Titel: | Neue Methoden und Apparate für chemisch-technische Untersuchungen. |
Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 43 |
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Neue Methoden und Apparate für
chemisch-technische Untersuchungen.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 287 S. 141.)
Mit Abbildungen.
Neue Methoden und Apparate für chemisch-technische
Untersuchungen.
Neues Gasvolumeter.
Zur genauen Messung kleiner Gasvolumina construirte J. A.
Müller ein Volumeter von folgender Einrichtung (siehe nebenstehende Figur 1): Der Apparat besteht aus zwei Flaschen F und F1 von nahezu gleichem Inhalt, welche mit
durchbohrten Kautschukstöpseln verschlossen sind, durch welche Glasröhren mit den
Hähnen r und r1 gehen. Die Flasche F
steht durch die Capillare t, welche in ihrem
aufsteigenden Theil den kurzen Rohransatz b trägt, der
mittels Kautschukschlauch und Quetschhahn verschliessbar ist, mit der 50 cc
fassenden Bürette B in Verbindung. Die Bürette ist in
Zehntelgrade getheilt und hat ihren Nullpunkt in dem oberen engen Theil. Die
Capillare t (Durchmesser etwa 1 mm) steht mit dem
Wassermanometer mm1 in
Verbindung. Der Schenkel m1 des Manometers steht seinerseits mit der Flasche F1 in Verbindung, welche durch den
Glashahn r1 bewirkt
werden kann. Die beiden Schenkel des Manometers sind mit einander durch einen
Gummischlauch verbunden. Durch einen dicken Kautschukschlauch C wird die Bürette B mit
dem Quecksilberbehälter R verbunden, der etwa 60 bis 70
g Quecksilber fasst und durch die Klammer c gehalten
wird. Der ganze Apparat steht in einem kleinen Gehäuse. Die beiden Flaschen F und F1 endlich befinden sich, um sie möglichst auf
gleicher Temperatur zu halten, in einer Hülse von dichtem Flittergold, die leicht
abnehmbar ist.
Textabbildung Bd. 288, S. 43
Fig. 1.Müller's Gasvolumeter.
Nimmt man nun an, dass man das Gasvolumeter eineNacht in einem Zimmer gelassen
habe, dessen Temperatur sich langsam ändert, nachdem man vorher die Hähne r und r1 geöffnet und das Quecksilber auf den Nullpunkt der
Scala gestellt hat, so schliesst man die genannten Hähne und hat somit Luft von der
Temperatur t und dem Drucke H in den Apparat eingeschlossen, deren Volumeinheit bei 0° und 760 mm
Druck gleich ist:
c=\frac{H}{760\,.\,(1+\alpha\,t)} oder c_1=\frac{H-f}{760\,.\,(1+\alpha\,t)}
(f = Tension des Wasserdampfes bei t;
α = Ausdehnungscoefficient)
je nachdem die Wände des Apparates trocken oder feucht
sind.
Bevor man nun in der Flasche F das Gas zur Entwickelung
bringt, werden beide Hähne r und r1 geschlossen und dann
das Gas entwickelt. Sobald letzteres geschehen ist, stellt man den
Quecksilberbehälter in den unteren Einschnitt c1, öffnet langsam den Hahn r, lockert darauf die Schraube v und bringt
das Wasser des Manometers in beiden Schenkeln auf gleiche Höhe. Alsdann schüttelt
man die Reactionsflasche F kräftig mit Hilfe einer
Holzzange und überlässt den Apparat zum Temperaturausgleich einige Stunden sich
selbst. Endlich öffnet man den Hahn r1, bringt mit Hilfe des Niveaugefässes das Wasser
des Manometers in beiden Schenkeln abermals auf gleiche Höhe und liest das Volumen
des entwickelten Gases ab. Durch Multiplication der abgelesenen Zahl mit der
Constanten c oder c1, je nachdem das Gas feucht oder trocken ist,
erhält man das Volumen des Gases unter normalen Verhältnissen; oder soll das Gas dem
Gewichte nach ermittelt werden, durch Multiplication des Gewichtes eines
Cubikcentimeters des betreffenden Gases mit c oder c1.
Soll der Apparat zu einer neuen Bestimmung gebraucht werden, so muss natürlich das
Wasser des Manometers in beiden Schenkeln auf gleiche Höhe gebracht werden; man muss
zu diesem Zweck durch b etwas Luft absaugen oder durch
eine Kautschukbirne solche einpressen. (Nach Bulletin de la
Société Chimique de Paris, 1892 Bd. 7 S. 507.)
Apparat zur Gewinnung der in Wasser absorbirten Gase.
Obwohl die Verfahren von Bunsen, Jacobsen, Dittmar und
Pettersson zur Bestimmung der in Wasser gelösten
Gase genaue Resultate ergeben, so sind sie doch etwas umständlich, mit Ausnahme der
Methode von Pettersson, und gestatten nicht, das Wasser
in den Auskochkolben zu bringen, ohne dass es mit der atmosphärischen Luft in
Berührung tritt. Letzteren Umstand vermeidet Hoppe-Seyler, indem er einen Apparat construirte, der, zunächst nur für
Wasseruntersuchungen bestimmt, es gestattet, mit Wasser gefüllt zu werden, ohne dass
dasselbe mit der Luft in Berührung kommt, sowie in Verbindung mit einer
Quecksilberpumpe die Entgasung durch Auskochen möglichst vollständig zu
erreichen.
Der in Fig. 2 dargestellte Apparat besteht im
Wesentlichen aus der Röhre A, welche zur Entgasung des
Wassers dient, der Quecksilbersaugevorrichtung DE, dem
Messrohre G und den Rohren C und C1.
Die Röhre A, welche einen Inhalt von 250 bis 500 cc
besitzen soll, ist an beiden Enden in engere, 5 mm weite Rohransätze ausgezogen und
durch Stücke von Kautschukschlauch mit 5 bis 7 mm Wandstärke oben und unten an die
Röhren B und C1 angefügt. Soll die Röhre A mit dem
zu untersuchenden Wasser gefüllt werden, so wird sie senkrecht gestellt, während sie
oben offen und mit Schlauchansatz und Klemme versehen ist, unten aber mit C1 und C in Verbindung steht. Rohr C wird mit Quecksilber gefüllt und so hoch gestellt, dass A von unten her sich mit Quecksilber füllt. Die Klemmen
a und b werden nun
geschlossen, C gesenkt und A oben mit dem Gefäss, aus dem das Wasser entnommen werden soll, mittels
Kautschukschlauch und Glashahn in Verbindung gebracht, in der Weise, dass man erst
etwas Wasser ausfliessen lässt, um Gasblasen völlig zu vermeiden. Oeffnet man jetzt
die Klemme b und darauf vorsichtig die Klemme a, so fliesst das Quecksilber nach C ab und A füllt sich mit
Wasser. Sobald dies geschehen, werden a und b geschlossen, die Röhren A,
C und C1 so
gestellt, wie es in der Figur ersichtlich, und das Röhrchen B an A angefügt.
Textabbildung Bd. 288, S. 44
Fig. 2.Apparat zur Gewinnung der im Wasser absorbirten Gase.
Die Röhren D und E, unten
durch einen meterlangen Kautschukschlauch verbunden, sind die eine ganz, die andere
etwa halb mit Quecksilber gefüllt. D endigt oben in ein
im Glase starkes, aber enges, ⊤-förmiges Ansatzstück mit den sorgfältig gearbeiteten
Hähnen c und d. Das
Ansatzrohr e führt beim Aufnehmen von E und Oeffnen des Hahnes d
unter Austreiben der Luft Quecksilber aus D hinüber zu
der theilweise mit Quecksilber gefüllten Wanne F;
umgekehrt kann man auch durch Senken von E Quecksilber
aus F nach E
zurückfliessen lassen.
Bevor die Entgasung vorgenommen werden kann, muss die Luft aus B vertrieben werden. Man erreicht dies, indem man bei
geschlossenen Hähnen c und d das Rohr E stark senkt und Hahn c öffnet, wodurch die Luft grösstentheils aus B nach D hinübergeht. Man
schliesst nun c, öffnet d
und erhebt E, so dass die Luft durch d und e entweicht. Jetzt
wird d wieder geschlossen und c geöffnet; B füllt sich zum grössten Theil
mit Quecksilber, während E rasch gesenkt wird; es geht
wieder Luft nach D über, die man, wie soeben
beschrieben, wieder durch d und e entfernt u.s.f., bis B vollständig mit
Quecksilber gefüllt ist; bis ferner bei geschlossenen Hähnen c und d und vorsichtigem Erheben von E unter d kein
Luftbläschen mehr zu sehen ist und das Quecksilber hart anschlägt.
Es wird nun das Absorptionsrohr G über das umgebogene
Ende von e gestellt und die Entgasung desWassers
in A begonnen. Es werden hierzu zunächst die Klemmen
a und b geöffnet, so
dass das Quecksilber aus B nach A abfliesst und von Wasser ersetzt wird; auch die nicht bezeichnete Klemme
zwischen C und C1 soll offen sein. Das Wasser in A und B wird zum lebhaften
Sieden erhitzt, so dass die entwickelten Gase in B sich
sammeln. Bei starkem Sieden treibt der Wasserdampf das Wasser rückwärts theilweise
in das Rohr C1. Steht
das Quecksilberniveau in C ungefähr 5 bis 10 cc tiefer
als in C1 so siedet das
Wasser unter geringerem Druck als in der äusseren Atmosphäre, und den beim Sieden
des Wassers sich stossweise entwickelnden Wasserdämpfen wird ohne anderes Hinderniss
als die Trägheit der Quecksilbermasse Raum gegeben.
Um die ganze Wassermasse im Sieden zu erhalten, muss auch B und C durch den mit der Hand hin und her
geführten Brenner erhitzt werden. Nach etwa 5 Minuten wird b geschlossen – in B darf natürlich kein
Wasser sein – und E tief gesenkt, um in D ein genügendes Vacuum zu erzeugen, c geöffnet, um die Gase nach D übertreten zu lassen, worauf c wieder
geschlossen, d dagegen geöffnet wird, und treibt das
Gas durch Heben von E vorsichtig in das vollständig mit
Quecksilber gefüllte, in F umgestülpte graduirte
Absorptionsrohr G. Hahn d
wird dann sofort wieder geschlossen, E gesenkt, c geöffnet u.s.f., bis man, wie vorher die Luft verjagt
wurde, alles Gas aus B in das Absorptionsrohr G übergeführt hat.
Enthält das Wasser nur Gase, wie Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff, Methan, so
genügt ein 6- bis 10maliges Auskochen, um sämmtliches Gas auszutreiben und um nach
dem Messrohre überzuleiten, während Kohlensäure, namentlich die halbgebundene, fast
unmöglich völlig verdrängt werden kann, wie bereits von Jacobsen eingehend darauf hingewiesen wurde.
Die Entgasung von 400 bis 500 cc Wasser nimmt je nach den Verhältnissen ¾ bis 1½
Stunde in Anspruch. (Nach Zeitschrift für analytische
Chemie, 1892 Bd. 31 S. 367.)
Extractionsapparat zum Extrahiren von Flüssigkeiten und
breiigen Substanzen.
Der von Alfred SmethamThe Analyst, 1892
Bd. 17 S. 44. angegebene Fettextractionsapparat für Flüssigkeiten
wurde von Holde in eine etwas weniger zerbrechliche
Form umgeändert.
Textabbildung Bd. 288, S. 44
Fig. 3.Extractionsapparat zum Extrahiren von Flüssigkeiten und breiigen
Substanzen.
Der in nebenstehender Figur 3 abgebildete Apparat
gestattet die Extraction von Substanzen beliebiger Art. Der Gang der Extraction ist
aus der Figur leicht ersichtlich. Die Dämpfe des im Kolben A befindlichen Extractionsmittels, Aether, Benzol u.s.w., steigen durch
das Röhrchen c in den Extractionscylinder B und aus diesem in den Kühler C, wo sie sich verdichten. Die verdichtete Flüssigkeit tropft auf das
Trichterrohr b und gelangt dann auf den Boden von B, geht durch die zu extrahirende Substanz und hebert
schliesslich durch das Röhrchen a in den Kolben A zurück. Das Aufhören der Schlierenbildung in der
ätherischen Lösung gibt einen Anhalt für das Ende der Extraction. Der Inhalt des
Cylinders beträgt 150 bis 500 cc. Der lichte Durchmesser des Heberröhrchens darf nur
etwa 2 mm betragen. Das Aufsteigerohr c und das
Trichterrohr b dagegen können 6 bis 8 mm lichte Weite
besitzen. Die Röhren im Apparat können so angeordnet werden, dass Gefässe oder
Filter mit zu extrahirenden festen Substanzen in den Extractionscylinder gestellt
werden können. Selbstverständlich muss die zu extrahirende Substanz genügend weit
unterhalb der Mündung des Heberrohrs bleiben, um nicht übergerissen zu werden. (Nach
Mittheilungen der königl. technischen
Versuchsanstalten, 1892 S. 131.)
Dichtigkeitsmesser für Flüssigkeiten.
Dr. Hermann Volquartz in Heilbronn construirte einen
Dichtigkeitsmesser, welcher das Volumgewicht von Flüssigkeiten auf einer
feststehenden Scala bei ungleichen Flüssigkeitshöhen selbsthätig anzeigt.
Textabbildung Bd. 288, S. 45
Neue Formen der Messgeräthe und Fehlerbüretten.
Zwei Schwimmer aus Holz (Glas, Metall u.a.) sind so mit einander verbunden, dass der
eine der Schwimmer beständig auf der Oberfläche schwimmt, während der andere, durch
ein Gewicht beschwert, je nach seinem Einsinken das Volumgewicht der Flüssigkeit
angibt.
Die Niveauschwankungen werden von beiden Schwimmern in gleicher Weise durch
Zahnstangen, Zahnräder und Wellen auf einen Zeiger nebst Scala übergeführt. Tritt
durch Kochen oder aus irgend einem anderen Grund eine Aenderung in der Dichtigkeit
ein, so macht sich dies durch ein Ausschlagen des Zeigers bemerkbar. In kochender
oder wallender Flüssigkeit versieht man beide Schwimmer mit einer Führung.
Bei gleichbleibender Höhe der Flüssigkeitsoberfläche sind die beiden Schwimmer
beschwert und so angeordnet,dass sie neben einander unter der Oberfläche der
Flüssigkeit schwimmen. Der eine Schwimmer befindet sich innerhalb der zu
untersuchenden Lösung, während der zweite in einem mit der reinen Lösungsflüssigkeit
gefüllten Gefäss schwimmt, welches geschlossen innerhalb der zu untersuchenden
Lösung angebracht ist. Bei steigender oder sinkender Temperatur drehen sich in
diesem Falle sowohl Scala als auch Zeiger in gleichem Sinne; die Aenderung in der
Concentration der Lösung jedoch wird durch den Zeiger allein zum Ausdruck gebracht.
(D. R. P. Kl. 42 Nr. 64514 vom 25. Juni 1891.)
Neue Formen der Messgeräthe und Fehlerbüretten.
Obwohl die bequemste und im nicht aichpflichtigen Verkehr auch gebräuchlichste Form
für die Controle anderer Gefässe der Cylinder darbietet, so leidet dieser
aichtechnisch doch an dem Mangel, dass für die verschiedenen Eintheilungsmarken die
gleiche Genauigkeit nur selten, nämlich nur dann erreicht werden kann, wenn die
Anforderungen an die Richtigkeit der Eintheilung entsprechend der Steigerung der
Füllungsgrössen vermindert werden. Dies tritt besonders auffällig hervor bei den
Cylinderformen, welche zur polizeilichen Controle der Schankgefässe dienen (nach dem
Reichsgesetz vom 20. Juli 1881). Die Praxis hat zwar versucht, durch Einführung
eines Satzes von Controlgefässen allen Anforderungen gerecht zu werden, allein,
abgesehen von der unbequemen Vermehrung der Stücke, gelang dies doch nicht
vollkommen. Den Anforderungen, welche die Aichtechnik an die Form eines Messgefässes
stellt, kann nur diejenige gerecht werden, welche vermöge einer allmählichen
Steigerung des Durchmessers bei jeder Eintheilungsstelle den zulässigen Fehler durch
einen gleich grossen Abstand zwischen Eintheilungsstrich und Fehlerstrich anzugeben
gestattet. Diese Gefässform kann rechnerisch bestimmt werden. Die nebenstehende Figur 4 stellt z.B. in ¼
der wirklichen Grösse die Form eines, der gedachten Anforderung genügenden
Messgefässes für einen Raumgehalt von 1 l mit einem zulässigen Fehler von 1/30 des
Sollinhalts, also in einer auch für die polizeilichen Zwecke brauchbaren Gestalt
dar.
Die Höhe dieses Gefässes beträgt bei 1 l Raumgehalt 308,4 mm bei einem oberen
Durchmesser von 97,2 mm; der Abstand der Fehlermarke von der Raumgehaltsangabe ist
überall 4,5 mm.
Auch bei den jetzt üblichen Fehlerbüretten zur Prüfung der Flüssigkeitsmaasse ist die
günstige Form, d.h. diejenige; bei welcher der Fehler der einzelnen Maassgrössen
stets denselben Bruchtheil des Sollinhaltes beträgt, nicht genügend berücksichtigt.
Die Cylinderform bedingt für die kleinsten Maassgrössen eine überaus enge Theilung,
welche noch dadurch undeutlicher wird, dass sich die Fehlermarken mit der
durchgehenden Theilung in Cubikcentimeter und Bruchtheile des Cubikcentimeters
vermischen. Diese Uebelstände werden erheblich herabgemindert dadurch, dass man den
Theil für die kleinsten Maassgrössen verlängert, ihm also einen engeren Querschnitt
gibt auf Kosten des Restes. In der nebenstehenden Figur 5 ist die neue
Bürette für die Aichfehlerbeträge in ¼ der wirklichen Grösse dargestellt. Die
Bürette für die Verkehrsfehlerbeträge ist ganz ebenso eingerichtet und von gleicher
Länge, hat aber natürlich grössere Querschnitte. Der untere, engere Rohrabschnitt
enthält die Fehlerinarken für 0,01 l bis 1 l in einer Länge von etwa 100 mm, der
weitere diejenigen für 2 l bis 10 l in einer Länge von etwa 135 mm, ausserdem
befindet sich noch darüber die bisher fehlende Fehlermarke für 20 l. Um auch dieses
weitere Rohr möglichst eng und doch kurz genug zu halten, ist es oberhalb der Marke
für 10 l kugelig aufgeblasen. Die Bürette enthält auch die Eintheilung in
Cubikcentimeter und Bruchtheile (0,5 bezieh. 0,2) des Cubikcentimeters; in der
Abbildung ist dieselbe, um die Deutlichkeit nicht zu stören, fortgelassen.
Die Normalaichungscommission führt diese neuen Büretten für ihr Magazin ein. Der
bisher übliche Schwimmer kommt des wechselnden Querschnittes wegen in Wegfall, zumal
er bei der gesteigerten Empfindlichkeit auch keine Vortheile mehr bietet. Dagegen
wird auf Wunsch das Stativ mit einem der Bürette parallel laufenden
Spiegelglasstreifen zum genauen Ablesen, sowie ein Pendel nach Zeichnung
geliefert.
Auch die im Magazin der Commission geführten Fehlergläser für Hohlmaasse für trockene
Gegenstände haben eine Veränderung ihrer Form erfahren. Die Fehlermarken bis
einschliesslich für 10 l aufwärts sind auf das eine Fehlerglas gebracht (anstatt wie
bisher bis einschliesslich für 2 l), diejenigen für 20 l bis zu 1 hl auf das andere.
Das erste Fehlerglas hat eine nach unten konisch zulaufende Form erhalten, derart,
dass der Querschnitt bei der obersten (10 l) Marke etwa 5 qc, bei der untersten (1 l
bezieh. 0,5 l) etwa 1 qc beträgt. Die Spitze ist, um das Festhalten von Flüssigkeit
in ihr zu verhindern, etwas kugelförmig ausgeblasen. Das zweite Fehlerglas ist
cylindrisch geblieben, wird jedoch mit etwas engerem Querschnitt (Durchmesser etwa 4
cm) als bisher hergestellt. (Nach Mittheilungen der kaiserl.
Normalaichungscommission, 1892 S. 118 und 237.)
Neues Farbenmaass für natürliche Wässer.
Um die Färbung eines Wassers zahlenmässig anzugeben, bedient man sich des
colorimetrischen Vergleichs mit der Färbung, welche in destillirtem Wasser auf
Zusatz von Nessler'schem Reagens und bestimmten Mengen
Ammoniak hervorgerufen wird. Aber diese Vergleichsfärbung leidet an so vielen
Uebelständen, dass Allen Haren als
Vergleichsflüssigkeit Wasser in Vorschlag bringt, das mit saurer Platinchloridlösung
und Kobaltchlorür versetzt ist. Als Maass der Färbung dient der Platingehalt der
Lösung, welche man zusetzen muss, um gleiche Färbung zu erhalten. Nach Vorschlag des
Verfassers wird der Platingehalt durch die Theile Platin in 10000 Theilen
destillirten Wassers ausgedrückt.
Zur Herstellung der Ausgangslösung löst man 1,246 g Kaliumplatinchlorid mit einem
Gehalt von 0,5 g Platin und 1 g krystallisirtes eisenfreies Kobaltchlorür mit 0,25 g
Kobalt unter Zusatz von 100 cc Salzsäure in Wasser und füllt zu einem Liter auf.
Diese Lösung, welche sich unverändert hält, hat den Werth 5 und dient zur
Herstellung von Lösungen mit den Färbungswerthen 0,1, 0,2, 0,3 u.s.f., indem man 1,
2, 3 u.s.w. cc mit 50 cc Wasser vermischt. Die angegebene Menge des Kobalts genügt,
um eine Färbung hervorzurufen, die der der meisten natürlichen Wässer gleich ist; in
besonderen Fällen kann man die Färbung durch Zusatz von mehr Kobaltchlorür
verändern. Die angestellten Versuche ergaben, dass die Färbungen den Platingehalten
genau proportional sind. Es wurden aus einem stark gefärbten Wasser
Mischungenmit wechselnden Mengen reinem Wasser hergestellt und die
colorimetrisch gefundenen mit den berechneten Färbungen verglichen. Es zeigte sich
immer eine sehr gute Uebereinstimmung beim Vergleich mit der Platinscala, eine
schlechtere beim Vergleich mit der aus Nessler'scher
Lösung und Ammoniak bereiteten Scala. Bei der aufgestellten Maasseinheit stimmen die
Zahlen der Platinscala ziemlich genau mit denen der üblichen Ammoniakscala überein.
(Nach American Chem. Journal, Bd. 14 S. 300, durch Chemisches Centralblatt, 1892 Bd. 2 S. 542.)
Einfluss der Temperatur auf die Härtebestimmung des Wassers
mittels Seifenlösung.
In einer kurzen Notiz macht Georg Buchner darauf
aufmerksam, dass die Temperatur einen Einfluss ausübt auf die Beschaffenheit des
Seifenschaumes, welcher bei der Härtebestimmung des Wassers mittels Seifenlösung
entsteht. Der dichte Schaum, welcher nach Ausfällung der Kalk- und Magnesiasalze
sich bildet, bleibt nur bei einer Temperatur von 15° etwa fünf Minuten stehen. Ist
das Wasser wärmer als 15°, so bleibt selbst bei grossem Ueberschuss von Seifenlösung
der Schaum nicht fünf Minuten constant, ein Umstand, der leicht zu Täuschungen
veranlasst und übereinstimmende Resultate bei nicht genauer Einhaltung der
Temperatur unmöglich macht. (Nach Chemiker-Zeitung,
1892 Bd. 16 S. 1954.)
Einfluss des Schwefels des Steinkohlengases auf
Schwefelbestimmungen.
Die von LiebenD. p. J. 1893 287
47. wieder aufgestellte Behauptung, dass der im Leuchtgas
enthaltene Schwefel beim Verbrennen einen störenden Einfluss auf die Richtigkeit der
Schwefelbestimmungen ausübt, gab Veranlassung zu neuen Versuchen behufs Bestätigung
dieser Thatsache. So berichtet van Leeuven über die
Bestimmung des Schwefels in gebrauchter Gasreinigungsmasse durch Schmelzen der
letzteren mit dem Böckmann'schen Gemenge (1 Th.
Kaliumchlorat und 6 Th. Natriumcarbonat).
0,5 bis 0,6 Gasreinigungsmasse mit 35 g des Böckmann'schen Gemisches 2½ Stunden über dem Bunsenbrenner erhitzt, ergaben
bei drei Versuchen einen Gehalt von 49,34 Proc., 48,55 Proc. und 47,98 Proc.
Schwefel; im Mittel also 48,63 Proc. Als Verfasser dann zweimal je 35 g des
Gemisches für sich schmolz, konnte er 2,4 und 3,3 Proc. Schwefel nachweisen.
Da das benutzte Gas Bleiacetatpapier nicht schwärzte, so schmolz Verfasser
gleichzeitig zweimal je 35 g des Böckmann'schen
Gemisches und zwar so, dass er das eine Mal das zur Verwendung kommende Gas über
Bimstein leitete, welcher mit alkoholischer Aetzkalilauge getränkt war, das andere
Mal das Gas direct benutzte. Im ersteren Falle fand er nur 0,1 Proc. Schwefel, im
letzteren dagegen 4 Proc. Verfasser führte alsdann wieder drei Schwefelbestimmungen
derselben gebrauchten Gasreinigungsmasse aus, wobei er mit dem durch alkoholische
Kalilösung gereinigten Gase erhitzte, und ermittelte nun 46,97 Proc., 46,26 und
46,29 Proc., im Mittel 46,50 Proc. Schwefel gegen 48,63 Proc. beim Erhitzen mit
ungereinigtem Gase.
Es eignen sich daher zu derartigen Schwefelbestimmungen, wie Verfasser sich
überzeugte; ganz gut die neuen Barthel'schen Benzin-
oder Spiritusbrenner. (Nach Rec. des trav. chim. des
Pays-Bas, 1892 Bd. 11 S. 103, durch Chemiker-Zeitung, Repertorium, 1892 Bd. 16 S. 276.
Bildung von Schwefelsäure und Ammoniumsulfat durch brennendes
Steinkohlengas.
Gegenüber der Annahme Lieben's und anderer, dass beim
Verbrennen des Steinkohlengases freie Schwefelsäure in die atmosphärische Luft
gelange, führt E. Priwoznik den Beweis, dass freie
Schwefelsäure brennende Steinkohlengasflammen nicht verlässt, sondern vielmehr als
Ammoniumsulfat in den Verbrennungsproducten des Steinkohlengases enthalten ist. Der
weisse Beschlag, welcher sich an den mit Steinkohlengas erhitzten Wasserbädern bei
längerem Gebrauch bildet, sowie der weisse Rand der Röhre viel gebrauchter
Bunsenbrenner bestehen der Hauptsache nach aus Ammoniumsulfat. Verfasser zeigt an
Versuchen, dass die Bildung der freien concentrirten Schwefelsäure, wie sie häufig
bei Anwendung von Platinschalen beobachtet worden ist, von der Natur des Materials
abhängt. Da bekanntlich alle festen Körper an ihrer Oberfläche Gase und Dämpfe
verdichten, so erklärt sich die Bildung der Schwefelsäure höchst wahrscheinlich wie
folgt: Beim Verbrennen der schwefelhaltigen Bestandtheile des Steinkohlengases
bildet sich schweflige Säure, welche mit dem entsprechenden verdichteten
Luftsauerstoff, bei Gegenwart von Wasserdampf, der gleichfalls beim Verbrennen des
Leuchtgases in grosser Menge entsteht, zu Schwefelsäure oxydirt wird. Durch
folgenden Versuch lässt sich diese Bildungsweise direct nachweisen: Man erhitzt eine
gut gereinigte, grössere Platinschale über einer Weingeistflamme bis zur beginnenden
Rothglut und stürzt dieselbe sofort über eine etwas kleinere Porzellanschale, welche
eine Lösung schwefliger Säure enthält, aus der letztere langsam entweicht. Innerhalb
der kurzen Zeit, in der die Platinschale erkaltet, findet an ihrer Oberfläche durch
Verdichtung von Sauerstoff und schwefliger Säure die Bildung von Schwefelsäure
statt, die man mit Wasser abspülen und auf gewöhnliche Weise nachweisen kann.
Benutzt man statt der Weingeistflamme bei dem besprochenen Versuche eine Gasflamme,
so bildet sich ebenfalls Schwefelsäure, auch wenn die Schale den Dämpfen schwefliger
Säure nicht ausgesetzt wurde. (Nach Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft, 1892 Bd. 25 S. 2676.)
Bestimmung der Stärke und Einwirkung verdünnter Säuren auf
Cellulose.
Die Bestimmung der Stärke geschieht entweder direct oder indirect durch Verzuckerung
und Polarisiren der entstandenen Zuckerlösung. Da die bestehenden Methoden der
Verzuckerung alle mehr oder weniger zu wünschen übrig lassen, so untersuchte M. Guichard die Einwirkung verschiedener Säuren auf
Stärke und fand, dass sich zu diesem Zwecke eine Salpetersäure von 36° am besten
eignet, wenn man dieselbe mit 10 Th. Wasser verdünnt. Erhitzt man eine stärkehaltige
Substanz mit derartiger Salpetersäure 1 Stunde am Rückflusskühler, so ist die
Verzuckerung eine vollständige. Die Lösung besitzt eine schwach strohgelbe Farbe und
ist daher zur Polarisation wohl geeignet, während Salzsäure eine braunviolette,
wenig günstige Farbe erzeugt. – Thierkohle entfärbt diese Lösungen.
Zu einer Bestimmung wendet Verfasser 4, 5 oder 15 gstärkehaltige Substanz an und
100 cc der erwähnten Salpetersäure. Die erhaltenen Zahlen stimmen gut überein mit
denen, welche die Verzuckerung mit Salzsäure liefert. Es erschien nun von Interesse,
den Einfluss stickstoffhaltiger Substanz und der Cellulose auf die Methode zu
prüfen. Die stickstoffhaltige Substanz verwandelte sich in eine gelbe, in Wasser
wenig lösliche Masse. Die gelbliche Lösung, welche durch Thierkohle leicht entfärbt
wird, dreht die Polarisationsebene nach links.
Da aus Cellulose durch Behandlung mit Säuren ebenfalls Zuckerarten sich bilden,
welche auf das polarisirte Licht wirken, so muss bei der Bestimmung der Stärke
cellulose- und stickstoffhaltiger Substanzen eine Correctur angebracht werden. Für
Schwefelsäure ist eine solche von Delbrück
festgestellt. Auch Verfasser ermittelte einige Correcturen für cellulosehaltige
Substanzen, obwohl er ersteren keinen besonderen Werth beilegt.
Die Methode, welche Verfasser anwandte, ist kurz die folgende: 10 g Mehl wurden mit
Diastase verzuckert, der Rückstand wurde ausgewaschen und dann, wie angegeben, mit
Salpetersäure behandelt und die erhaltene Flüssigkeit polarisirt.
Um die Lösung der Cellulose zu vermeiden, hat man vorgeschlagen, das Mehl so lange
mit der sauren Lösung kochen zu lassen, bis keine Jodreaction mehr auftritt, dann zu
filtriren und am Rückflusskühler zu verzuckern. Dieser Vorschlag ist durchführbar
und Verfasser arbeitet nach folgendem, sehr kurzem Gang: Man lässt die Substanz am
Rückflusskühler mit einer gesättigten Oxalsäurelösung eine Viertelstunde kochen und
fügt nach dem Erkalten 10 cc Salpetersäure hinzu. Von der Flüssigkeit, die schnell
filtrirt, nimmt man eine genügende Menge und verzuckert, indem man eine Stunde
kochen lässt.
Die Flüssigkeit enthält nach dem Kochen mit Oxalsäure lösliche Stärke, Dextrin und
etwas Glucose. Der ausgewaschene Rückstand ist frei von Stärke und kann, um die
unlöslichen Bestandtheile zu bestimmen, gewogen werden.
Behandelt man eine Cellulose mit siedender, verdünnter Salpetersäure, so erhält man
eine Flüssigkeit, die je nach ihrem Gehalt an stickstoffhaltiger Substanz mehr oder
minder gelb gefärbt ist. Dieselbe reducirt Fehling'sche
Lösung und verursacht je nach der Art der Cellulose eine verschiedene Ablenkung im
Polarimeter. Lässt man die Salpetersäure längere Zeit und wiederholt in der
Siedehitze einwirken, so wird die Ablenkung immer geringer, Fehling'sche Lösung wird kaum mehr reducirt und die anfangs gelbliche
Cellulose wird allmählich weiss, während sich gleichzeitig eine Stickstoffverbindung
bildet.
Die verzuckernde Wirkung hört also in einem bestimmten Augenblick auf, ein Umstand,
der benutzt werden kann, um die in der Cellulose enthaltene verzuckerbare Substanz
zu bestimmen.
Der erhaltene Rückstand enthält ausser der entstandenen Nitroverbindung
Hydrocellulose. Dieselbe nimmt keine Farbstoffe an und unterscheidet sich dadurch
von der Oxycellulose. An der Luft ist die Hydrocellulose beständig.
Salzsäure wirkt in gleicher Weise auf Cellulose wie Salpetersäure; doch ist ihre
Anwendung vielleicht weniger vortheilhaft. (Nach Bulletin de
la Société chimique de Paris, 1892 Bd. 7 S. 554.)
(Fortsetzung folgt.)