Titel: | Neuere Bohrmaschinen. |
Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 124 |
Download: | XML |
Neuere Bohrmaschinen.
Mit Abbildungen.
Neuere Bohrmaschinen.
Schnellbohrmaschinen.
Bei diesen standfesten Bohrmaschinen, welche meistens zum Bohren von Löchern bis 10
mm Durchmesser eingerichtet sind und eine Ausladung von 150 mm selten überschreiten,
ist eine möglichst einfache Bauart, sowie leichte Steuerbarkeit der Bohrspindel oder
des Bohrtisches angestrebt, ohne deshalb die Festigkeit und Dauerhaftigkeit des
ganzen Bohrwerkes zu beeinträchtigen. Wegen der erforderlichen hohen Umlaufszahlen
der Bohrspindel sind Rädertriebwerke thunlichst zu vermeiden, so dass der Antrieb
auf Lederschnur oder Riemen mit Leitrollenführung beschränkt wird.
Unter allen Steuerungsmitteln findet die an der Bohrspindel angeschlossene
Zahnstangenhülse immer mehr Verbreitung, wobei zur Verminderung der
Ringzapfenreibung Kugelwiderlager öfters angewendet werden. Auch ist die Entlastung
des Spindelgewichtes, sowie Befreiung der Spindel vom Riemenzug möglichst
angestrebt.
A. Herbert's Schnellbohrmaschine.
Die Bohrspindel läuft in einer festen Lagerbüchse des oberen Lagerarmes, um welche
die Antriebscheibe frei kreist, so dass die Spindel von jeglichem Riemenzug befreit
ist. Riemenscheibe und Spindel sind durch einen Zahnkeil verkuppelt, welcher in der
Riemenscheibe festgelegt und mit einem übergreifenden Zahn in die Keilnuth der
Spindel einsetzt.
Freistehende Schnellbohrmaschine.
Frister und Rossmann, Actiengesellschaft in Berlin,
sowie die Elsässische Maschinenbaugesellschaft
Grafenstaden bauen Schnellbohrmaschinen, welche ähnliche Bauart haben und
die sich zum Bohren von Löchern bis 10 mm Weite vorzüglich eignen. Sowohl am
Obertheil als auch am unteren Fusstheil des Standgerüstes sind Spannschlitze
vorhanden, durch welche sowohl die Befestigung des unteren Spindellagerkopfes, als
auch irgend ein Stützlager für lange Werkstücke ermöglicht ist, während der sonst in
Verwendung stehende Tisch abseits gedreht und dafür ein selbsteinstellender
Spannkopf an dessen Stelle gebracht wird.
Schnellbohrmaschine der National Car Seal Comp. in Hamilton
(Fig. 1).
Bemerkenswert ist bei dieser Bohrmaschine mit 27 mm starker Spindel die Aufhängung
bezieh. die gleichzeitige Entlastung des unteren Lagerkopfes und der Steuerhülse vermöge eines daran
angelenkten Wagehebels. Der untere Lagerkopf wird durch einen Excenterhebel
festgestellt, welcher die Ankerschraube des Spannschlitzes anzieht. (American Machinist, 1891 Bd. 14 Nr. 21 * S. 3.)
Textabbildung Bd. 289, S. 124
Fig. 1.Bohrmaschine der National Car Seal Comp.
Textabbildung Bd. 289, S. 124
Fig. 2.Schumacher's Schnellbohrmaschine.
Textabbildung Bd. 289, S. 124
Fig. 3.Olmstedt's Schnellbohrmaschine.
Textabbildung Bd. 289, S. 124
Lister's Bohrmaschine.
Textabbildung Bd. 289, S. 124
Fig. 6.Atlas' Bohrmaschine.
F. A. Schumacher's Schnellbohrmaschine (Fig. 2).
Bei dieser 100 k schweren freistehenden, für 9 mm-Löcher bemessenen Bohrmaschine
liegt der Handsteuerhebel rechtshändig nach aufwärts gerichtet, so dass die zur
Verbindung mit dem oberen Steuerhebel vorgesehene Hängestange zugleich als
Gegengewicht wirkt.
H. Olmsted's Schnellbohrmaschine (Fig. 3).
Die 16 mm starke, mit Schnurtrieb bethätigte Bohrspindel ist an einem oberen
Handsteuerhebel e (Fig.
3) vermöge eines Kugelzapfens c, einer Pfanne
d durch einen Deckel b
gelenkig angeschlossen, während der um eine kurze Hebelstütze schwingende Handhebel
durch ein Gegengewicht die Spindel entlastet. (American
Machinist, 19. Juni 1890 * S. 5.)
Quint's Bohrmaschine mit drehbarem Spindelkopf.
In der Colts Pat. Fire Arms Comp. in Hartford, Conn.,
wurde nach American Machinist, 1891 Bd. 14 Nr. 51 * S.
5, eine eigenartige
Bohrmaschine mit sechs Bohrspindeln aufgestellt, die radial in einem Lagerkopf
angeordnet sind, und von denen immer nur die eine, lothrecht nach abwärts gerichtete
in Betrieb gesetzt ist. Dies wird durch eine genügend grosse excentrische Lage des
Lagerkopfes zur wagerechten Antriebspindel erreicht, wodurch die Reibungskegel der
übrigen fünf Spindeln von den Antriebkegelscheiben abstehen.
Textabbildung Bd. 289, S. 125Fig. 7.Lodge-Davis' Bohrmaschine. Um aber jeden Seitendruck auf die Bohrspindeln zu beseitigen, sind zwei
nach entgegengesetzter Richtung umlaufende Antriebkegelscheiben vorhanden, von
welchen die äussere auf der Vollwelle, die nach innen zu liegende aber auf einer
Rohrwelle gekeilt ist, so dass vermöge des vorgesehenen Dreiradbetriebes die
Triebkraft einer Bohrspindel auf zwei Seiten des Antriebkegels vertheilt ist. Um
dies zu sichern, sind beide Antriebwellen gegensätzlich einstellbar, während die
Stärke des Andruckes bezieh. die Grösse der tangentialen Triebkraft jeder einzelnen
Bohrspindel durch entsprechende Verlegung der Gewindlagerbüchse erhältlich ist.
Hiermit ist nun ermöglicht, in irgend ein auf dem Tisch gespanntes Werkstück ohne
weiteres Umspannen mit verschiedenen Bohrungen, Versenkungen, Gewinden oder
Ausfräsungen zu versehen.
Lister's Bohrmaschine (Fig. 4 und 5).
Um die Stirnseite der Bohrmaschine parallel zur Hauptwellenleitung, mithin in die
Längsrichtung der Werkstätte zu bringen, damit man in der Auflage langer Werkstücke
durch die Gebäudewände nicht behindert sei, muss die Stufenscheibe des Bohrwerkes
entgegen der üblichen Anordnung freistehender Bohrmaschinen winkelrecht versetzt
sein. Obwohl diese Antriebsweise bei Wandbohrmaschinen sich öfter vorfindet, ist
dieselbe bei freistehenden Maschinen seltener anzutreffen.
Ein solches freistehendes Bohrwerk hat nach Engineering,
1892 Bd. 53 * S. 585, Lister und Comp. in Keighley
gebaut, bei welcher die Antriebwelle quer gelegt, auf einer Seite des Gestelles die
Stufenscheibe, auf der anderen das Rädervorgelege darauf angeordnet ist, wobei ein
Winkel- und ein Stirnradpaar die Uebertragung auf die Bohrspindelhülse besorgen. Die
Bohrspindel selbst wird durch eine Druckschraube nach üblicher Art gesteuert,
während der Bohrtisch an einer Drehsäule stellbar ist, welche linksseitig am Gestell
in Lageraugen ihren Platz findet.
Atlas' Bohrmaschine (Fig.
6).
Bei der nach amerikanischer Bauart ausgeführten Bohrmaschine der Atlas Engineering Comp. in Manchester ist das untere
Führungslager mittels Flansche an das Gestell fest angeschraubt. Hierdurch wird die
Herstellung des die Steuerung enthaltenden Lagerkopfes sehr erleichtert.
Auch ist bei dieser Maschine die hintere Strebe von der Grundplatte bis zum Lager der
Antriebwelle weggelassen und dafür das untere Antriebwerk in einem auf die
Grundplatte aufgeschraubten Gabellager untergebracht. Auf den sauber abgedrehten
Gestellfuss ist der Tischarm drehbar und einfach übergeschoben. Vermöge eines
Klemmstückes wird derselbe einstellbar gemacht.
Lodge-Davis' Pfeilerbohrmaschine (Fig. 7).
Eine kräftige Pfeilerbohrmaschine von 914 mm Ausladung, 292 mm Verschiebung der 74 mm
starken Bohrspindel mit 356 mm grösstem Durchmesser der vierläufigen Stufenscheibe
für 82 mm Riemenbreite und Rädervorgelege hat nach American
Machinist, 1891 Bd. 14 Nr. 28 * S. 3, die Lodge and
Davis Machine Tool Comp. in Cincinnati, Ohio, gebaut. Die aus dem Bilde
ersichtlichen Einzelheiten bedürfen kaum einer weiteren Erläuterung, bemerkt mag nur
sein, dass das Handrad für die Steuerspindel sehr weit ausladet, weil in
Kesselbauwerkstätten, für welche diese Bohrmaschine bestimmt ist, die Zugänglichkeit
durch das Werkstück oft behindert ist.
J. M. Demoor's freistehende Bohrmaschine (Fig. 8).
Das auf dem säulenförmigen Standfuss aufgeschraubte Lagergestell führt in ihrer
Lagergabel die Stufenscheibe und in den vorderen Deckellagern die Bohrspindelhülse,
im oberen Lagerauge die durch Stirnräder bethätigte Mutterbüchse für die
Druckschraube, welche vermöge eines am unteren Ende angeschlossenen Stützhebels an
jeglicher Drehung gehindert wird, wodurch die Keilnuth für den Längskeil in der
Druckschraube entbehrlich gemacht wird, was zur Schonung des Muttergewindes
beiträgt.
Textabbildung Bd. 289, S. 125Fig. 8.Demoor's Bohrmaschine. Am Säulenfuss ist ein Doppelwinkel dreh- und hochstellbar, so dass nach
Belieben entweder der Schraubstock oder der Bohrtisch unter das Bohrwerk eingebracht
werden kann.
Die 55 mm starke Bohrspindel hat bis 200 mm axiale Verschiebung und eine Entfernung
von 400 mm bis Säulenmitte.
Nach Revue industrielle vom 6. Juli 1889, * S. 266,
welcher diese Angaben entnommen sind, findet diese freistehende Bohrmaschine in den
belgischen Staatsbahn Werkstätten häufige Verwendung.
Die Maschinenfabrik Heyligenstädt und Comp. in Giessen
baut ähnlich ausgebildete Bohrmaschinen mit Doppeltisch.
Hulse's Flügelbohrmaschine (Fig.
9).
Textabbildung Bd. 289, S. 126Fig. 9.Hülse's Flügelbohrmaschine. Auf der Grundplatte ist ein kastenförmiger Säulenfuss mit Lagerarme für
das Vorgelege aufgeschraubt, worauf ein stellbarer Winkeltisch sitzt. Darauf steht
die feste Drehsäule, um welche das Flügelrohr Drehverstellungen erhält, während die
obere Flügelwelle mittels Winkelräder vom Antrieb bethätigt wird. Diese obere Welle
ist an den Flügelenden festgelagert und treibt vermöge eines Winkelradpaares eine
stehende Zwischenwelle am Bohrschlitten, welche mittels Stirnräder das
Bohrspindelrohr bethätigt. Hierdurch kann die Bohrspindel bequem vor der
Antriebwelle angeordnet werden. Auch wird die stehende Zwischenwelle zur Ableitung
der Schaltbewegung dienen. (Industries, 1890 Bd. 9 * S.
184.)
Textabbildung Bd. 289, S. 126
Fig. 10.Fetu-Defize's Flügelbohrmaschine.
A. Fetu-Defize's Flügelbohrmaschine (Fig. 10).
Nach Industries, 1890 Bd. 7 *, wird das Bohrspindelrohr
von einer wagerechten Zwischenwelle betrieben, die vermöge eines Stirnradpaares mit
der oberen Flügelwelle in Verbindung steht. Damit nun der Bohrschlitten nicht an
Verschiebung einbüsse, ist das Ende der Flügelwelle frei schwebend gelassen.
W. Asquith's Flügelbohrmaschine (Fig.
11).
Textabbildung Bd. 289, S. 126Fig. 11.Asquith's Flügelbohrmaschine. Die Säule besteht mit dem Sockel aus einem Stück, weshalb der Lagerarm für
das Vorgelege angeschraubt ist. Dagegen schiebt sich die an dem Bohrschlitten
gebundene Flügel welle durch die Hülse des am Flügelrohr gelagerten Winkelrades. Die
Bohrspindel, welche ein Arbeitsfeld von 1830 mm Halbmesser bestreicht, wird durch
eine Druckschraube geschaltet, deren Muttertheile ausgelöst werden können, wodurch
die durch Gewichtszug entlastete Bohrspindel sich nicht nur rasch hochstellt,
sondern vermöge eines Kettenzuges ebenso leicht eine rasche Einstellung des Bohrers
zulässt, nach welcher der Selbstbetrieb ohne weiteres eingeleitet werden kann, indem
der Arbeiter mit der linken Hand die vordere Ausrückschiene niederzieht. (Industries, 1890 Bd. 9 * S. 537.)
C. H. Baush' Flügelbohrmaschine (Fig.
12).
An einer zwischen den Führungsbahnen des Standgerüstes geschützt angeordneten
Schraubenspindel hängt der Flügelschlitten, durch dessen Lagermittel eine hängende
Antriebwelle durchgeht; die vermöge eines um Leitrollen geführten, wagerecht
laufenden Riemens die Bohrspindel bethätigt. Um nun die Drehverstellung des Flügels,
als auch den Hebebetrieb des Flügelschlittens zu erleichtern, ruht sowohl die
Flügelsäule als auch der Bund der vorerwähnten Tragspindel auf Kugellagern. Der
Bohrschlitten ist oben zu einem Rahmen erweitert, um für das Rädervorgelege und die
Steuerungswelle Stützpunkte zu erhalten. Zudem ist darauf ein Standrohr angebracht, um die
Bohrspindel mittels eines Kinggewichtes zu entlasten.
Bemerkenswerth ist noch die Verschiebung des Bohrschlittens auf der Flügelbahn
mittels Zahnstangengetriebes. Es dient hierzu für die rasche Einstellung das obere
vordere Griffrad, an dessen Welle ausser dem Zahnstangengetriebe noch ein
Schneckenrad aufgekeilt ist.
Textabbildung Bd. 289, S. 127Fig. 12.Baush' Flügelbohrmaschine. In dasselbe kann nun eine Schnecke in Eingriff gebracht werden, zu deren
Betrieb das seitliche obere Handrad gebraucht wird, sobald man nur Langlöcher oder
Langschlitze fräsen, oder genaue Einstellung des Bohrers machen will. Auch die
Bohrspindel, welche mit Zahnstangenhülse selbsthätig geschaltet wird, besitzt
doppelte Handräder für den Stell- und Schaltbetrieb.
Diese von C. H. Baush and Sons in Holyoke, Mass.,
gebaute Flügelbohrmaschine hat bei 1830 mm Ausladung 7,65 t Gewicht. (American Machinist, 1891 Bd. 14 Nr. 49 * S. 1.)
(Fortsetzung folgt.)