Titel: | Ueber neuere Kämmaschinen. |
Autor: | H. Glafey |
Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 101 |
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Ueber neuere Kämmaschinen.
Von H. Glafey,
Ingenieur in Berlin.
(Schluss des Berichtes S. 76 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Ueber neuere Kämmaschinen.
Bei Kämmaschinen mit Ringkamm wird zum Ausziehen der Gespinnstfasern aus dem Kamm
oder dem diesen entsprechenden Mechanismus der Maschine gewöhnlich ein
Riffelwalzenpaar vor dem Kamm gelagert, welches die Fasern zwischen eine dieser
Walzen und die Oberfläche eines endlosen Tuches bringt und sie unter Ausübung einer
gewissen Pressung auf die Fasern auf das endlose Tuch ablegt, welches sie dann dem
Sammeltrichter zuführt. Die eine dieser Ausziehwalzen dreht sich in festen Lagern,
während die andere verstellbar sein muss, um die auszuübende Pressung stärker oder
schwächer halten zu können. Der Druck auf die verstellbare Walze findet durch die
Lager der Walze, also auf die Endzapfen derselben statt und wird mit Hilfe von
Federn und Schrauben bewirkt.
Diese Anordnung ist mit sehr grossen Nachtheilen verbunden. Es ist nämlich aus
verschiedenen Gründen wünschenswerth, die Ausziehwalzen gering im Durchmesser,
dagegen von grösserer Länge auszuführen; dadurch, dass nun der Druck bei diesen
langen und schwachen Walzen auf deren Endzapfen ausgeübt wird, biegen sich die
Walzen in der Mitte durch. An den Seiten liegen somit die Walzen dichter zusammen
als in der Mitte, es entsteht hierdurch eine ungleichmässige Pressung der
Gespinnstfasern und wird das von den Walzen gelieferte Product ein ungleichmässiges
und verworrenes.
Um diesen Uebelstand zu vermeiden, hat nun Isaac Holden,
in Firma Is. Holden und Sons, Bradford, die Einrichtung
getroffen, dass ausser dem bekannten Ausziehwalzenpaar noch
weitere Walzen angeordnet werden, welche dazu dienen, den Druck auf erstere zu
übertragen und somit zu bewirken, dass dieselben auf ihrer ganzen Länge die
Gespinnstfasern einer gleichmässigen Pressung unterwerfen. Man kann zwei oder
mehrere dieser zur Druckübertragung dienenden Hilfswalzen anwenden und können
dieselben von gleicher oder grösserer Stärke wie die Ausziehwalzen sein.
Textabbildung Bd. 289, S. 102Holden's Kämmaschine. Bei der nachfolgend beschriebenen, durch Patent Nr. 44023 geschützten
Einrichtung sind zwei Hilfsriffelwalzen verwendet. Ueber diese Walzen ist ein aus
Leder oder sonstigem Stoff hergestelltes endloses Tuch gespannt. Die untere
Hilfswalze ist entweder in festen oder nachstellbaren Lagern drehbar. Die Walzen
werden entweder aus Metall oder aus einem elastischeren Materiale, wie vulkanisirtem
Kautschuk, Papiermasse oder einem ähnlichen Stoffe hergestellt; letzteres namentlich
dann, wenn man eine sanftere Pressung hervorbringen will.
Aus den Nadeln des Ringkammes a wird das Material von
den beiden Ausziehwalzen b und c entnommen (Fig.
65) und auf das zwischen denselben laufende endlose Tuch e abgelegt, welches dasselbe alsdann weiter zum
Sammeltrichter führt. Die obere Ausziehwalze b ist mit
ihren Endzapfen in nachstellbaren Lagern drehbar.
Oberhalb dieser Walze b liegt die Hilfswalze f (Fig. 65 und 66), die wieder mit
ihren Endzapfen f3f3 (Fig. 66) in dem Lager
f4 drehbar ist.
Dieses Lager f4 besteht
aus einem Gleitstück oder Schlitten f5 (Fig. 65), der in dem
Gehäuse f6 auf und
nieder bewegt werden kann. Durch den Deckel f7 wird mit Hilfe der Schrauben f8 (Fig. 66) das Gehäuse f6 nach vorn
geschlossen. Auf dem unten am Gleitstück f6 angebrachten Quersteg ruht die Spirale f9, in welche von oben
der mit einem Bund versehene Bolzen gesteckt ist. Auf diesen Bolzen kann man mit
Hilfe der Schraube f11, welcher das Gehäuse f6 bei f12 als Schraubenmutter
dient, einen Druck ausüben und somit die Hilfswalze f
fester oder lockerer gegen die Ausziehwalze b
pressen.
Das Gehäuse f4 ist
mittels Schrauben an dem Maschinengestell g
befestigt.
In einiger Entfernung von der Hilfswalze f ist eine
zweite Walze f1
gelagert und läuft über beide Walzen das endlose Tuch f2, welches
dazu dient, den Druck auf b elastischer und
gleichmässiger zu gestalten.
Das zwischen den Ausziehwalzen b und c laufende Tuch e wird
ausser um die Walze c noch über die Leitwalzen e1e2 und e3 geführt. Um das Tuch
von anhängenden Fasern zu reinigen, ist die Abstreichbürste d angebracht, welche um den Bolzen d2 schwingt und durch einen mit Gegengewicht
belasteten Hebel fest gegen das Tuch gedrückt wird.
Die untere Ausziehwalze c (Fig. 65 und 66) ist (wie die obere)
an ihren Endzapfen c1c1 (Fig. 66) gelagert und
erhält den erforderlichen Druck durch Vermittelung der Hilfswalze h. Zwischen diesen beiden Walzen läuft, um die
Hilfswalze h und die Leitwalze h1 gespannt, das endlose Tuch h2, welches demselben Zweck wie das Tuch f2 dient.
Die Hilfswalze h dreht sich mit ihren Zapfen h3h3 (Fig. 66) in den Lagern
h4h4, welche sich an dem
Gleitstück h5 befinden.
Dieses letztere ist mit Hilfe der Schraube h5 (Fig. 65) in seiner
Höhenlage verstellbar und wird durch Schraube h7 an der Traverse g2 gehalten.
Die in Fig. 67 zur
Darstellung gebrachte Abänderung zeigt im Wesentlichen dieselben Theile, nur wird
hier das obere Tuch f2
durch eine Rolle f13
gespannt, um dasselbe stets straff halten zu können. Ausserdem ist die Lagerung der
unteren Hilfswalze h eine andere. Die Walze ist hier in
Lagern drehbar, die sich in dem Gleitstück h5 befinden. Dieses Gleitstück ist in dem Gehäuse h6 in senkrechter
Richtung beweglich, welches vorn mit Hilfe der Schrauben h8 durch die Platte h7 verschlossen wird.
Gegen die Traverse des Gleitstückes h6 legt sich die Spiralfeder h9, in welche von unten der mit einem Bund
versehene Bolzen h10
gesteckt ist. Auf diesen Bund kann man mittels der Schraube h11, welcher die mit dem Maschinenrahmen
in Verbindung stehende Quertraverse des Gehäuses h6 bei h12 als Schraubenmutter dient, einen Druck ausüben,
durch welchen die Spiralfeder zusammengedrückt und somit die durch Walze h auf c ausgeübte Pressung
verstärkt wird.
Textabbildung Bd. 289, S. 103Fig. 68.Schiefner's Kämmaschine. Durch die Verstellbarkeit der Lager ist die Möglichkeit geboten, nicht nur
den Grad der Pressung, welchen die Hilfswalzen f und
h auf die Ausziehwalzen b und c und den diese letzteren wieder auf
die Gespinnstfaser ausüben, beliebig stärker oder schwächer zu halten, sondern es
können auch die endlosen Tücher in der erforderlichen Weise gespannt werden.
Falls man die Walzen f und h aus einem genügend elastischen Material herstellt, ist die Anwendung der
Tücher h2 und f2 und somit auch der
Leitwalzen h1 und f1, wie der Spannwalze
f13 überflüssig und
können dieselben in Wegfall kommen.
Eine Kämmaschine für langfaseriges Spinnmaterial (Ramie), bei welcher das zugeführte
Vliess mittels eines schlagend bewegten Theilers in die zu kämmenden Faserbärte
zerlegt wird und zugleich ein intermittirend bewegtes Lineal das ausgekämmte
Ende des noch nicht abgerissenen Bartes auf das hintere Ende des schon abgerissenen
und gekämmten Bartes auflegt, ist von Theodor Eugène
Schiefner in Essonnes, Frankreich, im J. 1885 in Vorschlag gebracht
worden.
Textabbildung Bd. 289, S. 103Fig. 69.Schiefner's Kämmaschine. Die Ständer aa1 (Fig. 68) tragen den gesammten
Mechanismus. Der Kammtambour b ist auf einem vorher
bestimmten Theil seiner Peripherie und auf seiner gesammten Breite mit etwa 11
Lamellen b1 bis b11 besetzt (Fig. 68 und 69), deren
Kammzähne in der Drehrichtung des Tambours an Feinheit zunehmen. Die groben Kämme
öffnen die Faser nur, die zweiten kämmen sie grob aus u.s.w., wodurch nach Maassgabe
der fortschreitenden Arbeit seitens des Tambours immer feiner und feiner gekämmt
wird.
Die sehr langsame Drehbewegung des Kämmtambours und die zunehmende Feinheit der
Kammzähne gestatten ein gutes Kämmen der reichlich zugeführten Fasern, ohne vielen
Abfall zu verursachen, indem sie den Fasern ihre ursprüngliche Länge bewahren und
sie nur von den Knoten und dicken Fasern befreien.
Zwischen den Zuführungswalzen f und dem Streckwerk über
dem Kammcylinder ist ein schlagend wirkender Theiler e
angeordnet (Fig. 68), welcher so bewegt wird, dass er
im geeigneten Augenblick die von den Auszugswalzen gg1 erfassten Fasern in der gewünschten
Länge abreisst oder theilt, so dass das von den genannten Auszugswalzen gg1 erfasste
Faserquantum einen nach rückwärts stehenden Bart bildet, der der Einwirkung der
durch langsame Drehung des Cylinders b in Function
tretenden Kämme oder Karten b1 bis b11 des
Cylinders b unterliegt, während gleichzeitig das durch
die Theilung mittels e entstehende, aus den
Zuführungswalzen f2f3 heraushängende
Faserende der gleichzeitigen Kämmwirkung des Cylinders b unterliegt. Während dieser Kämmoperation beider Faserbärte hat durch die
eigenthümliche Anordnung des Antriebsmechanismus die Zuführung durch die Walzen f2f3 sowohl, als die
Wegführung des Fasermaterials durch die Walzen gg1 aufgehört.
Nach Beendigung dieser Kämmoperation wird ein auf zwei Rollen h1h2 liegender Tisch oder Schneller h durch Bewegung des Hebels J auf Rolle K nach vorwärts geschoben. Die
Rollen h1h2 laufen in Führungen
ii1 des Ständers;
durch diese Bewegung des Tisches oder Schnellers wird das aus den Zuführungswalzen
f2f3 hängende Faserende
nach den Zugwalzen gg1
transportirt, welche dieses Ende mit dem schon von diesen Walzen festgehaltenen
Faserbart vereinigen und weiter ziehen. Auf dem Schneller h
rollt, wenn dieser
am Ende seines Weges angekommen, lose eine Holzrolle l,
welche das Erfassen der Fasern seitens der Auszugswalzen erleichtern soll. Durch
eine mit dem einen Ende an dem Tisch, mit dem anderen an dem Ständer befestigte
Spiralfeder h3 wird der
Tisch in seine ursprüngliche Lage zurückgeführt. Der Tisch oder Schneller kann die
Form eines einfachen Lineals haben, welches, von Seitenarmen getragen, das zweite
Faserende aufnimmt und vortransportirt.
Die mittels der Kämme und Karten aus den Fasern entfernten Abfälle werden durch einen
mit gebogenen Nadeln besetzten Putztambour g entfernt,
welcher durch eine Bürstenwalze r gereinigt wird;
letztere wird ihrerseits durch einen Haken gereinigt, dem durch ein Excenter s1 eine geeignete hin
und her gehende Bewegung ertheilt wird.
Nach dem Kämmen der Fasern werden letztere der Einwirkang eines bekannten
Streckwerkes ausgesetzt, dessen Kämme durch Schrauben ohne Ende dd1d2d3 bewegt werden, von
denen die Schrauben dd1
die Kämme von vorn nach hinten führen, um das Strecken zu bewirken, während die
Schrauben d2d3 von gegen den Gang
der Schrauben dd1 viel
steilerem Gange diese Kämme nach vorn zurückführen, wo sie wieder zu arbeiten
beginnen.