Titel: | Ueber Weberei-Vorbereitungsmaschinen. |
Autor: | H. |
Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 128 |
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Ueber Weberei-Vorbereitungsmaschinen.
Mit Abbildungen.
Ueber Weberei-Vorbereitungsmaschinen.
Bekanntlich kann der vollkommenste Webstuhl keine tadellose Waare liefern, wenn
demselben das Material nicht in gleichem Maasse gut vorbereitet zugeführt wird. Mit
Genugthuung kann nun constatirt werden, dass dieser Vorbereitung der Webmaterialien
in den letzten Jahren grosse Aufmerksamkeit geschenkt wird. Nicht nur, dass die
bewährten Constructionen theils durch wesentliche Neuerungen den Eigenschaften und
der Verwendungsart der Materialien angepasst worden sind, theils dem Arbeiter durch
sinnreiche Mechanismen die Bedienung der Maschine erleichtern und deren
Leistungsfähigkeit erhöhen, sondern es sind sogar Maschinen entstanden, welche als
ein vollständig neues System gelten können.
So finden wir bei den Spul- oder Windemaschinen für Kettengarn die sogen.
Kreuzspulmaschinen, welche sich nach und nach, stetig verbessert, ein grosses Feld,
besonders in der Baumwollweberei, erobert haben. Ein Hauptvortheil der
genannten Maschinen ist, dass die unförmigen Kettenspulen aus Holz, Blech oder
Papier mit hohen seitlichen Flanschen in Wegfall kommen und nur eine leichte
Papierhülse von geringer Weite sich nothwendig macht. Ausserdem lässt sich eine
bedeutende Garnmenge aufspulen und sind die Enden gerissener Fäden den kreuzweisen
Fadenlagen zufolge sehr leicht aufzufinden. Besonders geeignet ist solche Spulenform
auch für den Transport, weil annähernd nur mit Garngewicht zu rechnen ist.
Das Eigenthümliche dieser Maschinen ist die Fadenzuführung. Das Garn soll sich selbst
den nöthigen Halt geben, um nicht seitlich abzuschlagen. Solches kann nur dadurch
erreicht werden, dass die auf einander folgenden Fadenlagen sich möglichst scharf
kreuzen. Der Fadenführer muss demzufolge schnell hin- und hergehen und ausserdem an
den Endpunkten plötzlich in die entgegengesetzte Bewegungsrichtung übergehen. Auf
die verschiedenste Weise haben die Erfinder sich dieser Aufgabe entledigt.
Die einen benutzen als Fadenführer die zum Spulenantrieb vorhandene hohle Trommel A (Fig. 1 und 2), deren beiden Theile
a und at so zu einander gestellt sind, dass eine Nuth für
den Durchgang des Fadens bleibt. Letzterer folgt bei Drehung der Trommel der
Schlitzführung.
Andere verwenden eine seitlich an der Maschine angebrachte Nuthtrommel b (Fig. 3), welche mittels
eines Rollenhebels h auf die vor der Tambourwelle
hinlaufende Fadenführerstange c einwirkt. Diese ist vor
jeder Triebscheibe f mit einem Fadenführerfinger d versehen, welcher möglichst dicht an die Spule
herantritt, weil anderenfalls der Faden der schnellen Bewegung des Führers nicht
folgen würde. Um den Stoss beim Umsetzen des Rollenhebels h zu schwächen, sind Pufferfedern g oder
dergleichen an demselben angebracht.
Textabbildung Bd. 289, S. 127Kreuzspulmaschine. Zur Vermeidung des letzterwähnten Uebelstandes wird von anderen Firmen
eine Trommel b1 (Fig. 4) angeordnet,
welche z.B. die beiden Hebel h1 und h2 zu einander entgegengesetzt bewegt. Letztere
vereinigen ihre Bewegung zu einer beschleunigten mittels des an h1 befestigten
Schlitzeisens e und des an h2 drehbar angesteckten Fadenführerhebels
d1, indem dieser
sich durch einen Stift i in dem Schlitzeisen e führt.
Wenn sich die Stellung des Fadenzuführungspunktes zum Fadenauflaufpunkt an der Spule
nicht verändert, so wird die Spule auf ein und dieselbe Länge hin bewickelt werden und
entstehen steile Seitenflächen. Man hat diesen Constructionen vorgeworfen, dass das
Garn seitlich abzuschlagen geneigt wäre, und empfahl solche Maschinen, welche Spulen
mit konischen Seitenflächen herstellen. Es zeigt sich jedoch in der Praxis, dass
hierauf kein besonderer Werth zu legen ist, denn durch die Art der Bewickelung
bedingt, schlagen auch die erstgenannten Spulen nicht ab.
Textabbildung Bd. 289, S. 128Kreuzspulmaschine.Textabbildung Bd. 289, S. 128Fadenwächter an Scheermaschinen. Die Scheer- oder Zettelmaschinen mit ihren Bäumapparaten haben ebenfalls
Verbesserungen erfahren. Die englische Scheermaschine hat sich in der mit
einfachsten Ausrück- und Sicherheitsmechanismen ausgestatteten Art beliebt gemacht.
Hierbei verdienen besondere Beachtung diejenigen Faden Wächter, welche mit leicht
abhebbaren Nadeln versehen sind und dadurch die Bedienung wesentlich erleichtern
(vgl. D. p. J. 1870 198 *
294). Bei Anwendung von Fallnadeln mit geschlossenen Augen für den Durchgang der
Fäden ist der Scheererin das Einfädeln des gerissenen Fadens zu lästig und
unterlässt sie dasselbe, wodurch der Zweck des Apparates verloren geht. Noch besser
sind in dieser Hinsicht die Abstellvorrichtungen bei Fadenbruch, welche durch leicht
drehbare Fallen, sogen. Platinen, die Ausrückung
herbeiführen, wie solches die Fig. 5 und 6
veranschaulichen. Es ist der Arbeiter in diesem Falle gezwungen, die Vorrichtung zu
benutzen, da sonst die freigebliebenen Platinen Stillstand der Maschine verursachen
würden. Fig. 5 zeigt die
Stellung der auf einer Querstange i1 leicht drehbaren Platine k während des Scheerens. Es kann alsdann die um l schwingende Schiene m frei unter der
Platinennase hinweg. Beim Fehlen des Fadens fällt die Platine k an der einen Seite nieder (Fig. 6), wodurch die
Schwingung des Hebels n gehemmt wird und der Arm o durch geeignete Einwirkung auf den Ausrücker die
Maschine abstellt.
An dem sogen. sächsischen System, bei welchem die Fäden gleich in der richtigen
Webkettendichte bandweise aufgescheert werden, sucht man die nachtheiligen Stifte,
Blechscheiben o. dgl. zur Trennung der einzelnen Bänder zu beseitigen und wickelt
letztere in konischen Schichten auf die Scheertrommel (Fig.
7), ähnlich wie solches an den Seidenscheermaschinen schon länger erfolgte
(vgl. D. p. J., 1874 212 *
24).
Textabbildung Bd. 289, S. 128Fig. 7.Scheertrommel.Textabbildung Bd. 289, S. 128Baum und Ringe der Sectionalscheermaschine. In England hat man, dieses System übernehmend, eine Maschine construirt,
welche, durch mannigfache Verbesserungen im Laufe der letzten Jahre vervollkommnet,
sich auch auf dem Continent Eingang verschafft. Es ist dies die
Sectionalscheermaschine, ein Apparat, der gewöhnlich der englischen Scheermaschine
vorgelegt wird, wobei der Kettenfadenwächter und anderes der Hauptmaschine benutzt
wird. Die Maschine stellt mehr oder weniger breite Kettenstreifen r her (Fig. 8 bis 10), welche auf Ringe
t aus Papier, Weissblech oder dergleichen gescheert
werden. Diese Kettentheile von gleichem Durchmesser werden auf eine Walze u geschoben und bilden alsdann den Kettenbaum B. Es wird somit das Bäumen erspart. Seitdem es
gelungen ist, fertig gescheerte Zettelringe von gleich grossem Durchmesser und von
gleicher Fadenlänge zu erhalten, führt sich die Sectionalscheermaschine vielfach ein
und sind die Webfabrikanten mit der Leistung sehr zufrieden. Auch befassen sich
deutsche Firmen, in richtiger Anerkennung dieses Fortschrittes, bereits mit dem Bau
derselben.
Die Schlicht- und Leimmaschinen sind nur wenig verändert. Im Ganzen dürfte behauptet
werden, dass sich die Cylinder-Sizing-Maschinen neben den Maschinen mit
Lufttrocknung noch am meisten Eingang verschafft haben.
Textabbildung Bd. 289, S. 128Fig. 11.Trichterspulmasch. Die vielseitigen Verbesserungen der Schussspulmaschinen zeigen, dass man
auch hier darauf bedacht ist, sich den jeweiligen Anforderungen des Materials
anzupassen. Die starke Reibung des Garns bei Benutzung der Trichterspulmaschinen
sucht man durch Anwendung von Trichtersegmenten in Verbindung mit Führungsrollen,
wie in Fig. 11 angedeutet (D. R. P. Nr. 31173) oder
auch nur durch letztere zu vermindern, dabei doch die Vortheile dieses Systemes
wahrend.
Fig. 12 zeigt eine solche Einrichtung neuester
Construction (D. R.
P. Nr. 65730) dahin zielend, dieses Spulmaschinensystem auch für die empfindlichsten
Garne brauchbar zu machen, indem selbst das Gewicht der Spulenspindel mit Spule
ausgeglichen, demnach die schädliche Reibung auf das geringste Maass reducirt wird.
Der Spindelhalter v wird in einem Schlitten w geführt und ist mit dem Balancier x verbunden, dessen Laufgewicht y durch eine Stange z bei s verbolzt ist und mit zunehmender Füllung der Spule
sich mehr vom Drehpunkt des Hebels x entfernt.
Ebenso finden sich verschiedene Neuerungen an den Schusspulmaschinen, welche mittels
Garnreibungsrollen die Fortrückung der Fadenführer bewirken, zum Zwecke, die
Reibungsrolle in Wegfall zu bringen und somit das Garn zu schonen. Es haben diese,
wenn auch zweckmässigen Einrichtungen nur wenig Anklang gefunden, weil dadurch auf
der anderen Seite zumeist die Bedienung erschwert und die Maschine complicirter
wurde.
Textabbildung Bd. 289, S. 129Fig. 12.Gewichtsausgleichung für Spindeln an Spulmasch. Das Bestreben, möglichst viel Material in dem Webschützen unterzubringen,
demnach möglichst lange Spulen herzustellen, zeigt sich ebenfalls zuweilen, doch
geschieht dies vielfach auf Kosten guter Waare, da sich der Fadenzug im Schützen
alsdann zu sehr verändert. Nur die bekannten Kötzerspulen oder Schlauchspulen
leisten solches, und ist die Anwendung dieser Spulmaschinen nach wie vor im
Gebrauch.
Textabbildung Bd. 289, S. 129Schusspulmaschine. Besondere Aufmerksamkeit ist in den letzten Jahren den Seidenspulmaschinen
geschenkt worden. Die Bedingung, feste Spulen bei möglichster Schonung des kostbaren
Materials herzustellen, erfüllen am meisten die Maschinen mit leichten hölzernen
Leitbrettchen für die Führung des Fadens. Es kann dabei entweder das Brettchen c1 (Fig. 13) nach oben
leicht nachgebend sein und eine drehende, sowie die Spule q mit ihrer Spindel eine bestimmte auf- und absteigende Bewegung
erhalten; ferner wird das Leitbrettchen c1 der zunehmenden Spulenfüllung entsprechend
angehoben und gegen das Herabsinken durch eine in die Verzahnung der Säule p eingreifende Klinke oder Feder e1 gesichert (vgl. D.
R. P. Nr. 27514). Oder das Leitbrettchen c2 erhält, wie Fig. 14 zeigt, nur
Drehbewegung, während die Spule nebst Spindel neben der constanten Auf- und
Abbewegung sich mit zunehmender Garnanhäufung auf der Spule um dasselbe Stück senkt.
Hierbei wirken ein oder mehrere Klinken e2, eingreifend in eine
Verzahnung der verlängerten Spindel f1, dem Gewicht g1 entgegen. Nach einer anderen Construction werden
rotirende, den Faden zuführende Metalltrichter c3 angewandt (Fig. 15)
in Verbindung mit vor- und zurückgehenden Spulenspindeln f2, welch
letztere der Garnanhäufung entsprechend zurückweichen. Diese hochpolirten, äusserst
sorgfältig ausgeführten Trichter greifen das Garn ebenfalls wenig an.
Textabbildung Bd. 289, S. 129
Fig. 15.Schusspulmaschine.
H.