Titel: | Die Presscylinder. |
Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 226 |
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Die Presscylinder.
Mit Abbildung.
Die Presscylinder.
Die Cylinder von Presswerken werden gewöhnlich mit geschlossenem Boden und zwar
entweder mit der Druckplatte aus einem Stück gegossen, oder es werden diese Cylinder
in den Rahmen einfach eingesetzt, wobei die U-förmige
Lederstulpdichtung am Halsstück des Cylinders angeordnet wird.
Obwohl diese Anordnung den Vorzug der Einfachheit besitzt, so muss doch bei
einseitigen Kraftwirkungen eine besondere Kolbenführung vorgesehen werden, die
gewöhnlich an der Tischplatte vorgenommen ist. Nun macht sich bei hohen
Wasserspannungen noch die Durchlässigkeit der Cylinderwandung störend bemerkbar, dem
nur durch Ausfütterungen des gusseisernen Presscylinders mittels gezogener 3 bis 4
mm starker Kupfer- oder Messingrohre begegnet werden kann.
Coleman Sellers in Philadelphia führt diese
Presscylinder nach der in nebenstehender Figur angedeuteten Anordnung aus, wobei
sich der im Hauptkörper a eingeschobene Blechcylinder
b an dem Bodendeckel c
ansetzt.
Die Abdichtung dieses Bodenstückes c mit dem
Futtercylinder b1
gleicht ganz derjenigen des Presskolbens d.
Diese Anordnung erleichtert die Bearbeitung des Cylinderkörpers a ganz wesentlich, weil die Bohrstange achsenrichtig
durch den Cylinder gelegt werden kann. (Wencelides,
Philadelphia-Ausstellungsbericht, 1876 * S. 183.)
Textabbildung Bd. 289, S. 226Seller's Presscylinder. Der Reibungswiderstand des 4 bis 6 mm starken Lederstulpringes berechnet
sich bekanntlich zu
W = f . πd . b . p
wenn πd der Kolbenumfang in
Centimeter, b = 1,2 bis 2 cm die Höhe des
Liderungsringes an der Berührungsstelle mit dem Kolben, p die Wasserspannung in Kilo-Quadratcentimeter und f = 0,07 bis 0,1 die Reibungszahl ist. Der äussere Durchmesser D des Presscylinders kann nach Prof. Bach mit
D=d\,\sqrt{\frac{S+0,4\,p}{S-1,3\,p}}
berechnet werden, wobei S die
Zuginanspruchnahme des Cylindermaterials in Kilo-Quadratcentimeter ist, und
wobei
S =
300 bis 600 für Gusseisen,
S =
500 bis 1000 für Phosphorbronze,
S =
900 bis 1800 für Schmiedeeisen oder Gusstahl
genommen werden kann, während p
die Wasserspannung in Kilo-Quadratcentimeter und d der
Kolben bezieh. der innere Cylinderdurchmesser ist.
In der Lame'schen Formel für die Wandstärke δ von Presscylindern
\delta=\frac{d}{2}\,\left(\sqrt{\frac{S+p}{S-p}}-1\right)
ist S die zulässige
Materialspannung in Kilo-Quadratmillimeter, p die
Wasserspannung in Kilo-Quadratmillimeter, d der innere
Cylinderdurchmesser.
Für das kugelförmige Bodenstück ist die Wandstärke nach
\delta_1=\frac{d}{2}\,\left(\sqrt[3]{2\,\left[\frac{S+p}{S-p}\right]}-1\right)
zu berechnen.
Ist ferner Q die gebrauchte Wassermenge in
Liter-Secunden und v ≦ 3 m/sec die Wassergeschwindigkeit in der
Druckrohrleitung, so wird der lichte Rohrquerschnitt in Quadratcentimeter
\pi\,r^2=\frac{1000\,Q}{100\,v}=10\,\frac{Q}{v}
und
r^2=\frac{10}{\pi}\ \frac{Q}{v}
bezieh.
r=1,783\,.\,\sqrt{\frac{Q}{v}}
der innere Rohrhalbmesser in Centimeter sein.
Nach Brix kann die Rohrwandstärke
\delta=r\,\frac{p}{S}\,\left[1+\frac{1}{2}\
\frac{p}{S}+\frac{1}{6}\,\left(\frac{p}{S}\right)^2\right]+C
sein, wobei alles in Centimeter und Kilo-Quadratcentimeter
einzuführen und für Gusseisen als Constante c = 0,8 zu
setzen wäre.
Auch kann nach Bach
v_1=r\,\sqrt{\frac{S+0,4\,p}{S-1,3\,p}}+(0,3\mbox{ bis }0,6)\ cm
als äusserer Rohrhalbmesser berechnet werden.
Es folgt ferner aus der Gleichung für den Aussendurchmesser eines
Presswassercylinders
D=d\,\sqrt{\frac{S+0,4\,p}{S-1,3\,p}}
die Materialzugspannung am inneren Umfang des Cylinders
S=\frac{0,4+1,3\,\left(\frac{D}{d}\right)^2}{\left(\frac{D}{d}\right)^2-1}\,.\,p
so dass z.B. für
\frac{D}{d}=\frac{65}{37}=17,5
und
\left(\frac{D}{d}\right)^2=3
S=215 k/qc
folgt.
Ueberhaupt wird für
p
=
0,36 S
D
=
1,5 d
ein Mindestwerth oder für
(p : S) = 0,36
das Verhältniss
(D : d) = 1,5
werden.
Hiernach würde für
S = p : 0,36 = 2,778p
und für
p = 100 k/qc
also
S = 277,8 k/qc
(D : d) = 1,5
bezieh. für
d = 37 cm
D = 1,5 . 37 = 55,5 cm
als äusserer Durchmesser des Presscylinders folgen.
Dahingegen ergibt sich eine Wandstärke nach
\delta=\frac{d}{2}\,\left(\sqrt{\frac{S+p}{S-p}}-1\right)
wenn
d = 370 mm
S = 3 k/qmm
und
p = 1 k/qmm
entsprechend einer Wasserspannung von 100 at
\delta=185\,\left(\sqrt{\frac{4}{2}}-1\right)=185\,.\,0,41
δ = 75 mm
und hierauf der äussere Cylinderdurchmesser
D = d +
2δ = 370 + 150 = 520 mm
während für
S = 2 k/qmm
und
p = 1 k/qmm
und für
d = 370 mm
die Wandstärke
δ = 185 . 0,73 = 135 mm
und
D = d +
2δ = 370 + 270
D = 640 mm
folgt.
Ueber Festigkeitsversuche an Kolben und Cylindertheilen für die Hebeschleuse von La Louvière vgl. D. p. J.
1890 277 * 551.
Der gusseiserne, aus neun Ringtheilen von 2 m Länge zusammengesetzte Presscylinder
hat bei d = 204 cm inneren Durchmesser δ = 10 cm Wandstärke. Derselbe ist seiner ganzen
Bäulänge nach mit 5 cm starken, 15,2 cm hohen, warm aufgezogenen Stahlringen
verstärkt. Bei einer Wasserspannung p = 36 k/qc wird das
Gusseisen mit S = 1 k/qmm und das Material der Stahlringe mit
S1 = 7,5 k/qmm
beansprucht.