher
Einzelzeichnungen eine Beschreibung der von ihm für Paris (St. Fargeau) entworfenen
und seit längerer Zeit in Betrieb befindlichen Anlage, auf welche hier nur verwiesen
werden soll. Dagegen sollen die erzielten Betriebsergebnisse auszüglich mitgetheilt
werden.
Mg.