Titel: | Bemerkungen über neue Kriegswaffen. |
Fundstelle: | Band 291, Jahrgang 1894, S. 73 |
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Bemerkungen über neue
Kriegswaffen.
(Schluss des Berichtes S. 49 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Bemerkungen über neue Kriegswaffen.
Panzerthürme.
Während die früheren Panzerkuppeln der Küstenbefestigungen und die grösseren der
Maasbefestigung (1892 285 76) nur eine Drehbewegung in
wagerechter Richtung gestatteten, sind in neuerer Zeit Entwürfe bekannt geworden,
bei welchen Kuppeln mit schweren Geschützen (15 cm) auch eine Bewegung in
senkrechter Richtung ausführen; um nach einem Schuss zu verschwinden und für den
Gegner unsichtbar und seiner Geschützwirkung möglichst entzogen zu werden. Diese
Kuppeln sind in brunnenartigen Hohlbauten untergebracht, welche in die Betonmassen
von Forts oder besonderen Festungswerken eingebaut sind.
Versenkthurm der Kopenhagener
Befestigung für eine 7,5 cm-Schnellfeuerkanone (Fig. 3).
Textabbildung Bd. 291, S. 73Fig. 3.Versenkthurm der Kopenhagener Befestigung
(schussfertig). Bei Besprechung der Maasbefestigung war schon erwähnt (1892 285 77), dass kleine Kuppeln mit Scheinwerfern oder
mit kleinen Schnellfeuerkanonen zum Versenken und Heben eingerichtet waren. Als
Fortsetzung davon ist in Fig. 3 ein Versenkthurm
der Kopenhagener Befestigung für ein kleines Schnellfeuergeschütz dargestellt.
Seine Einrichtung ähnelt Entwürfen, welche schon vor vielen Jahren aufgestellt
waren. Die Durchschnittszeichnung gibt die Kuppel in schussfertigem Zustande.
Bei dem Schusse verschwindet das Geschütz in die cylindrische Kuppel. Diese ist
auf einem starken Rohre befestigt, welches eine kleine Bewegung ab- und aufwärts
auf einer festen Säule machen kann, die oben mit einer Reifelung versehen ist.
(Kuppel und Tragrohr gleichen einer Wagenlaterne.) Durch Loslassen einer Bremse
senkt sich nach dem Schusse die Kuppel nebst Rohr, wobei das scheinbare untere
Ende des letzteren gegen einen Hebel drückt, der ein Gegengewicht hebt;
letzteres ist in der Zeichnung links unten dargestellt und angedeutet, wie es
durch eine Hebevorrichtung in die Höhe gehoben werden kann, um die Kuppel aus
der „Schuss-“ in die „Deckungsstellung“ zu bringen. Am
unteren Ende des Tragrohres ist ein Ansatz mit Rand angebracht, der sich auf
einen Rollenkranz stützt; letzterer liegt auf dem breiten Rande eines Ringes,
der sich um die feste Säule auf und ab bewegen kann, aber nicht drehbar ist,
weil er mit dem Hebel für das Gegengewicht in Verbindung steht. Die Drehung der
Kuppel mit dem Tragrohre ist durch den Rollenkranz möglich geworden; sie wird
ausgeführt durch ein Räderwerk in der Kuppel, welches auf eine Stange mit einem
Stirnrad wirkt, das in einen Zahnradkreis in der Brunnenwand eingreift.
Bei ähnlichen älteren Entwürfen für Versenk-(oder Verschwindungs)kuppeln (oder
-thürme) hatte man die Auf- und Abbewegung durch Wasserdruck bewerkstelligen
wollen. Eine derartige Bewegung hat indess viele Gegner, weil sie nicht in jedem
Augenblicke ein sicheres Arbeiten zeigt.
Versenkthurm nach Galopin
(toureile à éclipse).
In Frankreich soll für Forts und Festungswerke ein Versenkthurm für schwere
Geschütze, construirt von Galopin, hergestellt von
Schneider und Co. in Creusot, angenommen worden
sein. Da derselbe einige Aehnlichkeit mit dem eben beschriebenen Kopenhagener
Versenkthurme hat, folgt seine Besprechung jetzt, während sie der historischen
Entwickelung gemäss als letzte folgen müsste (Fig.
5a–e).
Auch diese cylindrische Kuppel, welche für zwei 15 cm-Kanonen bestimmt ist, wird
von einem starken Rohr getragen, so dass sie ebenfalls einer Wagenlaterne
ähnelt. Dies Tragrohr ist durch eine starke Metallkappe geschlossen, deren
Unterseite ebenfalls auf einem Rollenkranz liegt, deren Mitte indess den Kopf
eines starken Stempels wie einen Drehzapfen umfasst. Der Rollenkranz wird wieder
durch eine zweite Kappe getragen, welche sich nicht drehen, sondern nur in
senkrechter Richtung auf dem „starken Stempel“ bewegen kann. Gegen diese
zweite Kappe nun wirken mittels Pleuelstangen drei Gegengewichte. Von diesen
liegen die beiden grössten in einer Ebene; sie sind in der
Durchschnittszeichnung (Fig. 5a) des zum Schusse
fertigen Thurmes dargestellt. Bei jedem dieser Gegengewichte drückt die
Pleuelstange, welche die Verbindung mit der unteren Kappe des Tragrohres der
Kuppel bewirkt, auf den inneren Arm eines zweiarmigen Hebels, dessen äusserer
Arm einen Kasten mit einer starken Belastung trägt. Jeder dieser beiden Hebel
bewegt sich indess nicht um eine Querachse mit Schneide, sondern er wälzt sich
mit einer breiten Querachse auf einer breiten Unterlage (ein Abrutschen ist
durch Rollen an ersterer und durch Vorsprünge an letzterer verhindert); er
stellt also einen Hebel mit veränderlichem Drehpunkte vor. Dies hat folgenden
Zweck: Wenn die mit zwei 15 cm-Geschützen belastete Kuppel sich senkt, so
wirkt sie zuerst auf einen ziemlich langen Hebelarm, also mit einem ziemlich
grossen statischen Moment auf die Last; wenn sie aber tiefer kommt, so verlegen
sich die Stützpunkte der Hebelquerachse nach innen (d.h. nach dem Stempel hin);
das statische Moment des inneren Hebelarmes ist geringer geworden, das des
äusseren grösser; die Bewegung wird dadurch eine langsamere; die Abwärtsbewegung
der Kuppel wird also im letzten Augenblicke langsamer sein, als im ersten, und
der Thurmcommandeur hat es in der Hand, sie durch grössere oder kleinere
Belastung der Hebel zu regeln. Aehnlich wirken auch die „Wälzhebel“ beim
Anheben der Kuppel aus dem Tiefstande („Stand der Unsichtbarkeit“) nach
dem Hochstande („fertig zum Schuss!“). In Folge dieser Einrichtung werden
also die Bewegungen der schweren Kuppeln im letzten Augenblick mit sanft
auslaufenden, stossfreien Uebergängen in den Ruhezustand verwandelt.
Textabbildung Bd. 291, S. 74Fig. 5.a) Versenkthurm nach
Galopin, schussfertig; senkrechter Schnitt in der Ebene der beiden
Hauptgewichte zum Ausgleichen der Last der Kuppel; b) Accumulatorhebel
von oben; c) Derselbe von der Seite, vor dem Schusse; d) Derselbe,
fertig zum Anheben der Kuppel; e) Derselbe, kurz vor der
„Hochstellung“ des Thurmes Der dritte Hebel zum Aufwärtsbewegen der Kuppel liegt in einer
besonderen Ebene, die mit der des dargestellten Schnittes wahrscheinlich einen
rechten Winkel bildet. Dieser Hebel steht auch durch eine Pleuelstange mit der
Kappe unter dem Rollenkranze in Verbindung. Sein Gewicht, Accumulatorgewicht
genannt, hat den Zweck, die Aufwärtsbewegung der Kuppel auf eine leichte Weise
zu ermöglichen, ohne das Senken derselben zu erschweren. Fig. 5b stellt die Ansicht von oben, Fig. 5c die von der Seite bei „Thurm tief“
dar. Aus letzterer ergibt sich, dass der Hebel aus zwei Stücken besteht; wird
der linke Theil (mit der Last) angehoben, bis er parallel zum anderen Hebeltheil
steht (Fig. 5d), dann legt sich in das
ausgeschnittene Ende dieses Theiles ein Schenkel eines Winkelstückes, das auf
einem Ansatz des Lasthebeltheiles drehbar befestigt ist; da die Drehung dieses
Winkelstückes durch einen dachförmigen Aufsatz begrenzt ist, so verbindet es
jetzt beide Hebelstücke zu einem Ganzen, wobei die nach unten ziehende Last die
an der Stempelkappe befestigte Pleuelstange und damit die ganze Kuppel nach oben
drückt. Es wirken dabei die beiden Hebel der Durchschnittszeichnung (Fig. 5a) mit. Ist der Thurm beinahe hoch, dann
stösst der linke Schenkel des auf dem Accumulatorhebel befestigten
drehbaren Winkelstückes auf eine Stütze (Fig.
5e), welche ihn so dreht, dass der andere, oben erwähnte Schenkel von dem
zweiten Hebelstücke abgleitet; damit ist der ganze Hebel wieder in zwei Stücke
zerlegt, von welchen das linke herunterfällt (die Stellung Fig. 5c einnimmt), während das rechte noch etwas
mit der Kuppel steigt; aus den punktirten Linien der Fig. 5e ergibt sich die Stellung des (vom Gewicht befreiten)
Accumulatorhebels bei „Thurm schussfertig“. Die Vorrichtung, um bei
„Thurm tief“ (Fig. 5b) das Gewicht
dieses Hebels zu heben, war in der Zeichnung nicht wiederzugeben; sie befindet
sich wahrscheinlich auf dem Zwischenboden, der um den unteren Rand des
Tragrohres der Kuppel angedeutet ist. – Vielleicht befindet sich an diesem Orte
auch die Einrichtung, um Kuppel nebst Tragrohr auf dem Rollenkranze zu drehen. –
In der Zeichnung sind Klinken angedeutet, um die Stellungen des Thurmes in der
„hohen“ und der „tiefen“ Lage festzuhalten. Die Bewegung
derselben geschieht wahrscheinlich von der Kuppel aus durch elektrische Ein- und
Ausschaltevorrichtungen.
Die Zeichnung konnte leider die Einrichtung nicht genau bringen, durch welche die
Kuppel eine sichere Führung während der Bewegung ab- und aufwärts bekommt. Diese
Einrichtung dürfte eine ganz besondere Sorgfalt erfordern, da einestheils der
Rückstoss der beiden 15 cm-Kuppelgeschütze ein ganz gewaltiger ist, besonders in
den häufigen Fällen, wo dieselben gleichzeitig feuern, und da andererseits auch
die Kuppel einen kraftvollen Stoss erhält, wenn einmal ein Belagerungsgeschoss
mit grosser Geschwindigkeit die Seite des hochgehobenen Thurmes trifft oder wenn
ein schweres Mörsergeschoss von 140 k auf die Decke schlägt. Es ist noch nicht
bekannt, ob eine Kuppel etwa 20 dieser Treffer, ohne ernsthafte Beschädigungen
zu erleiden, aushalten kann.
Als ein besonderer Fehler dieser Thürme nach Galopin
wird der grosse Raum angesehen; den die Gewichtshebel zum Senken und Heben
erfordern.
Schaukelthurm nach Mougin
(tourelle oscillante).
Diese in Fig. 4 dargestellte Construction ist
älter als die vorhin beschriebene, sie wird von den Werken zu St. Chamont in
Frankreich ausgeführt. Einer dieser Schaukelthürme ist von der rumänischen
Regierung sicher angekauft worden, ob andere beschafft worden sind oder noch
beschafft werden, ist zweifelhaft.
Die cylindrische Kuppel ist auch für zwei 15 cm-Geschütze eingerichtet; mittels
eines convex gewölbten. Ansatzes unter dem Boden macht sie auf einer Drehscheibe
eine Schaukelbewegung und ermöglicht es dadurch, die Mündungen der Geschütze aus
einer Stellung über dem Vorpanzer (Fig. 4 links oben) in eine unter demselben zu bringen (punktirt angedeutet). Durch diese Bewegung
und durch eine Richtmaschine in der Laffete kann den Geschützrohren die
gewünschte Neigung zur Wagerechten (die Höhenrichtung) gegeben werden. Durch die
Drehung der Drehscheibe auf einem Rollenkranze und durch eine kleine Drehung jeder Laffete
wird die Seitenrichtung der Rohre ermöglicht.
Links auf dem Boden der schussfertigen Kuppel liegt ein Gewicht (2000 k), welches
den Kuppelrand links mit den beiden Geschützmündungen nach links und unten
zieht, sobald eine unter dem Kuppelboden links angedeutete Stütze seitwärts
geschoben wird; es geschieht dies nach einem
Schusse. Während der Bewegung stellt sich eine rechts angedeutete zweite Stütze
senkrecht und stützt an dieser Seite den Boden der Kuppel gegen die Drehscheibe,
wenn eine gewisse Stellung erreicht ist. Diese Stellung wird zum Laden der
Geschütze benutzt, weil sie vollständige Deckung gegen feindliches Feuer bietet,
da die Oeffnungen in der Deckplatte für die Geschützmündungen unter dem linken
„Vorpanzer“ liegen.
Textabbildung Bd. 291, S. 75Fig. 4.Schaukelthurm nach Mougin, schussfertig
(Durchschnitt). Während des Ladens wird das 2000 k-Gewicht vom Boden der Kuppel
aufgehoben; es geschieht dies durch eine Hebevorrichtung, die an einer
senkrechten festen Säule angebracht ist, welche durch die Mitte aller
„Stockwerke“ des „Schaukelthurmes“ reicht. In der Kuppel
befindet sich an der Säule ein kleiner Krahn mit Hebel; das obere Ende des
Hebels steht durch eine Kette mit dem Gewichte in Verbindung, das untere durch
Ketten und Stangen mit einem Radgetriebe im untersten Stockwerke. Werden die
2000 k angehoben, so wird die Massenvertheilung in der Kuppel derart geändert,
dass letztere sich fest auf die Stütze rechts legt; ein besonderes, festes
Gewicht an der Kuppelwandung (rechts) ruft diesen Zug nach rechts unten
hervor.
Wenn geschossen werden soll, wird die Stütze rechts zur Seite geschoben und die
Kuppel „schaukelt“ so, dass die Geschützmündungen und die Stütze links
wieder in die erste Stellung kommen, welche die Zeichnung andeutet. Ist diese
Stellung erreicht, dann legt sich das 2000 k-Gewicht von selber auf den Boden
der Kuppel, weil es nur ein ganz genau abgepasstes Stück gehoben worden war;
liegt es auf, dann löst sich selbsthätig seine Hebevorrichtung aus; nach dem
Schusse können dann wieder die Geschützmündungen nach links unten
„schaukeln“.
Die beiden Stützen rechts und links unter dem Boden der Kuppel sind sehr
sinnreich eingerichtet. Jede besteht aus einem frei herunterhängenden Cylinder
mit einer kegelförmigen Spitze, welche sich in den Rand einer in der Drehscheibe
befestigten kleinen senkrechten Scheibe legt, wenn der grösste gewollte
Abstand erreicht ist. Wird die senkrechte Stellung des Hebels nur wenig
verschoben, dann rutscht die Spitze aus und die Stützung hat aufgehört. Leider
war es nicht möglich, die Festhalte- und Auslösevorrichtung der Stütze in der
Zeichnung zur Anschauung zu bringen.
Es kann vielleicht noch hervorgehoben werden, dass die hohle Säule in der Mitte
des ganzen Baues auch als Munitionsaufzug und als Ventilator dient.
Die Nachtheile, welche dieser Schaukelthurm von Mougin zu besitzen scheint, sind vielleicht die Ursache gewesen, dass
nicht er in Frankreich angenommen worden ist, sondern der vorhin beschriebene
Verschwindungsthurm nach Galopin. Die Nachtheile
bestehen einmal in der Bewegungsbehinderung, welche durch Betontrümmer und
Geschossprengstücke verursacht werden, die auf die Deckplatte fallen. Jedes
feindliche Geschoss, welches die Betonmasse neben dem Thurme trifft, schleudert
Schutt und Trümmer um sich herum. Bei einer Schaukelbewegung der Kuppel
quetschen sich die auf die Deckplatte gefallenen Stücke unter den Vorpanzer und
die Bewegung ist behindert, wenn der Thurmcommandeur nicht besondere Hilfsmittel
in Anwendung bringt. Nachtheilig ist es auch, dass die Geschütze der Kuppel
wagerecht oder sogar abwärts feuern sollen, um das Vorgelände zu bestreichen,
welches dicht vor dem Thurme liegt. Wie sich aus der Zeichnung ergibt, muss
dadurch die Deckplatte eine besonders starke Wölbung bekommen und möglichst
dicht, also möglichst ungünstig für auffallenden Schutt, an die Vorpanzerung
hinaufgeschoben werden.
Für diesen Thurm sowohl, wie für alle anderen Panzerthürme würde es von grossem
Vortheil sein, wenn den Geschützen diese Schussrichtung abgenommen würde und von
ihnen nur Schüsse in hohem Bogen verlangt würden. (Der Beschreibung ist die Deutsche Bauzeitung vom August 1893 und Le génie civil zu Grunde gelegt.)
Vielleicht könnten besondere kleine Panzerthürme oder fahrbare mit wechselnder
Aufstellung die Vertheidigung des nahen Vorgeländes übernehmen. (Die Sondervorschriften für die Fussartillerie bringen
die Skizze eines solchen fahrbaren Panzerstandes.)
Ausser den hier angedeuteten Constructionen gibt es zur Zeit noch manche andere;
von diesen verdient eine besonders hervorgehoben zu werden. Dieselbe beruht
darauf, dass bei einer Aenderung der Seitenrichtung der Geschütze nicht der
Boden der Kuppel gedreht zu werden braucht, sondern nur die Panzerdecke; diese
liegt zu dem Zwecke auf einem Rollenkranze, der sich auf dem oberen Rande der
Kuppelwand bewegt. Es wird dadurch Arbeit gespart und vielleicht ein einfacherer
Bau ermöglicht.
Die wichtigsten Theile eines Thurmes, die den feindlichen Geschossen ausgesetzten
Panzerplatten, sind bis jetzt kaum erwähnt. Es hat dies wohl seinen Grund darin,
dass die bisherigen Platten für Thurme der Landbefestigungen, aus Walzeisen oder
Stahl bestehend, ausreichend widerstandsfähig erschienen, weil die dagegen
wirkenden Belagerungsgeschütze nur eine engbegrenzte Zerstörungskraft hatten.
Möglicher Weise wird sich das in Zukunft ändern, wenn einestheils die
Flachbahngeschütze (high power guns) eine grössere Wirkung (z.B. durch
Einführung einer
Brown'schen Kanone) bekommen und wenn
anderentheils die Wirkung der Mörsergeschosse dadurch verbessert wird, dass ihre
Achse sich während des Fluges genau in der Flugbahn hält. Vielleicht liegt das
letztere nicht so fern, wenn eine umfassende wissenschaftliche, nicht lediglich
mathematische Untersuchung der Flugbahn eingeleitet wird. – Im Uebrigen brauchen
für die Panzerplatten der Landfestungen vielleicht keine besonderen Versuche
gemacht zu werden, da hierüber die Entwickelung des Panzerungsmaterials für
Kriegsschiffe und Küstenwerke, also des Materials, welches der ungeheuren
Wirkung der Schiffs- und Küstengeschütze Widerstand leisten muss, von selber
Aufschluss gibt.
Panzerplatten.
Die widerstandsfähigsten
Panzerplatten Ende 1893.
Das Bestreben, widerstandsfähige Panzerplatten zu schaffen, hat für die ganze
Eisenindustrie eine grosse Bedeutung gewonnen; die Bearbeitung des Eisens und
seiner Legirungen ist von den Fortschritten in der Fabrikation der Panzerplatten
wesentlich beeinflusst worden; es ergibt sich dies z.B. aus der überraschend
schnellen Einführung des Nickeleisens.
Schon zu Anfang 1893 konnten die Panzerplatten aus Schmiedeeisen, Hartguss und
die sogen. Verbundplatten als vollständig „abgethan“ betrachtet werden
(1893 288 52–54).
Es schien schon damals die sogen. Nickelstahlplatte und besonders die nach dem
Harvey-Verfahren gehärtete jede andere zu übertreffen. Ein Vergleich der
Haltbarkeit beider ergibt sich aus 1 bis 10 der nachstehenden Tabelle. (Diese
Tabelle ist aus bekannt gewordenen Versuchen in sehr abgekürzter Weise
zusammengezogen; da jeder Schuss von einer grossen Menge Angaben abhängig ist,
deren Wiedergabe im Texte stören würde, so ist die Tabelle für jeden Leser
nothwendig, der die hier aufgestellten Behauptungen genauer betrachten will.)
Die Eindringungstiefen der einfachen Nickelstahlplatte sind im Allgemeinen
grösser als die der gehärteten; von der ersteren wurden zwei Geschosse
vollständig zertrümmert, von der letzteren drei. Man kann aus den Angaben aber
auch entnehmen, dass die Unterschiede der Widerstandsfähigkeit beider Platten
nicht sehr gross zu nennen sind.
Ende 1892 und während des Jahres 1893 haben besondere Versuche stattgefunden, um
den Werth anderer Panzerplatten zu untersuchen, welche keinen Nickelzusatz
hatten. Die Firma Vickers, Sons and Co. in
Sheffield hat zu dem Zwecke eine reine Stahlplatte und eine nach Harvey gehärtete auf dem Schiesstande der
englischen Marine bei Portsmouth (on board the Nettle) beschiessen lassen (11)
und (12 bis 14). Das Verhalten der ungehärteten Platte aus Stahl war so
mangelhaft, dass dieses Material als „abgethan“ betrachtet werden muss.
Im Gegensatze dazu zeigte die gehärtete Stahlplatte eine so grosse Festigkeit
(13, 14), dass sie vielleicht gleichwerthig mit einer gleich dicken
Nickelstahlplatte ist. Diese Eigenschaft dürfte allein dem Härten zuzuschreiben sein. Eine zweite gehärtete
Stahlplatte von Vickers von 15 cm wurde im August
1893 gleichzeitig mit vielen anderen gleichstarken Platten verschiedener
Fabriken in Holland beschossen; ihre Haltbarkeit war bei weitem die grösste.
Dickere Vickers-Platten aus gehärtetem Stahl scheinen indess nicht immer gleichwerthig den Nickelstahlplatten zu
sein. In Gâvre wurde im zweiten Quartal 1893 eine solche von 26,7 cm beschossen,
welche sich ungünstig verhalten haben soll (die Zahlen für diesen Versuch können
nicht mitgetheilt werden, weil sie leider nicht fehlerlos zu sein scheinen).
Eine 30,5 cm-Platte derselben Beschaffenheit verhielt sich ebenfalls höchst
ungünstig (15), zu vergleichen mit (26 bis 29). Vickers' gehärtete Stahlplatten von grosser Dicke können also nicht zu
den widerstandsfähigsten Panzerplatten gezählt werden, wohl aber die von 15
cm.
Die Firma Krupp hat in Chicago mehrere Platten
ausgestellt, von denen vielleicht zwei hier in Betracht zu ziehen sind (22 bis
25) und (26 bis 29). Diese Platten und ihre Beschiessung sind in The Engineer und in der Marine-Rundschau fast zur selben Zeit beschrieben; die in der Tabelle
eingeklammerten, mit (?) bezeichneten Worte des ersteren Blattes erläutern die
Angaben des letzteren in erwünschter Weise. Höchst schwierig ist es, die
Widerstandsfähigkeit dieser Platten mit der anderer zu vergleichen, weil die
Schiessversuche nicht mit Chromstahlgranaten ausgeführt wurden und ein Vergleich
dieser mit den Krupp'schen Stahlgranaten nur durch
zukünftige Schiessversuche, nicht durch Betrachtungen möglich ist. Nimmt man
aber an, dass die Krupp'schen 15 cm-Stahlgranaten
gleich oder besser sind als die Chromstahlgranaten, so hat die Krupp'sche 26 cm-Platte (22 bis 25) grösseren
Widerstand geleistet als die amerikanische gehärtete 26,7 cm-Nickelstahlplatte
(5 bis 8). Aehnliches geht aus dem Vergleich von (25) mit (10) hervor. Von der
Krupp'schen 30 cm-Platte (26 bis 29) kann mit
Sicherheit behauptet werden, dass sie selbst und die 28 cm-Geschosse eine
Gleichförmigkeit der Leistung zeigen, wie sie bei keinem anderen bekannt
gewordenen Versuche erreicht wurde.
Am Schlusse der Tabelle sind noch die Versuche gegen zwei Nickelstahlplatten von
grosser Dicke angegeben. Wahrscheinlich liessen sich diese Platten nicht härten;
einmal der Dicke wegen, zum anderen der Krümmung wegen, die man ihnen geben
musste, weil sie zur festen Brustwehrbekleidung von Geschützstellungen auf
Schiffen dienen sollten (die Oberkörper der Bedienungsmannschaften in diesen
Stellungen [en barbette, „über Bank“] werden nicht geschützt). Aus der
Tabelle dürfte sich demnach mit einiger Sicherheit ergeben, dass gehärtete Nickelstahlplatten von 40 cm und darüber
noch nicht hergestellt worden sind; 35,6 cm Durchmesser hat die dickste
gehärtete Nickelstahlplatte, welche bis jetzt hergestellt wurde (18 bis 21).
Aus dem Obigen lässt sich zusammenfassen, dass als widerstandsfähigste Platten
Ende 1893 anzusehen sind:
Vickers' gehärtete Stahlplatten von 15 cm,
gehärtete Nickelstahlplatten jeder Dicke bis zu 35,6 cm,
ungehärtete Nickelstahlplatten dicker als 40 cm.
Vorausgesetzt wird dabei, dass die Angaben des Engineer über die Krupp'schen Platten
richtig sind, wenn dies nicht der Fall wäre, müssten dieselben besonders
aufgeführt werden.
(Eingeschaltet muss hier noch werden, dass Harvey
kurz vor seinem Tode eine Verbesserung des Härtens hat patentiren lassen, welche
vielleicht eine erhöhte Widerstandsfähigkeit
Panzerplatte
Geschoss
WirkungEindringungstiefe; Dicke der Beuleauf der
Rückseite; Risse; Zustand desGeschosses u.s.w.
Ort und Datumdes
Versuchs
Material
Dickecm
Dicke, Material, Gewicht
Auftreff-geschwin-digkeitm
1–4
Nickelstahl (BetlehemIron Co.)
26,7
15,2 cm-Chromst.-Gran.von Holtzer; 45,4 k
633
33,6 - 25,6 - 32,4 - 26,2 cm; Beule: 4,4 - 5,4, 7 - 4,1 cm;
kleine Risse. 2 Geschosse zurückgeworfen, gestaucht und
ge- rissen; 1 Geschosspitze in der Platte; alles Uebrige in
Stücken zurückge- worfen.
Indian Head(N.-Amerika)31. 10.
91.
5–8
desgl.gehärtet nach Harvey
26,7
desgl.
633
31,5 - 17,3 - 31,1 - 18,6 cm; Beule: 5,7 - 0,6, 5,4 - 0,8 cm;
kleine Risse. 1 Geschoss zurückgeworfen, gestaucht; 2
Geschoss- spitzen in der Platte, alles Uebrige in Stücken
zurück.
14. 11. 91.
9
Nickelstahl (Platte 1–4)
26,7
20,3 cm-Panzer-Gran.von Firminy; 95,3 k
564
41,9 cm; Beule: 14 cm; 2 grosse Risse; Geschoss zurückgeworfen,
gestaucht und gerissen.
31. 10. 91.
10
Nickelstahl gehärtet(Platte 5–8)
26,7
desgl.
564
30,7 cm; Beule: 6,7 cm; 2 grosse Risse; Geschoss zurückgeworfen,
gestaucht und gerissen.
14. 11. 91.
11
Vickers: Stahl,
un-gehärtet
15,2
15,2 cm-Chromst.-Gran.von Holtzer; 45,4 k
460
Durchschlag; Geschoss in der
Hinterlage.
Portsmouth18. 1. 93.18. 1. 93.
12
Vickers: Stahl,
gehärtetnach Harvey
15,2
desgl.
460
? Geschoss zertrümmert.
18. 1. 93.
13
desgl.
15,2
desgl.
553
? Geschoss gebrochen; Platte gespalten, nicht
durchschlagen.
18. 1. 93.
14
desgl.
15,2
desgl.
598
Durchschlag; Geschosstücke in der
Hin- terlage.
18. 1. 93.
15
desgl.
30,5
28 cm-Stahl-Gran, vonKrupp; 230,8 k
480
15,5 cm; Geschoss gebrochen; Platte in 7 Stücke zerschlagen,
nicht wider- standsfähig.
Meppen20. 4. 93.
16
Nickelstahl, gehärtetnach Harvey
22,9
20,3 cm-Chromst.-Gran.von Holtzer; 159,4 k
427
Durchschlag + 30 cm in der
Hinterlage.
Indian Head11. 7. 93.
17
desgl.
22,9
desgl.
521
Durchschlag + 91 cm „ „
„
11. 7. 93.
18–20
desgl.
35,6
25,4 cm-Chromst.-Gran.von Holtzer; 227 k
449. 567.598
Geschosse gebrochen; beim 2. und 3. Ge- schosse Risse in der
Platte; kein Durchschlag.
11. 2. 93.
21
desgl.
35,6
desgl.
628
Geschosspitze noch in der Platte, Boden gebrochen; Platte in 7
Stücke ge- brochen; Hinterlage beschädigt.
11. 2. 93.
22
Krupp: gehärtete
Ver-suchsplatte (nach beson-derem Verfahren ge-härteter
Nickelstahl?)
26
15 cm-Stahl-Gran.; 51 k
574,7
7 cm; Beule: 0,8 cm; Geschoss in Stücken zurück.
Meppen13. 3. 93.
23
desgl.
26
desgl.
609,6
?; Beule: 0,8 cm; Geschoss in Stückenzurück.
13. 3. 93.
24
desgl.
26
desgl.
658,4
31 cm; Beule: 5,5 cm; Geschosspitze in der Platte.
13. 3. 93.
25
desgl.
26
21 cm-Stahl-Gr.; 135,5 k
556,1
?; Beule: 2 cm; Geschosspitze in der Platte.
13. 3. 93.
26–29
Krupp:
Nickelstahl-platte (mit gehärteterOberfläche ?)
30
28 cm-Stahl-Gr.; 232,5 k
470
30 cm ungefähr; Beulen von 13–16 cm; Geschosse unversehrt
zurückgeworfen.
25. 11. 92.
30
Schneider,
Creusot:Nickelstahl, ungehärtet(Barbette-Platte desruss.
Schlachtschiffes„Drei Heilige“)
40,4
24cm-Chromstahl-Gran.von Holtzer; 143,8 k
613
37 cm; Geschosspitze zerschmettert, das Uebrige gestaucht
zurück; feine Risse in der Platte.
Creusot(Frankreich)Aug. od.
Sept.1893
31
desgl.
40,4
desgl.
594
28 cm; Geschoss in Stücken zurück; feine Risse.
desgl.
32
desgl.
40,4
desgl.
586
35,6 cm; wie beim vorletzten Schusse.
desgl.
33
desgl.
40,4
desgl.
598
25 cm; Geschoss in Stücken zurück; keine neuen Risse.
desgl.
35
Nickelstahl, ungehärtet(Barbette-Platte
der„Indiana“)
43,2
30,5 cm-Chromst.-Gran.von Carpenter; 386 k
397
42 cm; Geschoss gestaucht zurück.
Indian Head11. 7. 93.
36
desgl.
43,2
desgl.
455
Durchschlag + 7,6 cm in der Hinterlage; Geschoss gestaucht
zurück.
11. 7. 93.
37
desgl.
43,2
desgl.
565
Durchschlag + 91 cm in der Hinterlage; Geschose weiter
geflogen.
11. 7. 93.
(Zu 11–14. Die entgegenstehenden Angaben des Engineer sind unrichtig.)
neuer Platten zur Folge hat; dieselbe besteht im
Wesentlichen darin, dass Thierkohle der Holzkohle beigemischt wird, welche zur
Vermehrung des Kohlenstoffgehaltes in der Oberfläche einer Platte dienen soll.
Ausserdem hat er ein englisches Patent auf das Verfahren erhalten, gleichzeitig
mit der Kohlenstoffvermehrung in der Vorderseite einer Bessemerstahlplatte eine
Kohlenstoffentziehung aus der Hinterseite [durch Thon und Sand z.B.]
herbeizuführen. Es soll also mit dem Härten des Vordertheils eine Erhöhung der
Zähigkeit und der Elasticität in dem hinteren Theile der Platte eintreten.)
Verhältniss der Durchmesser von
Platten und Geschossen bei Durchschlägen.
Aus der beigefügten Tabelle geht zunächst hervor, dass zur Lösung dieser Frage
noch Gewicht, Material und Auftreffgeschwindigkeit der Geschosse in jedem
Sonderfalle in Betracht zu ziehen sind. Ohne Verstoss gegen diesen Satz lässt
sich hier behaupten, dass gehärtete 15 cm-Stahlplatten von 15 cm-Geschossen mit
600 m Geschwindigkeit durchschlagen werden, 26,7 cm-Platten von gehärtetem
Nickelstahl von denselben Geschossen mit 633 bezieh. 658 m aber noch nicht, 22,9
cm-Platten derselben Art von 20,3 cm-Geschossen schon mit 427 m, 30 cm-Platten
dieser Art von 28 cm-Krupp-Geschossen mit 470 m noch nicht, vielleicht mit 500
m, und 35,6 cm-Platten dieser Art von 25,4 cm-Geschossen mit Geschwindigkeiten
von 628 m. Während 43,2 cm-Nickelstahlplatten von 30,5 cm-Geschossen mit 500 m
Geschwindigkeit schon durchschlagen werden, geschieht das sicher nicht bei 40,4
cm-Platten mit 24 cm-Geschossen von 600 m Geschwindigkeit. (Vielleicht dürfte
beim Entwerfen des letzteren Versuches (30 bis 33) die russische Regierung etwas
zu weit gegangen sein in Bemessung des Unterschiedes zwischen Platten- und
Geschossdicke und denselben zu gross bemessen haben für die erreichbare
Geschwindigkeit von 600 m.)
Als Endergebniss darf man jedenfalls die Behauptung aufstellen, dass bei den
heutigen Geschwindigkeiten schon Geschosse die besten Platten von 26 cm und mehr
durchschlagen, wenn der Durchmesser der letzteren auch um ⅓ bis ¼ grösser ist.
(Bei dieser Behauptung ist auf 15 cm-Geschosse mit 700 m Anfangsgeschwindigkeit
gerechnet.)
Die Haltbarkeit von Geschossen
gegen Panzerplatten nimmt mit Vergrösserung der Geschwindigkeit
zu.
Dieses eigenthümliche Gesetz ist vielfach festgestellt worden. Am deutlichsten
ergibt es sich aus (12 bis 14). Bei 460 m Auftreffgeschwindigkeit wird das
Geschoss zertrümmert, bei 553 m gebrochen, bei 598 m aber schlägt es durch.
Diese Thatsache ist von grosser Bedeutung für die Aufstellung von
Durchschlagsformeln, welche der Wirklichkeit entsprechen, für die Einführung von
Geschützen mit grossen Geschwindigkeiten (z.B. der Kanone von Brown) und endlich für die Aufstellung der Frage,
ob für Panzergranaten ein grosses Gewicht mit kleiner Geschwindigkeit oder ein
kleines Gewicht mit grosser Geschwindigkeit das Bessere ist. Wenn das letztere
Geschoss vorzuziehen sein sollte, dann dürfte der Glaube, dass eine grosse
Querschnittsbelastung die grösste Geschossleistung bedinge, für die
Geschützwirkung ebenso unzutreffend sein, wie sie es für die Wirkung der
Gewehrgeschosse jetzt schon ist. Die Untersuchung dieser Frage durch
Versuche wird wohl nicht auf sich warten lassen.
Schwierigkeit, gehärtete
Nickelstahlplatten zu durchbohren.
Die nordamerikanische Marineverwaltung hat ein besonderes Unglück bei der
Lieferung von über 400 t gehärteter Nickelstahlplatten für das Schiff Maine gehabt. Die Platten sind vollständig fertig
gestellt worden ohne Löcher für die Bolzen, mit welchen sie auf der Schiffswand
befestigt werden sollten. Das Bohren in einer gehärteten Platte schien unmöglich
oder sehr theuer, weil alle bisherigen Bohrer brachen. Man dachte schon daran,
die Platten wieder zu „enthärten“, zu bohren und dann wieder zu härten;
es würden dann aber die Kosten für das Härten nochmals zu bezahlen gewesen sein,
und diese betrugen, da Harvey bezieh. dessen Erben
für das Pfund engl. Plattengewicht 1 Cent beziehen, über 40000 M. Die Frage
scheint jetzt (1894) gelöst zu sein, da das Schiff Maine in diesem Jahre schon übernommen werden soll. Jedenfalls sind
der Glaube, dass „all good things come high“ and die Sorglosigkeit bei
der Bestellung der Platten recht kostspielig gewesen.
Panzergranaten.
Die Frage der Widerstandsfähigkeit der Panzerplatten hängt so mit der Haltbarkeit der
Panzergeschosse zusammen, dass eine kurze Besprechung der letzteren an dieser Stelle
sich nicht umgehen lässt. Von sogen. Panzergranaten sind jetzt schon als
„abgethan“ zu betrachten die Hartgussgranaten (von Gruson und von Palliser).
Drei Sorten scheinen augenblicklich als brauchbar in Frage zu kommen:
Die Krupp'schen Stahlgranaten,
die Carpenter-Stahlgranaten (nach dem sogen. Firininy-System)
und
die Chromstahlgranaten von Holtzer,
welche in Nordamerika von der Midvale Steel Co.
dargestellt werden.
Eine durch Versuche herbeigeführte Entscheidung, welche von diesen Sorten die beste
ist, dürfte wohl im Interesse jeden Staates liegen, der Panzergranaten beschaffen
will.
Welche Rolle übrigens die Holtzer-Granaten spielen, zeigt ein Vorgang im englischen
Unterhause (20. September 1893). Die Marineverwaltung hatte eine Anzahl von diesen
Granaten für Kriegszwecke in Frankreich gekauft. Das wurde recht scharf angegriffen.
Vielleicht mit Begründung, denn fast genau um dieselbe Zeit traf die Nachricht ein,
dass in Nordamerika diese Granaten auf Grund erworbener Rechte hergestellt werden
können. Wahrscheinlich hätte die englische Regierung es auch in die Wege leiten
können, dass diese Geschosse in England hergestellt wurden; dadurch wäre die
unbequeme Verhandlung im Parlamente vermieden worden.
Nachtrag:
Abnutzung der Gewehre mit grossen Anfangsgeschwindigkeiten.
Der Einfluss der Geschossgeschwindigkeit auf die Haltbarkeit der Gewehre scheint in
England wenig beachtet zu werden. So führt ein englisches technisches Blatt die
grosse Abnutzung der neuen Lee-Metford-Gewehre allein auf die schlechten
Eigenschaften des bei ihnen verwandten Cordite-Pulvers zurück. Dies ist entschieden
unrichtig: wenn auch dieses Pulver noch so bösartig wirkt, so muss doch zum Theil
die Abnutzung der Geschwindigkeitssteigerung von 416 auf 610 m zugeschrieben werden;
bei 416 m hat wahrscheinlich die sich leicht entformende Oberfläche des früheren
Weichbleigeschosses wenig oder gar keine Abschleifung des Laufes verursacht, während
bei 610 m der harte Mantel des heutigen (Hartblei-)Geschosses eine recht grosse
hervorruft. Besondere Schiessversuche mit alten Gewehren und neuem Cordite-Pulver
und mit neuen Gewehren und altem Schwarzpulver dürften darüber genauen Aufschluss
geben. Einen kleinen Anhalt für die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit und
Zerstörungskraft eines Geschosses durch Vergrösserung der Geschwindigkeit dürfte
augenblicklich die Thatsache ergeben, dass mit 600 m ein bestimmtes Geschoss eine
gewisse Panzerplatte durchschlagen hat, durch welche ein anderes, gleiches, mit nur
400 m pulverisirt worden ist.
Da nicht nur in England, sondern auch in anderen Ländern die Verminderung der
Haltbarkeit der Gewehre durch Geschwindigkeitssteigerung wenig beachtet wird, so
dürfte Vorstehendes bei Beurtheilung der Gewehr frage einigen Werth haben und
vielleicht auf den naheliegenden Gedanken zurückleiten,
dass nicht nur die Qualität des Pulvers, sondern auch
die Quantität zu berücksichtigen ist.