Titel: | Zur Technologie des Glases. |
Fundstelle: | Band 289, Jahrgang 1893, S. 284 |
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Zur Technologie des Glases.
(Fortsetzung des Berichtes S. 254 d.
Bd.)
Zur Technologie des Glases.
Wirkung von Flüssigkeiten auf die Glasoberfläche.
Den Angriff des Glases durch Wasser bestimmt E. Pfeifer aus der Zunahme des elektrischen
Leitungsvermögens von Wasser, welches mit dem Glase in Berührung gestanden hat. (Wiedemann's Annalm, Bd. 44
S. 239.)
Ebenso bietet nach F. Kohlrausch die Leitfähigkeit des Wassers das bequemste Hilfsmittel, um
den Vorgang der Lösung von Glassubstanz in Wasser zu
verfolgen. (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1891 S. 3561.)
Die in Folgendem vorkommenden Leitvermögen K gelten für
18° C. und beziehen sich auf Hg von 0° C., sind aber mit 1010 multiplicirt. Das reinste Wasser, welches man
in grösseren Mengen herstellen kann, hat ungefähr K =
1; der Werth ist überall schon von dem beobachteten Leitvermögen der Lösung
abgezogen worden.
Würde das Gelöste aus Na2SiO3 bestehen, so würde man die gelöste Menge Substanz
in Milligramm auf das Liter durch Multiplication von K
mit 0,5 erhalten; K2SiO3 würde etwa 0,64 als Factor haben. Reines NaHO würde den Factor 0,22, KHO
0,28 erhalten.
Ist mehr Kieselsäure in Lösung, so wird der Factor grösser. Wie man sieht, schwankt
derselbe bedeutend. Durch Eindampfen wurde nun thatsächlich der Factor für einige
Lösungen von Gläsern bestimmt:
Milligramm auf das Liter
Schlechtes Flaschenglas
0,48
Mittleres „
0,63
Bestes „
1,8
Schlechtes Thüringer Glas
0,4
Mittleres „ „
0,7
Bestes „ „
0,8
Gehlberger Glas
0,9
Jenaer Normalglas
0,73
Böhmisches Kaliglas
2,2
Sehr lösliches Kalikronglas
0,41
„ „ Borflintglas
5,2
Es folgt daraus, dass die schlechteren Gläser theilweise freies Alkali in Lösung
geben, die besseren einen Ueberschuss von Kieselsäure.
30 Glassorten bekannter Zusammensetzung wurden in feinstes Pulver verwandelt; die
Oberfläche von 1 g Pulver war nach mikroskopischer Schätzung von der Ordnung eines
Quadratmeters.
Diese Pulver wurden mit der 100fachen Menge Wassers je 8 Tage lang unter öfterem
Umschütteln behandelt. Die Lösungsgeschwindigkeit nahm rasch ab, und zwar je besser
das Glas, um so rascher. Bei schlechten Gläsern ist sowohl die erste Menge, als auch
das nachträglich in Lösung Gehende beträchtlich.
Folgende Zahlen beziehen sich auf Pulver, deren Reductionsfactor vom Leitvermögen auf
die gelöste Menge bestimmt worden war. Die römischen Zahlen bedeuten die Nummer des
Aufgusses.
Tabelle I.
I
II
III
K
mg/l
K
mg/l
K
mg/l
SchlechtesFlaschenglas:
2 Minuten
120
50
58
24
47
23
1 Stunde
256
123
110
53
105
51
1 Tag
580
278
250
120
187
90
8 Tage
1060
510
590
280
420
202
BestesFlaschenglas:
2 Minuten
35
63
6,0
11
1,4
2,5
1 Stunde
47
79
8,0
15
2,0
3,6
1 Tag
77
138
17
36
4,4
7,9
8 Tage
113
203
31
56
12
22
BöhmischesKaliglas:
2 Minuten
33
73
3,7
8,1
2,7
5,9
1 Stunde
43
92
5,0
11
3,6
7,9
1 Tag
75
165
12
26
6,6
16
8 Tage
112
246
44
97
28
62
JenaerNormalglas:
2 Minuten
46
34
3,4
2,5
2,0
1,5
1 Stunde
62
45
6,5
4,7
3,0
2,2
1 Tag
88
64
15
11
6,4
4,7
8 Tage
130
59
36
26
20
15
Die „Hartnäckigkeit der Auflösung“ von Glas ist bei verschiedenen Gläsern, wie
man sieht; sehr verschieden. Das schlechte Flaschenglas gibt bei dem dritten Aufguss
noch ⅖ von dem beim ersten Aufguss Gelösten, das beste hingegen nur 1/9.
Von den übrigen Glaspulvern wurde vor der Behandlung mit der 100fachen Wassermenge
ein erster, einmaliger Aufguss mit der 20fachen Menge hergestellt, um concentrirtere
Lösungen zu erhalten. Dabei entstanden in 2 Tagen Lösungen, die bei den schlechtesten
Kalksiliciumgläsern 1200 mg im Liter enthielten, bei mittleren 400, bei den besten
200 mg im Liter. Von den schwersten Bleisilicatgläsern löste sich dauernd
verschwindend wenig.
Um die dem Wasser ertheilten Leitvermögen zu vergleichen, ist in folgender Tabelle II
unter k0 das
Leitvermögen des ersten Aufgusses der 20fachen Wassermenge angegeben. Unter K steht dann die Summe der drei Leitvermögen, welche
bei den drei ersten Aufgüssen der 100fachen Wassermenge in je 8 Tagen entstanden,
vermehrt um den fünften Theil von k0. Unter k∞ steht
endlich das Leitvermögen, welches nach etwa ½jährigem Auslaugen (mit 4- bis 6mal
erneutem Wasser) ein neuer Aufguss der 100fachen Wassermenge in 8 Tagen erhielt.
Tabelle II.
Textabbildung Bd. 289, S. 284Glaspulver; Spec. Gewicht;
Zusammensetzung nach Aequivalentverhältnissen; Leitungsvermögen; Gelöste
Menge in Procenten der ursprünglichen Menge; Kali; Alkali; ZnO; MO; SiO2; B2O3; Spec. Zinkbariumkronglas, Jena;
Schwerstes Bariumkronglas, Jena; Bariumkronglas, Jena; Gewöhnliches
Zinkkronglas, Jena; Bestes Flaschenglas; Jenaer Normalglas; Englisch
Kronglas, Jena; Borsiliciumkronglas, Jena; Thüringer Glas A, aus Gehlberg;
Böhmisches Kaliglas; Thüringer Glas B; Feil's
Kronglas, Jena; Thüringer Glas C; Thüringer Glas D; Engl. Kronglas mit
Baryt, Jena; Mittleres Flaschenglas; Thüringer Glas E; Thüringer Glas F;
Schlechtes Flaschenglas; Kalikronglas, Jena; Bleigläser:; Schwerstes
Flintglas, Jena; Sehr schweres Flint, Jena; Gewöhnliches Flint, Jena; Engl.
leicht Flint, Jena; Extra leicht Flint, Jena; Bleikrystallglas; Gläser ohne
Kieselsäure:; Phosphatkronglas, Jena; Boratflintglas, Jena In der Tabelle ist auch das specifische Gewicht und die chemische
Zusammensetzung der Gläser aufgenommen. Unter Alkali steht die Summe K2O + Na2O; unter MO
die Summe der anderen Metalloxyde; enthält das Glas keinen Kalk, so bekommt die Zahl
einen Stern *. Die Zahlen bedeuten nicht Gewichtsverhältnisse, sondern
Aequivalentverhältnisse, auf die Summe 100 berechnet. Sie müssen also, um in
Gewichtsverhältnisse verwandelt zu werden, mit dem Aequivalentgewicht multiplicirt
werden.
Bessere Gläser werden im Allgemeinen in der Art ausgelaugt, dass sie nach längerem
Verweilen in Wasser gegen einen weiteren Angriff widerstandsfähiger werden. Eine
Ausnahme hiervon bildet das englische Kronglas, bei dem sich trotz ½jähriger
Berührung mit Wasser eine beträchtliche Löslichkeit (k∞
= 80) herausstellt.
Höhere Temperatur begünstigt ausserordentlich die Löslichkeit von Glas in Wasser. 1°
C. erhöht die Geschwindigkeit, in ungefähr geometrischem Verhältniss wachsend, um
etwa 17 Proc.
Bei 80° C. wurde während 7 Stunden aus dem ausgelaugten Glaspulver fast halb so viel
gelöst wie in einem halben Jahr bei 18°.
Vergleichende Versuche erwiesen ferner, dass die Gläser sich nach ihrer
hygroskopischen Beschaffenheit wesentlich ebenso ordnen, wie nach ihrer
Löslichkeit.
Ueber die Zusammensetzung des für chemische Geräthe
geeigneten Glases sprach R. Weber auf der
Hauptversammlung der Gesellschaft für angewandte Chemie (Zeitschrift für angewandte Chemie, 1891 S. 662). Die Klagen über
ungenügende Widerstandsfähigkeit vieler im Handel vorkommender, für chemische
Arbeiten bestimmter Glasgefässe haben sich in neuerer Zeit wiederholt.
Das Glas einer feingetheilten Burette, die nach längerem Gebrauch ganz trübe wurde,
so dass man die Theilung kaum ablesen konnte, hatte folgende Zusammensetzung:
SiO2
69,86
Al2O3, Fe2O3
1,05
CaO
3,23
K2O
8,86
Na2O
17,00
Daraus berechnet sich das Atomverhältniss von
SiO2
: CaO
:\ \left\{{{{\mbox{K}_2\mbox{O}\
\,}\atop{\mbox{Na}_2\mbox{O}}}
15,5
1
4,9
Hiernach liegt ein mit Alkali derart übersetztes, dem Wasserglase ähnliches Material
vor, dass „man es thatsächlich unter Händen haben musste, um solchen Unfug als
glaubhaft anzuerkennen“. Das gleiche Urtheil gebührt dem Material einer
Kochflasche, das sich nach 4wöchentlichem Stehen mit Wasser an der Innenfläche mit
einer gelatinösen Schicht bedeckt hatte. Der Kolben hatte bei einer zweiten Füllung
0,162 g Substanz an das Wasser abgegeben. Die Analyse ergab folgendes Resultat:
SiO2
74,2
Al2O3, Fe2O3
0,4
CaO
5,8
K2O
7,3
Na2O
12,2
Das Atomverhältniss ist:
SiO2
: CaO
:\ \left\{{{{\mbox{K}_2\mbox{O}\
\,}\atop{\mbox{Na}_2\mbox{O}}}
11,8
1
2,64
Ein solches Glas wurde aus einem Materialgemenge erhalten von:
100
Sand,
14
Kalkspath,
14,5
Potasche,
28,0
Soda.
Es ist jedem Praktiker ersichtlich, dass solches Gemenge kein gutes Glas geben
kann.
Die Analyse zweier guter Gläser ergab:
Hohlglas vonStutzerbach
Anderes
SiO2
73,2
72,1
Al2O3, Fe2O3
2,0
1,4
CaO
9,1
11,5
K2O
1,7
5,6
Na2O
13,9
10,06
Das Atomverhältniss ist:
SiO2
: CaO
:\ \left\{{{{\mbox{K}_2\mbox{O}\
\,}\atop{\mbox{Na}_2\mbox{O}}}
7,6
1
1,4
5,8
1,0
1,0
Die Analyse eines Glases älterer Abkunft, aus dem Geräthe angefertigt wurden, welche
bei langem Stehen an freier Luft nicht beschlugen, den Staub nicht fixirten und
dabei vom Säuredunst nur verschwindend angegriffen wurden, hatte folgende
Zusammensetzung:
SiO2
71,1
Al2O3, Fe2O3
1,9
CaO, MgO
9,7
K2O
6,7
Na2O
10,6
mit dem Atomverhältniss:
SiO2
: CaO
:\ \left\{{{{\mbox{K}_2\mbox{O}\
\,}\atop{\mbox{Na}_2\mbox{O}}}
7,2
1
1,34
Ein Kolben aus diesem Glas von 100 cc Inhalt gab bei 6stündigem Kochen nur 0,008 g an
das Wasser ab. Das Glas lässt sich noch ohne besondere Schwierigkeiten
bearbeiten.
In einer weiteren Mittheilung (Zeitschrift für angewandte
Chemie, 1892 S. 456) macht R. Weber darauf
aufmerksam, dass bei besseren Gläsern der Kalkgehalt gesteigert werden müsse. In
einer grösseren Tabelle wird der Gewichtsverlust, welchen Kolben bekannter
Zusammensetzung von 100 cc Inhalt bei 5 Stunden langem Kochen mit Wasser
beziehungsweise 3stündigem Kochen mit verdünnten Säuren erleiden, angegeben.
Wir finden darin für den Angriff der Glaskolben durch Wasser die folgenden Zahlen:
62, 31, 29, 17, 13, 9, 7, 5, 4 (Gewichtsverlust in Milligramm), für eine Lösung von
2 Proc. kohlensaurem Natron die Zahlen: 283, 160, 130, 124, 50,45,42, 26, 25
(Gewichtsverlust in Milligramm bei 3 Stunden langem Kochen). Die ersten Zahlen
dieser Reihen beziehen sich auf schlecht zusammengesetztes Glas, die letzteren auf
besser zusammengesetztes. Die Wirkungsintensität der alkalischen Flüssigkeiten ist
demnach bedeutend grösser als die des Wassers und beziffert sich auf den 4- bis
6fachen Betrag.
Für besondere Fälle sind Gläser von sehr hoher Widerstandsfähigkeit gegen
Flüssigkeiten wünschenswerth. Für diese Zwecke dürften die folgenden drei Glassorten
zu empfehlen sein: ein thonerdehaltiges Grünglas, ein Fensterglas oder das Glas
einer strengflüssigen böhmischen Verbrennungsröhre. Das Resultat ergibt folgende
Tabelle:
Abnahme eines 100-cc-Kolbens in Milligramm.
Wirkung von:
Glasarten
11
12
13
Wasser 5 Stunden
3½
1
½
Schwefelsäure 25 Proc. 3 Standen
2
½
¼
Salzsäure 12 Proc. 3 Stunden
3½
½
½
Ammoniak 10 Proc. 3 Stunden
6
3½
4
Phosphorsaures Natron 2 Proc. 3 Stunden
10
15
5
Soda 2 Proc. 3 Stunden
10
30½
22
Zusammensetzung
Glasarten
11
12
13
SiO2
61,8
71,22
79,8
Al2O3
6,0
1,5
0,9
CaO
16,0
15,0
6,5
MgO
4,0
–
–
K2O
–
–
13,3
Na2O
12,1
12,3
–
Die Widerstandsfähigkeit der drei Glassorten ist überraschend gross. Von Interesse
ist der Umstand, dass das thonerdehaltige Glas 11 von Wasser stärker; von Alkalien
aber bedeutend weniger angegriffen wird, als die beiden anderen Gläser.
Die Untersuchung, welche an Glasarten, deren chemische Zusammensetzung in den
Tabellen wiedergegeben ist, ausgeführt wurde, ergab auch, dass jene Gläser, welche
über directem Feuer oder auf der Asbestplatte erhitzt werden, viel stärker
angegriffen werden, als jene, welche man in Wasserbädern u. dgl. auf constanter
Temperatur erhält; demgemäss wurde, um den Verhältnissen der Praxis gerecht zu
werden, die Versuchsreihe mit Kolben angestellt, die auf einem Asbestschälehen 3
bezieh. 5 Stunden erhitzt wurden. Das verdampfende Wasser wurde von Zeit zu Zeit
ersetzt.
Aus diesen Arbeiten ergibt sich Folgendes: Das Verhältniss von Kieselsäure zu Kalk
und Alkali soll sich dem Ausdrucke:
6SiO2 : 1CaO : 1,3 bis 1,5
Alkali
nähern.
Etwas höhere Alkalibeträge können durch Steigerung der Kieselsäure verbessernd
influirt werden. Das hat indessen seine Grenzen, denn selbst sehr saure Silicate
können bei falschem Kalk- und Alkaliverhältniss mangelhaft sein. Bei Fenster- und
Spiegelglas überschreitet die Atomzahl des Alkalis die des Kalkes; dann wird aber
das Glas so schwer schmelzbar und zum Entglasen geneigt, dass es sich nicht vor der
Lampe verarbeiten lässt.
Ein Glas (Nr. 10) von der Zusammensetzung:
SiO2
74,4
Al2O3
0,7
CaO
8,8
K2O
4,4
Na2O
11,6
mit dem Molekularverhältniss:
SiO2
: CaO
:\ \left\{{{{\mbox{K}_2\mbox{O}\
\,}\atop{\mbox{Na}_2\mbox{O}}}
8
1
1,5
zeigt ausreichende Widerstandsfähigkeit gegen chemische
Einflüsse. Bei höherem Kalkgehalte würde das Glas noch weniger von Reagentien
angegriffen werden, der Darstellung solchen Glases würden dagegen erhebliche
Schwierigkeiten entgegenstehen; auch würde sich bei solchen Gläsern der Uebelstand
der Sprödigkeit in erheblichem Maasse zeigen.
Glas Nr. 10 dagegen entspricht allen Anforderungen.
Für einen ganz speciellen Zweck; so für die Leitung heisser, das Glas stark
angreifender Dämpfe, dürfte dagegen Glas Nr. 13 anzurathen sein. Die allgemeine
Verwendung dieses Glases für chemische Geräthe ist indessen in Folge seiner
Schwerschmelzbarkeit ausgeschlossen. (Weber und Sauer, Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1892 S. 70 und 1814; vgl. auch Weber, Sprechsaal, 1891
Nr. 14.)
Ueber eine zweckmässige Zusammensetzung des Glases für
mikroskopische Objectträger und Deckplättchen von R. Weber (Sprechsaal, 1892 S. 629).
Unter Umständen wirkt die Glassubstanz der Objectträger und Deckplättchen nachtheilig
auf die Beschaffenheit der von ihnen eingeschlossenen Präparate.
Besonders geschätzt ist das englische Deckglas; dasselbe behält an der Luft seinen
Glanz bei; das deutsche Fabrikat dagegen beschlägt an der Luft.
Die Analysenresultate beider Gläser sind in Folgendem gegeben:
Englisches Deckglas
Deutsches Deckglas
SiO2
72,34
72,53
74,77
Al2O3
0,58
0,95
0,45
CaO
13,09
12,96
10,75
Na2O
13,52
13,56
13,50
K2O
0,47
–
0,20
MgO
–
–
0,33
––––––––––––––––––––––––––––––––––
100,00
100,00
100,00
Das Molekülzahlverhältniss ist:
SiO2
: CaO
:\ \left\{{{{\mbox{K}_2\mbox{O}\
\,}\atop{\mbox{Na}_2\mbox{O}}}
4,7 : 1 : 0,9
6,6 : 1 : 1,1
Trotz der geringen Differenzen in der Zusammensetzung verhalten sich beide Glasarten
verschieden bei ihrer Verwendung.
Bildung zeolithischer Verbindungen durch Wirkung des
Wasserdampfes auf mangelhaftes Glas von R.
Weber (Sprechsaal, 1891 S. 589).
Conservegläser aus schlechtem Glas bedeckten sich während der Sterilisationsoperation
an der äussersten Oberflächenschicht mit krystallinischen Entglasungsproducten, in
Folge der Einwirkung von Wasserdampf. Das Glas hatte das Molekülverhältniss:
SiO2
: CaO
: Na2O
9,6
1
3,2
Das chemische Verhalten des Glases gegen Wasser und wässerige
Lösungen wurde von F. Förster (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1892 S.
2491) eingehend studirt.
Verfasser füllte Glasröhren zu ¾ mit destillirtem Wasser und setzte diese Röhren
aufrecht stehend 6 Stunden lang den Dämpfen von siedendem Anilin aus. Nach
beendeter Digestion zeigten die Röhren eine scharfe Grenzlinie zwischen der
Einwirkung des Wassers und des Wasserdampfes.
Unter dem Einflüsse des hocherhitzten Dampfes überziehen sich die demselben
ausgesetzten Glasoberflächen mit einer mehr oder weniger dicken Schicht weissen
Zersetzungsproductes. Die Substanz liess sich ablösen, enthielt lufttrocken 27 Proc.
Wasser. Durch Behandeln mit Wasser konnte derselben Alkalisilicat entzogen werden;
die Zusammensetzung der nach dem Ausziehen mit Wasser hinterbliebenen Substanz ist
unter I, diejenige der ursprünglichen Glassubstanz unter II angeführt:
I
II
CaO
11,0
Proc.
8,9
Proc.
Al2O3
3,7
„
0,9
„
Na2O, K2O
10,0
„
18,5
„
SiO2
75,3
„
71,7
„
Das Wasser selbst greift bei 6stündiger Digestion bei
183° C. die Wände der Röhren in der Art an, dass dieselben mit einer weissen,
flockigen, mechanisch leicht zu entfernenden Substanz bedeckt sind; dieselbe besteht
zum grossen Theile aus SiO2 neben wenig Kalk. Das
Mengenverhältniss der dem Glase entzogenen Bestandtheile war SiO2 55,1, CaO 3,5, K2O2 41,17; das Glas wird bei hoher
Temperatur in demselben Sinne ausgelaugt, wie bei niedriger.
Verfasser untersucht ferner Wasserstandsröhren auf ihre Widerstandsfähigkeit durch
Titriren des Gelösten mit 1/10 Normalalkali; es ergibt sich, dass die
Wasserstandsröhre aus Verbundglas (siehe diesen Bericht weiter oben) auch gegen
chemische Einflüsse erheblich widerstandsfähiger ist, als irgend ein anderes bisher
untersuchtes Glas. (Die Innenwand dieser Röhren bestand aus Schott'schem Thermometerglas 59III.)
Zum Studium der Einwirkung der Alkalien und Salze auf die Glasoberfläche wurden
Lösungen derselben in Rundkolben gebracht; die Dauer der Einwirkung betrug 50 Tage
bei gewöhnlicher Temperatur oder 3 Stunden bei 100° C. Die Menge des in Lösung
gegangenen Glases wird, in Milligramm angegeben, in einer Reihe von Tabellen
zusammengestellt. Es zeigte sich dabei, dass kieselsäurehaltige Natronlauge das Glas
stärker angreife, als reine Lauge. Nach Ansicht des Verfassers ist das Verhalten des
Calciumsilicates zur Erklärung dieses Vorganges maassgebend. Das saure Silicat wird
durch Einwirkung des Natronhydrats hydratisirt und als neutrales Natronsilicat in
Lösung gebracht; Calciumsilicat wird in Na2SiO3 und Calciumhydrat umgewandelt. Ist nun eine
gewisse Menge Ca(OH)2 in der Lösung enthalten, so
wird dasselbe den letzteren Vorgang verzögern oder hintanhalten. Bei Gegenwart von
Na2SiO3 bildet
dieses mit Kalkhydrat CaSiO3 und NaHO nach der
Gleichung:
Na2SiO3 + Ca(OH)2 = CaSiO3 + 2NaHO
und die Lösung gewinnt von Neuem die Fähigkeit, Calciumsilicat
zu zersetzen. Die Versuche bestätigen diese Annahme.
Verfasser gelangt zu folgenden Schlüssen:
1) Lösungen kaustischer Alkalien wirken auf Glas sehr viel stärker ein als Wasser,
indem sie, wenn man von ganz verdünnten Lösungen absieht, alle Bestandtheile des
Glases, also das Glas als solches auflösen.
2) Von den kaustischen Alkalien wirkt Natronlauge am stärksten ein, dann
folgt Kalilauge und schliesslich Ammoniak und Barytwasser.
3) Die Steigerung der Temperatur vermehrt die Stärke. des Angriffes der Alkalien sehr
beträchtlich.
4) Mit der Concentration der wirkenden Alkalilösungen wächst bei erhöhter Temperatur
die Angreifbarkeit der Gläser anfangs rasch, um aber alsdann nur langsam weiter
zuzunehmen.
5) Bei gewöhnlicher Temperatur wirken stark concentrirte Alkalilösungen schwächer als
verdünntere Lösungen auf Glas ein.
6) Reine, nicht zu hoch concentrirte Alkalilösungen wirken schwächer auf Gläser als
solche, welche durch geringe Mengen von Kieselsäure verunreinigt sind.
7) Kohlensaure Alkalien greifen schon in sehr verdünnten Lösungen Glas sehr viel
stärker an als Wasser. Ihre Wirkungsweise entspricht weniger der von kaustischen
Alkalien als vielmehr derjenigen anderer Salze. Bei äquivalenter Concentration
wirken die Lösungen von Natriumcarbonat stärker als diejenigen von
Kaliumcarbonat.
8) Die Einwirkung von Salzlösungen auf Glas setzt sich, je nach deren Concentration
und der Art des gelösten Salzes, in wechselnder Weise aus der Einwirkung des Wassers
und derjenigen des vorhandenen Salzes zusammen. |
9) Beide Arten des Angriffes werden von der Zusammensetzung des Glases verschieden
beeinflusst.
10) Von den Salzen greifen diejenigen stärker als Wasser an, deren Säuren unlösliche
Kalk salze bilden. Bei diesen nimmt die Wirkung mit der Concentration zu.
11) Weniger als Wasser greifen die an, deren Säuren lösliche Kalksalze bilden; bei
diesen nimmt die Wirkung mit wachsender Concentration ab.
Beurtheilung der Glasgefässe zu chemischem Gebrauche von
F. Mylins und F.
Förster (Zeitschrift für Instrumentenkunde,
1891 S. 311 und 375). Verfasser untersuchten das Verhalten von Flaschen und Kolben
gegen Wasser.
Verfasser schlagen vor, die auf Widerstandsfähigkeit zu prüfenden Glasgefässe
zunächst 3 Tage hindurch (zur Entfernung der Verwitterungsproducte) mit Wasser von
20° C. zu behandeln, die entstandene Lösung zu beseitigen und das Gefäss mit reinem
Wasser von Neuem 3 Tage lang in Berührung zu lassen. Die Lösung wird jetzt durch
Titriren mit 1/1000 Normalsäure und Jodeosin als Indicatoren auf ihren Alkaligehalt
geprüft.
Die Verfasser gelangen zu folgenden Schlussätzen:
Die Einwirkung von kaltem Wasser auf Glas erfolgt anfangs sehr schnell, wird aber
bald wesentlich langsamer. Die Verlangsamung ist auf Entstehung einer ausgelaugten,
schwer durchdringlichen Schicht zurückzuführen. Die Stärke des Angriffes von Wasser
auf Glas wird durch Verwitterungserscheinungen beeinflusst. Das Verhältniss der
Angreifbarkeit durch kaltes und heisses Wasser ist bei einzelnen Glassorten
verschieden. Die Behandlung von I Glasgefässen mittlerer Beschaffenheit mit Wasser
ist für die Erhöhung ihrer Widerstandsfähigkeit von grossem Nutzen, in viel
geringerem Grade bei schlechten Gläsern. Glasoberflächen haben die Eigenschaft,
Alkali aus Lösungen zu absorbiren und bei dem Abspülen mit Wasser festzuhalten, so
dass es einer längeren Berührung mit Wasser bedarf, um das Alkali wieder aus dem
Glase zu entfernen.
Ueber die Beurtheilung von Glasgefässen zu chemischemGebrauche. Die Einwirkung
von Wasser auf Glas von Mylius und Förster (Zeitschrift für
analytische Chemie, 1892 S. 241 bis 282). Eine umfassende und
übersichtliche Zusammenstellung der auf diesem Gebiete durch Versuche der Verfasser
und anderer Forscher gefundenen Resultate mit Literaturangaben. Die Arbeit ist zu
umfangreich, als dass wir ihren Inhalt auszugsweise wiedergeben könnten; wir müssen
uns daher auf die Wiedergabe der Sätze über die Einwirkung von Glas auf Wasser,
welche die Verfasser (soweit sie nicht schon früher angenommen waren) durch eigene
Beobachtungen und die von E. Pfeiffer und F. Kohlrausch für erwiesen erachten, beschränken:
1) Die Lösung von Glas in Wasser ist durch eine Zersetzung bedingt, bei welcher
freies Alkali entsteht.
2) Die Kieselsäure des Glases wird secundär durch das freie Alkali in Lösung
gebracht.
3) Die Bestandtheile der Lösung wechseln je nach den Bedingungen der Digestion.
4) Die von einer bestimmten Oberfläche unter bestimmten Bedingungen in Lösung gehende
Menge Alkali ist ein Maass für die Angreifbarkeit des Glases unter diesen
Bedingungen.
5) Die Angreifbarkeit von Glas ob er flächen durch kaltes Wasser sinkt mit der
Digestionsdauer zunächst sehr schnell, um sich später constanten Werthen zu
nähern.
6) Verschiedene Glassorten zeigen eine verschiedene „Hartnäckigkeit“ der
Lösung.
7) Die Angreifbarkeit des Glases steigt sehr schnell mit zunehmender Temperatur.
8) Das Verhältniss der Angreifbarkeiten mehrerer Glassorten ist abhängig von der
Temperatur.
9) Aus Gläsern von gleicher Angreifbarkeit können ungleiche Gewichts mengen Substanz
in Lösung gehen.
10) Die Angreifbarkeit eines guten Glases wird durch Vorbehandlung mit Wasser
wesentlich herabgedrückt.
11) Je schlechter ein Glas ist, um so weniger wird seine Angreifbarkeit bei der
Behandlung mit Wasser verringert.
12) Die Angreifbarkeit von Glasoberflächen wird durch Verwitterungseinflüsse
geändert.
13) Nach der Behandlung mit Wasser haben die Glasoberflächen die Eigenschaft, Alkali
aus den entstandenen Lösungen zu fixiren und bei erneuter Behandlung mit Wasser
wieder abzugeben.
14) Die Kaligläser sind bei weitem löslicher als die Natrongläser; die Unterschiede
verschwinden aber in dem Maasse als die Gläser reicher an Kalk werden.
15) In der Substanz von Glasgefässen geringerer Angreifbarkeit durch kaltes und
heisses Wasser müssen Kalk, Alkalien und Kieselsäure in einem bestimmten Verhältniss
zu einander stehen.
16) Von den bekannteren Glassorten sind die bleihaltigen Flintgläser in Wasser am
wenigsten löslich, werden jedoch an ihrer Oberfläche corrodirt und durch Säuren
leicht zersetzt.
F. Mylius und F. Förster. Ueber
Beurtheilung der Glasgefässe zu chemischem Gebrauche (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1892 S.
97). Kurze Mittheilung, in welcher die Zusammensetzung des von Weber und Sauer (siehe
obiges Referat) empfohlenen Glases Nr. 10 mit dem von den Verfassern empfohlenen
Glase verglichen wird.
Letzteres Glas hat folgende Zusammensetzung:
CaO
9,9
K2O
4,4
Na2O
9,3
Al2O3Fe2O3
1,0
SiO2
75,4
–––––
100,0
SiO2
: CaO
: Alkali
7,2
1
1,1
Ueber das Verhalten von Glas gegen Wasser vgl. ferner Mylius und Förster, D. p. J. 1889 273 42 82 und 131; Zsigmondy
1890 278 317.
(Fortsetzung folgt.)