Titel: | Ueber die Fortschritte der chemischen Technologie der Gespinnstfasern im Winter 1892/93. |
Autor: | Otto N. Witt , Christoph Schmidt |
Fundstelle: | Band 288, Jahrgang 1893, S. 284 |
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Ueber die Fortschritte der chemischen Technologie
der Gespinnstfasern im Winter 1892/93.
Von Otto N. Witt und
Christoph Schmidt.
Ueber die Fortschritte der chemischen Technologie der
Gespinnstfasern im Winter 1892/93.
Wir berichten diesmal über einen kürzeren Zeitraum., Seit unserem letzten Rückblick
sind wieder eine ganze Anzahl interessanter Neuerungen zu erörtern.
Ueber die Faserstoffe selbst ist nicht viel mitzutheilen. Die grossen Hoffnungen, die
man auf eine allgemeinere Verwerthung der Ramiefaser setzt, ziehen in den besonders
interessirten Ländern, das ist in Frankreich; dann auch in Amerika, fortgesetzt eine
Summe von Intelligenz und Arbeitskraft zur Lösung der Ramiefrage heran. Noch können
wir über befriedigende Ergebnisse nicht berichten.
Wie die Leipziger Monatsschrift mittheilt, ist das
Etablissement der 1891 gegründeten Gesellschaft zur Fabrikation der Chardonnet'schen künstlichen Seide (in Près de Vaux bei
Besançon) soweit eingerichtet, dass das neue Product in kürzester Zeit auf dem Markt
erscheinen könne.
Ein Consortium in Augsburg will es wieder einmal mit der heimischen Brennesselfaser
versuchen.
Es mag hier erwähnt werden, dass in neuerer Zeit das alte Problem, echte Seide in
Deutschland zu erzeugen, wieder aufgenommen und in der Fach- und Tagespresse mit
grossem Optimismus besprochen worden ist. Prof. Harz in
München hat die allen Schmetterlingssammlern wohl bekannte Thatsache, dass
Maulbeerspinner in Ermangelung von Maulbeerblättern zur Noth auch mit Salat,
Schwarzwurzeln u. dgl. vorlieb nehmen, weiter studirt und glaubt eine neue,
ausschliesslich auf Schwarzwurzelnahrung angewiesene Rasse von Bombyx mori gezüchtet
zu haben. Die Versuche sind im zoologischen Garten zu Dresden fortgesetzt worden und
alle Betheiligten halten dieselben für sehr aussichtsreich. Nach unserem Erachten
wird man indessen vorläufig noch gut thun, sich abwartend zu verhalten. Abgesehen
von der Thatsache, dass wenige Generationen noch nicht zur Aufstellung einer neuen
Rasse, oder, wenn eine solche vorliegt, jedenfalls nicht zum Urtheil über ihren
Werth berechtigen, wird man sich auch fragen müssen, ob bei uns gezogene
Schwarzwurzeln sich im Preise wirklich billiger stellen, als das Laub der in den
üppigen Niederungen Italiens oder gar in dem milden Klima der ostasiatischen
Seidenproductionsländer gezogenen Maulbeerbäume. Diese Frage ist keine müssige, da
für die Production von 1 k Seide etwa 250 k Futterlaub erforderlich sind (s. Witt, Technologie der Gespinnstfasern, S. 47).
Auf ein neues Flachsröstverfahren nahmen Jean, Donner,
Romain und de Swarte ein französisches Patent.
Das Verfahren soll nur 5 bis 6 Tage beanspruchen. In einem hermetisch verschlossenen
Gefäss wird zwischen zwei Gitterböden der Flachs eingepresst mit Wasser von 40 bis
50° behandelt, dessen gründliches Eindringen durch Auspumpen mit der Luftpumpe
ermöglicht wird.
Die Luftpumpe nimmt man in der Bleicherei Duncan Steward
in Glasgow zu Hilfe, um ein gründliches Eindringen der Chlorflüssigkeit in das
Bleichgut zu befördern. Auch für die Färberei wird ein solches Verfahren in
Vorschlag gebracht. Der Vorschlag ist übrigens nicht neu.
Die Frage, ob Baumwolle, wenn sie in feuchtem Zustande gefriert, an Festigkeit
einbüsse, wurde durch einen einfachen Versuch von S.
Rothwell verneint. (Ref. in Färberzeitung,
December 1892 S. 75.)
Einer Untersuchung über das Carbonisiren von Schafwolle mit Chloraluminium und
Chlormagnesium von F. Breine und C. Hanofsky (Mittheilungen des
technologischen Gewerbemuseums Wien, 1892 S. 203) entnehmen wir folgende
werthvolle Daten. Eine rasche und vollständige Zerstörung der Baumwolle (und noch
leichter der anderweitigen vegetabilischen Substanzen) erfolgt nach Tränken der
Stoffe mit einer Chlormagnesiumlösung von 9° Beaumé im Carbonisirraume bei 140 bis
150°. Wolle wird unter diesen Bedingungen von Chlormagnesium gar nicht angegriffen,
welches letzteres sich in Berührung mit der Pflanzenfaser, diese zerstörend, in
Oxychlorid und freie Salzsäure zerlegt, die, gasförmig abgeleitet, quantitativ
nachgewiesen wurde. Säureempfindliche Färbungen der Wolle werden nicht
beeinträchtigt.
Eine Chloraluminiumlösung von 7° Beaumé genügt zur Carbonisation bei 120°. Ist die
Lösung, wie es für gefärbte Stoffe nothwendig, vollständig neutral (wie man sie
durch Versetzen von Alaunlösung mit Kochsalz erhalten kann), und hat man vor dem
Erhitzen gut getrocknet, so entwickelt Wolle damit keine Salzsäure, oder nur Spuren
derselben. Fallen im Trockenraum (condensirte) Wassertropfen auf das Zeug, was
sorgfältig zu verhüten ist, so entstehen Säureflecke.
Von A. Vastjukoff wird eine hübsche Untersuchung über
die Witz'sche Oxycellulose im Bull. Soc. Mulhouse, August-September 1892, veröffentlicht, die den
Gegenstand zwar keineswegs völlig klarstellt, wohl aber kritisch experimentirend die
Lösung des Problems näherrückt. Die Witz'sche
Oxycellulose entsteht durch Einwirkung von Chlorkalklösung (nicht unter 2° Bé.) auf
Cellulose und darauf folgendes Liegen an der Luft, durch Wirkung der Kohlensäure der
letzteren.
Der Verfasser wiederholt die analytische Untersuchung der Substanz, bestätigt, dass
sie in grösserer oder geringerer Menge neben unveränderter Cellulose vorhanden, und
dass sie den Reactionen nach sowohl von Girard's
Hydrocellulose, als auch von der Cross und Bevan'schen Oxycellulose verschieden ist. Eine gelbe
Verbindung, welche mit Phenylhydrazin entsteht, enthält viel zu wenig Stickstoff,
als dass sie ein Hydrazon oder Osazon, von der muthmaasslichen Formel der
Oxycellulose abgeleitet, sein könnte.
Der Hauptzweck dieser Versuche, die eigentliche Oxycellulose als Individuum zu
isoliren, ist trotz aller Mühe noch nicht gelungen.
Wie aus einer Untersuchung von G. Saget über
dasVerhalten der Oxycellulose beim Färben mit Tetrazofarbstoffen hervorgeht,
wirkt die Oxycellulose wie eine Art Reserve- oder Schutzbeize gegen die Aufnahme
dieser Farbstoffe. Wir haben hier ein neues Erkennungsmittel für Oxycellulose,
welches umgekehrt wie Methylenblau wirkt.
Auf weissem Gewebe erzeugte, unsichtbare Chlorkalkflecke werden durch letzteres auf
ungefärbtem Grunde blau hervorgehoben, ein Tetrazofarbstoff bringt dieselben auf
gefärbtem Grunde farblos oder schwach gefärbt zur Erscheinung. Das Reagens versagt
auch auf gefärbtem Gewebe, wie auf einem Alizarinroth, nicht. Ein langsam bei
niederer Temperatur erzeugtes Anilinschwarz lässt sich gut mit Diaminblau
übersetzen; war die Oxydation des Schwarz eine rasche und bei höherer Temperatur
vorgenommen, so ist der blaue Aufsatz nur schwach und verschwindet ganz beim Seifen.
(Ref. aus Monit. scientif., Färberzeitung, November
1892 S. 41.)
Seide kann mit Salpetersäure gelb gefärbt werden, eine Methode, die früher technisch
angewendet wurde.
L. Vignon und P. Lisley
haben die Einwirkung von Salpetersäure und Salpetrigsäure auf Seide näher studirt.
Zieht man die Faser in Salpetersäure von 1,133 spec. Gew. eine Minute lang bei 45°
um, so wird sie licht- und luftecht gefärbt. Reine Salpetersäure wirkt nicht so,
erst auf Zusatz von etwas Nitrit. Die gelbgefärbte Seide nimmt aus alkalischen
Lösungen Base auf; dabei werden die Färbungen dunkler. Ein unechtes Gelb erhält man
in angesäuerter Nitritlösung; dieses wird durch Salpetersäure in das echte Gelb
verwandelt. In saurer starker Zinnsalzlösung wird das Gelb gebleicht. (Romen's Journal, Januar
1893 S. 5.)
Neuere Versuche über die Fähigkeit des Kupfers, Färbungen lichtechter zu machen (vgl.
unseren vorigen Bericht), hat C. Schön (im Bull. Soc. de Mulhouse) veröffentlicht. Danach ist das
Ferrocyanid des Kupfers wirkungslos, während Oxyd, Sulfid, Sulfat, Acetat und
Chlorat denselben schützenden Einfluss üben, welcher wirklich eine die reducirenden
Eigenschaften der Lichtstrahlen compensirende Oxydationswirkung zu sein scheint, wie
sie J. J. Hummel vermuthet. Ein mit Salmiak versetztes
Kupfersalz, auf weisses Gewebe gedruckt und dem Lichte ausgesetzt, soll dasselbe in
Oxycellulose verwandeln (durch Methylenblau nachweisbar), während vorher gefärbtes
Gewebe unter denselben Bedingungen unverändert bleibe. In Abwesenheit von
Ammoniaksalzen ist die Bildung von Oxycellulose sehr gering. Vanadiumchlorid soll in
schwächerem Maasse eine ähnliche schützende Wirkung üben, wie die genannten
Kupferverbindungen, dagegen sollen Eisen, Mangan und Zinnsalze wirkungslos sein.
Es ist bekannt, dass Azofarbstoffe mit Bisulfit oder schwefliger Säure in anders
gefärbte Verbindungen übergehen können. Ebenso ist bekannt, dass der Wolle von der
Bleiche her hartnäckig schweflige Säure anhaftet. Welchen unangenehmen Einfluss beim
Dämpfen gefärbter Wollwaare solche nun frei werdende schweflige Säure durch
Fleckigmachen der Färbungen üben kann, wie man durch Ueberdecken mit
chloratgetränkten Tüchern und nochmaliges Dämpfen in den meisten Fällen die
ursprünglich reine Färbung wieder herstellen kann, bespricht F. Binder im Bull. de la Soc. ind. de
Mulhouse.
Derart beeinträchtigte Färbungen von Scharlach 2 R, 4 B, Ponceau K, Orange II und B
konnten auf dem angegebenen Wege vollständig wiederhergestellt werden; nicht
gelungen ist dies bei von schwefliger Säure angegriffenem Naphtolschwarz, bei diesem
complicirteren Azokörper hatte tiefergreifende Zersetzung platzgegriffen.
Das oben erwähnte Chloren der Wolle vor dem Färben oder Drucken, das immer
allgemeiner in Aufnahme kommt, bringt, neben seinen übrigen bekannten Vortheilen,
auch die Zerstörung der anhaftenden Schwefligsäure mit sich.
Eine wesentliche Verbesserung in der Blauholzextractfabrikation soll nach einem von
A. Foelsing zum Patent angemeldeten Verfahren auf
Entfernung der Harze und Pektinstoffe, Anwendung von fermentirtem Holz und
Eindampfen der Flotte in besonderen Apparaten unter besonderen Vorsichtsmaassregeln
bestehen. (Färberzeitung, Januar 1893 S. 122.)
In Oesterreiche's Wollen- und Leinenindustrie, 1892 S.
937, wird ein bewährtes Verfahren zur Wasserstoffsuperoxydbleiche für Wollmousseline
mitgetheilt, welches der Interessent dort einsehen möge. Die Kosten des Verfahrens,
die für diesen Artikel übrigens von untergeordneter Bedeutung sind, dürften sich
etwas höher stellen, als die einer Schwefel bleiche, es soll aber, im Gegensatz zu
dieser, grössere Sicherheit bieten.
Nach D. R. P. Nr. 66687 von Gutbier und Co. ist es
vortheilhaft, der Indigoküpe Salze zuzusetzen, z.B. 5 Proc. Kochsalz, und während
des Ausfärbens das specifische Gewicht der Küpe constant zu halten. Die Aufnahme des
Indigweiss durch die Faser soll durch solche Zusätze beschleunigt werden, was sehr
begreiflich ist.
In der Seidenstrangfärberei, wo oft nur geringe Mengen einer bestimmten Schattirung
verlangt werden, ist das Färben der Strähne mit der Hand noch allgemein üblich.
Dieses bringt manche Nachtheile mit sich, das Herausheben der Strähne und
Wiedereintauchen nach dem Herumdrehen ist eine verhältnissmässig langsame Operation.
Mechanischen Ersatz bietet nach der Leipziger
Färberzeitung, 1893 S. 110, Wardle's
Patent-Strangfärbemaschine, welche sich gut bewähren soll. Betreffs der Einzelheiten
sei auf die Originalabhandlung und Zeichnung verwiesen. Die Maschine ähnelt
äusserlich einigermaassen einer Drechselbank und hat auf jeder Längsseite eine Reihe
von Doppelspulen, die sich selbsthätig eine Zeitlang vorwärts, dann rückwärts
drehen. Die Farbkufen sind flacher als gewöhnlich, wodurch Farblösung gespart wird.
Der Gang ist leicht und ruhig, um ein Verspritzen der Farblösung zu vermeiden, die
Bedienung einfach.
Zur Herstellung melirter Garne verfuhr man bislang noch ziemlich allgemein in der
Weise, dass man verschieden gefärbten Kammzug im erforderlichen Mengenverhältniss
auf dem Gillbox mischte; für eine bestimmte blauweisse Mischung z.B. 60 Proc. blauen
Zug mit 40 Proc. weissem Zug. Eine genügende Gleichmässigkeit der Farbenmischung ist
auf diesem Wege nicht leicht zu erzielen, die aus solchen Garnen erzeugte Waare
zeigt oft kein einheitliches Bild, sie ist „blendig“, „flammirt“.
Weit bessere Resultate erhält man nach einem Verfahren, das schon länger bekannt,
aber jetzt erst allgemeineren Eingang gefunden hat, durch Bedrucken des Kammzugs mit
den zu mischenden Farben, und dann Passiren des Gillbox. Um bei obigem Beispiel zu
bleiben, würde man weissen Zug in der Weise blau bedrucken, dass auf 1½ cm blau 1 cm
weiss folgt. Durch nochengere Gravüre der Druck walze (im Verhältniss 3 zu 2)
kann man die Farben sich noch in kürzeren Zwischenräumen folgen lassen, das Resultat
verfeinern. Mechanische Einzelheiten des Verfahrens berichtet O. Ostersetzer in der Färberzeitung, October 1892.
Bis in die letzte Zeit hat man nur die auch sonst im Wolldruck bewährten wenig
walkechten Säurefarbstoffe für solche Garne verwandt und daraus nur leichte
Damenkleiderstoffe fabriziren können. Jetzt stellt man auch für bessere Tuche
walkechte Drucke her, es werden dafür verwendet Alizarinroth, -orange, -schwarz,
-gelb, ferner Anthracitschwarz, Anthracengelb, Diaminechtroth. Auch Congofarben,
denen, wie bereits früher berichtet; bemerkenswerthe Walkechtheit zukommt, dürften
sich für diesen Artikel eignen.
Wieder eine umfassende Arbeit über das Türkischrothöl veröffentlicht die Mülhauser industrielle Gesellschaft (von Paul Juillard, August-September 1892). Die Gesellschaft
betrachtet die lange Jahre aufgestellte Preisaufgabe nunmehr als gelöst und zieht
dieselbe zurück. Die interessanten Einzelheiten würden uns hier zu weit führen; für
die Praxis maassgebende, wesentlich neue Gesichtspunkte werden nicht eröffnet.
Das Alizarin wird bekanntlich in der Türkischrothfärberei in Form des freien, in
siedendem Wasser schwerlöslichen Dioxyanthrachinons verwendet. Im Handel erscheint
der Farbstoff als Paste, die durch Fällen der alkalischen Lösung erhalten ist, und
welche nicht eintrocknen darf, da die Substanz sonst ihre ohnehin geringe
Löslichkeit vollkommen einbüssen würde.
Versuche, das Alizarin in alkalischer Lösung zum Färben zu verwenden, hatten bis
jetzt wenig Erfolg. Ein vor drei Jahren von Erban und
Specht genommenes deutsches Patent (Nr. 54057), dessen Verwerthung die Höchster Farbwerke übernommen, empfiehlt, vorzüglich
die Ammoniaklösung des Alizarins zu benutzen. Versuche mit diesem Verfahren theilt
J. Mullerus in der Chemiker-Zeitung, 1893 Nr. 22, mit. Ein feuriges Roth lasse sich auf
diesem Wege nicht erzielen, wohl aber ein schönes und gleichmassiges Rosa, und
dieses sei auch der einzige Artikel, der bis heute nach dem Erban-Specht'schen Verfahren hergestellt werde.
Ein neues Verfahren, das dem gleichen Gedankengang wie das Erban und Specht'sche entsprungen, rührt von Schäffer (Lowell, Mass.) her. Derselbe verwandelt Alizarin mittels Borax
in ein lösliches Pulver. Dieses Präparat gibt angeblich die Farbe leichter an die
gebeizte Faser ab, als eine rein alkalische Lösung. Ferner soll man die Faser mit
der Lösung imprägniren und darauf in einem Beizbad den Farbstoff fixiren können und
auf diesem Wege bessere Resultate als mit den üblichen Verfahren erzielen. (D. Pat.
Anm. Sch. 7647.)
Ein von K. Oehler zum Patent angemeldetes
Anilinschwarzverfahren für Wolle, welches, nach H.
Schmid (Chemiker-Zeitung, 1893 Nr. 21), im
Wesentlichen eine Uebertragung des bekannten Prudhomme'schen Dampfschwarzverfahrens auf die vorher zu chlorende Wolle ist,
soll in England bereits im Grossen ausgeführt werden und gute Resultate geben.
Ein schönes Kohlschwarz auf Seide, wie es eine Specialität der Lyoner Färbereien ist,
wird nach L. Reinhardt durch ein nachträgliches Bläuen
der Schwarzfärbungen erreicht, nach Art des Bläuens weisser Wäsche behufs Entfernung ihres
gelblichen Tones. Eine Pigmentfarbe, wie das sogen. Pariserblau, auf der Kugelmühle
mit Wasser fein verrieben, wird dem Avivirbade zugesetzt (0,2 g auf 1 l Flotte); es
haftet so fest auf der Faser, dass es selbst durch kräftiges Spülen in warmem Wasser
nicht wieder vollständig zu entfernen ist.
Durch Nuanciren mit Säuregrün, Patentblau, Wasserblau, Indigocarmin u. dgl. soll
dieselbe Wirkung nicht zu erreichen sein, auch nicht durch Bildung des Pariserblau
auf der Faser. Eine Probe so erzeugten Schwarzes wird gegeben. (Färberzeitung, December 1893 S. 81.)
Ein Verfahren, Seide mit Alizarin echt schwarz zu färben, wurde den Höchster Farbwerken patentirt. Zuerst wird Berlinerblau
auf der Faser gebildet, dann im Catechu-Zinnsalzbad beschwert und darauf mit 15 bis
20 Proc. Seife und 20 bis 50 Proc. Alizarin ausgefärbt. Ausführliches entnehme man
der Leipziger Monatsschrift, 1892 S. 400 (auch D. R. P.
Nr. 66862).
In unserem letzten Bericht erwähnten wir eine Veröffentlichung von E. Odernheimer über die Herstellung von Goldpurpur auf
der Gewebefaser auf chemischem Wege. Derselbe Verfasser gibt jetzt (Färberzeitung, September 1892) ein Verfahren an,
Faserstoffe zu vergolden und zu versilbern. Das mit der Metallsalzlösung getränkte
Material wird noch feucht den Dämpfen von Phosphorwasserstoff ausgesetzt, eine
Reduction erfolgt im Augenblick, und das Metall erscheint in prachtvollem Glänze,
der leider beim Trocknen arg beeinträchtigt wird. Letzteres ist namentlich durch
Porosität und Unebenheit des Materials bedingt, Seide verhält sich noch am
günstigsten. Der Baumwolle gibt man durch Bedrucken mit Albumin erst die nöthige
Glätte. Nachträgliches Kalandern stellt den der feuchten Färbung eigenen Glanz
einigermaassen wieder her. Das Verfahren ist geschützt durch D. R. P. Nr. 63842. An
eine Verwendung desselben in grösserem Maasse ist kaum zu denken.
Das auf der Faser erzeugte Silber zeigt häufig Goldglanz, es scheint sich die von Carey-Lea entdeckte goldfarbene Modifikation des
Metalles zu bilden.
Ein nicht (von selbst) entzündlicher Phosphorwasserstoff wird bequem erhalten durch
Erwärmen von rothem Phosphor mit alkoholischem Kali.
Die Verwendung der Rosindulinsulfosäuren (Azocarmin) im Wollendruck scheiterte
anfangs an der Schwerlöslichkeit ihrer freien Farbsäuren. Weinsäure oder
Schwefelsäure scheidet den Farbstoff in der Druckmischung grobkrystallinisch aus und
macht eine gleichmässige Färbung speciell bei Mustern mit grösseren Flächen
unmöglich. Durch einen Zusatz von genügend Ammoniak die Sulfogruppe zu binden, lässt
sich der Uebelstand beheben, man kann so mittlere Töne und zahlreiche combinirte
Farben drucken, die sich nach dem Dämpfen rein und waschecht erweisen.
Eine weitere Verbesserung, die bei vollkommen gleichmässigem Druck auch Töne von
grösserer, beliebiger Tiefe herzustellen erlaubt, wurde von Kalle und Co. erreicht durch Zusatz von Tannin zur Druckfarbe. Der
Farbstoff bleibt dabei in Lösung oder seine Ausscheidung geschieht in genügend
feiner Vertheilung.
Die erforderlichen Tanninmengen sind für die verschiedenen Marken verschieden, ein
Viertel bis die Hälfte vom angewandten Farbstoff.
Auch Salze lassen sich der tanninhaltigen Druckfarbe beimischen und schöne
Aetzartikel erzielen. So gibt auf Sulfonazurin gefärbtem Wollengewebe eine Aetzfarbe
von 20 g Rosindulin G, 20 g Weinsäure, 100 g Zinnsalz und 600 g
Stärketraganthverdickung, auf 1 k Druckfarbe, an Stelle des vollkommen weggeätzten
Blau, feurig und kräftig die Nuance des Rosindulins. (G.
Ulrich, Mittheilungen des techn. Gewerbemuseums Wien, 1892 S. 292.)
Nach Mittheilung der Elberfelder Farbwerke (Leipziger Färberzeitung, 1893 S. 19) lässt sich
Diamantschwarz nur dann gut ätzen, wenn es nicht als Chromlack auf der Wolle fixirt,
sondern nur mit Glaubersalz ausgefärbt ist. Nach dem Aetzen kann durch Chromiren
(mit FluorchromDas Fluorchrom findet
wegen seiner offenbaren Vorzüge vor den Chromaten steigende Verwendung und
Beliebtheit in der Wollfärberei (vgl. auch D. p.
J. 1888 268 373 und 1890 275 169).) die Waschechtheit erhöht
werden. Die Aetzung geschieht durch Aufdrucken von Bisulfit und Zinkstaub mit einer
Verdickung und nachheriges Dämpfen. Für bunten Aetzdruck verwendet man Zinnsalz in
Verbindung mit solchen Farben, die letzteres nicht angreift, wie saure
Triphenylmethanfärben, Rhodamin, Azocarmin, Indigocarmin, Chinolingelb.
Ausführliche Angaben über die Fabrikation beiderseitig gerauhter Waare von F. Lauber mit zahlreichen schönen Druckmustern bringt
die Färberzeitung, November 1892 S. 33.
(Schluss folgt.)