Titel: | Neuere Versuche mit Grubenventilatoren. |
Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 252 |
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Neuere Versuche mit
Grubenventilatoren.
(Aus der Oesterreichischen
Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen.)Vgl. 255 280. 256 * 145. 257 490. 258 * 105. 267 * 1. 273 118. 280 * 39. 283
187.
Neuere Versuche mit Grubenventilatoren.
Von der „Gesellschaft zur Hebung der nationalen Industrie“ in Belgien wurde
eine Commission, bestehend aus den Herren Motiva, Desvachez,
Isaac und Evrard, mit der Aufgabe betraut, die
neueren Ventilatoren mit kleinerem Durchmesser und grösserer Tourenzahl mit den
älteren Guibal'schen zu vergleichen, welche die
entgegengesetzten Verhältnisse zeigen. Bei der grossen Zahl von
Ventilatorconstructionen ist eine richtige Auswahl unter denselben nicht leicht zu
treffen und sind daher verlässliche Untersuchungen, welche mehr Licht über den
relativen Werth der einzelnen Ausführungen verbreiten, von besonderem Interesse. Im
Folgenden soll das Wichtigste aus dem BerichteRevue universelle, 1892 3. Reihe Bd. 20 S.
133. der genannten Commission, welcher auch Mittheilungen über
Anlage und Betriebskosten enthält; mitgetheilt werden.
Die Versuche erstreckten sich auf je vier verschieden grosse Centrifugalregulatoren
von Guibal, Ser, Capell und Rateau und wurden bei normalem Querschnitt des Luftstromes vorgenommen, da
Einrichtungen zur Aenderung des Widerstandes gegen die Bewegung der Luft nicht
angebracht werden konnten. Doch waren die vier Ventilatoren jeder Gattung bei
verschiedenen Gruben aufgestellt; welche der Bewegung der Luft ungleiche Hindernisse
entgegensetzten, deren Wirkung somit doch einigermaassen beurtheilt werden kann.
Die Abnahme der Depression erfolgte mittels Manometer, von welchem ein Rohr in den
Saugkanal geführt war, dessen Mündung jedoch gegen den Luftstrom verschieden
gestellt war, daher die Geschwindigkeit der Luft ungleichen Einfluss auf die
Manometerhöhen ausübte, welche letztere folglich nicht genau sind und nur einen
annähernd richtigen Vergleich zulassen. Zur Messung der Luftmengen wurde der
Querschnitt des Kanales durch gespannte Fäden oder durch Latten; welche an der dem
Luftstrom zugekehrten Seite wegen Verminderung des Bewegungshindernisses zugeschärft
waren, in gleich grosse Quadrate getheilt, in Mitte eines jeden der letzteren
mittels des Biram'schen Anemometers die Geschwindigkeit
erhoben und aus deren Mittelwerth die Luftmenge bestimmt. Die Dampfspannung wurde
mit einem Indicator von Richard erhoben und die
Diagrammfläche durch ein Amsler'sches Planimeter
gemessen. Mit jedem Ventilator führte man drei Versuche durch, davon einen unter den
Verhältnissen des gewöhnlichen Betriebes, die beiden anderen bei ungefähr zehn
Umgängen in der Minute mehr, bezieh. weniger als der normalen Zahl. Die folgende
Tabelle enthält die Ergebnisse beim gewöhnlichen Betrieb, dann Mittelwerthe aus
allen drei Versuchen. Bei jedem der letzteren wurde die Depression beobachtet und
der Werth berechnet, welchen dieselbe bei 35 m Umfangsgeschwindigkeit annehmen
würde; das Mittel h0
dieser Werthe ist in der Tabelle für jeden Ventilator angegeben. Das
Depressionsvermögen der einzelnen Apparate ist daher der Grösse h0 proportional, wozu
des Vergleiches wegen noch bemerkt werden mag, dass die theoretische Depression bei
radial auslaufenden Flügeln, dem Gewicht eines Cubikmeters Luft von 1,2 k und für 35
m Umfangsgeschwindigkeit 150 mm Wasser beträgt. Der gleichwertige Querschnitt O der Grube, die von Murgue eingeführte Grösse, ist bekanntlich der Querschnitt einer Oeffnung
in dünner Wand, durch welche bei gleicher Depression dieselbe Luftmenge strömt, wie
durch die betrachtete Grube. Nach O kann der Widerstand
beurtheilt werden, den die Luft bei der Bewegung durch die Grube erleidet; je
kleiner O, desto grösser ist dieser Widerstand. Der in
der Tabelle angegebene mechanische Wirkungsgrad ist das in Procenten ausgedrückte
Verhältniss der reinen Leistung des Ventilators zur indicirten Arbeit der
Dampfmaschine.
Ventilator
Umsetzung
Normaler Gang
Mittel aus dreiVersuchen
Herstellungs-kosten
Betriebskosten
Nummer
von
Durchmesser
Breite amUmfang
durch Riemenaus
Verhältniss
Umgänge in einerMinute
Depression inMillimeter Wasser
Luftmenge ineiner Secunde
Depression h0 inMillimeter
Wasserfür 35 m Umfangs-geschwindigkeit
GleichwerthigerQuerschnitt O
MechanischerWirkungsgrad
des Ventilatorsallein
der ganzenAnlage
für einen Tag
für eine MillionCubikmetere
Luft
für die Um-setzung
für Schmier-material
Zusammen
m
m
Zahl
mm
cbm
mm
qm
Proc.
Frs.
Frs.
Frs.
Frs.
Frs.
Frs.
1
Guibal
12
2,5
–
–
56
84
64,12
80,8
2,79
52,5
7765
31000
–
0,78
0,78
0,14
2
„
12
2,5
–
–
60
104
29,00
91,1
1,07
42,4
6400
30000
–
0,80
0,80
0,29
3
„
9
2,1
Baumwolle
1,6
75
102
32,44
100,0
1,21
50,4
6750
30900
0,38
0,69
1,07
0,58
4
„
5,8
1,95
–
–
106
90
49,44
104,1
1,96
60,0
4500
28000
–
5,32
5,32
1,23
5
Ser
1,4
0,24
Leder
5,4
391
47
10,34
71,5
0,58
40,5
6000
18000
0,44
0,59
1,03
1,20
6
„
1,6
0,28
„
4,92
345
68
23,82
96,4
1,08
54,6
7500
20500
0,50
0,70
1,20
0,66
7
„
2
0,36
„
5,3
365
60
41,29
51,8
2,11
44,9
12000
32000
0,72
0,79
1,51
0,43
8
„
2,5
0,45
„
3,33
154
35
30,92
110,1
1,98
48,0
10356
35000
1,28
2,00
3,28
1,33
9
Capell
3,75
2
Kameelhaar
4
224
110
42,16
73,7
1,45
63,4
9000
36000
1,02
3,20
4,22
1,10
10
„
2,5
1,8
Kautschuk
4
200
48
17,35
80,3
0,93
60,8
5250
17500
0,80
0,70
1,50
0,96
11
„
3,6
1,6
Kameelhaar
4,44
178
72
21,75
76,4
0,95
48,2
7500
34500
1,02
1,68
2,70
1,40
12
„
3,8
1,7
Hanfseile
5
–
–
–
–
–
–
11000
40000
–
–
–
–
13
Rateau
2
0,16
Leder
1,8
177
31
23,10
101,0
1,50
47,3
10500
25000
0,55
4,14
4,69
2,15
14
„
2
0,16
„
2,23
264
81
23,60
131,2
1,03
82,7
9500
25000
0,76
2,50
3,26
1,35
15
„
2,8
0,23
„
4,13
186
72
22,00
120,3
1,02
41,2
12000
30000
1,64
1,56
3,20
1,75
16
„
2,8
0,224
„
1,47
150
52
32,21
136,0
1,67
71,8
14500
30000
0,76
2,02
2,78
1,03
Anmerkungen. Beim Ventilator von Capell Nr. 12 dienen zur Umsetzung zehn Seile aus Manillahanf von 50 mm
Durchmesser. Die Versuchsresultate wurden auf Wunsch des Besitzers nicht
veröffentlicht. – Beim Ventilator von Rateau Nr. 13 war
der dritte Versuch unverlässlich und wurde daher das „Mittel“ nur aus den
beiden ersten gezogen.
Aus den Versuchen ist Folgendes zu schliessen: Die mittlere reducirte Depression
h0 ist bei Guibal's Ventilator wenig von O abhängig und wächst bei abnehmendem Durchmesser, wenigstens innerhalb
der durch die Tabelle gegebenen Grenzen; der Durchmesser von 5,8 m ist genügend für
O = nahe 2 qm, indem sich dabei h0
= 104 mm und die Luftmenge gleich nahe 50 cbm ergibt.
Ser's Ventilator erreicht h0 = 110 mm und würde bei kleinerem Werthe
von O, etwa von 1,6 statt 2,0 qm, noch etwas mehr
erzielen. Beim Ventilator Nr. 7 sinkt h0 bis auf 52 mm, weil derselbe für die zugehörige
Grube zu klein ist; nach früheren Versuchen von François ergibt sich bei 2 m Durchmesser der grösste Effect für O = 1,2 qm. Die Ser'schen
Apparate entsprechen, wie alle kleineren, nur für bestimmte Verhältnisse gut; ist
O zu gross oder zu klein, so wird deren Leistung
beträchtlich geringer. Bei Capell's Ventilator war die
grösste reducirte Depression nur h0 = 80,3 mm; es wurden zwar viel höhere wirkliche
Depressionen erreicht, doch nur bei einer 35 m bedeutend übersteigenden
Umfangsgeschwindigkeit; welche allerdings diese Construction ohne Nachtheil zu
vertragen scheint. Was endlich den Ventilator von Rateau betrifft, so ergab Nr. 13 den geringsten Werth h0 = 101, weil der
Durchmesser von 2 m für O = 1,5 qm zu klein und erst
bei Nr. 14, wo O = 1 qm ist, passend erscheint, indem
dort h0 = 131 mm
erhalten wurde. Auch bei Nr. 15 ist h0 = 120 mm noch gering, hier aber deshalb, weil der
Durchmesser 2,8 m für O = 1,02 qm zu gross ist; bei Nr.
16 genügt dieser Durchmesser für O = 1,67 qm, wobei h0 = 136 mm wird.
Letzterer Werth ist der höchste von allen gefundenen, wie überhaupt die Rateau'schen Ventilatoren das grösste
Depressionsvermögen zeigen. Nach diesem sind die Apparate, deren Dimension im
richtigen Verhältniss zum gleichwerthigen Querschnitt steht, in folgender Reihe zu
ordnen: Rateau mit 136, Ser mit 110, Guibal mit 104 und Capell mit 80 mm reducirter Depression.
Was die Betriebskosten bei gegebener Leistung betrifft, so hängen diese vorzüglich
von dem mechanischen Wirkungsgrade ab, mit welchem der Brennstoffverbrauch im
umgekehrten Verhältnisse steht. Die Indicatordiagramme konnten nicht immer
verlässlich abgenommen werden; die in der Tabelle angegebenen Wirkungsgrade sind
jedenfalls zu hoch und lassen, da sie sich auf Dampfmaschine und Ventilator zusammen
beziehen, keinen richtigen Schluss über den letzteren allein ziehen; sie können
daher nur zu einem Vergleich dienen, für welchen von jeder Art jene Ventilatoren zu
wählen sind, bei denen sich ein annehmbares Verhältniss zwischen Nutzleistung und
indicirter Dampfwirkung ergab, die Umfangsgeschwindigkeit nahe gleich 35 m war und
die Dimensionen des Flügelrades dem gleichwerthigen Querschnitt angepasst sind. Die
Apparate, welche diesen Bedingungen entsprachen, und deren Wirkungsgrade sind
folgende:
Guibal
Nr.
1
52,5
Proc.
Ser
Nr.
6
54,6
Proc.
„
„
3
50,4
„
Capell
„
9
63,4
„
„
„
4
60,0
„
Rateau
„
14
82,7
„
Die Versuche mit Ser Nr. 6 fanden unter ungünstigeren
Verhältnissen statt, als die mit den anderen Ventilatoren. Die sonstigen
Betriebskosten für Schmiermaterial und Unterhaltung stellen sich bei langsam
gehenden Apparaten ohne Umsetzung geringer, spielen jedoch überhaupt nur eine
untergeordnete Rolle.
Ein wichtiger Factor ist die Sicherheit des Betriebes, da Unterbrechungen des
Ganges besonders bei Gruben mit schlagenden Wettern thunlichst vermieden werden
müssen, wenn nicht ein Reserveapparat zur Verfügung steht, der aber die Anlagekosten
vermehrt und daher bei weitem nicht überall vorhanden ist. Die wenigsten Störungen
kommen entschieden bei grossen, langsam gehenden Apparaten vor; kleine ohne
Umsetzung und mit grösserer Tourenzahl der Dampfmaschine, wie Nr. 4 der Tabelle,
sind weniger sicher, denn wenn auch anderweitig viel rascher arbeitende Maschinen in
Verwendung stehen, erfordern solche doch eine sorgfältigere, besonders in der Grube
oft nicht zu erreichende Ueberwachung. Bei den Ventilatoren von Ser, Capell und Rateau,
welche 180 bis 330 Umgänge verrichten, lässt sich dagegen die Geschwindigkeit der
Maschine durch Anwendung einer Umsetzung beliebig reduciren. Diese kann aus Riemen
von reichlich bemessenem Querschnitt, die über richtig gestellte Scheiben laufen,
sehr sicher hergestellt werden, und das Flügelrad gibt als steif construirtes und
einfach rotirendes System zu keinen Störungen Anlass, ausser dass bei schnellem
Gange die Zapfen eher warm laufen, welcher Uebelstand indessen bekanntlich durch
grosse Länge der Lagerschalen und besondere Schmiervorrichtungen zu vermeiden ist.
Beim Ventilator von Rateau befinden sich beide Lager
ausserhalb des Saugraumes und sind daher leicht zu beaufsichtigen, dafür muss das
Rad am freien Ende seiner Welle angebracht werden.
Die Anlagekosten wachsen innerhalb jeder Gruppe mit dem Durchmesser, können aber zur
erhaltenen Depression und Luftmenge nicht wohl in Beziehung gebracht werden, weil
die versuchsmässig ermittelte Leistung der einzelnen Ventilatoren zur grössten von
denselben erreichbaren in ungleichem Verhältnisse steht.
Nach dem Gesagten empfehlen sich die kleineren Ventilatoren mit Umsetzung, unter
welchen der Rateau'sche durch hohen mechanischen und
manometrischen Wirkungsgrad ausgezeichnet ist. Die Umsetzung erfordert zwar mehr
Raum, ermöglicht aber eine kleine Kolbengeschwindigkeit. Die Tourenzahl kann mehr
als bei den grossen Apparaten gesteigert und auch bei gleicher Geschwindigkeit des
Motors geändert werden, indem man den Durchmesser einer der Riemenscheiben
veränderlich macht; das Flügelrad ist viel kleiner, kann rascher aufgestellt und
abgetragen werden und zeigt ruhigeren Gang ohne Geräusch; während die grossen
Apparate nachtheilige Vibrationen erleiden. Zum Schlusse soll wiederholt aufmerksam
gemacht werden, dass die Dimensionen des Ventilators, wenn er eine gute Leistung
entwickeln soll, denen der Grube angepasst sein müssen; im Uebrigen ist, wie
anderwärts schon mehrfach betont wurde, die gute Ventilation weit mehr von der Weite
der Schächte und Stollen, sowie der Anordnung der Arbeiten in der Grube abhängig,
als von dem verwendeten Ventilationsapparate.