Titel: | Ueber Gebläsemaschinen |
Fundstelle: | Band 290, Jahrgang 1893, S. 184 |
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Ueber Gebläsemaschinen
Ueber Gebläsemaschinen.
hielt vor dem Chicagoer Internationalen Ingenieurcongress im
August 1893 J. Kennedy aus Pittsburg einen Vortrag, aus
dem wir nach Stahl und Eisen, 1893 Nr. 17, entnehmen,
dass in den Vereinigten Staaten die am häufigsten verwendete Anordnung die
senkrechte Maschine ist, bei welcher der Windcylinder oben und der Kreuzkopf
zwischen Dampf- und Windcylinder liegt, und 2 Schwungräder angebracht sind. Diese
Maschinengattung nimmt wenig Raum ein, ist billig, und bequem zugängig. Nachtheile
sind, dass der Kreuzkopf leicht Brüchen ausgesetzt ist und dass die Kurbelwarzen
Vibrationen veranlassen. Diese Bauweise wird sich für Neuanlagen fortdauernder Gunst
zu erfreuen haben.
Dieselbe allgemeine Anordnung hat auch bei wagerechten Maschinen Verwendung gefunden.
Die Bethlehem Iron Company hat mehrere Gebläsemaschinen
dieser Art; sie unterscheiden sich nur dadurch, dass der eine Dampfcylinder durch 2
neben einander liegende Verbundcylinder ersetzt ist. Bei diesen ausgezeichnet
arbeitenden Maschinen ist das Gewicht der Kolben durch Dampfdruck aufgehoben, und
zwar dadurch, dass Dampf an der unteren Seite des Kolbens durch die hohle
Kolbenstange eintritt.
Zur grossen Zufriedenheit arbeitet auch die stehende Zwillingsmaschine, bei welcher
die Windcylinder oben, die Dampfcylinder unter denselben und die Kurbeln ganz unten
liegen. Derartige Maschinen haben ebenfalls in liegender Anordnung Verwendung
gefunden. Sie geben einen sehr gleichmässigen Winddruck und gestatten ein leichtes
Anlassen der Maschine. Andererseits ist die stehende Maschine natürlich sehr hoch
und erzeugt immerhin erhebliche Erschütterungen. Bei der liegenden Maschine wird
dies vermieden, sie ist leicht zugängig und billiger in der Herstellung. Bei
richtiger Wartung hat sich hinsichtlich des Verschleisses im Cylinder kein
ernstlicher Uebelstand gezeigt, so dass bei reichlich vorhandenem Raum die liegende
Zwillingsmaschine empfehlenswerth erscheint.
Die als Zwilling angeordnete Maschine ist auch geeignet zur Anwendung des
Verbundsystems. Da die meisten Gebläsemaschinen unter verhältnissmässig
gleichmässiger Pressung arbeiten, und ferner die zunehmende Einführung von
Wasserröhrenkesseln in den Eisen- und Stahlwerken die Beschaffung hochgespannten
Dampfes erleichtert, so ist es für den Vortragenden ausser Zweifel, dass binnen
kurzem Verbundgebläsemaschinen bei der grossen Mehrzahl der Neuanlagen eingeführt
werden.
Bei den verschiedenen Arten der Gebläsemaschinen bilden fast in jedem Fall die
Windventile den schwachen Punkt der Maschine. In der grossen Mehrzahl der Fälle ist
die Höchstgeschwindigkeit der Maschine nur die Hälfte von derjenigen, welche man
anwenden könnte, wenn die Windventile schnell genug arbeiteten. Diesen Mangel hat
man an einigen Stellen dadurch zu beseitigen gesucht, dass man die Ventile sehr
leicht macht, ihnen nur wenig Hub verleiht und sie vermöge der Schwerkraft
zurückfallen lässt. Anderwärts ist die Einrichtung so getroffen, dass die in den
Cylinder eintretende Luft gezwungen wird, durch eine grosse Zahl sehr kleiner
Oeffnungen zu streichen. Dieser Anordnung lässt sich entgegenhalten, dass die
Reibung stark vermehrt wird und dass die in dünnen Strömen eintretende Luft
erhebliche Wärmemengen an den Ventilsitzen aufnimmt, da letztere bei
Hochdruckgebläsen in Folge der Compression der Luft stets sehr stark erwärmt sind.
Hierdurch wird aber das Gewicht der einströmenden Luft entsprechend vermindert. In
einem Falle musste die Luft einen Weg von 76 mm Länge über das heisse Metall in
Strömen von 4 ¾ mm Dicke passiren. Nebenan befand sich eine Maschine derselben
Grösse und Bauart, bei der jedoch die Luft nur auf eine Länge von 25 mm über das
Metall strömte und die Oeffnungen so weit waren, dass die Luftströme 51 mm Dicke
besassen. Vergleichende Untersuchungen zeigten, dass, während bei sonst gleichen
Verhältnissen die Indicatordiagramme praktisch übereinstimmten, der Wind der
Maschine mit den grossen Ventilöffnungen etwa 10 Proc. mehr Koks im Ofen verbrannte,
ein Ergebniss, das nur durch die Annahme erklärt werden kann, dass bei der Maschine
mit kleinen Luftöffnungen die eintretende Luft bei dem Durchstreichen der kleinen
und engen Kanäle um etwa 25° C. höher erhitzt wird, als dies bei der anderen
Maschine der Fall war. Es geht hieraus hervor, dass die Luftventile der
Gebläsemaschinen nicht nur genügenden Querschnitt haben müssen, sondern auch in
kleiner Anzahl mit genügend gross bemessenen Oeffnungen vorhanden sein sollen.
Eine wagerechte Verbundgebläsemaschine, welche durch die P.
Allis Comp. für die Ohio Steel Comp. erbaut
wird, ist eine Reynolds-Corliss-Querverbundmaschine. Die Dampfcylinder messen 1216
und 1980 mm, die Windcylinder 1525 mm, wobei der Hub 1,525 m beträgt. In der
Anordnung ähnelt die Maschine der grossen vierfachen Expansionsmaschine, welche
dieselbe Firma in Chicago ausgestellt hat (S. 122 d. Bd.). Die Windventile sind so
angeordnet, dass die Luft durch über das Dach hinausragende Röhren angesogen und
unter den Cylindern ausgeblasen wird. Die Einlassventile sind volle Drehventile, die
auf ihren Sitzen durch den Druck des Windes, welcher durch einen Kanal an der
Ausströmkammer hergeleitet wird, niedergehalten werden. Die Ventile werden von der
Steuerscheibe aus bewegt. Die mit drei Oeffnungen versehenen Auslassventile werden
an geeigneten Zeitpunkten durch die Steuerscheibe geschlossen. Die Verbindung
zwischen der Steuerscheibe und den Ventilen ist durch teleskopartig in einander
verschiebbare Stangen bewirkt, welche den Ventilschluss erzwingen und die Umkehr der
Steuerscheibe gestatten, ohne dass die Ventile geöffnet werden. Mit den Ventilhebeln
in Verbindung stehen Vacuumcylinder, welche auf Offenhaltung der Ventile arbeiten.
Die geschlossenen Ventile werden durch den auf den Ventilrücken wirkenden Winddruck
auf ihren Sitzen während des Rücklaufs des Kolbens und bei seinem Vorlauf so lange
festgehalten, bis die Luft im Cylinder nahezu dieselbe Pressung erhalten hat wie der
Wind im Zwischenbehälter (Receiver), zu welchem Zeitpunkt der auf dem Ventilrücken
lastende Winddruck aufgehoben wird und die Ventile durch die alsdann in Wirkung
tretenden Vacuumcylinder schnell geöffnet werden. Die teleskopartige
Verbindungsstange ist so construirt, dass ein kleiner Bremscylinder an dem Boden der
Röhre angebracht ist, um Stösse für den Fall zu vermeiden, dass die in dieselbe
passende Stange gegen den Boden anschlägt, während das Ventil geöffnet ist oder es
sich zu schliessen beginnt. Diese Ventile gebrauchen keinerlei besonderer
Mechanismen, ihr Oeffnen und Schliessen geschieht ausschliesslich durch Reibung,
welche in der möglichst einfachen Art durch den Winddruck in dem Zwischenbehälter
und Cylinder geregelt wird. Die Austrittsventile werden auf ihren Sitzen durch lange
flache Federn gehalten, welche in der Mitte auf dem Ventilrücken und an den Enden
auf Nocken im Ventilgehäuse befestigt sind. Da hierbei ein Spielraum von 12,5 mm
gelassen ist, so wird das Ventil, wenn es sich aus irgend einem Grund nicht zur
richtigen Zeit öffnet, vom Sitz gehoben, wobei die entstehende Lüftung um 12,5 mm
genügend ist, um der Maschine volle Geschwindigkeit unter Auslösung der Verbindung
zwischen Steuerscheibe und Vacuumcylindern von den Auslassventilen zu gestatten.
Diese Ventilsteuerung ist äusserst einfach, und die Praxis hat ihr ausgezeichnetes
Arbeiten erwiesen. Die Maschine soll, wenn nöthig, mit einer Geschwindigkeit von 60
Umdrehungen laufen.
Die Gesichtspunkte, nach welchen die neueren Gebläsemaschinen gebaut werden, dürften
sich wie folgt kennzeichnen: 1) Anwendung des Verbundsystems, 2) Erzielung einer
Steuerung, welche reichliche Oeffnungen beim Einlass wie beim Auslass gibt, und
welche bei einer entsprechend grossen Geschwindigkeit arbeitet.