Titel: | Die Dampfmaschinen der Weltausstellung in Chicago 1893. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 290, Jahrgang 1893, S. 265 |
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Die Dampfmaschinen der Weltausstellung in
Chicago 1893.
Von Fr. Freytag, Lehrer für Maschinenbaukunde
an der königl. höheren Gewerbschule zu Chemnitz i. S.
(Fortsetzung des Berichtes S. 241 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Die Dampfmaschinen der Weltausstellung in Chicago 1893.
Die Harrisburg Foundry and Machine Works in Harrisburg,
Pa., stellten eine Eincylindermaschine, sowie zwei Tandem-Verbundmaschinen aus,
deren Einzeltheile im Wesentlichen denjenigen der Maschinen von Ide and Son entsprechen.
Textabbildung Bd. 290, S. 265Fig. 58.Kolbenschieber von Hershey. Die mit 300 minutlichen Umdrehungen laufende Eincylindermaschine von 305
mm Cylinderdurchmesser für 305 mm Kolbenhub leistet mit ungefähr 5,6 at
Admissionsspannung bei ¼ Füllung 80 und arbeitet ebenso wie die beiden
Tandem-Verbundmaschinen mit Kolbenschiebern, deren eigenthümliche, in Fig. 58 ersichtliche Construction von Hershey, dem Oberingenieur der Firma, herrührt. Die zu
jedem Cylinder gehörigen beiden Kolbenschieber sitzen auf einer gemeinschaftlichen
Stange und sind von je zwei federnden Dichtungsringen umgeben, welche durch
vier radiale Speichen aus Kompositionsmetall oder Messing mittels eines Konus nach
aussen gepresst werden, der sich auf der Nabe eines jeden Schiebers centrisch führt.
Die Verschiebung des Konus geschieht mittels einer Schraubenmutter, deren Lage durch
eine Gegenmutter gesichert ist, und das Einstellen der Dichtungsringe nach erfolgtem
Anwärmen des Kolbenkörpers. Da die aus Metall gefertigten Speichen sich beim
Abkühlen mehr zusammenziehen als die Führungsbüchsen des Schieberkastens, verhüten
sie ein Klemmen der Schieber, wie es zuweilen nach längerem Stillstand der Maschine
eintritt. Wenn Dampf in den Schieberkasten gelangt, dehnen sich die Speichen dagegen
entsprechend wieder aus und bewirken ein dichtes Anliegen der Ringe an ihre
Gleitflächen.
Die beiden ausgestellten Tandem-Verbundmaschinen besitzen dieselben Hauptabmessungen
– 432 bezieh. 712 mm Cylinderdurchmesser, 457 mm Kolbenhub – und leisten mit 230
Umdrehungen in der Minute und einem Admissionsdruck von 8,8 at, wenn Condensation
angeordnet ist, je 510, anderenfalls je 408 ; ihre Construction ist jedoch
eine verschiedene.
Textabbildung Bd. 290, S. 265Fig. 59.Harrisburg's Verbundmaschine. Die Harrisburg- „Ideal“-Tandem-Verbundmaschine arbeitet mit einer
Doppelkurbel inmitten der Maschine und zeigt behufs selbsthätiger Schmierung des
gesammten Triebwerks denselben geschlossenen Maschinenrahmen mit gabelförmigem
Kurbellager, wie er sich bei den „Ideal“-Maschinen von Ide and Son vorfindet; an letzterem ist, wie auch der
wagerechte Schnitt (Fig. 59) einer derartigen
Maschine erkennen lässt, der Niederdruckcylinder freischwebend befestigt und an
diesen ein beiderseits durchbrochenes Zwischenstück geschraubt; welches seine Stützung
auf der durchgehenden, kräftigen Sohlplatte der Maschine findet und den
Hochdruckcylinder trägt. Die Steuerung beider Cylinder geschieht mittels
Kolbenschieber, die auf verschiedenen Seiten der Maschine liegen und durch besondere
Excenter betrieben werden.
Textabbildung Bd. 290, S. 266
Harrisburg's Verbundmaschine.
Der Hochdruckschieber steht unter Controle eines auf der
Schwungradwelle frei beweglichen Excenters, welches von einem Regulator derselben
Construction, wie bei Ide and Son beschrieben,
eingestellt wird, nur dass hier zwei gekrümmte Gewichtshebel und Federn angeordnet
sind.Das Niederdruckexcenter lässt sich für jeden gewünschten Expansionsgrad von
Hand einstellen, wodurch vermieden wird, dass die Expansionslinie im
Niederdruckcylinder eventuell unter die atmosphärische Linie sinkt. Der
Niederdruckkolben kann nach Entfernung der betreffenden Cylinderdeckel behufs
Erneuerung von Dichtungsringen o. dgl. in das Verbindungsstück beider Cylinder
hineingezogen werden, ohne dass der Hochdruckcylinder zu entfernen bezieh.
Verbindungen von Dampfrohren, wie es sehr oft bei Tandem-Verbundmaschinen der Fall,
zu losen sind. Die Excenterstange der Hochdruckseite ist unter Zwischenschaltung
einer am Maschinenrahmen angeschraubten Prismenführung, diejenige der
Niederdruckseite durch ein Kugelgelenk direct mit der zugehörigen Schieberstange
verbunden. Der Dampfkolben des Hochdruck cylinders trägt zwei schmale gusseiserne
Sprengringe, der Niederdruckkolben dagegen, wie Fig. 60 und 61 veranschaulichen,
eine Anzahl von Doppelringen in jeder Nuth, von denen die innenliegenden einen
winkelförmigen Querschnitt zeigen und mittels aufgenieteter kleiner Federn von
Neusilber gegen die Aussenringe wirken, so dass diese sich mit geringem Druck gegen
die Cylinderwandungen anlegen und nur unbedeutende Abnutzungen zu erwarten sind.
Textabbildung Bd. 290, S. 266Fig. 62.Harrisburg's „Ide“-Tandem-Verbundmaschine.Textabbildung Bd. 290, S. 266Mc Intosh' Tandem-Verbundmaschine. Die zweite Harrisburg-„Ide“-Tandem-Verbundmaschine ist in Fig. 62 wiedergegeben; sie arbeitet mit
aussenliegender Kurbelscheibe und liegt mit ihrem Rahmen, der mit dem vorderen
Kurbellager zusammengegossen ist, direct auf dem Fundament. Die Steuerung für Hoch-
und Niederdruckcylinder befindet sich auf derselben Maschinenseite, und zwar geht die
Schieberstange des Hochdruckcylinders durch die hohle Stange des
Niederdruckcylinders. Im Uebrigen stimmen die Einzeltheile mit der vorgenannten
Ideal-Maschine überein.
Mc Intosh, Seymour und Co. in Auburn, N. Y., stellten
eine 1200 pferdige Zwillings-Tandem-Verbundmaschine in der Maschinenhalle, eine 350
pferdige Tandem-Verbundmaschine in dem Elektricitätsgebäude und eine desgleichen
bereits erwähnte von 300 in dem Maschinenraum der elektrischen Kraftstation
aus.
Textabbildung Bd. 290, S. 267Fig. 65.Mc Intosh' Tandem-Verbundmaschine. Die erstgenannte in Fig. 63 und 64 ersichtliche Maschine besitzt zwei Hochdruckcylinder von 457 mm und
zwei Niederdruckcylinder von 812 mm Bohrung; der gemeinschaftliche Kolbenhub beträgt
914 mm und die mittlere Kolbengeschwindigkeit bei 112 minutlichen Umdrehungen der
Maschine 3,412 m in der Secunde.
Textabbildung Bd. 290, S. 267Fig. 66.Mc Evens' Schwungradregulator. Cylinder, Führungen, Kolben und andere wichtige, der Abnutzung
unterworfene Theile sind aus einem besonders harten Holzkohleneisen hergestellt. Die
Kolben bilden, wie in Fig. 64 zu erkennen, leichte Hohlgusskörper; sie sind auf die konisch
abgedrehten Theile der durchgehenden Stange aufgezwängt und legen sich gegen Ansätze
der letzteren, wobei sie durch eine gegen Drehung gesicherte Mutter in ihrer Lage
gehalten werden. Zur Kolbendichtung dienen gewöhnliche gusseiserne Sprengringe.
Zwischen Hoch- und Niederdruckcylinder jeder Maschinenseite liegt eine lange
Führungsbüchse aus Rothguss, welche mit Babbitmetall ausgegossen und auf den genauen
Durchmesser der Kolbenstange gebohrt ist. Das vom Kolben und seiner Stange
herrührende Eigengewicht wird zumeist von dem in einer Erweiterung der Büchse
liegenden Ring a aufgenommen. Nach Lösen der Muttern
des Verbindungsflansches am Niederdruckcylinder lässt sich die Führungsbüchse in den
Hochdruckcylinder hineinschieben und damit, nach vorheriger Beseitigung eines
Zwischenstückes, der vordere Deckel des Niederdruckcylinders abnehmen bezieh. dessen
Kolben behufs Erneuerung von Ringen aus dem Cylinderinneren herausschieben, ohne
dass irgend ein Theil vom Hochdruckcylinder gelöst zu werden braucht. Beide Cylinder
sind mit Ablassventilen von grossem Durchmesser versehen, welche sich bei einem
gewissen Ueberdruck im Cylinder selbsthätig öffnen und auch von Hand eingestellt
werden können.
Zur Dampfvertheilung in beiden Cylindern dienen Kolbenschieber, deren Construction
Fig. 65 erkennen lässt. Der frische Dampf tritt
in den mittleren Theil des Schieberkastens und geht von hier durch Kanäle eines
inneren Vertheilungsschiebers in den Cylinder, wie dies die in der Abbildung
ersichtlichen Pfeile angeben. Ueber dem die Dampfeinströmung, sowie das Oeffnen und
Schliessen des Ausströmkanals regelnden Innenschieber liegt ein zweiter Schieber in
Gestalt einer einfachen Büchse, der das Abschneiden des Einströmdampfes in den
Cylinder besorgt und wie ein gewöhnlicher Expansionsschieber arbeitet. Der
Innenschieber wird durch ein festes, der Expansionsschieber dagegen von einem frei
beweglichen Excenter hin und her bewegt, dessen von der Wirkung der
Regulatorgewichte abhängige Stellung dem von der Maschine zu überwältigenden Widerstände und der
jedesmaligen Dampfspannung entspricht.
Der in eine Riemenscheibe eingebaute Regulator beherrscht die Steuerungen sämmtlicher
Cylinder, indem mittels einer in Fig. 64 ersichtlichen
Welle die bezüglichen hin und her gehenden Bewegungen der einen Maschinenseite auf
die andere übertragen werden.
Um die Abmessungen der Excenter möglichst gering zu erhalten, sitzen dieselben, wie
ebenfalls Fig. 64
erkennen lässt, nicht auf der Schwungrad welle, sondern auf Hilfswellen, welche
mittels aussen liegender Kurbeln und angreifender Lenkstangen von den Kurbelzapfen
der Maschine aus betrieben werden. Die Hochdruckcylinder sind mit Dampfmänteln
umgeben und die zwischen den Cylindern senkrecht aufgestellten Receiver mit
kupfernen Heizrohren versehen, in welche der Dampf aus den Mänteln der
Hochdruckcylinder strömt.
Der Kreuzkopf ist mit seinem Zapfen aus einem Stahlstück geschmiedet und gleitet
zwischen vier Schienen, von denen die unteren Wassermäntel besitzen. Die Form des
Kurbelstangenkopfes mit übergeschobenem Bügel ist in Fig. 64 ersichtlich;
letzterer wird durch einen Bolzen gehalten, der jedoch keiner Schubbeanspruchung
unterworfen ist. Die Schalen des Kurbelzapfens bestehen aus Gusseisen mit
eingegossenem Babbitmetall.
Der Kreuzkopfzapfen hat 152 mm Durchmesser bei 228 mm Länge, der Kurbelzapfen 190 mm
Durchmesser und dieselbe Länge. Die Schwungradwelle ist in den 610 mm langen, mit
Wassermantel umgebenen Lagern 356 mm, in der Mitte 406 mm stark.
Die Schmierung sämmtlicher Theile erfolgt selbsthätig von einem über dem
Schwungradlager liegenden Behälter aus, in welchen das im Maschinenrahmen
angesammelte Oel mittels einer kleinen Pumpe, die von einem Excenter der die
Schieberexcenter tragenden Hilfswelle betrieben wird, zurückgelangt.
Das in vier Theilen gegossene Schwungrad hat zwei Armreihen; es ist aus zwei Rädern
zusammengesetzt, die neben einander liegen und durch kräftige Schraubenbolzen mit
einander verbunden sind. Das Rad hat 4,880 m Durchmesser, 1,980 m Breite und
wiegt 56 t; das Totalgewicht der Maschine stellt sich auf ungefähr 225 t.
Die beiden anderen ausgestellten Tandem-Maschinen der Firma besitzen dieselbe
Construction wie die vorgenannte Maschine.
Die Hauptverhältnisse der mit einem Strassenbahngenerator der General Electric Co. direct gekuppelten 300 pferdigen Maschine sind
folgende:
Durchmesser
des
Hochdruckcylinders
330 mm
„
„
Niederdruckcylinders
584 mm
Kolbenhub
558 mm
Dampfspannung
8,8 at
Minutliche Umdrehungszahl
150
Die Maschine entlässt ihren Abdampf in einen einfach wirkenden Einspritzcondensator,
System Deane.
Textabbildung Bd. 290, S. 268Steuerung der Mc Even Mfg. Co. Bei der Ausstellungsmaschine der J. H. Mc Ewen
Mfg. Co. in Ridgway, Pa., ist die Construction des in Fig. 66 ersichtlichen Schwungradregulators insofern
bemerkenswerth, als hier die Trägheit eines Gewichtsarmes zur Regulirung der
Geschwindigkeit benutzt wird. Das kleinere Gewicht A
wirkt in der gewöhnlichen Weise durch Centrifugalkraft. Die Drehbewegung des
Excenters wird von dem Zapfen G abgeleitet, dessen
Excentricität sich je nach Stellung des Gewichtes A,
welches durch den Hebel C mit dem um P drehbaren Gewichtsarm B
verbunden ist, ändert. Das Gewicht des Armes B wirkt
aber in Folge eigener Trägheit jeder Aenderung seiner Geschwindigkeit entgegen, d.h.
wenn Kraftschwankungen auftreten, die eine Beschleunigung oder Verzögerung der
Geschwindigkeit im Schwungrade hervorrufen, wird der Arm B die Geschwindigkeit, welche er vor Eintritt der Kraftschwankungen
besass, beibehalten. Die geringste Stellungsänderung dieses Armes in Bezug auf das
Schwungrad wird dann ein Verdrehen des excentrischen Zapfens G verursachen und damit der Einströmkanal im Cylinder um einen kleineren
oder grösseren Betrag geöffnet werden.
Sobald eine genügende Stellungsänderung erfolgt, bezieh. diejenige Dampfmenge in den
Cylinder gelangt, welche zur Erhaltung einer bestimmten Geschwindigkeit nothwendig
ist, kommt der Gewichtsarm B zur Ruhe und wirkt wieder
der Bewegung des Gewichtes A entgegen.
Ein radial zur Schwungradmitte liegender Luftcylinder E gibt dem Regulator die nöthige Stabilität.
Die mit dem Regulator ausgerüstete 220 pferdige liegende Tandem-Verbundmaschine mit
Condensation hat Cylinder von 305 bezieh. 610 mm Durchmesser für 508 mm Kolbenhub
und dient mit 200 minutlichen Umdrehungen zum directen Betreiben zweier
Dynamomaschinen.
Textabbildung Bd. 290, S. 269Dreifach-Expansionsmaschine der General Electric Co. Um Abnutzungen bei den zur Verwendung gekommenen Flachschiebern, wie sie
bei der in Amerika häufigen Anordnung derselben (mit Durchlasskanälen an den Enden
und darüber liegender Entlastungsplatte mit Aushöhlungen behufs Verdoppelung der
Dampfeinströmung) in Folge Unterschiedes des auf ihre beiden Gleitflächen ausgeübten
Dampfdruckes unausbleiblich, möglichst in Wegfall zu bringen, hat die Mc Ewen Mfg. Co. den Schiebern die in Fig. 67 und 68 ersichtliche Gestalt
gegeben.
Textabbildung Bd. 290, S. 269Fig. 71.Dreifach-Expansionsmaschine der General Electric Co. Die Oeffnungen in der Entlastungsplatte sind hier ebenso gross gehalten,
wie die auf der entgegengesetzten Seite liegenden, direct in den Cylinder
führenden Oeffnungen der Schiebergleitfläche; erstere gehen sowohl oben wie auch
unten um den Schieber herum und treffen auf die vorgenannten gegenüberliegenden
Oeffnungen in der Schiebergleitfläche, so dass der Einströmquerschnitt eine Grösse
gleich der Summe der Flächen der Durchlasskanäle erreicht. Die einzige Reibung,
welche noch auftreten könnte, rührt vom Eigengewicht des Schiebers her, doch wird
dieselbe bei den unbedeutenden Abmessungen desselben irgend welche Abnutzungen kaum
hervorrufen. Sollte die Spannung im Cylinder diejenige im Schieberkasten
überschreiten, so heben sich Schieber sammt Entlastungsplatte von der Gleitfläche
des Cylinders ab und gestatten dem Wasser ohne irgend welchen Nachtheil für die
Maschine freien Abzug aus dem Cylinder.
Textabbildung Bd. 290, S. 269Fig. 72.Dreifach-Expansionsmaschine der General Electric Co. Die Schwungradwellenlager besitzen eine in Fig. 28 Bd. 285 S. 4 dieses
Journals ersichtliche Gestalt und sind mit Babbitmetall ausgegossen; eine ähnliche
Construction zeigen auch die gusseisernen Kurbellager. Die Schwungradwelle ist aus
Stahl geschmiedet und trägt gusseiserne Gegengewichtsscheiben über den
Kurbelarmen.
Eine stehende 1000 pferdige, ebenfalls mit Condensation arbeitende
Dreifach-Expansionsmaschine für zwei 400 Kilo-Watt-Generatoren auf den Aussenseiten ihrer
Welle stellte die General Electric Co. in New York in
der Maschinenhalle aus.
Textabbildung Bd. 290, S. 270Fig. 73.Maschine der Bates Machine Co.Fig. 69 und 70 veranschaulichen zwei
äussere Ansichten der vorzüglich durchconstruirten Maschine. Die Kolben der drei
neben einander liegenden Cylinder von 572, 842 und 1406 mm Durchmesser für 915 mm
Kolbenhub arbeiten mit einer Geschwindigkeit von 3,05 m (entsprechend 100
Umdrehungen der Maschine in der Minute) auf drei um 120° gegenseitig versetzte
Kurbeln der Schwungradwelle. Das Volumenverhältniss des Hochdruck– zum
Niederdruckcylinder beträgt hiernach 5,625, dasjenige desselben Cylinders zum
Mitteldruckcylinder 2,16 und dasjenige des letzteren zum Niederdruckcylinder
2,6.
Textabbildung Bd. 290, S. 270
Fig. 74.Maschine der Bates Machine Co.; a zum Regulator.
Sämmtliche Cylinder arbeiten mit Corliss-Schiebern, welche,
wie in Fig. 71 ersichtlich, behufs Erzielung
möglichst geringer schädlicher Räume in die Cylinderdeckel eingebaut und behufs
schnellen Dampfabschlusses mit Buffern verbunden sind, die beim Hochdruckcylinder
durch den Dampfdruck im Schieberkasten bethätigt werden, während beim Mittel- und
Niederdruckcylinder zu dem Zwecke aussenliegende Federn angeordnet sind.
Den Auslösmechanismus veranschaulicht Fig. 72.
Die Klinke a empfängt ihre Bewegung von dem mit der
Schwingscheibe verbundenen Hebel b und kommt hierbei
mit dem Anschlag c des auf der Schieberspindel
festgekeilten Mitnehmers in Berührung, wodurch ein Oeffnen des Dampfeinströmkanals
durch den Schieber stattfindet. Sobald die Klaue d auf
den vom Regulator eingestellten Daumen e trifft,
erfolgt das Auslösen der Klinke a und der Schieber
gelangt unter Mitwirkung des Buffers in seine Schlusstellung. Sollte aus irgend
einem Grunde ein Abschliessen des Einströmkanals durch den Schieber nicht erfolgt
sein, so wird dieser, wenn der Hebel b seinen
Rückwärtshub ausführt, durch das Zusammentreffen des unteren Klinkentheiles mit dem
Vorsprung f hierzu veranlasst. Ein Anschlag h auf der vom Regulator eingestellten Nabe dient noch
dazu, beim Defectwerden des Regulators sich unter die Klaue d zu legen, so dass die Klinke a nicht mehr
mit dem Anschlag c des Mitnehmers zusammentreffen und
Dampf in den Cylinder eintreten kann. Damit ein Anlassen der Maschine möglich, wird
der Regulator durch eine Stützvorrichtung angehoben und in eine solche Höhenlage
gebracht, dass der Anschlag h ausser Berührung mit der
Klinke a kommt; wenn die Maschine dann in Bewegung ist,
fällt der Regulator von selbst wieder nach unten und stellt den Anschlag h so ein, dass unter Umständen jede Bewegung des
Schiebers verhütet wird.
Die Endlager der Schwungradwelle sind von einem Wassermantel umgeben.
Der Oberflächencondensator liegt in der Grundplatte der Maschine; Luft- und
Circulationspumpe werden im vorliegenden Falle von einem besonderen Motor betrieben,
obgleich dies auch vom Kreuzkopf des Niederdruckcylinders aus geschehen könnte.
Die von der Bates Machine Co. in Joliet, III.,
ausgestellte 300 pferdige Maschine veranschaulicht Fig.
73; sie ist namentlich ihrer eigenartigen Steuerung wegen bemerkenswerth.
Die Dampfvertheilung wird, wie in Fig. 74
ersichtlich, durch vier an den Cylinderenden Hegende Schieber geregelt, welche von
einer Schwingscheibe in der gewöhnlichen Weise bethätigt werden. Zur Regelung der Dampfeinströmung
dienen Flachschieber, deren zugehörige Spindeln aussen- und innenliegende Kurbeln
tragen, welche durch Stangen mit der Schwingscheibe bezieh. dem Schieber selbst
verbunden sind; zur Regelung der Dampfausströmung dienen gewöhnliche
Corliss-Schieber. Von besonderem Interesse ist die von der jedesmaligen
Regulator-Stellung abhängige Bewegungsübertragung der Schwingscheibe auf die
Einströmschieber.
Um Zapfen I in der Hinterseite der Schwingscheibe drehen
sich Hebel L, deren Enden A mit Stangen R, die nach aussenliegenden
Kurbeln B auf den Spindeln der beiden Einströmschieber
führen, verbunden sind.
Wenn die Schwingscheibe in Richtung des in Fig. 74
ersichtlichen Pfeiles ihre Drehbewegung beginnt, bleibt die Stange R auf dem Zapfen I liegen
und überträgt die Bewegung der Schwingscheibe auf die Schieberspindel so lange, bis
der obere flache, mit einem Stahlplättchen armirte Theil des Hebels L gegen die vom Regulator eingestellte Rolle r stösst; der Hebel L
dreht sich dann um den Zapfen I und der Schieber
schliesst unter Mitwirkung eines Luftbuffers den Einströmkanal.
Die ausgestellte Maschine hat 508 mm Cylinderdurchmesser, 1219 mm Kolbenhub und
treibt mit 64 minutlichen Umdrehungen eine Transmission für im Anbau der
Maschinenhalle aufgestellte Textilmaschinen.
Textabbildung Bd. 290, S. 271Fig. 75.Corliss Maschine der Bass Foundry and Machine Works.Textabbildung Bd. 290, S. 271Fig. 76.Payne's Corliss-Maschine. Die Bass Foundry and Machine Works in Fort
Wayne, Ind., stellten eine mit Condensation arbeitende Corliss-Verbundmaschine aus,
deren perspectivische Ansicht Fig. 75 wiedergibt. Der
Hochdruckcylinder hat 406, der Niederdruckcylinder 762 mm Durchmesser; der
gemeinschaftliche Kolbenhub beträgt 1067 mm. Das Schwungrad von 4,880 m Durchmesser
und 1067 mm Breite wiegt 18000 k. Der Condensator ist von der Wheeler Condenser and Engineering Company in New York.
Die normale Leistung der Maschine beträgt bei 70 minutlichen Umdrehungen und 8,8 at
Dampfspannung ungefähr 300 .
Die Maschine arbeitet mit Ausklinksteuerungen und zeichnet sich durch eine grosse
Geräuschlosigkeit ihres Ganges aus.
B. W. Payne and Sons in Elmira, N. Y., haben eine 110
pferdige liegende Corliss-Maschine von 380 mm Cylinderdurchmesser und 508 mm
Kolbenhub ausgestellt, deren äussere Ansicht Fig.
76 veranschaulicht; die Umdrehungszahl beträgt 150 in der Minute.
Textabbildung Bd. 290, S. 272Fig. 77.Payne's Corliss-Maschine. Die Maschine besitzt, wie auch die Abbildung erkennen lässt, zwei hinter
einander liegende Schwingscheiben für die Ein- bezieh. Ausströmschieber. Die Scheibe
für die Ausströmschieber wird von einem festen Excenter mitgenommen, und damit
constante Ausströmung und Compression erzielt, während die andere Scheibe von einem
auf der Schwungradwelle frei beweglichen Excenter beeinflusst wird, dessen Stellung
der in Fig. 77 angegebene Regulator bestimmt;
derselbe befindet sich auf der Abbildung in seiner Ruhelage, wobei die Einlasskanäle
durch die Schieber am weitesten geöffnet werden. Wenn die Regulatorgewichte ihre
äusserste Lage einnehmen, öffnen dagegen die Schieber die vorgenannten Kanäle nur so
weit, wie es für den Leergang der Maschine nothwendig ist. Jedes Gewicht steht mit
einem Luftbuffer in Verbindung, dessen Wirkung je nach Einstellung eines kleinen
Lufthahnes verändert werden kann. Der Centrifugalkraft der Gewichte wirken zwei
Spiralfedern entgegen. Die Einströmschieber besitzen doppelte Oeffnungen für den in
den Cylinder tretenden Dampf und gestatten Füllungen bis ⅚ des Kolbenhubes.
Der in Fig. 78 ersichtliche gusseiserne Kreuzkopf ist
mit nachstellbaren Gleitschuhen versehen, deren Tragflächen aus
Antifrictionsmetall bestehen; der Kreuzkopfzapfen besteht aus Stahl.
Die Kolbenstange ist in den Kreuzkopf eingeschraubt und durch eine Gegenmutter
gesichert.
Die aus Schmiedestahl gefertigte Pleuelstange mit geschlossenen Köpfen besitzt 6
fache Kurbellänge; die mit Babbitmetall ausgegossenen Lagerschalen sind mit
Keilstellung versehen.
Die Watertown Steam Engine Co. in Watertown, N. Y., hat
eine schnellaufende 250 pferdige Tandem-Zwillings-Verbund-Condensationsmaschine
neuester Construction ausgestellt.
Textabbildung Bd. 290, S. 272Fig. 78.Payne's Corliss-Maschine. Die Rahmen beider Maschinenhälften ruhen, wie in Fig. 79 ersichtlich, auf einer gemeinschaftlichen Grundplatte mit
angegossenen Verlängerungen zur Unterstützung der Hochdruckcylinder, die ohne
Einschaltung eines besonderen Zwischenstückes mit den Niederdruckcylindern
verschraubt sind; letztere sind freischwebend an den beiden Maschinenrahmen
befestigt. Die Stützung der Hochdruckcylinder geschieht mittels stellbarer Böckchen,
die sich gegen Angüsse der die beiden zusammengehörigen Cylinder jeder
Maschinenseite verbindenden Dampfrohre legen.
Sämmtliche Cylinder arbeiten mit entlasteten Flachschiebern, deren Construction Fig. 80 angibt. Die Schieber gestatten sowohl
vierfache Ein- wie auch Ausströmung des Dampfes und sind zu dem Zwecke mit vier
Oeffnungen versehen, die zu je zwei durch seitliche Kanäle mit einander in
Verbindung stehen; ferner sind Aushöhlungen in der Entlastungsplatte und dem
mittleren Steg der Schiebergleitfläche vorgesehen.
Textabbildung Bd. 290, S. 272Fig. 79.Condensationsmaschine der Watertown Steam Engine Co. Die Entlastungsplatte wird mittels schwacher Spiralfedern auf den
Schieberrücken gedrückt, und kann sich von diesem entfernen, wenn durch
Wasseranhäufungen im Cylinder gefährliche Zustände geschaffen werden.
Die Einstellung der vier Schieber geschieht von einem Regulator aus, der in das
inmitten der Maschine liegende Schwungrad eingebaut ist und zwei zu beiden Seiten
dieses Rades liegende frei bewegliche Excenter beeinflusst, deren Drehbewegungen
dann unter Einschaltung von Prismenführungen auf die gekuppelten Schieberstangen
jeder Maschinenseite übertragen werden. Fig. 81 zeigt
die Construction eines zu einer einfachen Tandem-Verbundmaschine gehörigen
Regulators.
Textabbildung Bd. 290, S. 273Fig. 80.Condensationsmaschine der Watertown Steam Engine Co. Das um den Zapfen B eines Schwungradarmes
schwingende Excenter umfasst einen Daumenring C, an
dessen Innenzapfen das Ende eines auf der Schwungradwelle frei beweglichen Hebels
angreift. Am äusseren Rand des letzteren ist ein Zapfen E befestigt; über welchen sich ein mit dem Gewichte F armirter Hebel legt; das Gewicht F ist ausserdem mit dem um H drehbaren, gekrümmten Hebel G verbunden und
wird sammt diesem durch die Feder I veranlasst, sich
der Wellenmitte zu nähern.
Textabbildung Bd. 290, S. 273
Fig. 81.Condensationsmaschine der Watertown Steam Engine Co.
Die Wirkung des Regulators ist folgende: Wenn das Gewicht F in Folge beschleunigter Bewegung des Schwungrades
sich vom Wellenmittel entfernt, werden auch die mit ihm verbundenen Theile ihre
Lage ändern und das Excenter über die Schwungrad welle hinweg nach rechts zu drehen
suchen; in derselben Zeit wird aber auch das mit dem Excenter starr verbundene
Gewicht K durch die Centrifugalkraft nach aussen
getrieben und damit das Excenter um den Zapfen B
gedreht.
Der Regulator wirkt jedoch nicht nur durch die Centrifugalkraft seiner Gewichte,
sondern in ähnlicher Weise wie bei den Maschinen der Mc Ewen
Mfg. Co. auch durch den Beharrungszustand des Gewichtes K; irgend welche Zu- oder Abnahme der Geschwindigkeit
des Schwungrades wird die relative Lage dieses Gewichtes zum Schwungrade
augenblicklich verändern und damit ein Verstellen des Excenters in Folge Wirkung der
Trägheit allein verursachen.
Die Gewichte K und F sind
hohl gegossen und können nach Belieben mit Blei o. dgl. beschwert werden.
Die Hochdruckcylinder der Maschine besitzen 229, die Niederdruckcylinder 406 mm
Bohrung; der gemeinschaftliche Kolbenhub beträgt 356 mm, die Umdrehungszahl 250 in
der Minute.
Ausser den schneilaufenden Maschinen baut die Watertown
Co. auch je nach ihrer Leistung mit 90 bis 130 minutlichen Umdrehungen
laufende Eincylindermaschinen, deren Doppelschiebersteuerung, System Rider, von einem Kugelregulator mit Porter'schem Hülsengewicht eingestellt wird. Die auf
dem Rücken des Grundschiebers schräg auslaufenden Einströmkanäle werden von einem
entsprechend gestalteten Expansionsschieber überdeckt; letzterer ist als
Flachschieber ausgebildet und erhält seine Querbewegung mittels Zahnstange und
Getriebe vom Regulator aus, indem die Spindel desselben unten eine Zahnstange trägt,
die mit einem Zahnsegment auf der Expansionsschieberstange in Eingriff steht.
Derartige Maschinen waren auf der Ausstellung nicht vertreten.
(Fortsetzung folgt.)