Titel: | Ueber Walzen und Walzwerke. |
Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 266 |
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Ueber Walzen und Walzwerke.
(Fortsetzung des Berichtes S. 241 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Ueber Walzen und Walzwerke.
11) Betriebsmaschinen. Es galt lange Zeit hindurch bei
den Walzwerkstechnikern als unantastbare Thatsache, dass man die
Walzwerksdampfmaschine möglichst einfach bauen müsse, und dass sich folglich
dieselbe weder für Expansion noch auch für Condensation eigne. Als aber die Klagen
über Dampfmangel sich stets mehrten und eine Abhilfe immer dringender wurde, suchte
man auch bei Walzwerksmaschinen die anderwärts schon üblichen Mittel zur
Dampfersparniss einzuführen, und so wurde sowohl Expansion – und damit
zusammenhängend höhere Kesselspannung – als auch Condensation mit Erfolg angewendet.
Es erschien dies um so vortheilhafter und nothwendiger, als mit der Einführung der
schwungradlosen Zwillings- und Umsteuerungsmaschinen sich der Dampfverbrauch an und
für sich steigerte und ausserdem sich auf kleinere Zeitperioden zusammendrängte.
Nicht wenig trug auch zur Umgestaltung der bis dahin verwendeten Maschinen der
Umstand bei, dass nun die schweren Flusseisenblöcke die Regel für den
Walzwerksbetrieb bildeten, während vorher die schweren Brammen nur als
unvermeidliche Ausnahme gegolten hatten. Somit war das Signal zur Anlage der neueren
Colosse von Dampfmaschinen gegeben, die der Laie staunend betrachtet. In
Nachstehendem mögen einige Grössen und Ausführungen solcher Maschinen wiedergegeben
werden.
Ueber eine Einkurbel-Umsteuermaschine der Gutehoffnungshütte Oberhausen II berichtet
R. M. Daelen in Stahl und
Eisen wie folgt:
„Die Verarbeitung von Flusseisenblöcken und Schweisseisenpacketen von sehr
grossem Gewicht durch Walzen geschieht in der einfachsten und sichersten Weise
durch ein mit Umsteuerung versehenes Duo, zumal wenn das Anstellen der Oberwalze
eine möglichst grosse Ausnutzung der Ballenlängen der Walzen durch mehrere
Stiche in offenen Kalibern gestattet, wie dies bei den Blockwalzen der Fall ist,
oder wenn eine seitliche Begrenzung gar nicht vorhanden ist, wie bei Blech- und
Universalwalzen. Es sind daher mancherlei verschiedene Einrichtungen zum
Umsteuern erdacht und ausgeführt worden, von welchen die Zwillingsmaschine ohne
Schwungrad sich als einfachste im Betriebe erwiesen hat. Dieselbe ist seit ihrer
ersten Anwendung als Walzenzugmaschine vielerlei Umgestaltung unterworfen
worden, welche vornehmlich die Beseitigung des Uebelstandes des zu grossen
Dampfverbrauches gegenüber der Schwungradmaschine bezweckten. Die lebendige
Kraft des Schwungrades ermöglicht die Beibehaltung der zum Walzen erforderlichen
grossen Geschwindigkeit, trotz der plötzlichen grossen Kraftentnahme beim
Einstecken, und die Nachlieferung der zum Durchziehen des Walzgutes
erforderlichen Kraft kann durch eine, die Expansion des Dampfes voll ausnutzende
Maschine erfolgen, wenn deren nutzbarer Cylinderinhalt genügend gross ist. Die
Geschwindigkeit der Maschine ohne Schwungrad wird im Augenblicke des Angriffes
der Walzen vermindert und muss durch einen entsprechenden Ueberdruck auf den
Dampfkolben ersetzt werden. Je grösser dieser ist, um so eher wird der Höhepunkt
der Geschwindigkeit und damit der Beginn der Arbeit mit Expansion erreicht, denn
der Ueberdruck bedingt eine Beschleunigung der Geschwindigkeit, welche aufhört,
sobald die grösste Eintrittsgeschwindigkeit des Dampfes erreicht ist. Die
Expansion erfolgt dann allerdings nicht in der vollkommenen Weise, wie sie das
Absperren der Präcisionssteuerung einer Schwungradmaschine ergibt, aber es wird
hierdurch die Thatsache erklärt, dass die Zwillingsmaschine ohne Schwungrad bei
sehr reichlich bemessenem Cylinderinhalt und grosser Kolbenfläche für den
Walzbetrieb weniger Dampf verbraucht als bei knappen Abmessungen. Auch der
Umstand, dass das Verbundsystem für den schwungradlosen Betrieb keine günstigen
wirthschaftlichen Erfolge ergibt, findet hierdurch seine Erklärung, denn die
kleinen Kolbenflächen der Hochdruckcylinder sind für die Erzeugung eines grossen
Ueberdruckes, wie bei dem Angriffe der Walzen erforderlich, nicht geeignet, und
werden dieselben erheblich vergrössert, so tritt bereits in den
Hochdruckcylindern die Expansion ein; es kommt hier hinzu, dass bei kleinen
Walzlängen der im Receiver angesammelte Dampf gar nicht ausgenutzt werden kann.
Die Kolbengeschwindigkeit der Umsteuermaschine ist bis zu 100 Proc. grösser als
diejenige der stetig rotirenden, und die Zu- und Ausgänge der
Niederdruckcylinder erhalten in Folge dessen so gewaltige Abmessungen, dass noch
ein grosser Theil des Zwischendampfes in den schädlichen Räumen verloren geht,
wogegen dem System der Expansion in Folge der Drosselung in den Cylindern der
Zwillingsmaschine die grosse Kolbengeschwindigkeit vollkommen entspricht.
Dieselbe wird bei liegender Anordnung der Cylinder bis jetzt meistens mit zweifach
gekröpfter Welle ausgeführt und zwar auch in den Fällen, wo eine
Zahnradübersetzung, also eine zweite gradlinige Welle vorhanden ist, welche die
Bewegung auf die Walzen überträgt, wo die Enden der Maschinenwelle also die
Kurbeln tragen könnten. Hier haben die Kröpfungen nur den Zweck, den Kolbendruck
auf je zwei Lager zu vertheilen und jedes einzelne zu verkürzen, da sonst das
Erhitzen derselben schwer zu vermeiden ist. Es tritt in Folge dessen die
Schwierigkeit der gleichmässigen Anstellung von vier Lagern an einer Welle ein,
welche durch den stets in ein und derselben Richtung erfolgenden Kolbendruck
noch erhöht wird. Die grosse Länge der Welle und die entsprechende Breite der
Maschine,
sowie die Nothwendigkeit der Herstellung des kleinen Getriebes aus zwei Theilen
sind Uebelstände, welche dem Einkurbelsystem nicht anhaften und weshalb
demselben für das neue Blockwalzwerk der Gutehoffnungshütte der Vorzug gegeben
wurde. Die Maschine betreibt durch die Zahnradübersetzung von 1 : 3 von der
Achse des grossen Rades aus eine Blockwalze von 1000 Durchmesser und von der
Maschinenachse aus eine Knüppel- und Platinwalze von 700 Durchmesser. Die Kolben
haben 1250 Durchmesser und 1250 Hub, die höchste Dampfspannung beträgt 6 at
Ueberdruck, die grösste Geschwindigkeit 120 Umdrehungen in der Minute. Der
mittlere Querschnitt des Rohblockes ist 400 × 400, das Gewicht 1500 k, die
Blockwalze kann denselben auf 90 × 90 strecken, die Knüppelwalze auf 50 × 50,
wozu die ursprüngliche Wärme ausreicht, nachdem dieselbe in der
Ausgleichungsgrube eine gleichmässige Vertheilung erhalten hat. Die
Dampfmaschine entspricht den gestellten Anforderungen in vollkommenem Maasse.
Die Construction und die Ausführung der Maschine, welche durch die
Maschinenfabrik der Gutehoffnungshütte in Sterkrade erfolgte, sind den heutigen
Anforderungen entsprechend durchgeführt worden. Bei einer Walzabnahme von 0,125
in den ersten Stichen, die sich allmählich bis auf 0,2 steigert, wird die
grösste Geschwindigkeit fast augenblicklich erreicht und die Streckung in
gleichmässiger Bewegung vollzogen. Die entlasteten Cylinderschieber gestatten
eine grosse Geschwindigkeit in der Umsteuerung durch die Coulisse, deren
Bewegung mittels eines in dem Cylinder gehenden Dampfkolbens erzeugt wird.
Dieser erhält im Zustande der Ruhe den Dampfdruck stets auf beiden Seiten und
folgt bei eintretender Abnahme von einer Seite der Wirkung des Ueberdruckes so
lange, bis durch Oeffnung auf beiden Seiten der Zustand des Gleichgewichts
wieder hergestellt wird. Der auf der Bühne stehende Maschinist kann den
Walzbetrieb ebenso gut übersehen, als bei einer liegenden Zweikurbelmaschine,
und für die Wartung ist es ein besonderer Vortheil, dass jede Maschine von
freiem Raum umgeben ist, während dieselben zusammen nicht mehr Bodenfläche
bedürfen als eine einfache liegende. Der Dampfverbrauch konnte in genauer Weise
noch nicht ermittelt werden, ist aber jedenfalls massig, denn es wird während
des Betriebes keine erhebliche Abnahme bemerkt. Beide Maschinen ruhen auf einem
gemeinschaftlichen, sehr kräftig geformten Rahmen, der mit denjenigen des
Vorgeleges und der Walzenstrassen fest verbunden ist. Zur Aufnahme des
Kolbendruckes genügen zwei Lager vollkommen, weil die Richtungen desselben stets
unter 90° wechseln, also ein möglichst gleichmässiges Schmieren und Abschleissen
erfolgt. Die Achse besteht aus Flusseisen und ist aus fünf Theilen
zusammengesetzt. Die Gegengewichte sind unmittelbar mit den Kurbeln verbunden,
während sonst dafür besondere Scheiben aufgesetzt werden mussten. Bei dem aus
Stahlformguss bestehenden Zahnradgetriebe gestattete die grade Maschinenwelle
die Anwendung möglichst kleiner Durchmesser, weil das Ritzel aus einem Stücke
hergestellt werden konnte.Soviel
bekannt, wurde die Einkurbel-Zwillingsmaschine von dem Director der
Hörder Eisenhütte, R. Daelen, dem Vater des
Referenten, zum erstenmale für ein Schienenwalzwerk daselbst
eingerichtet. Die Betriebsergebnisse lassen in jeder
Beziehung auf eine richtige Lösung der vorliegenden Aufgabe schliessen.“ Wir
bemerken noch, dass der Quelle ausführliche Zeichnungen beigegeben sind.
Eine 700pferdige; stehende Zwillings-Walzwerksmaschine, von Worth, Mackenzie und Co. in Stockton-on-Tees für die Newport Rolling Mills
in Middlesbro erbaut, beschreibt The Engineer vom 12.
December 1890 (Fig. 82
und 83). Der
Durchmesser der Dampfcylinder beträgt 760 mm, der Hub 510 mm, als Schieber werden
befremdlicher Weise gewöhnliche Flachschieber benutzt. Die Kolben haben
Spiraldichtung, die sich bei ununterbrochenem zweijährigem Betriebe durchaus bewährt
haben. Die im Lauflager 220 mm starke Welle ist von Schmiedeeisen und hat eine
Radnabe von quadratischem Querschnitte mit 300 mm Durchmesser zur Aufnahme eines
Triebrades von 150 mm Zahntheilung und 780 mm Durchmesser des Theilkreises.
Textabbildung Bd. 289, S. 266
Stehende Zwillings-Walzwerksmaschine von Worth, Mackenzie und Co.
Die Lagerschalen sind von Phosphorbronze. Die Umsteuerung hat
einen Dampfcylinder von 220 mm und einen Wassercylinder von 150 mm. Das vorgelegte
Zahnrad ist zweitheilig, hat 3,85 m Durchmesser und 450 mm Breite.
Von einer Walzwerksmaschine, die von Duncan, Stewart und
Co. in Glasgow erbaut ist, gibt Engineering
vom 4. December 1891 Abbildung und Beschreibung. Jeder der beiden Cylinder hat 1067
mm Durchmesser, 1524 mm Hub. Die Kolbenstangen haben hintere Führung und sind an
diesem Ende 114,3 mm stark, während sie an dem der Zugstange zugekehrten Ende 159 mm
Durchmesser haben. Die Zugstangen sind von Mitte zu Mitte der Zapfen 3810 mm lang
und haben an dem Kreuzkopfende 184 mm, an dem Kurbelzapfenende 216 mm Durchmesser.
Der
Kreuzkopfzapfen hat 210 mm Durchmesser bei 235 mm Länge, der Kurbelzapfen
entsprechend 229 mm und 254 mm. Die Kurbeln sind von Stahl und ausgewuchtet. Die
Lagerschalen der Kurbelachse haben 406,4 mm Durchmesser bei 610 mm Länge, die Achse
ist 457,2 und in der Mitte 482,6 mm stark und trägt ein Triebrad mit Winkelzähnen,
welches bei 1092 mm Durchmesser 18 Zähne von 610 mm Breite und 190,5 mm Theilung
hat. Das zugehörige Rad hat 2730 mm Durchmesser und 45 Zähne. Die Achse des
letzteren Rades hat 508 mm Durchmesser in der Mitte, 432 mm in den Lagern bei 508 mm
Lauflänge. –
Textabbildung Bd. 289, S. 267Umsteuerung und Dampfvertheilung. Zur Umsteuerung dient die gebräuchliche Anordnung eines mit einem Wasser-
oder Oelcylinder c in Verbindung stehenden
Dampfcylinders a, wie aus Fig. 84 und 85 zu ersehen ist. Die
Umsteuerung und Dampfvertheilung erfolgt durch Stephenson'sche Coulissen, welche von dem Dampfcylinder aus mittels dessen
Kolbenstange durch ein Gleitstück, sowie durch zwei Schubstangen b und Winkelhebel bewegt werden. Um eine zu starke
Beschleunigung des Kolbens durch den an einem der Cylinderenden eintretenden Dampf
zu verhüten, dient der Cataract c, ein mit Oel
gefüllter Cylinder, in welchem sich ein an der Dampfkolbenstange befestigter Kolben
bewegt; die beiden Enden des Cylinders c stehen durch
ein Rohr in Communication, in welchem sich ein stellbares Ventil d befindet, mittels dessen die Geschwindigkeit regulirt
wird.
Indessen ist eine solche Regulirung, wie sich bei wirklichen Ausführungen zeigt, doch
eine unvollkommene und es treten zu Ende des Hubes noch immer Stösse ein. Bei der
vorliegenden Einrichtung wird nun der Dampfeintritt in den Umsteuerungscylinder
selbsthätig vor Ende des Hubes gesperrt und der Kolben dadurch zum Stillstand
gebracht, welcher daher ohne Stoss eintreten wird. Im Schieberkasten des Cylinders
a befinden sich zwei Schieber, von welchen der eine
e in einer Höhlung des anderen f gleitet. Die Schieberstangen sind ausserhalb des
Kastens durch einen Support geführt und an diesem die Achsen zweier Hebel gelagert.
Der eine g derselben ist ein Winkelhebel, welcher
mittels der Zugstange h und eines Handhebels von dem
auf einer Plattform oberhalb des Apparates stehenden Maschinenwärter bewegt wird und
den Schieber e verstellt; der zweite Hebel i ist einarmig, bewegt den Schieber f und wird durch eine Zugstange h mit dem Gleitstück verbunden.
Bewegt man mittels g und h
den in der Mittelstellung gezeichneten Schieber e z.B.
gegen die rechte Seite, so wird der Dampfkolben in der gleichen Richtung bewegt,
durch das Gleitstück und die Stange h aber der Hebel
i gedreht, der Schieber s folgt dem anderen e nach und schliesst
dadurch Ein- und Ausströmung; der Kolben wird ohne Stoss angehalten und bleibt im
Stillstand, bis der Schieber e wieder in
entgegengesetzter Richtung verstellt und dadurch die umgekehrte Bewegung des Kolbens
hervorgerufen wird.
Die Einrichtung hat sich als sehr bequem für den Gebrauch bewährt.
In dem Blechwalzwerk von Schulz-Knauf, A. G. in Essen a.
d. Ruhr, wird die Hauptwalzenstrasse von einer liegenden Dampfmaschine mit
Umsteuerung getrieben, die ihre Bewegung auf ein grösseres Zahnrad im Verhältniss
von 1 : 3 überträgt. Der Durchmesser der Dampfcylinder ist 945 mm, der Hub 1410 mm.
Die in allen Theilen sehr kräftig gebaute Maschine wurde von der Essener Maschinenfabrik (jetzt Union) gebaut und hat sich gut bewährt. Die Umsteuerung derselben wird
mittels Dampf bewirkt unter Zuhilfenahme eines Wasserdruckcylinders. Die von dem
verstorbenen Besitzer A. Knaudt und dem Ingenieur Blass auf Grund eingehender Studien in englischen
Walzwerken entworfene Maschine hat als Vorbild zu vielen derartigen Maschinenanlagen
auf deutschen Hüttenwerken gedient. Die zugehörige Walzenstrasse hat Walzen von
2200, 2900 und 3500 mm Länge.
Letzteres Walzwerk hat einen Tisch mit mechanisch betriebenen Rollwalzen. Die
Einstellvorrichtungen der oberen Walzen werden durch eine besondere
Zwillingsmaschine mit schräg zu einander angeordneten Cylindern mittels passender
Uebersetzung angetrieben. Die bereits erwähnten, an den Spindeln befestigten
Theilscheiben dienen auch hier zur Beurtheilung der Blechdicke.
Eine von Lamberton und Co. in Sunnyside Engine Works Coatbridge
für die Steel Comp. of Scotland angefertigte
Zwillingsmaschine hat Cylinderdurchmesser von 1219 mm und 1372 mm Hub, arbeitet mit
7 k/cm und
entwickelt 4500 . Der Umsteuerungscylinder hat 305 mm Durchmesser. Das ganze
Gewicht der Maschine beträgt 230 t. Die Auflagerrahmen sind 12 m lang und wiegen
zusammen 80 t.
Textabbildung Bd. 289, S. 268Fig. 86.Betriebsmaschine der Melyn tin plate works. Bei einer Maschine von E. P. Allis und Co.
der Reliance Works in Milwaukee ist besonders dem
Umstände Rechnung getragen, dass die Walzwerksmaschinen ihren Gang häufig
unterbrechen müssen und daher stets von dem Condensationswasser des Cylinders
gefährdet sind. Die zur Verwendung gekommene Steuerung liegt aus diesem Grunde
unterhalb des Cylinders. Die Maschine macht 110 Umdrehungen in der Minute, hat 1016
mm Cylinderdurchmesser, 1524 mm Hub. Nähere Angaben finden sich in Iron vom 20. April 1888. Eine Zwillingsmaschine
derselben Firma ist in Iron vom 15. Juni 1888
beschrieben und abgebildet worden.
Eine kräftig gehaltene Betriebsmaschine ist nach The
Engineer vom 2. December 1892 von Galloways
Lim, in Manchester für das Feinblechwalzwerk Melyn
tin plate works gebaut worden. Die Cylinder haben 1016 mm Bohrung, der Hub
beträgt 1372 mm. Die Achse ist mit nur einer
Doppelkurbel versehen, während der links befindliche Cylinder auf einen in einer
Kurbelscheibe befindlichen Kurbelzapfen wirkt. Die Kurbelscheibe ist zur Auswuchtung
der ganzen Achse benutzt worden. Die Walzenstrasse schliesst an das rechts
befindliche Ende der Hauptachse an. Fig. 86 gibt eine
Darstellung der gedrängten Anordnung der Maschine.
Bemerkenswerthe neuere Walzwerksmaschinen beschreibt Stahl
und Eisen in Nr. 5 vom 1. März 1893. Dieselben sind in dem neuen
WalzwerkVgl. Stahl und Eisen, 1893 Nr. 1 S. 12.
des Hörder Bergwerks- und Hüttenvereins zum Betriebe
zweier Walzenstrassen aufgestellt, von denen die eine zum Vor walzen; die andere zum
Fertigwalzen dient.
Das Vorwalzen der gegossenen Blöcke erfolgt auf einem Blockwalzwerk mit Duogerüsten
für 1,100 Mittelabstand der Kammwalzen mit Reversir-Zwillingsmaschine von 1200 mm
Kolbendurchmesser und 1300 mm Kolbenhub, welche mittels Zahnräderübersetzung von 21
zu 52 auf die untere Kammwalze einwirkt.
Diese Maschine ist ohne Condensation für 6,5 at Dampfüberdruck gebaut, hat Mantel-
und Deckelheizung der Cylinder und eine Kolbensteuerung mittels Allan-Coulissen für
60 bis 90 Umdrehungen in der Minute. Die Kurbelachse hat in den Läufen 450 mm
Durchmesser; die Vorgelegeachse 425 mm. Die Firma Ehrhardt
und Schmer in Schleifmühle bei Saarbrücken hat nach dem gleichen Modell im
Ganzen sieben Stück dieser Maschinen geliefert, welche sämmtlich im Betriebe sehr
befriedigen.
Zum Fertigwalzen dient eine Duostrasse mit 900 mm Kammwalzmittelabstand. Dieselbe
soll zum Auswalzen von Knüppel, Platinen, Schienen und Schwellen dienen. Es ist
vorgesehen, dass auf der anderen Seite der Maschine eine weitere Strasse
angeschlossen werden kann, um Flusseisenträger bis zu 400 mm Höhe auszuwalzen. Der
Antrieb dieser Strasse geschieht durch eine Reversir-Drillingsmaschine (Fig. 87, 88 und 89) von 1,300 m
Kolbendurchmesser und 1,300 m Kolbenhub, welche ohne Condensation für 8 at
Dampfüberdruck und für 50 bis 90 Umdrehungen in der Minute gebaut ist. Diese
gewaltige Maschine greift mittels Kuppelspindeln direct an der unteren Kammwalze an.
Die drei Dampfcylinder sind einander gleich, sie haben Mantel- und Deckelheizung und
sind mit ihren Stirnenden gegen die Endflanschen der drei Hauptgestelle geschraubt,
genau centrisch mit der gebohrten Kreuzkopfführung. Diese drei Hauptgestelle mit den
Kreuzkopfführungen gabeln sich nach vorn zu je zwei Achslagern aus, so dass die
gekröpfte Hauptachse in sechs Lagern läuft. Dieselbe hat in den Läufen 520, in den
Kröpfungshälsen 525 mm Durchmesser und besteht aus drei ganz gleichen Theilen,
welche mittels Flanschen und konischer Bolzen unter 120° Kurbelstellung unter sich
verkuppelt sind. Jedes Achsende trägt eine Ausrückkuppelung aus Stahlguss, welche
mittels Kuppelspindel die untere Kammwalze bethätigt. Trotzdem die drei Kröpfungen
dieser Achse unter 120° stehen, sich also das Gleichgewicht halten, sind aus
Rücksicht auf die grossen Massen von Lenkstange, Kreuzkopf, Kolbenstange und Kolben
und deren grosse Geschwindigkeit rechts und links von jeder Kröpfung mächtige
Gegengewichtsmassen in Scheibenform mit der Achse verbunden.
Um die genaue Uebereinstimmung der sechs Lager dieser Hauptachse zu sichern, sind
dieselben an ihrer Stirnseite mit einem starken Querbalken verschraubt und so
construirt; dass die Nachstellung derselben niemals die Lagermittel aus der
richtigen Linie herausbringen kann. Unter 45° nach aufwärts trägt jeder Cylinder ein
Gehäuse mit der Kolbensteuerung. Die Bewegung der drei Steuerkolben geht von einer
besonderen Steuerachse aus, welche parallel der Hauptachse auf den Hauptachslagern
verlagert ist und durch Stirnräder angetrieben wird. Die Umsteuerung erfolgt durch
Stephen-son-Coulissen, welche mittels quer unterhalb der Maschine liegender Achse
durch eine besondere Umsteuermaschine gehoben und gesenkt werden.
Die Umsteuermaschine liegt auf der Maschinensohle parallel und seitlich des einen
Dampfcylinders, so dass sie von dessen hochliegendem Steuergehäuse überragt ist.
Der Wärterstand ist seitlich der Maschine hoch über der Hauptachse angeordnet, so
dass der Wärter sowohl die ganze Maschine, als auch beide Seiten der Walzstrassen
übersieht. Auf demselben befinden sich: ein Handhebel zum Oeffnen und Schliessen der
drei Dampfabsperr-Regulirventile, von denen je eines dicht am Steuergehäuse des
Dampfcylinders sitzt; ferner der Steuerhebelgriff, durch welchen die
Umsteuermaschine in solcher Weise bewirkt wird, dass die Grösse des Ausschlages der
Coulissen stets genau mit dem Ausschlage des Hebels übereinstimmt. Eine sehr
einfache Einrichtung bewirkt, dass der Wärter aus Bequemlichkeit den Hebel stets auf
65 Proc. Füllung der Dampfcylinder ausschlägt, aber jederzeit in der Lage ist,
bis 80 Proc. Füllung zu geben. Der Umsteuerhebel geht nämlich sehr leicht bis
zu derjenigen Ausschlaggrösse, welche 65 Proc. Füllung gibt. Um 80 Proc. Füllung zu
erreichen, muss der Ausschlag noch grösser gemacht und gleichzeitig ein Gewicht
gehoben werden, so dass der Wärter die 80 Proc. Füllung nur durch eine grössere
Anstrengung erreichen kann, als wenn er nur 65 Proc. Füllung gibt.
Die Umsteuermaschine erlaubt ausserdem die Einstellung auf 70 Proc. Maximal- bezieh.
55 Proc. Normalfüllung in Fällen, in denen leichtere Profile ausgewalzt werden. Die
Wasserablasshähne der Dampfcylinder sind von der Wärterbühne aus mit einem Griff
stellbar. Zur Bequemlichkeit der Wartung dienen ferner noch Treppen und
Wandelbühnen, welche alle zu schmierenden Theile gut erreichen lassen.
Textabbildung Bd. 289, S. 269Hörder Reversir-Drillingsmaschine. Zufolge dieser Einrichtung in Verbindung mit richtig durchgeführter,
wirksamer Mantel- und Deckelheizung der Dampfcylinder, sowie zweckmässiger
Dampfvertheilung arbeiten derartige Maschinen thatsächlich sehr ökonomisch.
Es ist eine viel verbreitete Ansicht, dass eine Drillings-Reversirmaschine gegenüber
dem Zwilling wenig Vortheile biete, dagegen viel complicirter und theurer sei. Bei
eingehender Verfolgung der Frage gelangt man jedoch zu anderem Ergebniss. Auf der
beigegebenen Textzeichnung sind die kritischen Kurbelstellungen von Zwilling und
Drilling schematisch dargestellt. Als Grundlage zu dieser Darstellung hat der
Umstand gedient, dass bis jetzt keine brauchbare Umsteuerung existirt, welche noch
bei 55 bis 65 Proc. Füllung gute Dampfvertheilung gibt und gleichzeitig mehr als 80
Proc., höchstens 85 Proc., grösste Füllung erlaubt. Letztere Füllung entspricht
einem Kurbelweg von
135°, so dass also die 45° Stellung der Kurbel als die Grenze anzusehen ist, bei
welcher eine kleine Verstellung nach vorwärts oder rückwärts bedingt, dass der
betreffende Dampfcylinder noch Admissionsdampf erhalten kann oder nicht.
Dadurch entstehen die beiden Grenzfälle des Zwillings nach Fig. 90I und 90II, welche der Reihe nach die Momente geben:
M1= 0,6 PR
M2 = 0,3 PR
M3 = 0,8 PR
und
M4= 0,4 PR
wobei P den Gesammtdampfdruck auf
die zwei Kolbenflächen und R den Kurbelhalbmesser
bedeutet. Die Zahlen sind abgerundet, aber im Vergleich zu den thatsächlichen
Verhältnissen reichlich genau genug.
Textabbildung Bd. 289, S. 270Schematische Darstellung der kritischen Kurbelstellungen.A Wirksame Hebellänge 0,6 R. B.
Wirksame Hebellänge abgerundet = 0,8 und 0,8. C. Wirksame Hebellänge 0,3 R,
0,6 R und 0,9 R. D. Wirksame Hebellänge beide = 0,94 R. – a. Zwilling. b.
Drilling. Setzt man beim Drilling denselben Kurbelhalbmesser voraus und bezeichnet
mit P den Gesammtdampfdruck auf die drei Kolbenflächen
(nimmt also an, dass die zwei Kolbenflächen des Zwillings gleich den drei
Kolbenflächen des Drillings sind), so gibt Fig. 90III in gleicher Weise für den Drilling die
Momente:
M5 =
0,6 PR und M6 = 0,4 PR
Verfolgt man in gleicher Weise die Fig. 90III, wenn die Kurbeln gerade
entgegengesetzt stehen, so erhält man die Momente:
M_7=(0,8\,R\,\times\,1,0\,R+0,2\,R)\,\frac{P}{3}=0,666\,P\,R
und
M_8=(0+1,0\,R+0,2\,R)\,\frac{P}{3}=0,4\,P\,R
und endlich gibt Fig. 90IV die Momente:
M9 = 0,627 PR.
Man sieht aus dieser Zusammenstellung der kritischen Momente, dass beim Zwilling das
Verhältniss des Maximalmomentes zum Minimalmoment
=\frac{M_3=0,8}{M_2=0,3} ein viel grösseres ist, als beim
Drilling mit \frac{M_7=0,666}{M_6=0,4}
Daraus folgt als selbstverständlich ohne weiteres, dass der Drilling viel gleich
massiger umläuft, als der Zwilling.
Der Hauptvorzug des Drillings gegenüber dem Zwilling ist aber der Umstand, dass das
Minimalmoment M6 des
Drillings = 4/3mal
dem Minimalmoment M2
des Zwillings ist.
Wenn also die Walze gerade in dem Moment das Walzstück fasst, in dem die Maschine in
ihrer ungünstigsten Stellung steht, so ist der Drilling bei gleicher
Gesammtkolbenfläche 4/3mal so stark als der Zwilling. Die Cylinderabmessungen direct
angreifender Maschinen müssen aber so gross genommen werden, dass die Maschine in
jeder Stellung im Stande ist, das von den Walzen gefasste Stück durchzuziehen. Sie
hängen also von dem Minimalmoment der Maschine ab. Für die gleichen
Walzenwiderstände kann also die Gesammtkolbenfläche des Drillings ¾ von der des
Zwillings betragen, ein Umstand, der von ausschlaggebender Bedeutung ist.
Für gleiche Arbeitsleistung kann ein Drilling mit demselben Gesammtinhalt der
Cylinder stärker expandiren als der Zwilling. Beachtet man den ferneren Umstand,
dass der Wärter jederzeit grosse Füllung geben kann, so folgt daraus, dass der
Drilling viel sicherer walzen wird als der Zwilling und wesentlich weniger Dampf
verbraucht.
Diese theoretischen Schlussfolgerungen haben sich vollständigbestätigt an dem ersten
Reversir-Drilling mit directem Angriff, den die Firma Ehrhardt und Sehmer im J. 1882 für die Firma Gebrüder Stumm in Neunkirchen lieferte. Derselbe hat nur 1,100 m
Kolbendurchmesser bei 1,200 m Hub, also nur ⅔ des Cylinderinhalts der
vorbesprochenen Maschine. Trotzdem walzt er bei 5 at Dampfüberdruck flott und anstandslos
Stahlschienen, Flusseisenschwellen und ⌶-Träger bis 320 mm Höhe. Gegenüber direct
angreifenden Zwillingsmaschinen läuft derselbe auffallend ruhig und gleichmässig um,
steuert sich sehr leicht und sicher und hat massigen Dampfverbrauch.
Die Betriebsresultate dieses ersten Drillings sind in jeder Hinsicht so günstig, dass
seitdem noch drei weitere Maschinen nach dem gleichen Modelle nachbestellt worden
sind.
Wenn man von den Leistungen dieses kleineren Drillings ausgeht und die
Cylinderabmessungen des Drillings für den Hörder Bergwerks-
und Hüttenverein vergleicht, welcher zudem für 8 at Dampfüberdruck
berechnet ist, so ist zu erwarten, dass diese Maschine auch sehr hochgespannten
Anforderungen an ihre Leistungsfähigkeit gerecht werden wird.