Titel: | Die Dampfmaschinen der Weltausstellung in Chicago 1893. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 290, Jahrgang 1893, S. 121 |
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Die Dampfmaschinen der Weltausstellung in
Chicago 1893.
Von Fr. Freytag, Lehrer für Maschinenbaukunde
an der königl. höheren Gewerbschule zu Chemnitz i. S.
Mit Abbildungen.
Die Dampfmaschinen der Weltausstellung in Chicago 1893.
Die ausgestellten Dampfmaschinen befinden sich zum grössten Theil in der von drei
gewölbten Eisenbögen überspannten, ringsum mit einer 15 m breiten Galerie versehenen
Maschinenhalle von 150 m Breite und 258 m LängeHierzu
kommt noch ein zur Maschinenhalle gehöriger Anbau von 168 m Länge und 149 m
Breite., deren nach dem sogen. Ehrenhof zu liegende Façaden reich
mit Säulengängen geschmückt und mit anderen Architekturschönheiten ausgestattet
sind. Ein anderer Theil ist in einer auf der südöstlichen Ecke des Jackson-Parkes
errichteten Kraftstation untergebracht, die zum Betreiben der das Ausstellungsgebiet
umgebenden, von der General Electric Co. ausgeführten
elektrischen Hochbahn dient. Einige Maschinen finden sich in anderen Gebäuden der
Ausstellung, namentlich in der Bergbau- und Elektricitätsabtheilung, zerstreut.
Die Leistung der in der Maschinenhalle ausgestellten, hauptsächlich für
Beleuchtungszwecke bestimmten Dampfmaschinen beträgt etwa 22000 , diejenige
der übrigen Ausstellungsmaschinen etwa 10000 , so dass die in Chicago
ausgestellten Dampfmaschinen eine Gesammtleistung von etwa 30000
repräsentiren. Man ist geneigt zu vermuthen, dass die grosse Anzahl der
ausgestellten Dampfmaschinen einen Ueberblick über die Fortschritte des
Dampfmaschinenbaues nach allen Richtungen hin gewähre, doch ist dies nicht der Fall;
eine grosse Anzahl selbst im Dampfmaschinenbau hervorragender Firmen Nordamerikas
einschliesslich der Neuenglandstaaten hat die Ausstellung entweder überhaupt nicht
beschickt, oder sich nur in höchst bescheidener, der Ausdehnung ihres Geschäftes
wenig angemessener Weise an derselben betheiligt.
Was das Ausland anbelangt, so sind nur England und Deutschland mit einigen wenigen
Dampfmaschinen vertreten. Hierzu kommt noch, dass die Dampfmaschinen meistens zu
elektrischen Beleuchtungszwecken bezieh. zum Betreiben der elektrischen Hochbahn
dienen und deshalb als schnellaufende Motoren construirt sind. Aus diesem Grunde
findet sich nur diese Maschinengattung in einiger Vollständigkeit auf der
Ausstellung vor; sogen. normale Betriebsdampfmaschinen dagegen sind
verhältnissmässig wenig und Fördermaschinen sind überhaupt nicht anzutreffen.
Die meist in liegender Anordnung gebauten Maschinen arbeiten zum grössten Theil mit
zweifacher Expansion nach dem Verbundsystem und ohne Condensation, da, wie bereits
1892 285 * 1 erwähnt, die Kosten des Herbeischaffens
von Wasser in Nordamerika sehr oft grösser sind, als der in Folge
Nichtcondensation entstehende Mehraufwand für Kohlen beträgt. Wo Condensation in
Anwendung gebracht ist, werden die Condensatoren bezieh. Luftpumpen von einer
besonderen Dampfmaschine aus betrieben.
Zur Regelung der Ein- und Ausströmung des Dampfes dienen zumeist von
Schwungradregulatoren beherrschte Corlissteuerungen, seltener Flachschieber- und
Kolbensteuerungen.
Was die Formgebung von Einzeltheilen anbelangt, so lässt dieselbe bei vielen
amerikanischen Maschinen zu wünschen übrig; schwerfällige Pleuelstangen und
Kreuzköpfe machen sich öfter bemerklich, auch trägt die mitunter eigenthümliche Form
von als Rippenkörper ausgebildeten Grundplatten nicht zur Erhöhung des
Gesammteindruckes bei.
Das Bestreben der Dampfmaschinenconstructeure Nordamerikas geht eben im Allgemeinen
mehr dahin, billige als vollkommene Maschinen herzustellen. Dies macht sich beim
Betrachten der von deutschen Firmen – z.B. von F.
Schichau in Elbing und R. Wolf in
Magdeburg-Buckau – ausgestellten Dampfmaschinen ganz besonders bemerkbar.
Den für die Dampfmaschinen erforderlichen Betriebsdampf liefern mit sogen. füll oil
geheizte Wasserrohrkessel bekannter amerikanischer Firmen, und zwar befindet sich
eine Centralkesselanlage mit 49 Kesseln für etwa 22000 in dem an der
südlichen Seite der Maschinenhalle liegenden Betriebshause von 30,5 m Breite und 140
m Länge, eine andere mit 10 Kesseln für 3000 in einem 42 m langen und 12,8
m breiten Raume der oben erwähnten Kraftstation. Im Bedarfsfalle lassen sich die
Leistungen dieser Kessel noch erheblich steigern.
Das mit der Maschinenhalle verbundene Kesselhaus ist mit einer erhöhten Galerie zur
bequemen Besichtigung der tiefer liegenden Kessel versehen und zeichnet sich,
ähnlichen Einrichtungen früherer Ausstellungen gegenüber, durch eine peinliche
Sauberkeit aus.
Das zum Heizen dienende Oel wird mittels einer Röhrenleitung von 200 mm lichter Weite
von den Werken der Standard Oil Company in Whiting,
Ind. (etwa 20 Meilen vom Mittelpunkte Chicagos entfernt), nach dem
Ausstellungsplatze gedrückt; hier werden täglich etwa 230 cbm von diesem Oel (34° B.
und 0,8536 spec. Gew.), welches eine Entzündungstemperatur von etwa 38° C. hat,
verbraucht.
Von den amerikanischen Dampfmaschinen ist die liegende 2000 pferdige
Vierfach-Verbundmaschine der E. P. Allis Co. in
Milwaukee (Fig. 1 bis
4) als grösste
Maschine der Ausstellung in erster Linie zu nennen. Diese Maschine wurde am 1. Mai
1893, ähnlich wie vor 16 Jahren in Philadelphia, von dem Präsidenten der Vereinigten
Staaten am Schluss seiner Eröffnungsrede durch Druck auf einen Knopf elektrisch in
Bewegung gesetzt. – Sie wirkt trotz
ihrer gewaltigen Abmessungen durchaus nicht überwältigend auf die
Ausstellungsbesucher, die wegen der verhältnissmässig tiefen Lage der Maschine erst
in unmittelbarer Nähe derselben einen Begriff von ihren Grössen verhältnissen
erhalten.
Textabbildung Bd. 290, S. 122Allis' Maschine. Die zu zwei hinter einander liegenden Cylinder jeder Maschinenseite haben
660, 1524, 1016 und 1778 mm Durchmesser bei 1928 mm Kolbenhub und sind derartig
gelagert, dass der Hochdruck- und zweite Mitteldruckcylinder die eine Seite,
der erste Mitteldruck- und Niederdruckcylinder die andere Seite der Maschine bilden.
Sämmtliche Cylinder sind mit Ausnahme der Deckel von Dampfmänteln umgeben und mit
den zwischenliegenden, senkrechten Aufnehmern (Receiver) von 915, 1372 und 1676 mm
Durchmesser und 3200 mm Länge durch Rohre verbunden. Den Aufnehmern, aus je einem
Bündel von Messingrohren bestehend, wird frischer Kesseldampf zugeführt, der zur
Wiedererwärmung des durch die Rohre von einem zum anderen Cylinder strömenden
Arbeitsdampfes dient. Der Niederdruckcylinder entlässt den Dampf in einen neben der
Dampfmaschine liegenden senkrechten Einspritzcondensator (Fig. 2 und 3), dessen Construction,
ebenso wie diejenige der ganzen Maschine, von Reynolds,
dem Leiter der E. P. Allis Co. und früheren
Werkstättenchef von Corliss, herrührt. Die Luftpumpe
von 900 mm Durchmesser und 400 mm Kolbenhub wird bei diesem Condensator von einer
besonderen, darüber liegenden Corliss-Dampfmaschine betrieben, deren Cylinder
dieselben Abmessungen wie derjenige der Luftpumpe hat. An der kräftig gehaltenen
Grundplatte ist die Kreuzkopfführung mit cylindrischer Bohrung befestigt; dieselbe
bildet ein mit seitlichen Durchbrechungen versehenes Zwischenstück, dessen anderes
Ende mit dem vorderen Cylinder verschraubt ist.
Textabbildung Bd. 290, S. 123Allis' Maschine. Das Schwungrad von 9,145 m Durchmesser und 1,930 m Breite wiegt etwa 68000
k und macht 60 minutliche Umdrehungen, hat mithin 28,715 m Umfangsgeschwindigkeit;
es setzt sich aus zwölf einzelnen, durch Bolzen und Schrumpfbänder mit einander
verbundenen Segmenten zusammen, welche mit den hohlen Armen, von elliptischem
Querschnitt, wieder verschraubt sind. Auf dem Schwungrade liegen zwei über einander
laufende Riemen zum Betreiben von zwei Westinghouse-Glühlichtdynamo von je 10000
Lampen.
Die Schwungrad welle ist in der Mitte 534 mm und in den Lagern, deren Mitten 3,980 m
von einander liegen, 482 mm stark. Das Gesammtgewicht der Maschine beträgt 315
t.
Besondere Beachtung verdient die Steuerung, die Füllungen bis zu 11/12 des
Kolbenhubes zulässt. Die hier als Räder ausgebildeten Schwingscheiben der vorderen
Cylinder erhalten in der gewöhnlichen Weise von einem Excenter der Schwungradwelle
ihre Bewegungen und übertragen dieselben mittels Kuppelstangen auf die ebenfalls
radförmig ausgebildeten Schwingscheiben der hinteren Cylinder. Ein zweites Excenter
bethätigt unter Zwischenschaltung einer Schwinge den um P drehbaren Hebel L (Fig. 4 und 5), dessen oberes Ende
einen dreiarmigen Hebel aufnimmt. Der wagerechte, am Ende coulissenartig
ausgebildete Arm dieses letzteren ist mit dem Regulator verbunden, während die
senkrechten Arme mit den über den Schiebergehäusen liegenden Hebeln A in Verbindung stehen, so dass diese eine schwingende
Bewegung annehmen, deren Grösse in irgend welchem Augenblicke von der jedesmaligen
Regulatorstellung abhängig ist. Der Regulator stellt, wie dies bei Corliss-Maschinen
gewöhnlich der Fall ist, einen Daumen ein, der als festliegend betrachtet werden
kann, da er nur mit den Bewegungen des Regulators seine Lage ändert und behufs
Oeffnen des Durchlasskanales im Cylinder mit einer auf der Schieberspindel sitzenden
Klinka in Berührung kommt; je nach der Regulatorstellung erfolgt dann ein früheres
oder späteres Auslösen der Klinke. Da aber das Excenter der Kurbel um wenigstens 90°
voreilt, hat die Schwingscheibe bereits ihren Vorwärtshub beendet und wird sich nach
rückwärts bewegen, wenn der Kolben annähernd in der Mitte seines Hubes steht; die
Klinke wird sich dann von dem Daumen entfernen, und, wenn ein Abschneiden des
Dampfes nicht bereits stattgefunden hat, dies überhaupt nicht mehr erfolgen.
Textabbildung Bd. 290, S. 123
Allis' Maschine.
Deshalb ist auf der Welle des Hebels A noch ein zweiter Hebel befestigt; der eine Rolle trägt, die ein Auslösen
der Klinke verursacht; ihre Wirkung ist dieselbe, wie diejenige des festen Daumens der gewöhnlichen
Corliss-Steuerung; da sie indess hin und her schwingt, ist sie von der Klinke,
welche bei der Vorwärtsbewegung mit ihr in Berührung kommt, unabhängig und trifft
oder überholt dieselbe bei irgend welcher Kolbenstellung, je nachdem sie von dem
Regulator vor- oder rückwärts gezogen wird.
Eine 2000 pferdige liegende Verbundmaschine der E. P. Allis
Co. mit Kurbeln unter 90° befindet sich in der 26,5 m breiten und 42,7 m
langen Maschinenhalle der Kraftstation und dient hier zum directen Betreiben eines
zwischenliegenden 1500-Kilo-Watt-Thomson-Houston-Generators, der grössten
Dynamomaschine in Nordamerika. Die Cylinder haben 812 bezieh. 1575 mm Durchmesser
und 1524 mm Kolbenhub. Die Schwungradwelle ist in der Mitte 610 mm, in den 1066 mm
langen Lagern, die 7,6 m von einander liegen, 558 mm stark und trägt zur Seite der
65 t wiegenden Armatur ein 85 t schweres Schwungrad von 7,3 m Durchmesser, dessen
Felgenkranz bei 508 mm Höhe eine Breite von 610 mm besitzt.
Textabbildung Bd. 290, S. 124Fig. 8.Maschine von Russel und Co. In demselben Raume befindet sich auch noch eine 750 pferdige
Tandem-Verbundmaschine der Allis Co. mit Cylindern von
559 bezieh. 1118 mm Durchmesser für 1220 mm Kolbenhub, welche freitragend am Ende
der Schwungradwelle eine 500-Kilo-Watt-Thomson-Houston-Maschine direct antreibt.
Diese letztgenannten beiden Maschinen arbeiten ebenfalls mit stehenden
Einspritzcondensatoren, System Reynolds, deren
Luftpumpen wieder von darüber liegenden besonderen Maschinen betrieben werden.
Textabbildung Bd. 290, S. 124Maschine von Rüssel und Co. In der Maschinenhalle der elektrischen Kraftstation befinden sich ferner
eine 750 pferdige Tandem-Verbundmaschine der Providence
Steam Engine Co. in Providence, R. I., mit Cylindern von 508 bezieh. 965 mm
Durchmesser bei 1220 mm Kolbenhub, welche mittels eines 1,220 m breiten Riemens
einen 500-Kilo-Watt-Generator von Thomson-Houston
antreibt, daneben eine mit einem Strassenbahngenerator der General Electric Co. direct gekuppelte 300 pferdige
Tandem-Verbundmaschine von Mc Intosh und Seymour in
Albany, N. Y., und ausserdem eine 1000 pferdige stehende Verbundmaschine der Lake Erie Engineering Works zu Buffalo, N. Y., mit
Cylindern von 558 und 1118 mm Durchmesser für 915 mm Kolbenhub, welche mit 100
minutlichen Umdrehungen direct eine 750-Kilo-Watt-Thomson-Houston-Gleichstromdynamo
antreibt.
Diese Maschinen arbeiten sämmtlich mit unabhängigen Condensatoren verschiedener
Bauart und sollen später näher besprochen werden.
Textabbildung Bd. 290, S. 124Fig. 10.Maschine von Rüssel und Co. In der grossen Maschinenhalle hat die Allis
Co. ausser der erwähnten 2000 pferdigen Vierfach-Verbundmaschine auch eine
500 pferdige Verbundmaschine mit Cylindern von 482 und 914 mm Durchmesser für 1220
mm Kolbenhub ausgestellt, welche mit 90 Umdrehungen in der Minute zum directen
Betreiben eines Westinghouse-Strassenbahngenerators dient und dieselbe Bauart wie
die erstgenannte Maschine aufweist; ferner befindet sich ebendaselbst noch eine 250
pferdige stehende Verbundmaschine derselben Firma, welche eine von den übrigen
Ausstellungsmaschinen abweichende Form zeigt. Wie aus Fig. 6 ersichtlich,
bildet bei dieser Maschine der ringförmige Raum AA den
Hochdruck- und der über dem Kolben liegende Raum den Niederdruckcylinder. Die
Pleuelstange ist direct am Boden des Trunkkolbens befestigt. Ein Excenter auf der
Schwungradwelle bethätigt einen auf der Cylindermitte drehbar befestigten
dreiarmigen Hebel, von welchem Lenkstangen zu den Ausströmschiebern führen, deren
Construction die bei Corliss-Maschinen übliche ist, während die Einströmschieber
durch ein zweites Excenter unter Vermittelung einer Sperrklinke bewegt werden,
welche, wie Fig. 7
ersichtlich, in ein auf dem Ende jeder Schieberspindel aufgekeiltes Sperrrad greift;
die Einlasschieber sind wahrscheinlich hohle Cylinder mit Oeffnungen, deren Anzahl der Zähnezahl
des Sperrades entspricht. Die Maschine arbeitet mit fester Expansion und der
Regulator wirkt auf ein Drosselventil. Es mag noch erwähnt werden, dass von der Allis Co. auch die kleinste Maschine der Ausstellung
herrührt; es ist dies das vollständige Arbeitsmodell einer auf die Grundplatte der
Vierfach-Verbundmaschine gesetzten Corliss-Maschine von 50 mm Cylinderdurchmesser
für 102 mm Kolbenhub. Diese kleine Maschine wird ebenfalls mittels Dampf
betrieben.
Textabbildung Bd. 290, S. 125Russel's Eincylindermaschine. Die Ausstellung von Russell und Co. in
Massillon, Ohio, umfasst fünf Dampfmaschinen verschiedener Systeme. Eine von diesen
ist als Tandem-Zwillingsmaschine (Fig. 8) mit
Cylindern von 380 und 610 mm Durchmesser auf jeder Maschinenseite für 610 mm
Kolbenhub gebaut und leistet mit 125 minutlichen Umdrehungen 600 ; sie
arbeitet ohne Condensation und soll nach Angabe der Erbauerin an Dampf 5,6 k für 1
indicirte und Stunde erfordern.
Die Vertheilung des Dampfes wird bei sämmtlichen vier Cylindern durch eine
Doppelschiebersteuerung mittels entlasteter Flachschieber (Fig. 9) geregelt, und
zwar steuern die Grundschieber einen einzigen Kanal, während die auf den Rücken
derselben gleitenden Expansionsschieber als dreifache Gitter schieb er ausgebildet
sind; letztere werden von einem mit dem Schwungradregulator verbundenen drehbaren
Excenter derart mitgenommen, dass die Maschine je nach den Widerständen mit
Füllungen bis zu ¾ des Kolbenhubes arbeitet. Der in Fig.
8 ersichtliche Regulator besteht im Wesentlichen aus Gewichtsarmen, welche
mit dem auf der Schwungradwelle frei beweglichen Excenter derart verbunden sind,
dass dieses je nach der Geschwindigkeit der Maschine sich entweder vorwärts oder
rückwärts um die Welle dreht; im ersteren Falle, d.h. wenn das Excenter in
demselben Sinne wie die Maschine gedreht wird, erfolgt früheres, im letzteren Falle
späteres Abschneiden des Arbeitsdampfes.
Die Ausströmschieber (Fig. 10) sind von cylindrischer
Gestalt und werden unter Vermittelung der Schwingscheiben von demselben Excenter
bewegt, welches auch die Grundschieber mitnimmt; die Verbindung mit den
Schwingscheiben ist eine derartige, dass die Bewegung dieser Schieber während der
Einströmperiode sehr langsam, vom Augenblicke der Ausströmung des Dampfes aus dem
Cylinder an jedoch entsprechend schnell vor sich geht.
Es ist noch besonders hervorzuheben, dass der Regulator die Expansionsschieber beider Hoch- und Niederdruckcylinder bethätigt, was
allerdings nur unter Einschaltung von besonderen Uebertragungshebeln u.s.w. möglich
ist; hierdurch wird die Steuerung äusserst complicirt.
Die hohlen gusseisernen Kolben (Fig. 10) besitzen eine
Breite gleich der Hälfte des Cylinderdurchmessers und tragen zwischen je zwei
schmalen federnden Ringen noch einen breiten, schwalbenschwanzförmig mit den Kolben
verbundenen Streifen von Antifrictionsmetall, wodurch, da dieses Metall sich
bekanntlich bei der Erwärmung mehr als das Eisen ausdehnt, verhütet wird, dass die
gusseiserne Umfläche des Kolbens mit der Cylinderwandung in Berührung tritt und
Riefenbildungen eintreten; hiermit sollen sehr günstige Resultate erzielt worden
sein.
Textabbildung Bd. 290, S. 125Russel's Verbundmaschine. Die Stärke der aus Stahl gefertigten Kolbenstangen beträgt 1/7 vom
Cylinderdurchmesser; ihre äusseren Enden tragen ein Gewinde für das zugehörige
Muttergewinde in der mit einer unteren Aussparung versehenen Nabe des gusseisernen
Kreuzkopfes (Fig. 11).
In die genannte Aussparung legt sich ein mittels halbkreisförmiger Klammer und
Schrauben angezogenes Passtück (Fig. 12). Der stählerne
Kreuzkopfzapfen ist durch Nuth und Stahlbolzen gegen jede Verschiebung gesichert;
die Gleitflächen des Kreuzkopfes sind mit Antifrictionsmetall ausgefüttert.
Der Rahmen der Maschine liegt in seiner ganzen Länge auf dem Fundament auf und ist
mit den Hochdruckcylindern verschraubt; diese sind durch Zwischenstücke mit den
Niederdruckcylindern verbunden. Die Abstützung der Cylinder auf dem Fundament
erfolgt durch das Ueberströmungsrohr.
Textabbildung Bd. 290, S. 126Fig. 17.Russel's Kreuzkopf. Um die Maschine anlassen zu können, ist die Excenterstange der
Grundschieber auslösbar angeordnet.
Das Schwungrad von 3,050 m Durchmesser wiegt 16330 k und trägt einen Riemen von 1,5 m
Breite.
Eine Eincylindermaschine derselben Bauart zeigen die Abbildungen Fig. 13 und 14; zwei derartige
Maschinen von 432 mm Cylinderdurchmesser und 610 mm Hub, welche mit 150 Umdrehungen
in der Minute je 200 entwickeln, sind in Chicago ausgestellt. Der
Dampfverbrauch dieser Maschinen soll 8,2 bezieh. 10,0 k für 1 indicirte und
Stunde betragen, je nachdem Condensation angeordnet ist oder nicht.
Eine zweite Verbundmaschine der Firma Russell und Co.
mit Cylindern von 330 bezieh. 520 mm Durchmesser für 508 mm Kolbenhub arbeitet mit
einfacher Schiebersteuerung und leistet mit 180 Umdrehungen in der Minute 200
; ihre hintere Ansicht zeigt Fig. 15. Der Dampf
verbrauch soll der gleiche wie bei den vorstehenden Eincylindermaschinen sein.
Die Construction der Cylinder, Kolben und Schieber ist Fig. 16 zu entnehmen;
letztere sind als Kanalschieber ausgebildet und auf dem Rücken mit Entlastungskolben
versehen. Im Cylinder angesammeltes Condensationswasser kann durch die Dampfkanäle
entweichen, da zwischen Schieberrücken und Entlastungskolben ein kleiner Spielraum
gelassen ist; der Raum über dem Schieber steht durch kleine, nach den
Ausströmkanälen führende Bohrungen mit der Atmosphäre in Verbindung.
Den Kreuzkopf veranschaulicht Fig. 17; derselbe
besteht aus Gusseisen und trägt einen konisch eingesetzten Stahlzapfen. Die
Schmierung der gebohrten Kreuzkopfführungen, sowie des Kreuzkopfzapfens erfolgt in
der in Fig. 17 ersichtlichen Weise von einer auf der
oberen Führung befestigten Schmierbüchse aus.
Der in Fig. 18 und 19 ersichtliche
Regulator arbeitet bei allen Füllungsgraden mit constanter Voreilung. Die Regelung
der Geschwindigkeit erfolgt durch ein inneres Excenter R, welches auf der Nabe des Rades A frei
beweglich und durch Stangen K mit den um Bolzen L drehbaren Gewichtshebeln F, deren Centrifugalkraft durch Federn H
Gleichgewicht gehalten wird, derart verbunden ist, dass es sich je nach der Stellung
der Hebel F vor- oder rückwärts dreht: diese Bewegung
wird durch den Bügel Q des inneren Excenters dem
Hauptexcenter B mitgetheilt, welches über einer mit der
Nabe des Rades A verschraubten Platte C geradlinig hin und her gleitet und damit den Schieber
unter Vermittelung des Bügels D, sowie der Stange E auf stets dasselbe Voreilen einstellt. Mit Hilfe der
Schrauben N lässt sich die Spannkraft der Federn H reguliren. Die als Scheiben ausgebildeten Kurbeln
tragen je einen mittels Centrifugalöler geschmierten Zapfen.
Die Befestigung der Cylinder unter sich und mit dem Maschinenrahmen, sowie die
Abstützung derselben auf dem Fundament geschieht in derselben Weise wie bei der von
Russell und Co. ausgestellten 600 pferdigen
Tandem-Zwillingsmaschine.
Textabbildung Bd. 290, S. 126Russel's Regulator. Die fünfte zur Ausstellung gebrachte Eincylindermaschine arbeitet
ebenfalls mit einfacher Schiebersteuerung und leistet bei 235 Umdrehungen in der
Minute 100 ; der Cylinder hat 330 mm Durchmesser für 458 mm Kolbenhub. Der
Dampfverbrauch ist zu 10 bezieh. 11,8 k für 1 indicirte und Stunde
angegeben, je nachdem die Maschine mit oder ohne Condensation betrieben wird.
(Fortsetzung folgt.)