Titel: | Einrichtungen der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft zu selbsthätiger Anzeige der Fehlerstellen in elektrischen Leitungsnetzen. |
Fundstelle: | Band 290, Jahrgang 1893, S. 110 |
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Einrichtungen der Allgemeinen
Elektricitäts-Gesellschaft zu selbsthätiger Anzeige der Fehlerstellen in elektrischen
Leitungsnetzen.
Einrichtungen zu selbsthätiger Anzeige der Fehlerstellen in
elektrischen Leitungsnetzen.
Bei Anlagen von so grosser Ausdehnung, wie z.B. bei den Berliner Elektricitäts-Werken, deren Beleuchtungsgebiet eine Fläche von
nahezu 7 qkm bei einer Gesammtlänge aller unterirdischen Strassenkabel von 700 km
umspannt, ist die Auffindung von Fehlerstellen im Leitungsnetz während des Betriebes
von höchster Wichtigkeit, und es muss gefordert werden, dass dieselbe ohne
besonderen Aufwand von Zeit und Mitteln durchgeführt werden kann. Unter anderem
haben die häufigen, bei Pflasterarbeiten und Aufgrabungen von fremder Hand am
Strassenrohrnetze verursachten äusseren Kabelverletzungen hier das Verlangen nach
einer zuverlässigen selbsthätigen Störungsanzeige
geweckt, und zu Beginn des Jahres 1892 wurden zwei Arten selbsthätiger Fehleranzeige
von der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft
ausgearbeitet und in den Centralstationen der Berliner
Elektricitäts-Werke eingeführt.Ausführlicher hat über dieselben der Ingenieur der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft Dr. Kallmann in seinem Vortrage im Berliner
Elektrotechnischen Vereine berichtet; vgl. Elektrotechnische Zeitschrift, 1893 * S. 155.
Diese durch Patente geschützten Einrichtungen haben jede auftretende Verletzung
eines Kabels sofort durch Lärmsignal anzuzeigen und auch den Bezirk anzugeben,
innerhalb dessen die Störung vorgekommen ist. Hierzu werden die in alle Strassen-
und Hausanschlusskabel isolirt miteingesponnenen Prüfungsdrähte benutzt, welche
bekanntlich die Spannung an verschiedenen Netzpunkten, vornehmlich an den Enden der
Speiseleitungen, von der Centrale aus zu messen gestatten. Dieselben werden derart
geschaltet, dass zwischen der Kupferseele des Kabels und dem daneben befindlichen
Prüfungsdrahte ein bestimmter Spannungsunterschied hergestellt wird. Beim Eintritt
einer Kabelverletzung erleidet dieser in Folge des zwischen dem Prüfungsdraht und
der Kabelseele entstehenden Kurzschlusses eine wesentliche Aenderung, durch welche
ein in jede Prüfungsdrahtleitung in der Centralstation eingeschaltetes Relais erregt
und ein Alarmsignal in Thätigkeit gesetzt wird. Auf diese Weise wird das Auftreten
eines Isolationsfehlers im Kabelnetze sofort selbsthätig in der Centrale gemeldet,
ohne dass die mittels derselben Prüfungsdrähte erfolgenden Spannungsmessungen
gestört werden, und aus der Nummer der gefallenen Relaisklappe der ungefähr der
Grösse eines Häuserviertels entsprechende Bezirk angezeigt, in welchem die
Fehlerstelle liegt und wo dann die Auffindung und Abtrennung des schadhaften Kabels
mit Leichtigkeit stattfinden kann.
Ausser diesen von der Allgemeinen
Elektricitäts-Gesellschaft für sämmtliche Stationen der Berliner Elektricitäts-Werke gelieferten
Störungsmeldeapparaten ist für letztere ferner eine für alle Betriebsverhältnisse
anwendbare selbsthätige Erdschlussanzeige eingerichtet
worden. Dieselbe ermöglicht in jedem noch so ausgedehnten Leitungsnetze – mag dies
ober- oder unterirdisch geführt sein und mögen in den Kanälen Kabel oder blanke
Leitungen liegen – auf einfache Art eine dauernde leichte Controle des
Isolationszustandes nicht allein des gesammten Netzes, sondern jedes einzelnen auch
noch so kleinen Bezirks und nicht minder unter den verschiedenartigsten
Betriebsverhältnissen und während des Betriebes ein sofortiges selbsthätiges
Lärmschlagen und die Anzeige der Fehlerstelle bei eintretenden Erdschlüssen.
Bei Erdschlüssen wird erfahrungsgemäss der grösste Theil der elektrischen Energie
vornehmlich zu Wärme Wirkungen am Erdschlussorte selbst oder in der nächsten
Umgebung der Leckstelle vernichtet und nur ein kleiner Rest der Spannung verzehrt
sich als Spannungsabfall durch die Erde von der Erdschlusstelle des einen Pols bis
zu einer solchen des anderen. Demgemäss wird bei diesen Erdschlussanzeigern die Grösse der bei Erdschlüssen an verschiedenen
Stellen der Erde herrschenden Potentiale festgestellt und durch Signalrelais, sowie
einfache Galvanometerangabe (Voltmeter bis zu 10 Volt zeigend) sofort in der
Centrale selbsthätig die Stelle des Isolationsfehlers angezeigt.
Man hat es hierbei vollständig in der Hand, die Empfindlichkeit der
Controleinrichtung nach Belieben herzustellen, d.h. man kann Relais von einer
Empfindlichkeit anbringen, dass sie bei beispielsweise 0,25 Volt Spannung erregt
werden, aber auch erst bei 0,5, 1 und mehr Volt, je nachdem es wünschenswerth ist,
schon ganz geringe, oder erst bedeutende Erdschlüsse signalisirt zu erhalten. Hat
man den Fehlerbezirk angezeigt erhalten, so trennt man nur in dem betreffenden
Abzweigekasten die sich dort verzweigenden Controldrähte des Bezirkes und findet aus
der Niederspannungsmessung der verschiedenen Erdpotentiale des Bezirkes selbst die
Richtung, z.B. die Häuserfront eines Viereckes, in welcher der Erdschluss liegt.
Indem man nun sich möglichst viele und gute Erdleitungen jedes Controldrähtes in
jedem Bezirke schafft, nach Befinden auch den Controldraht, wenn auch blank, in die
Hausanschlüsse und Installationen abzweigt, gewinnt man um so bestimmtere Angaben
betreffs der Fehlerstelle. Je zahlreicher und kleiner die einzelnen Bezirke gemacht
werden, desto genauer ist die Ortsbestimmung des Fehlers.
Die Theorie dieser Einrichtung beruht auf der Theorie der Stromvertheilung in der
Erde, und aus den Gesetzen derselben ergeben sich die Grundsätze der Beeinflussung
von Schwachstrom, z.B. Fernsprechnetzen durch benachbarte Starkstromanlagen, ebenso
wie die Maassnahmen zur möglichen Verminderung dieser Einwirkungen, wie z.B. die
Verwendung blanker Leitungen als Mittelleiter in Mehrleiteranlagen, aus dieser
Theorie gefolgert werden können.
Diese beiden Störungsanzeiger greifen in einander und bieten eine vollkommene Gewähr
für die Ueberwachung des ganzen Leitungsnetzes; durch die dabei bezirksweise
vorgenommene Verbindung der Prüfungsdrähte wird ja das grosse Netz in kleine Bezirke
abgetheilt.