Titel: | I. J. Ghegan's mehrfacher Telegraph. |
Fundstelle: | Band 291, Jahrgang 1894, S. 14 |
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I. J. Ghegan's mehrfacher Telegraph.
Mit Abbildung.
Ghegan's mehrfacher Telegraph.
Wiederholt hat man Morsezeichen anstatt mit ununterbrochenen Strömen von längerer und
kürzerer Dauer mit
längeren und kürzeren Folgen von Stromgebungen zu telegraphiren unternommen, welche
mittels eines Selbstunterbrechers der Telegraphenleitung zugeführt werden. Dies
erstrebten unter anderen E. Gray seit 1874 bei seinem
elektro-harmonischen Telegraph (vgl. 1875 218 529, 1877
225 50), P. La Cour
(vgl. 1875 218 315), B.
Enzmann (vgl. 1890 275 * 26); Verwandtes findet
sich auch schon in C. F. Varley's englischem Patente
Nr. 1044 vom 8. April 1870. Die Stromstösse müssen sich dabei natürlich so rasch
folgen, dass in den Zwischenpausen der Elektromagnet im Empfangsamte seinen Anker
nicht wirksam abfallen lässt.
Der nämlichen Telegraphirweise will sich Ino J. Ghegan
bedienen, um zwei Telegramme zugleich auf derselben Leitung zu befördern, und die
von ihm dazu vorgeschlagene, im New Yorker Electrical
Engineer, 1892 Bd. 13 * S. 348 (und 357), beschriebene Anordnung gestattet
nicht nur, dass dabei die gewöhnlichen Morseapparate verwendet werden, sondern auch
dass eine grössere Anzahl von Aemtern in die Leitung eingeschaltet werden und sich
am Telegraphiren betheiligen können, und die beiden Telegramme können ebenso gut in
einerlei, wie in entgegengesetzter Richtung befördert werden. Endlich ist für die
ganze Linie nur eine einzige Stromquelle erforderlich, welche in irgend einem der
Aemter aufgestellt werden kann.
Textabbildung Bd. 291, S. 14Ghegan's mehrfacher Telegraph. In der beigegebenen Abbildung ist diese Anordnung übersichtlich skizzirt.
Ausser den Morseapparaten, nämlich Geber T und Relais
R, ist in dem Amte, worin sich die Stromquelle
befindet, nur noch ein Selbstunterbrecher U
erforderlich, welcher als selbsthätiger Stromwender zu wirken hat, in allen Aemtern
aber noch ein polarisirter Elektromagnet V. In der
Skizze ist angenommen, die Stromquelle befinde sich in dem einen Endamte und bestehe
aus zwei Batterien B1
und B2, welche mit
entgegengesetzten Polen an Erde E gelegt sind, während
ihre anderen Pole mit den Contactschrauben c1 und c2 verbunden sind. Wenn demnach der Ankerhebel u des Selbstunterbrechers U zwischen c1
und c2 hin und her
schwingt, sendet er in rascher Folge abwechselnd kurze positive und negative Ströme
in die Leitung L. Diese Ströme würden, sofern die
magnetischen Ankerhebel v der Elektromagnete V in der in der Skizze gezeichneten Mittelstellung
stünden, in jedem Amte beide Apparatsätze T1, R1 und T2, R2 durchlaufen, dagegen stellt der leitend mit dem
Punkte x verbundene Hebel v, wenn er sich durch die Wirkungen eines die Rollen m durchlaufenden Stromes an die Contactschraube s1 legt, einen kurzen
Schluss x, v, s1, n zu T2 und R2 her, schliesst dagegen über x, v, s2, i den Satz T1, R1 kurz, wenn er sich darauf an s1 anlegt. Bei der
raschen Folge der Ströme werden demnach, während alle Taster T1 und T2 ruhen, in allen Aemtern die gewöhnlichen Relais
R1 und R2 ihre Anker angezogen
erhalten, wenn die Abreissfedern dementsprechend regulirt sind; alle Klopfer
schweigen daher, weil die Localströme durch ihre Rollen hindurch erst durch die
abfallenden Ankerhebel geschlossen werden.
Die Morsetelegraphen sind nun auf Differenzstrom geschaltet, und zwar ist zwischen
der Achse und dem Ruhecontacte jedes Tasters T ein
Widerstand W von geeigneter Grösse eingeschaltet. Wenn
demnach in irgend einem Amte der Taster T1 niedergedrückt wird, so sinkt die Stärke der von
u in L entsendeten
positiven Ströme so weit herab, dass nur die Relais R1 ihre Anker abfallen lassen und deren
Klopfer ansprechen, solange jener Taster T1 niedergedrückt bleibt. Würde gleichzeitig, oder
auch allein, in demselben Amte oder in einem anderen der Taster T1 niedergedrückt, so
veranlasst die Einschaltung des Widerstandes W2 bloss das Abfallen der Anker aller Relais R2 und somit das
Ansprechen der Klopfer derselben. Natürlich darf die durch das Einschalten von W1 und W2 herbeigeführte
Stromschwächung in m nicht so gross sein, dass durch
sie das regelmassige Arbeiten der Relais V
beeinträchtigt würde.
An Stelle der beiden Batterien B1 und B2 könnte selbstverständlich auch eine einzige B angewendet werden, deren beide Pole beim Schwingen
von u in naheliegender Weise abwechselnd an E und L zu liegen kommen
müssten. Ebenso gut liesse sich auch eine Wechselstromdynamo als Stromquelle
benutzen.
In den von U nach m
führenden Draht d ist übrigens noch ein Elektromagnet
eingeschaltet, der die Leitung L nach jeder Stromfolge
entladen soll. Dazu ist die Achse des Ankerhebels ebenfalls mit der Erde verbunden,
von dessen Ruhecontactschraube aber ein Draht nach der Eintrittsstelle des Drahtes
d in m geführt; die
Entladung erfolgt demnach, sobald die Abreissfeder den Ankerhebel an die
Ruhecontactschraube legt.
Bei Besprechung dieser Anordnung im Journal
télégraphique, 1893 Bd. 17 * S. 249, hat Prof. Dr. Ed. Zetzsche interessante Andeutungen über die Stellung gemacht, welche
diesem mehrfachen Telegraphen im System anzuweisen sein würde, und ausserdem an
einen ihm nahe verwandten erinnert, in welchem Sieur
(nach Annales télégraphiques, 1878 * S. 9) die beiden
Folgen von positiven und negativen Stromstössen in jedem Amte auf zwei Relais mit
magnetischem Anker (oder auf ein Relais mit zwei magnetischen Ankern) wirken lässt.
Die beiden Relais und die Taster bleiben daher beständig in der Linie L und Sieur kann die
Taster nach Belieben auf Arbeitsstrom oder auf Ruhestrom schalten; er braucht auch
die Elektromagnete V nicht, welche bei Ghegan's Anordnung an Stelle der sonst bei Anordnungen
für absatzweise mehrfache Telegraphie nöthigen, dauernd
in synchronem Lauf zu erhaltenden Vertheiler treten. Sieur vermag übrigens in seiner Weise das Doppelsprechen, das
Gegensprechen und auch das Doppelgegensprechen durchzuführen.