Titel: | Neuerungen an elektrischen Annäherungssignalen. |
Fundstelle: | Band 290, Jahrgang 1893, S. 86 |
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Neuerungen an elektrischen
Annäherungssignalen.
Mit Abbildungen.
Neuerungen an elektrischen Annäherungssignalen.
In Deutschland, sowie überall, wo für Hauptbahnen durchlaufende elektrische
Liniensignale, Läutewerks- oder Glockensignale genannt, schon von früher her in Anwendung standen und
gesetzlich vorgeschrieben waren, hat sich das Bedürfniss nach Annäherungssignalen erst in jüngerer Zeit fühlbar
gemacht, nämlich erst seit dem Entstehen oder vielmehr seit der immer regeren
Fortentwickelung der Nebenbahnen, auf welchen die
Betriebseinrichtungen vereinfacht und durchlaufende Liniensignale in der Regel nicht
vorhanden sind. Hier ist das Annäherungssignal, welches im Allgemeinen den Zweck
hat, das bevorstehende Eintreffen eines Eisenbahnzuges an irgend einer Bahnstelle um
eine, den örtlichen Verhältnissen angemessene Zeit früher anzukündigen, in erster
Linie und in der Regel lediglich dazu bestimmt, an den unbewachten Bahnübergängen
das Publikum vor dem sich nähernden Zuge zu warnen.
Auf der Frankfurter Ausstellung 1891 waren die Annäherungssignale höchst ansehnlich
vertreten und das Vorhandene gab ein ziemlich vollständiges Bild von allem, was bis
dahin von Einrichtungen dieser Gattung in Deutschland Verwendung gefunden hatte oder
versucht wurde. Bei allen diesen Einrichtungen deutscher Eisenbahnen war immer nur
ein hörbares Signalzeichen und als Signalmittel ein
mehr oder minder grosses, immer aber möglichst kräftiges Läutewerk
(Ueberwegläutewerk) benutzt, das der sich der Signalstelle nähernde Zug beim
Ueberfahren eines entsprechend weit vorher im Gleise angebrachten Contactes thätig
macht; hinsichtlich der weiteren Anordnung waren hingegen zweierlei sich deutlich
von einander unterscheidende Wege eingeschlagen.
Da nämlich zu jedem Ueberwegläutewerke für jede Fahrrichtung der Züge je ein
Streckencontact erforderlich ist, so bedarf es also für jeden Signalposten zweier Contacte, eines vor und eines hinter demselben,
welche auf der eingleisigen Bahn, die hier ausschliesslich in Betracht kommt, stets
beide von jedem Zuge
befahren werden. Damit nun das Ueberwegläutewerk nur bei der Annäherung des Zuges, d.h. bloss durch den ersten Contact und nicht auch
durch den zweiten ausgelöst werde, wie es bei gewöhnlichen Läutewerksanlagen der
Fall sein müsste, sind entweder a) die Streckencontacte schon so angeordnet, dass
sie nur für eine Fahrrichtung der Züge ansprechen, oder
es sind b) die Ueberwegläutewerke so eingerichtet, dass sie für die zweite
Contactgebung unempfindlich bleiben.
An diese Umstände wird an dieser Stelle lediglich aus dem Grunde erinnert, um die
nachstehenden Mittheilungen über Neuerungen an Ueberwegläutewerken unbeschadet der
Deutlichkeit in knappere Form bringen zu können.
I. Sesemann's Ueberwegläutewerk.
Ein grosser Theil der deutschen Bahnen ist für die durchlaufenden Liniensignale mit
Siemens und Halske'schen Universalläutewerken
bekannter Anordnung ausgerüstet. Mit Rücksicht darauf hatte sich Sesemann die dankenswerthe Aufgabe gestellt, die
besagte Läutewerksform durch geringe Abänderungen am Triebwerke und Beifügung
einiger kleiner Ergänzungen auch der Verwendung als Ueberwegläutewerk anzupassen. Zu dem Ende musste das in der Regel für
Gruppenschläge eingerichtete Universalläutewerk vorerst als Einzelschläger
angeordnet werden, was ja durch eine geringfügige Abänderung der Einlösung leicht
geschehen konnte. Nichtsdestoweniger sollte das Werk nach jedesmaliger Thätigmachung
eines der zugehörigen Streckencontacte, d.h. nach einer nur einmaligen, durch einen
Zug veranlassten, kurzen Stromgebung eine grössere Anzahl von Glockenschlägen, etwa
24, geben, und diese Schläge sollten sich in Pausen von 4 bis 6 Secunden folgen,
damit die Gesammtdauer des Vorläutens sich mindestens auf 96 bis 144 Secunden
beläuft. Eine Vorrichtung zur Unschädlichmachung der Wirkung des zweiten
Streckencontactes wurde nicht erst in Betracht gezogen, da die Verwendung Sesemann'scher Radtaster (vgl. 1892 283 * 165), welche nur einseitig ansprechen,
vorausgesetzt ist. Das Bodenrad des Siemens und
Halske'schen Universalläutewerkes hat nur 12 Hebedaumen und die Hauptwelle muss
daher, soll die gewünschte Zahl von 24 Glockenschlagen erzielt werden, beim
jedesmaligen Vorläuten zwei volle Umdrehungen machen.
Textabbildung Bd. 290, S. 87
Fig. 1.Siemens und Halske's Universalläutewerk.
Deshalb wird eine Zahnübertragung ab (Fig. 1) derart dem Laufwerke
zugeschaltet, dass je zwei Umdrehungen des auf der Hauptwelle des Läutewerktriebes
aufgekeilten Rades a eine Umdrehung von b entspricht. Aus dem Rade b steht seitlich eine Heb rolle i vor (vgl.
Fig. 2), auf der während der Ruhelage des
Apparates eine Contactfeder m ruht, wodurch diese so
hoch gehoben ist, dass zwischen den beiden Federn m und
n der Contactvorrichtung c eine Berührung nicht stattfinden kann. Wenn jedoch das Läutewerk eine
Auslösung erfährt und es sich demzufolge in Gang setzt, so beginnt auch das Rad b sich zu drehen; m
verliert dadurch sein Auflager und legt sich alsbald auf die untere Feder, den
Contact c schliessend. Dieses Verhältniss lässt sich in
Fig. 2, wo die Stromläufe schematisch dargestellt
sind, leicht verfolgen. So lange sich b in der Ruhelage
befindet; würde bei Schliessung des einen oder des anderen Streckencontactes, von
welchen jeder einerseits durch eine Leitung mit dem Läutewerke, andererseits
mit der Erdleitung verbunden ist, von der Erdleitung über L1 oder L2, dann über 1, 2, 3, P, y,
f, 4, M, 5, t, h, u, 6, B und schliesslich wieder zur Erde ein Stromweg
hergestellt. In einem solchen Falle erregt der Strom der Batterie B den Elektromagnet M und
es erfolgt die Auslösung des Läutewerktriebes. Da dabei, wie bereits dargestellt
wurde, auch das Rad b mitgenommen und der
Contactschluss bei c hergestellt wird, so gelangt fast
unmittelbar nach der Auslösung der Elektromagnet M mit
der Batterie in eine directe Verbindung, weil jetzt von K über 6, h, 5, M, 4, f, y, P, 3, m, n, 8, 7
und Z ein geschlossener Stromweg neu entstanden ist.
Durch den in Thätigkeit gesetzten Streckencontact wurde also der erste Glockenschlag hervorgerufen und zugleich der
kurze Stromweg hergestellt; es bedarf nunmehr lediglich einer Vorrichtung, welche
wie ein selbsthätiger Taster wirkt und die übrigen 23 Glockenschläge in angemessener
Zeitfolge veranlasst.
Für diesen Zweck ist dem gewöhnlichen Laufwerke des Universalläutewerkes ein
besonderer Rädersatz beigefügt, der zur Regulirung seines Laufes einen eigenen
verstellbaren Windflügel hat. Die Hauptwelle dieses in der Fig. 1 nur theilweise angedeuteten Radsatzes trägt das Kettenrad K, über welches eine Kette ohne Ende, V, läuft, welche andererseits noch über ein zweites
Kettenrädchen gelegt ist, das auf einer Laufachse des Läutewerktriebes sitzt. Die
innere Schlinge von V bewegt sich über eine Rolle,
welche das 1 k schwere Gewicht q trägt und mittels
eines besonderen Kettenstückes p an dem um eine Achse
z drehbaren Hebel Py
hängt. Durch den von q ausgeübten Zug wird die am Arme
y angebrachte Contactschraube fest nach aufwärts
gegen die Feder f gedrückt, d.h. zwischen f und g wird die leitende
Verbindung stets aufrecht erhalten, so lange q den Arm
P belastet, nämlich so lange das Läutewerk sich in der Ruhelage befindet. Denn
sobald der oben besprochene erste Glockenschlag erfolgt und das Läutewerk
dementsprechend abläuft, nimmt es auch die Kette V im
Sinne des eingezeichneten Pfeiles mit und zieht das Gewicht q annähernd 8 mm in die Höhe. In Folge der dabei eintretenden Entlastung
des Armes P hat sich der rechtsseitige Hebelarm y auf
den Anschlag x gelegt und wurde der zwischen f und y bestandene Contact
(vgl. Fig. 2) unterbrochen. Der Elektromagnet M wird daher, noch bevor das Laufwerk des erste Mal
völlig abgeschlagen hat und trotz der zwischen m und
n dabei entstandenen neuen Stromwegverbindung, doch
schon wieder stromlos geworden sein, bis das Abschlagen sich ganz vollzogen hat.
Dann aber folgt das hochgehobene q dem Bestreben, in
seine Ruhelage zurückzukehren, was dadurch möglich wird, dass sich V über K abwickelt. Die
Geschwindigkeit, mit der sich K dabei dreht, d.h. der
Zeitaufwand, unter welchem q seinen tiefsten Punkt
wieder erlangt, wird durch den früher erwähnten Windflügel regulirt und beläuft sich
auf 4 bis 6 Secunden. Fast unmittelbar bevor q seine
Ruhelage wieder völlig erreicht, hat p den Arm P
herabgezogen und der Contact fy sich wieder
geschlossen. Der volle Batteriestrom gelangt nun in den Elektromagnet M und bewirkt, gerade so wie die frühere
Stromschliessung im Streckencontacte, einen Glockenschlag. Beim Abschlagen dieses
zweiten Glockenschlages wird q genau so, wie es beim ersten geschah, gehoben und
zugleich der Contact fy unterbrochen, um erst nach erfolgtem Rücklauf
von q neuerlich geschlossen zu werden und den dritten
Glockenschlag hervorzurufen. In dieser Art arbeitet das Läutewerk weiter, bis die
Hauptwelle desselben volle zwei Umdrehungen gemacht hat, worauf das Rad b einmal herumgekommen ist und mit der Hebewelle i die Feder m von n abhebt, d.h. die bestandene kurze Verbindung zwischen
Elektromagnet und Batterie wieder unterbricht.
Der die Laufgeschwindigkeit des Kettenrades K
regulirende Windflügel kann auf viererlei Geschwindigkeiten eingestellt werden, und
zwar a) auf 1 Minute 25 Secunden bis 1 Minute 30 Secunden, b) auf 1 Minute 35
Secunden bis 1 Minute 50 Secunden, c) auf 1 Minute 50 Secunden bis 2 Minuten 10
Secunden und d) auf 2 Minuten 5 Secunden bis 2 Minuten 25 Secunden. Das
Ueberwegläutewerk wird durch einen Strom von 0,9 Ampère – angenommen dass sich der
Spulen widerstand des Elektromagnetes auf 10 Ohm beläuft und die etwa je 1500 m
langen zu den Streckencontacten führenden Leitungen aus 4 mm starkem Eisendraht
bestehen – selbst bei kurzen Stromgebungen sicher ausgelöst; es werden sonach für
den Betrieb eines Signalpostens in der Regel 4 Trockenelemente, 6 Leclanché- oder 10
Meidinger-Elemente der gewöhnlichen Grösse hinreichen.
Textabbildung Bd. 290, S. 88
Fig. 2.Siemens und Halske's Universalläutewerk.
Trockenelemente können gleich in der Glockenbude aufgestellt
werden, während feuchte Batterien natürlich in heizbaren Räumen unterzubringen sind.
Letztgedachten Falles ändert sich das Schema Fig. 2
insofern, als dass B wegfällt und dafür die leitende
Verbindung zu der entfernt untergebrachten Batterie mittels der Drähte 6, 9 und 10 herzustellen
sein wird; der zweite Batteriepol muss selbstverständlich auch wieder zur Erde
angeschlossen werden.
Die Bedienung des Ueberwegläutewerkes ist dieselbe wie die eines gewöhnlichen
Streckenläutewerkes und besteht im Wesentlichen nur in dem täglichen einmaligen
Aufziehen des Werkes, wobei jedesmal auch das Gewicht q
mehr oder minder aus seiner Ruhelage gebracht wird. Deswegen gibt das Läutewerk nach
jedesmaligem Aufziehen stets selbsthätig einige Glockenschläge, welche dem
Bahnwärter als Controlzeichen dafür gelten, dass der Apparat vollständig in Ordnung
ist. Damit übrigens bei einem allfälligen vorzeitigen Ablaufen des Läutewerktriebes,
d.h. vielmehr bei einer etwaigen Verspätung des Wärters, der das Aufziehen zu
besorgen hat, die Batterien nicht für längere Zeit in kurzen Schluss gerathen
und eine übermässige Abnutzung erfahren, ist am Grundbrette des Läutewerkgestelles
unter der beweglichen Achse der Gewichtsrolle R (Fig. 1) ein aus zwei starken Federn t und u bestehender
Contact h angebracht, welchen die Schwere des
Treibgewichtes Q geschlossen hält, so lange dieses frei
schwebt, der sich aber öffnet, sobald Q abläuft und am
Boden der Bude aufsitzt.
Die hier geschilderten Ueberwegläutewerke, welche gleich wie die zugehörigen
einseitig ansprechenden Sesemann'schen Streckencontacte
in der mechanischen Werkstätte von Chr. Störmer in
Erfurt angefertigt werden, sind auf sieben Nebenbahnstrecken im k.
Eisenbahn-Directionsbezirke Erfurt mit bestem Erfolge in Verwendung.
II. Hattemer's Ueberwegläutewerk.
Es ist bereits seinerzeit gelegentlich eines ausführlichen Berichtes über das Hattemer'sche Ueberwegläutewerk (vgl. 1892 283 * 169) darauf hingewiesen worden, dass bei dem
Entwürfe dieses Signalmittels die Absicht zu Grunde lag, ein lediglich elektrisch betriebenes Läutewerk zu schaffen, welches ebenso
laut und kräftig arbeitet, wie ein gewöhnliches, mit Laufwerk versehenes Läutewerk
für durchlaufende Liniensignale, und welches zugleich die Verwendung jeder Art sonst
tauglicher Streckencontacte, also auch der zweiseitig ansprechenden, gestattet. Die
Weglassung des Laufwerkes bietet den werthvollen Vortheil, dass das tägliche
Aufziehen erspart bleibt und diese sonst unentbehrliche Verrichtung demnach weder
versäumt noch vergessen werden kann. Behufs Erfüllung des zweiten Programmpunktes
erhielt das Läutewerk noch einen Nebenapparat, der nach jedesmaligem Vorläuten den
Schliessungskreis der Betriebsbatterie so lange unterbricht, bis der Zug, welcher
das Glockensignal bewirkt hat, über den zweiten Streckencontact hinweggefahren ist.
Seither hat sowohl der Bau des Apparates mancherlei Vereinfachungen als die
Betriebsweise des Signals überhaupt wesentliche Verbesserungen erfahren, von welchen
sich die nachstehenden durch ihre besondere Zweckdienlichkeit auszeichnen.
Es wurde erstens durch Beiordnung zweier kleiner Elektromagnete und eines dritten
Streckencontactes die Füglichkeit gewonnen, dass die Glocke nicht bloss eine
bestimmte, mit Rücksicht auf die ungleiche Fahrgeschwindigkeit unter Umständen zu
grosse oder zu kleine Anzahl von Schlägen macht, sondern genau so lange läutet, als
der Zug vom äusseren ersten Streckencontacte bis zur Signalstelle fährt. Diese
Anordnung setzt die Zugsbeamten in Stand, die Diensttauglichkeit der
Annäherungssignale zu überwachen, nämlich, bei jeder Fahrt festzustellen, ob das
Ueberwegläutewerk für den eigenen Zug gehörig vorgeläutet hat. Die gedachte Neuerung
macht es ferner unmöglich, dass das Läuten, wenn beispielsweise der Zug sehr langsam
fährt, ganz entgegen dem Sinne und Zwecke des Annäherungssignals nennenswerth früher
aufhört, ehe der angekündigte Zug beim Bahnüberweg eintrifft; desgleichen ist dem
vorgebeugt, dass ein aussergewöhnlich rasch verkehrender Zug trotz der getroffenen
Gegenmaass regel das Signal ein zweites Mal auslöst, weil er den zweiten äusseren
Streckencontact früher erreicht, ehe der Stromkreisunterbrecher, welcher doch nur für eine mittlere
Fahrgeschwindigkeit eingerichtet sein kann, seine Thätigkeit aufnimmt. Die Anordnung des
in einer eisernen Läutesäule untergebrachten Werkes lässt sich aus der schematischen
Darstellung Fig. 3 leicht erkennen: M und M1 sind zwei parallel geschaltete starke
Elektromagnete, von welchen M am Apparatgestelle
festgemacht ist, während M1 um die Drehachse o wie ein Pendel schwingen
kann. Für gewöhnlich sind M und M1 ebenso wie die weiter vorhandenen zwei
kleineren Elektromagnete m1 und m2
stromlos. Die Abbildung zeigt diese Ruhelage, bei welcher der Elektromagnet M1, der nach unten
einen Arm und daran den Glockenhammer H trägt, vermöge
seines Gewichtes stets die senkrechte Lage annimmt. Am Hammerstiel ist ein um eine
Achse p drehbarer Schlepphebel P angebracht, dessen Lage mittels einer Stellschraube genau regulirbar
ist; ebenfalls aus dem Hammerstiel steht seitlich der cylindrische Stift s vor. Gegen den aus dem Schlepphebel P seitlich vorstehenden, halbrunden Stift r lehnt sich das durch die Spiralfeder F nach aufwärts gezogene, gebogene Ende q eines zweiarmigen um i
drehbaren Hebels hq.
Textabbildung Bd. 290, S. 89
Fig. 3.Hattemer's Ueberwegläutewerk.
Mit Hilfe dieses Hebels und des Contactarmes i1v arbeiten die das eigentliche Läutewerk bildenden
Theile wie ein einfacher Selbstunterbrecher. Kommt nämlich ein Strom in den
Elektromagnet m1, so
wird dessen um i1
drehbarer Anker i1v angezogen und mit der an dem vorderen Ende v des Ankerhebels angebrachten Contactfeder auf die aus
dem Hebel h vorragende Contactschraube c gelegt, so dass daselbst eine leitende Verbindung
zwischen v und c entsteht.
Beim Niedergehen des Ankerhebels i1v hat sich überdem die
an dem Ankerhebel i2n des Elektromagnetes m2 angebrachte Nase n
über den halbrunden Stift a geschoben, wodurch jener in
der soeben erlangten Lage zu bleiben gezwungen wird, wenn auch der Strom in m1 aufgehört hat und
eine magnetische Anziehung des Ankers i1v nicht mehr besteht.
Zufolge des entstandenen Contactschlusses vc gelangen
M und M1 in den Stromkreis; sie ziehen sich gegenseitig an,
d.h. M1 wird mit dem
oberen Theile gegen M hingezogen und mit dem
Hammer gegen die Glocke schlagen. Sobald dabei der Stift r über das rechtsseitige Ende q des Hebels
h hinausgelangt und letzteren nicht mehr festhält,
folgt h dem Zuge der Feder F und lehnt sich nun gegen den Stift s. Durch
diese Aenderung der Lage des Hebels hq wird, weil s angemessen höher liegt als r, der Contact bei vc wieder unterbrochen;
der Strom hört auf und M1 schwingt zurück. Hierbei gelangt der Hammer mit dem Stifte s auf den einseitig federnden Daumen t und drückt dadurch den Arm q so tief nieder, dass bei vc der Contact
neuerlich hergestellt und zugleich auch dem Stifte r
Raum geschaffen wird, sich wieder gegen das Bogenende zu stemmen. Die nunmehr
entstandene Stromschliessung hat eine neuerliche Ausschwingung des Hammers, also
wieder einen Glockenschlag zur Folge, wobei denn auch der Contact bei c in derselben Weise wie früher unterbrochen wird. Die
geschilderten Vorgänge wiederholen sich also, d.h. die Thätigkeit als
Selbstunterbrecher bezieh. das Läuten dauert fort, so lange als i1v in der angezogenen Lage verharrt. Die letztere hört
aber erst dann auf, wenn durch den Elektromagnet m2 ein Strom gelangt, demzufolge der Anker i2n angezogen wird, und n
den Stift a loslässt, so dass nun i1v von der Feder f
abgerissen und in die Ruhelage zurückgehoben werden kann.
In dieser Einfachheit liesse sich das Ueberwegläutewerk ohne weiteres anwenden, wenn
man für die beiden zur Thätigmachung des Signals etwa 1500 m vor und hinter dem
Ueberwege in die Bahn einzulegenden Streckencontacte A
und B (Fig. 3) solche
verwenden würde, welche nur einseitig ansprechen. Ein
dritter, zunächst der Signalstelle noch in die Bahn einzulegender Streckencontact
muss jedoch gewöhnlicher Art sein und für beide Fahrtrichtungen der Züge ansprechen.
Die Batterie, zu welcher die Leitung L führt, und deren
zweiter Pol zur Erde angeschlossen ist, kann ebenso wohl beim Signal oder in irgend
einem entfernten Raum aufgestellt sein, und es unterliegt keiner Schwierigkeit, sie
für alle Signalposten derselben Strecke – von Kreuzungsstation zu Kreuzungsstation
–, wenn die Leitung L demgemäss verlängert wird,
gemeinsam zu benutzen. Die Signal Vorgänge werden sich unter den soeben dargelegten
Voraussetzungen in folgender Weise abwickeln: Ein z.B. von links kommender Zug
schliesst den Streckencontact A; demzufolge gelangt der
Strom aus L über 1 und 4
in den Elektromagnet m1, von wo er seinen Weg weiter über L1 und A in die Erde und
durch diese zur Batterie zurück findet. Die Folge davon ist die Herstellung des
Contactes bei vc, so dass der Strom nun einen neuen Weg
von L über 2, M und M1, 3, i1, v, c, i, L4 zur Erde
und zur Batterie zurück einschlägt. Nun beginnt das Läutewerk zu läuten unter
Einwirkung der oben geschilderten Selbstunterbrechung und läutet so lange fort, bis
der signalisirte Zug beim Ueberweg eintrifft und den hier eingelegten
Streckencontact C thätig macht. Es entsteht hierdurch
ein geschlossener Stromweg von L über 1, 5, m2, L3, C, Erde, auf welchem ein Theilstrom und, sobald während
des Ueberfahrens des Streckencontactes C im Läutewerk
der Contact c unterbrochen wird, der volle
Batteriestrom in den Elektromagnet m2 gelangt. Es erfolgt eine Anziehung des Ankers i2n, der Hebel i1v wird frei und kippt
in seine normale Ruhelage nach aufwärts zurück. Alle Theile haben nun wieder ihre
ursprüngliche Stellung und alle drei Stromwege sind wieder unterbrochen, sobald der
Zug über C weggefahren ist, und dieses Verhältniss
erleidet auch später keine Veränderung mehr, wenn der Zug den Streckencontact B passirt, weil dieser der gestellten Annahme nach nur
für die Züge der entgegengesetzten Richtung anspricht.
Sollten jedoch im Sinne des gleich am Eingange der vorstehenden Erläuterungen
hervorgehobenen zweiten Programmpunktes durchwegs
gewöhnliche, zweiseitig ansprechende Streckencontacte verwendet werden können, so
rauss dem Läutewerke der gleichfalls bereits erwähnte Nebenapparat zum selbsthätigen
Unterbrechen des Stromkreises beigegeben sein. Eine werthvolle Neuerung ist es nun,
dass der letztgedachte Stromkreisunterbrecher, welcher
ursprünglich mit dem Läutewerke direct verbunden war, jetzt von demselben
losgetrennt und an entfernter Stelle, etwa im nächsten Stationsgebäude,
untergebracht werden kann. Es wird dadurch möglich, für eine ganze Reihe von
Annäherungssignalen, etwa für die sämmtlichen Ueberwegläutewerke einer Strecke oder
selbst zweier an einander grenzender Strecken, wenn die zwischenliegende Station
keine Kreuzungsstation ist, und weiter vorausgesetzt, dass die einzelnen
Signalposten genügend weit, d.h. mindestens 2000 m von einander entfernt sind, nur
einen Stromkreis Unterbrecher, sowie auch nur eine gemeinsame Batterie anzuwenden und in der Station
aufzustellen. Diese Betriebsweise legt hinsichtlich der für die Batterie zu
verwendenden Elementengattung keinerlei Beschränkung auf und ist selbstverständlich
bei einer grösseren Zahl von Signalposten sowohl hinsichtlich der Anschaffungs- als
der Unterhaltungskosten wesentlich vortheilhafter, als wenn, wie früher, jedes
Läutewerk seinen eigenen Unterbrecher und seine eigene Batterie erhält. Die
Anordnung des neuartigen Stromkreisumschalters, der
übrigens in vielem und besonders betreffs des Laufwerkes mit der älteren Form (1892
283 * 170) übereinstimmt, erhellt aus Fig. 4. Das Steigrad R
spannt, sobald es in der Pfeilrichtung gedreht wird, eine in einem Gehäuse sitzende
Uhrfeder, deren zweites Ende an dem grösseren Steigrade R1 befestigt ist, so dass letzteres dem in
Bewegung gesetzten R in gleicher Richtung folgt, jedoch
erheblich verlangsamt durch die Einwirkung eines in der Zeichnung nicht ersichtlich
gemachten Hemmwerkes. Der Antrieb des Rades R geschieht
durch die beiden parallel geschalteten Elektromagnete M
und M1, wovon der
erstere am Apparatgestelle festgemacht ist, während sich M1 um eine Drehachse o bewegen kann und gleichsam den Anker zu M bildet. Diese beiden Elektromagnete werden erregt,
sobald die Batterie B durch den Schluss eines
Streckencontactes oder den im Läutewerk hervorgerufenen Contact vc (Fig. 3) zur
Thätigkeit gelangt. Die Elektromagnete des Stromkreisunterbrechers werden also bei
jedem Glockenschlage des Läutewerkes erregt, und jeder Anziehung des Elektromagnetes
M1 (Fig. 3) entspricht also auch eine solche von M1 in Fig. 4, und ebenso entspricht einer jeden
Rückschwingung des Läutewerkhammers bezieh. des Elektromagnetes M1 auch ein Abfall von
M1 am
Stromkreisunterbrecher. Bei jedem solchen Abfall, den das rechtsseitige Uebergewicht
– der Drehpunkt o ist nämlich seitwärts vom
Schwerpunkte etwas nach links gelegt – von M1 (Fig. 4) bewirkt,
sobald die Anziehung zwischen M1 und M aufhört, wird
R mittels der Schieberklaue l um einen Zahn fortbewegt. Noch vorher, gleich bei der ersten
Anziehung zwischen M und M1, ist aber, indem das um die fixe Achse
i bewegliche Hebelsystem u,
v, i nach abwärts gezogen und dabei gleichzeitig auch die Verbindungsstange
a mitgenommen und gegen die Contactspange b gepresst wurde, der Contact zwischen d und b geschlossen
worden, welcher fortan zufolge des verlangsamten Ganges von R1 und weil deshalb der Sperrkegel qz die Stange a
zurückhält, während des ganzen Läutens geschlossen bleibt. Erst wenn das Läutewerk
aufhört, thätig zu sein, und keine Stromschliessungen mehr vorkommen, nimmt M1 (Fig. 4) gleichfalls dauernd seine Ruhelage ein, und
dann öffnet sich denn auch wieder der Contact d. Mit
dem Rade R dreht sich der auf der Nabe desselben
isolirt befestigte Metallring g, an dem die
Contactfeder x schleift; von g zweigt der Metall arm y ab, welcher oben
einen in der Richtung gegen R1 vorspringenden Platinstift m trägt. Der Arm
y oder vielmehr der Stift m begrenzt den Weg des Rades R1, indem das auf R1 befestigte, mit einer Schleiffeder versehene
Anschlagstück k gegen den Stift m anläuft und dadurch festgehalten bleibt. Bei der in der Zeichnung
dargestellten Ruhelage würde der Strom der Batterie B
seinen Weg durch den Stromkreisunterbrecher über 7, x, y, m,
k, R1, 6, M
und M1, L zum Läutewerk finden. Die Verbindung m, k hört hingegen auf, sobald eine erste Erregung von
M und M1 erfolgt ist, weil sich R1 ja wesentlich langsamer dreht als R; damit durch diese Unterbrechung des normalen
Stromweges keine Störung herbeigeführt werde, wird gleichzeitig der bereits
besprochene Contactschluss bei d bewirkt, und der Weg
des Stromes geht nun über 7, b, d, a, q, z, R1, 6, M und M2 in die Leitung L.
Textabbildung Bd. 290, S. 90
Fig. 4.Hattemer's Ueberwegläutewerk.
Wie früher bemerkt wurde, dauert der Contactschluss bei d ein klein wenig länger, als das Vorläuten, und dann
erfolgt thatsächlich eine dauernde Unterbrechung, weil von 7 sowohl über 6 als über xy keine leitende Verbindung mehr besteht, denn bis R1 das Rad R wieder einholt und mit k
gegen m anläuft, verfliessen 3 ½ bis 4 Minuten.
Innerhalb dieser Zeit erreichen und überfahren die Züge den betreffenden zweiten
Streckencontact, dessen Thätig werden in diesem Falle keinerlei Wirkung hervorrufen
kann. Die Wechselwirkung und Thätigkeit der einzelnen Theile des Läutewerkes,
insbesondere der Elektromagnete M und M1, ferner m1 und m2 (Fig. 4) bleiben, wenn der letztgeschilderte
Stromkreisunterbrecher beigeschaltet wird, natürlich ganz und gar dieselben, wie schon weiter oben
für den Fall der Benutzung einseitig ansprechender Streckencontacte in Betracht
gezogen wurde.
Annäherungssignale mit gemeinsamen Stromkreisunterbrechern und gemeinsamen Batterien
stehen auf Nebenbahnstrecken im königl. Eisenbahndirectionsbezirk Berlin mit bestem
Erfolge in Anwendung. Daselbst braucht, laut bezüglicher Mittheilung des
Constructeurs, das Ueberwegläutewerk, damit die Glockenschläge auf angemessene
Entfernungen gut hörbar sind, einen Strom von 0,4 Ampère, während früher, wo die
Läute Vorrichtung zugleich den Stromkreisunterbrecher anzutreiben hatte, 0,8 Ampère
erforderlich waren. Da der Nutzwiderstand von 20 Ohm im Stromkreise unveränderlich
ist, gleichgültig ob bloss ein Ueberwegläutewerk angeschlossen wird oder eine ganze
Reihe, so hängt die an den Batteriepolklemmen erforderliche Spannung ausschliesslich
vom äusseren Leitungswiderstande ab. Angenommen derselbe betrage 60 Ohm, so ist
diese Spannung 80 × 0,4 = 32 Volt. Werden zum Betriebe der Anlage etwa
Zinkkohlenelemente grösserer Form (nach Fleischer)
benutzt, was auf Grund vorliegender Erfahrungen empfohlen werden kann, so lässt sich
eine mittlere Klemmenspannung von 1,3 Volt für ein Element in Rechnung ziehen. Es
würden dann für eine Läutewerksreihe 25 hinter einander geschaltete Elemente der
genannten Gattung erforderlich sein.