Titel: | Lüftungseinrichtungen von öffentlichen Staats- und städtischen Gebäuden, welche zum Aufenthalt gesunder Personen dienen und dem Zutritt des allgemeinen Publikums offen stehen. |
Autor: | F. H. Haase |
Fundstelle: | Band 287, Jahrgang 1893, S. 296 |
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Lüftungseinrichtungen von öffentlichen Staats-
und städtischen Gebäuden, welche zum Aufenthalt gesunder Personen dienen und dem Zutritt
des allgemeinen Publikums offen stehen.
Von F. H. Haase,
Berlin.
Mit Abbildungen.
Lüftungseinrichtungen von öffentlichen Staats- und städtischen
Gebäuden.
I.
Zu der in Betrachtung stehenden Gebäudegattung gehören ausser Ausstellungsgebäuden,
deren Lüftungseinrichtung einer besonderen Besprechung bedarf, insbesondere
Abgeordnetenhäuser, Gerichtsgebäude, öffentliche Bibliotheken, Rathhäuser, Post- und
Telegraphenamtsgebäude, Schulen, Kirchen und Theater. In allen derartigen Gebäuden
befinden sich Räume, welche zeitweise vom Publikum sehr stark besucht werden, und
andere Räume, welche nur einzelnen oder wenigen Personen zum Aufenthalt dienen. Dass
die ersteren Räume einer anderen Lüftungseinrichtung bedürfen als die letzteren;
wenn die Wirkung der Lüftung an allen Raumstellen die gleiche sein soll, ist leicht
zu übersehen, da in grossen Versammlungsräumen einzelne in den Wänden befindliche
Zu- und Abströmungsöffnungen für die in der Raummitte befindlichen Personen eine
ganz andere Wirkung haben müssen, als für die in der Nähe der Wände befindlichen,
und da ausserdem an einzelnen Stellen grosser Versammlungsräume in der Regel nur
wenige Personen ihren Aufenthalt nehmen, während an anderen Stellen eine dichte
Personenansammlung vorkommt, welche von einer durch mehr oder weniger entfernte
Wandöffnungen hindurch erfolgenden Lüftung nicht das Geringste wahrnimmt, sondern
sich in unerträglichem Dunstkreis befinden kann, während an anderen massig besetzten
Stellen die Lüftung sehr angenehm oder unter Umständen auch etwas zu stark wirkend
empfunden werden kann. Dazu kommt noch, dass die Stellen, welche zeitweise dicht
gedrängt besetzt sind, mitunter auch völlig frei bleiben, während die bevorzugteren
Stellen mehr oder weniger gleichmässig besetzt sein können; wenn man daher dem
zeitweise vorkommenden Menschengedränge in der Art Rechnung tragen würde, dass man
in der Nachbarschaft der Stellen, an welchen es vorkommt, nur eine kleine Zahl
grösserer Wandöffnungen anbrächte, so würden diese bei schwachem Besuch gar nicht
geöffnet werden dürfen, weil ihre Wirkung sonst immer zu stark empfunden würde.
Man übersieht hiernach, dass es ganz verfehlt ist, in grossen Versammlungsräumen
vielleicht in zwei einander gegenüberliegenden Wänden je eine oder auch je zwei
grosse Frischluftzuströmungsöffnungen anzuordnen und an sonstigen Stellen keinerlei
Zuströmungsöffnungen vorzusehen. Und nun denke man sich noch die wenigen
Zuströmungsöffnungen in der so viel beliebten Höhe von ungefähr 2 m über dem Fussboden liegend und
in deren Nähe dichtes Menschengedränge, mitten im Räume aber eine massige Anzahl
bevorzugter Personen sitzend, so werden diese letzteren entweder in stagnirender
Luft sitzen oder nur solche Luft zugeführt erhalten, welche von der den
Zuströmungsöffnungen näher befindlichen Personenansammlung bereits verunreinigt ist.
–
Es ergibt sich aus den hier gemachten Andeutungen ganz von selbst, dass in allen für
grosse Versammlungen bestimmten Räumen unbedingt Luftzuführung auch inmitten
derselben vorgesehen sein muss, wenn eine einigermaassen gesunde Luftvertheilung
darin stattfinden soll. Besitzen solche Räume zahlreiche Säulen, innerhalb deren
Luftkanäle vorgesehen werden können, so lassen sich dieselben immer mit Vortheil dem
Zwecke der Lüftung dienstbar machen und zwar entweder für die Luftzuführung oder
auch für die Luftabführung, je nach der Einrichtung der übrigen Theile der
Lüftungsanlage. Wo aber derartige Säulen fehlen, bleibt nichts anderes übrig, als
die Fussbodenfläche in mehr oder weniger grosser Ausdehnung für den Dienst der
Luftzuführung oder der Luftabführung verwendbar zu machen, das heisst mit
zahlreichen kleinen Oeffnungen (am besten in Form von Gitteröffnungen) zu versehen,
unterhalb deren Hohlräume liegen, durch welche entweder Frischluft zuströmt oder
verdorbene Luft abgeleitet wird.
Damit hierbei die Luftströmung nicht unangenehm empfunden werde, ist es vor Allem
nothwendig, dass dieselbe mit sehr geringer Geschwindigkeit durch die Bodenöffnungen
hindurch erfolge und dass die letzteren demgemäss eine möglichst grosse – am
vorteilhaftesten über die ganze Bodenfläche gleichmässig vertheilte – Gesammtfläche
ergeben. Ausserdem darf dann aber auch die Temperatur von durch Bodenöffnungen
einströmender Frischluft nicht sehr viel auf- oder abwärts von der Temperatur der
Raumluft verschieden sein.
Da ausserdem die Versammlungen nicht immer gleichstark besucht sind und die
Theilnehmer derselben häufig nicht gleichmässig vertheilt Platz nehmen, sondern, wie
oben bemerkt, an einzelnen Stellen dicht gedrängt und an anderen Stellen in nur
geringer Zahl Platz nehmen; so kann eine
allenthalben gleich gute Raumluft nur dann erzielt werden, wenn es möglich ist, die
Fussbodenöffnungen abtheilungsweise dem Durchzug der Luft mehr oder weniger zugängig
zu machen. Wie dies geschehen kann, wird an Beispielen gezeigt werden.
Für andere Räume, welche in demselben Gebäude mit einem sehr grossen
Versammlungsräume liegen, müssen natürlich die für den letzteren nothwendigen
Einrichtungsmaassnahmen nur insoweit ebenfalls eingehalten werden, als diese Räume
zufolge ihrer Abmessungen und ihres Besuchs den sehr grossen Versammlungsräumen
ähnlich sind, während sie im übrigen wie Bureaus, Wohnräume – gegebenen Falles auch
wie Gastwirthsräume, insoweit sie als solche in Betracht kommen – und beziehentl.
wie Vorräume, Treppenhausräume u.s.f. für die nöthige Lüftung einzurichten sind.
Es ergibt sich demnach für Gebäude der obenerwähnten Gattung sehr oft die
Notwendigkeit, in denselben mehrere verschiedene Systeme von Lüftungseinrichtungen
zur Ausführung zu bringen und dieselben doch in solcher Weise mit einander zu
vereinigen, dass ihre Bedienung möglichst vereinfacht wird.
Ein sehr interessantes Beispiel der Vereinigung sehr verschiedener Lüftungssysteme in
einem Gebäude, welches der obenerwähnten Gattung angehört, bietet das Parlamentsgebäude in London, von welchem die Fig. 1 bis 5 mehrere Abtheilungen
erkennen lassen.
Fig. 1 veranschaulicht den Situationsplan des Gebäudes
und die Kanalisation desselben im Anschluss an das städtische Kanalnetz. Aus dieser
Figur ersieht man, dass das Parlamentsgebäude unmittelbar an der Themse liegt,
welcher das Gebäude seine nach Osten gerichtete Hauptfaçade zukehrt. Die 680
englische Fuss oder 207,26 m lange Mittelfaçade und zwei etwa 10 m weit
vorspringende Seitenflügel begrenzen eine Terrasse, von welcher die Frischluft für
das Unterhaus durch 35 Oeffnungen von je 9¼ Quadratfuss oder 0,86 qm, also durch
eine Gesammtöffnung von 30,10 qm zunächst in das Kellergeschoss einströmt; während
die Frischluft für das in demselben Gebäude liegende Oberhaus (die Peerskammer) aus
zwei Hofräumen des Gebäudes, östlich und westlich des Mittelbaus, in Kammern
einströmt, welche zu ebener Erde liegen.
Textabbildung Bd. 287, S. 296Fig. 1.Situationsplan.a Parlamentsgebäude. b Park. c
St. Margarethkirche. d Westmünsterbrücke. e Kanal. f Hauptkanal. g
Victoriathurm. h Ventilator. i Ejektor. k Terrasse. l Themsestrom. m
Westminsterhall. n Glockenthurm. Bis zum Jahre 1892 wurde auch für das Unterhaus die Frischluft aus zwei
Hofräumen entnommen und in ebener Erde liegende Kammern eingeführt; da aber
fortwährend über üble Gerüche geklagt wurde, die sich insbesondere bei nasser
Witterung bemerkbar machten, und man die Ursache davon unter anderem theilweise auch
ungenügender Reinheit der Luft jener beiden Höfe zuschrieb, so wurde auf Vorschlag
eines im J. 1891 besonders gewählten Untersuchungscomités nicht nur eine
systematische Umänderung der Lüftung, sondern auch gleichzeitig eine Verlegung der
Luftentnahmestelle beschlossen.
Anfangs der fünfziger Jahre hatte man die Frischluft durch die beiden höchsten Thürme
des Gebäudes, den 210 Fuss hohen Uhrthurm und den 325 Fuss hohen Victoriathurm, abwärts in
das Gebäude eingeführt, bald aber kehrte man die Luftführung dieser Thürme um, indem
man, anstatt frische Luft durch sie herbeizuleiten, die verdorbene Luft aus den
Gebäuderäumen durch sie abführte. Der Grund für diese Aenderung ist zur Zeit nicht
mehr genau bekannt; man nimmt aber an, diese Aenderung habe sich als nothwendig
ergeben, weil in der Mündungshöhe der genannten Thürme die Luft gerade durch die in
der Nachbarschaft aus den Kaminen aufsteigenden Rauchgase und aus den über Dach
geführten Abortdunströhren aufsteigenden fauligen Gase sehr stark verunreinigt
werde.
Textabbildung Bd. 287, S. 297Fig. 2.Gebäudehohenschnitt.a Grosser Comite-Saal. b, c
Comite-Zimmer. d Speisesaal. e Wartesaal. f Corridor. g Comite-Corridor. h
Frischluftkammer. i Terrasse. k Zum Victoriathurm. l Heizkörper. Die Wahl der Frischluftzuführungsöffnungen auf der Seite des Flusses und
in der Höhenlage der Terrasse wird für eine besonders glückliche gehalten, weil sich
vor derselben nicht nur eine sehr grosse freie Luftschichte befindet, sondern auch
durch die Ebbe- und Fluthbewegung des Themsestromes eine bedeutende Lufterneuerung
längs des Stromes bewirkt wird, während der von vorüberfahrenden Dampfern
aufsteigende Rauch gegenüber dem von der Stadt herkommenden gar nicht in Betracht
komme, und weil endlich auch in der heissen Jahreszeit durch Besprengen der Terrasse
mit Wasser einige Abkühlung der hier in das Gebäude einströmenden Luft erzielt
werde.
Wie schon erwähnt, wurde im J. 1892 eine systematische Umänderung der Lüftung des
Unterhauses vorgenommen. Während man nämlich bis dahin für den grössten Theil des
Jahres für das ganze Parlamentsgebäude nur Sauglüftung hatte, ging man nunmehr zur
Einführung dauernd vereinigter Druck- und Sauglüftung für das Unterhaus über. Die
Luftführung für dasselbe ist aus den Gebäudehöhenschnitten Fig. 2, 2a und 3 und die Einzeleinrichtung dazu aus den Fig. 4 und 5 zu entnehmen.
Für die von der Terrasse in das Kellergeschoss des Vorderbaues (Fig. 2) strömende Frischluft sind in diesem Vorderbau
zahlreiche Eintrittskammern vorgesehen, von welchen drei für das (mit dem Oberhause
zusammen) im mittleren Gebäude (zwischen Höfen) liegende Unterhaus bestimmt, den
Vorderbau in directem Verlaufe durchqueren, während die übrigen Eintrittskammern im
Vorderhause selbst an Filterkammern und Heizkammern anschliessen, aus welchen die
Luft ohne Druck nach den verschiedenen Räumen des Vorderbaues strömt, während die
verdorbene Raumluft aus diesem durch die Saugwirkung des, mittels eines
Feuerofens erwärmten Victoriathurmschachtes von den Raumdecken her abgesaugt
wird.
In den als Eintrittskammern bezeichneten ersten Frischluftkammern sind
Wasserzerstäubungsapparate angeordnet, mittels deren die Luft nötigenfalls
befeuchtet wird. Damit das von der Luft nicht aufgenommene Wasser nicht in den
Fussboden eindringe, ist derselbe durchaus mit Bleiplatten (im Anschluss an
Abführungsrinnen) bekleidet, und, damit das die Wände beschlagende zerstäubte Wasser
in diese nicht eindringe, sind dieselben mit Segeltuch behängt, ausserdem ist auch
die Decke der Kammern mit Segeltuch bedeckt. Da dieses das überschüssige Wasser
aufsaugt, vermöge seiner Capillarität rasch über seine ganze Fläche vertheilt und
auf derselben auch rasch verdunsten lässt, wobei Wärme gebunden wird, so functionirt
die mit Segeltuch bekleidete Wandung für die Sommerlüftung zugleich als erwünschte
Abkühlungsfläche für die vorbeistreichende Luft. Doch werden bei sehr heisser
Witterung auch noch zehn bis zwölf grosse Eisblöcke von je etwa 2 Centner am Ende
der für das Unterhaus bestimmten Luftzuführungsgallerie (welche die gleichartig
ausgestattete Fortsetzung der bezüglichen Eintrittskammern bildet) aufgestellt.
Textabbildung Bd. 287, S. 297Fig. 2a.Gebäudehohenschnitt.a Sitzungssaal des Unterhauses.
b Seitenraum. c Schreib- und Konferenzzimmer. d Verdorbene Luft. e
Verunreinigte Luft. f Durchbrochener Boden. Aus dieser Gallerie wird die Frischluft für geringeren Bedarf durch einen
rasch laufenden, durch Dampfmaschine mittels Hanfseiltrieb bethätigten Blackman-Ventilator, bei grossem Luftbedarf aber
ausserdem auch noch durch Cylindergebläsemaschinen angesaugt und gegen ein Filter
aus losegewebtem Canevas geworfen, dessen Oberfläche 600 Quadratfuss oder 55,75 qm
beträgt.
Da die Luft durch diese grosse Filterfläche mit sehr geringer Geschwindigkeit
hindurchströmt, so lässt sie den grössten Theil ihrer Staub- und Schmutzbeimischung
daran hängen, nicht aber die rauchigen Beimischungen des Nebels.
Um diese Beimischungen ebenfalls zurückzuhalten, ist in der ganzen Längenausdehnung
des Unterhaussitzungssaales unterhalb desselben ein besonderes Nebelfilter
angeordnet, durch welches man die Luft an nebeligen Tagen, nach dem Durchströmen des
Canevasfilters, hindurchstreichen lässt. Dieses Nebelfilter ist in Fig. 4 in grossem
Maassstab im Querschnitt und in Fig. 5 unten von seinem
Verschluss aus gesehen in der Ansicht dargestellt; es besitzt eine Flächenausdehnung
von 1000 Quadratfuss oder 93 qm und besteht aus zwei muldenförmig zusammengefügten,
nach oben auseinander gehenden Filterwänden, deren jede zwei, zwischen Drahtgaze
eingeschlossene Baumwoll-Lagen von je 3 Zoll = 75 mm Dicke besitzt. Die durch dieses
Filter hindurchgedrückte Luft soll von allen nebeligen Beimischungen vollkommen frei
sein; bei mehrtägigem Nebelwetter aber soll sich das Filter dermaassen mit Russ
verstopfen, dass jeweils mehrmalige Erneuerung der Baumwollschichten erforderlich
werde.
Textabbildung Bd. 287, S. 298Fig. 3.Gebäudehohenschnitt.a Sitzungssaal des Unterhauses.
b Reportergallerie. c Fremdengallerie. d Damengallerie. e Gallerie und
Corridor. f Luftzuströmung von der Terrasse. g Reporterzimmer. h
Abführungsrohr für die Verbrennungsgase der Gaslampen. i Licht- und
Luftschacht. k Vorraum. l m Zum Ventilationsschacht. n Abgeordnetengallerie.
o Ministercorridor. Bei nebelfreier Witterung kommt nur das Canevasfilter zur Verwendung. –
Die mehr oder weniger filtrirte Luft strömt zunächst durch mittels Klappen
regulirbare Oeffnungen in eine über dem Filterraume liegende Heizkammer ein, in
welcher zahlreiche Dampfrippenheizkörper aufgehängt sind, für deren jeden eine auf
eisernen Rahmen befestigte Decke aus ungebleichter holländischer Leinwand vorgesehen
ist; diese Decken können zum Zweck einiger Regulirung der Wärmeabgabe der Heizkörper
derart über die letzteren gehängt werden, dass sie die Heizrippen von oben und von
beiden Seiten des Heizkörpers verdecken und so das Aufsteigen des Luftstromes
zwischen den Rippen beschränken (verhindern kann man nicht wohl sagen, weil der
Leinenstoff doch immerhin etwas Luft durchlässt). Ausserdem ist zur stärkeren
Regulirung für je zwei zu einem hintereinander geschalteten Paar verbundene
Heizkörper ein Dampfabsperrventil vorgesehen.
Aus der – im Sommer natürlich ungeheizten – Heizkammer strömt die Luft durch
zahlreiche, mit Verschlussklappen versehene Deckenöffnungen in einen unmittelbar
unterhalb des Sitzungssaales des Unterhauses liegenden Raum ein, welcher gleiche
Bodenausdehnung wie der Sitzungssaal selbst hat. Die Verbindungsöffnungen
zwischen dieser Kammer und der Heizkammer sind derart über die ganze
Bodenfläche der ersteren vertheilt, dass man in der Lage ist, die Luftzuführung zu
dem Sitzungssaale, dessen ganzer Fussboden aus durchbrochenen (perforirten), auf
Trägern aufliegenden Gusseisenplatten besteht, für jede Stelle des Saales dem
jeweiligen Bedürfniss entsprechend zu reguliren, indem man die darunter liegende
Zuführungsöffnung der Heizkammer mehr oder weniger weit öffnet und beziehentlich
einzelne Zuführungsöffnungen auch ganz verschliesst, während man andere vollständig
öffnet. Um dafür sorgen zu können, dass die in den Sitzungssaal einströmende Luft an
jeder Stelle gleiche Temperatur besitzt, ist vor jeder der soeben erwähnten
Luftvertheilungsöffnungen ein Thermometer angebracht, nach dessen Angabe die
Wärmeabgabe der zunächst gelegenen Dampfheizkörper regulirt wird.
Der Gitterboden des Sitzungssaales ist im freien Bewegungsraume mit einer netzartigen
Matte aus Hanfschnüren belegt, durch deren Oeffnungen der Schmutz von den Schuhen
der darüber hinweggehenden Personen herabfällt, so dass bei sorgfältiger Reinhaltung
der unterhalb des Sitzungssaales befindlichen Kammern eine Staubverbreitung in jenem
nicht erfolgen kann. Nur vor den Sitzen der Abgeordneten ist Holzbelag und darüber
eine dichtere Matte insoweit vorgesehen; als es nothwendig erscheint, um zu
verhüten, dass die Füsse und Fussgelenke der sitzenden und stehenden Abgeordneten
von einem Lufthauch berührt werden.
Ausser den Bodengitteröffnungen sind für den Lufteintritt auch ringsum in der
hölzernen Wandbekleidung (dem Paneel) einige Oeffnungen vorgesehen, während sich für
die Gallerie des Sitzungssaales besondere Luftzuführungskanäle im Mauerwerk
befinden, wie Fig. 2a deutlich erkennen lässt.
Die Abströmung der verdorbenen Luft aus dem Sitzungssaal erfolgt durch zahlreiche
Oeffnungen in dessen Decke, und zwar strömt durch dieselbe die Luft theilweise in
einen grossen darüber befindlichen Raum ein, welcher mittels seitwärts- und
abwärtsführender Kanäle mit den Luftabsaugeschächten des Victoriathurmes und des
Uhrthurmes verbunden ist, an derem Fusse – wie schon erwähnt wurde – Feueröfen für
den Zweck der Schachterhitzung aufgestellt sind. Ausserdem strömt ein grosser Theil
der verdorbenen Raumluft durch 75 mm weite Röhren ab, welche über 64 grossen
Gaslampen zur Abführung der Verbrennungsproducte vorgesehen sind und oberhalb der
Raumdecke in ein weites Sammelrohr einmünden, welches die Verbrennungsgase und die
mit denselben vermischte Raumluft einem über dem Hauptvorraume (Vestibüle) des
Unterhauses liegenden Rauchrohrsystem von Lüftungsöfen zuleitet. –
Die an beiden Langseiten des Sitzungssaales liegenden Seitenräume (Fig. 2a) werden ähnlich wie dieser selbst gelüftet. Zu
den unteren Seitenräumen strömt die Frischluft hauptsächlich durch Fussbodengitter
ein, kann aber auch durch in nächster Nähe des Fussbodens liegende Wandöffnungen
zugelassen werden, während die verdorbene Raumluft durch zahlreiche Oeffnungen der
Holzbekleidung der Decken und daran anschliessende Kanäle Absaugeschächten zuströmt, welche
oberhalb der oberen Seitenräume durch Oefen geheizt werden. Diese letzteren Räume
haben die gleiche Luftabzugseinrichtung wie die ersteren, während die Frischluft bei
sehwachem Besuch der Räume durch in der Nähe ihres Fussbodens befindliche
Wandöffnungen einströmt, bei starker Füllung der Räume aber auch noch durch
Fussbodenöffnungen eingelassen werden kann.
Textabbildung Bd. 287, S. 299Nebelfilter.a Heizkammer. b Filter. c
Canevasfilter. Was die Lüftungsanlage des Oberhauses (der
Peerskammer) betrifft, so wurde bereits erwähnt, dass für dasselbe die Frischluft
aus zwei Höfen entnommen wird, auch wurde für dasselbe die einfache Sauglüftung
beibehalten; vielleicht liegt dasselbe hinsichtlich verunreinigender Nachbarschaft
günstiger als das Unterhaus und war deshalb die Annahme gerechtfertigt, dass die
Wahrscheinlichkeit des Eindringens verunreinigter Luft unter dem Einfluss der Saug
Wirkung ausgeschlossen sei.
Die Frischluft strömt durch zahlreiche Maueröffnungen, welche mittels
Jalousieklappen regulirbar sind, in lange Gänge, welche ebener Erde die ganze Länge
des Hauses einnehmen, ein und durch ein Canevasfilter hindurch zunächst über eine
eigenartige Wasserverdunstungsvorrichtung hinweg in einen dem Hause gleich langen
Raum von grosser Breite, in welchem vier Reihen von Dampfrippenheizkörpern auf dem
Boden aufgestellt sind. Sodann strömt die Luft senkrecht durch Deckenöffnungen frei
in einen unmittelbar unterhalb des Sitzungsraumes liegenden Raum ein, welcher aber
nicht die ganze Länge des Sitzungssaales einnimmt, sondern unterhalb des vom
Publikum vor den Barrieren eingenommenen Raumes von einem breiten Kanal begrenzt
wird. Dennoch ist der ganze Fussboden des Sitzungssaales wie der des Unterhauses
durch gusseiserne Gitterplatten gebildet; während aber innerhalb des eigentlichen
Sitzungsraumes Frischluft durch den Boden aufsteigt, strömt durch den ausserhalb der
Barrieren befindlichen Fussbodentheil verdorbene Raumluft durch den Fussboden
abwärts in den erwähnten Kanal ein, welcher in den Saugschacht des Victoriathurmes
einmündet.
Um der durch diesen Kanal abströmenden Luft grosse Eintrittsöffnungen frei zu lassen
trotz oft sehr dichter Personenansammlung vor den Barrieren, ist hier der gegitterte
Fussboden, ebenso wie der breite Verkehrsraum zwischen den einander
gegenüberliegenden Abgeordnetensitzen im Unterhaus, mit einer netzähnlichen Matte
bedeckt, während der übrige gegitterte Fussboden (der Verkehrsraum zwischen den
Peerssitzreihen) mit einem sehr lose aus Rosshaar und Wolle gewebten Teppich bedeckt
ist, durch welchen die Luft ohne allzugrossen Widerstand hindurchströmen kann. Als
Fusstrittbelag vor den Sitzen der Peers liegen dichtere wollene Läufer.
Der Hauptluftabzug aus dem Sitzungssaale erfolgt wie in dem Unterhause durch
Deckenöffnungen, jedoch nicht durch die solide Decke, sondern nur durch zahlreiche
Oeffnungen einer reichornamentirten Holzbekleidung unterhalb dieser Decke hindurch,
während zwischen dieser Holzbekleidung und der soliden Decke Raum genug für die
Abströmung der Luft in zwei Richtungen verbleibt. In der einen Richtung führt ein
Kanal zum Victoriathurm und in der entgegengesetzten Richtung ein anderer Kanal zu
einem kleineren Thurme, in welchem ebenso wie im Victoriathurme ein geheizter
Schacht saugend wirkt.
Verbrennungsgasableitungsröhren sind hier nicht in der Decke vorgesehen, da das
Oberhaus elektrisch beleuchtet wird.
Die an beide Häuser des Parlamentsgebäudes angrenzende Bibliothek, die Speisezimmer
und Rauchzimmer des Unterhauses, die Comitézimmer und verschiedene andere Räume (66
im Ganzen an der Zahl) befinden sich in dem an der Themseterrasse liegenden
Vorderbau und erhalten, wie aus Fig. 2 ersichtlich
und schon theilweise besprochen, ihre Frischluft von der Terrasse her, nachdem
dieselbe Befeuchtungskammern und Heizkammern im Kellergeschoss durchströmt hat.
Die Luftvertheilung für diese Räume findet in, durch senkrechte Kanäle verbundenen
wagerechten Kanälen statt, welche zwischen den Decken der unteren und den Fussboden
der nächsthöheren Stockwerke liegen.
Die Lufteinströmung findet in den kleineren Räumen ausschliesslich durch vergitterte
Wandöffnungen nächst des Fussbodens, unmittelbar oberhalb der Fussleisten der Wände statt. In den
grossen Comitéräumen, Speiseräumen und Rauchzimmern strömt zunächst jeweils
Frischluft durch Fenstervorsetzer, innerhalb deren Dampfheizkörper für den Winter
liegen, ein, ausserdem in den beiden letzteren Raumgattungen auch unmittelbar über
den Wandfussleisten; in den Comitéräumen dagegen für den Sitzungsraum selbst durch
zwei Decorationssäulen der Rednerempore und zwar in einer Höhe von 6 Fuss 6 Zoll
oder 2 m Höhe über dem Fussboden, und endlich auch noch ausserhalb des eigentlichen
Sitzungsraumes (ausserhalb der Barriere) durch einen gegitterten Fussboden für das
hier oft dicht gedrängt Platz nehmende Publikum. Für die Lesezimmer und Theezimmer
hat man, zur Vermeidung von Zugluft bei dem häufigeren Oeffnen der Thüren, ausser
der Lufteinführung durch Fenstervorsetzer nur Lufteinströmungsöffnungen in einer
Höhe von 7 Fuss 6 Zoll oder 2,2 m über dem Fussboden vorgesehen.
Die Ausströmung der verunreinigten Raumluft erfolgt in allen diesen Räumen
unmittelbar unterhalb der Decke und, wo unterhalb derselben verkleidendes
Holzgetäfel vorgesehen ist, durch profilirte Durchbrechungen dieses letzteren. Die
Abführung dieser Luft erfolgt durch Kanäle, welche in einen nach dem Victoriathurm
hin abwärts gehenden Verbindungskanal münden und theils auch wagerecht verlaufend
mit drei besonders geheizten eisernen Schächten geringerer Höhe in Verbindung
stehen.
Um zu verhindern, dass in diesen letzteren Schächten durch Windwirkung eine
Bewegungsumkehrung verursacht werde, sind dieselben nach zwei Richtungen hin mit
durch Winddruck leicht schliessbaren Jalousieklappen, aus in Rahmen verspannter
Leinwand, versehen.
Eigenartig ist noch die Lüftungseinrichtung für den an der Terrasse liegenden
Hausflur, welcher während der Comitésitzungen sehr vielen Personen als Warteraum
dient und häufig überfüllt ist.
Die Frischluft für diesen Flur wird nicht von der Terrasse, sondern von den Höfen
entnommen (wahrscheinlich noch von früherer Zeit her) und durch im Kellergeschoss
liegende Kanäle einem längs des Flurs unterhalb desselben verlaufenden Kanäle
zugeführt, in welchem Dampfheizrohre liegen. Die Luft strömt aber nicht frei durch
Fussgitter aus, sondern – mittels Klappen regulirbar – durch Sitze, welche inmitten
des Flurraumes über dessen ganze Länge vertheilt angeordnet sind.
Die Abströmung der verunreinigten Luft aus diesem Flur erfolgt durch sechs grosse
Deckenöffnungen, über deren jeder ein Luftabzugsschacht angeordnet ist. Zur Zeit
sind die Versuche über die beste Einrichtung dieser Schächte noch nicht
abgeschlossen, weil es sich nicht nur darum handelt, gute, sondern auch geräuschlose
und billige Saugwirkung in denselben zu erzielen. Zwei von diesen Schächten sind
versuchsweise mit Blasrohren für Dampf und comprimirte Luft ausgestattet, drei
andere Schächte enthalten grosse Gasbrenner zur Erhitzung der Schachtluft und im
sechsten Schacht ist ein elektromotorisch betriebener Blackman-Ventilator angeordnet, welcher bei geringem Stromverbrauch eine
maximale Leistung ergeben soll.
(Fortsetzung folgt.)