Titel: | J. Anizan's Kryptograph. |
Fundstelle: | Band 291, Jahrgang 1894, S. 208 |
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J. Anizan's Kryptograph.
Mit Abbildung.
Anizan's Kryptograph.
In dem Journal télégraphique, 1893 Bd. 17 S. 221 und *
245, hat J. Anizan (vgl. 1893 290 * 93) im Anschlusse an seine früheren in La
Lumière Électrique, 1888 Bd. 27 S. 341 ff., veröffentlichten Untersuchungen
eine Abhandlung über die Verwerthung der Kryptographie in der Telegraphie und
Telephonie geliefert und in derselben auch seinen, bereits 1888 hergestellten
Kryptographen besprochen. Die als Kryptographie bezeichnete Geheimschrift ist für
den telegraphischen und telephonischen Verkehr besonders werthvoll; denn sie
ermöglicht ausser der Geheimhaltung des Inhaltes eine grössere Kürze und deshalb
geringere Beförderungsgebühren des Telegramms, zugleich auch eine raschere
Beförderung und eine leichtere Vermeidung von Fehlern in denselben.
Wenn man sich dabei bloss einer einfachen Verstellung der einzelnen Buchstaben in den
Wörtern unter einander, oder einer Vertauschung bezieh. einer alphabetischen
Verschiebung der Buchstaben unter einander bedient, so hat dies in keiner Beziehung
besonderen Werth; in Beziehung auf die Geheimhaltung nicht, weil ja die
durchschnittliche Häufigkeit des Vorkommens der einzelnen Buchstaben in den
verschiedenen Sprachen bekannt ist und man daraus leicht den Schlüssel für die
Verstellung und Vertauschung auffinden kann; in anderer Beziehung, weil ihre
Anwendung keine Kürzung des Textes herbeiführt, die zum Abtelegraphiren nöthige Zeit
eher vergrössert. Zur Durchführung dieser Arten der Telegraphie bedient man sich
zweckmässig eines Wörterbuches (code), worin in der einen Spalte Gruppen von vier
Ziffern oder von drei Buchstaben und daneben in einer zweiten Spalte die Wörter und
Sätze stehen, welche diese Gruppen bedeuten. Zu grösserer Sicherung der
Geheimhaltung telegraphirt man dann aber nicht die im Wörterbuche stehenden Gruppen
selbst, sondern ändert sie zuvor kryptographisch um, durch verabredete Vertauschung
ihrer Ziffern bezieh. Buchstaben unter einander.
Textabbildung Bd. 291, S. 207Anizan's Kryptograph. Die Vertauschung der drei Buchstaben der Gruppen will nun J. Anizan durch seinen Kryptographen erleichtern.
Derselbe hat ungefähr die Grösse einer Brieftasche und enthält drei Paare von Rädern
R1 und r1, R2 und r2, R3 und r3, welche durch die
drei in der Abbildung mit K1, K2 und K3 bezeichneten Knöpfe
paarweise in gleichmässige Umdrehung versetzt werden können; dabei lassen R1, R2 und R3 die grossen
Buchstaben schwarz durch die drei Löcher der hinteren Reihe nach sichtbar werden,
r1, r2 und r3 dagegen die kleinen
Buchstaben roth durch die drei Löcher der vorderen Reihe. Drückt man aber einen von
drei Drückern D1, D2 und D3 nieder, so dreht
sich bei Drehung des zugehörigen Knopfes K1, K2 oder K3 bloss das Rädchen r1, r2 oder r3; man kann somit jedes Räderpaar auf eine
verabredete Verschiebung der Buchstaben einstellen und hat dann bei Anfertigung der
Geheimschrift stets die drei Räder R1, R2 und R3 auf die im Wörterbuche stehenden drei (schwarzen)
Buchstaben einzustellen und in den drei anderen Löchern die dafür zu setzenden
(rothen) Buchstaben abzulesen. Bei Entzifferung des Telegramms dagegen stellt man
die darin enthaltenen (kleinen rothen) Buchstaben auf den Rädchen r1, r2, r3 ein und liest die
dafür im Wörterbuche aufzuschlagenden drei (grossen schwarzen) Buchstaben ab.
Zum Schluss mag noch darauf hingewiesen werden, dass man für kryptographische Zwecke
auch Wörterbücher angefertigt hat, in denen die einzelnen Wörter und Sätze des
Telegramms durch je ein Wort ausgedrückt werden, dessen Buchstaben eine bestimmte
Anzahl nicht übersteigen. Dazu gehört unter anderem auch das im Laufe dieses Jahres
noch erscheinende, vom Internationalen Bureau der Telegraphenverwaltungen
bearbeitete, etwa 240000 Wörter aus acht verschiedenen Sprachen enthaltende
offizielle Wörterbuch. Auch da lässt sich mittels des Kryptographs grössere Geheimhaltung des
Inhalts der Telegramme erreichen. Man müsste dazu dem Wörterbuche drei Spalten
geben, in die erste die Stichwörter setzen, daneben in die zweite Spalte wieder drei
Buchstaben und neben diese in die dritte endlich das durch jene Stichwörter zu
ersetzende Wort bezieh. den betreffenden Satz des in gewöhnlicher Schrift
abgefassten Telegramms; man sucht dann im Wörterbuche den zu telegraphirenden Satz
auf, wandelt die daneben stehenden drei Buchstaben mittels des Kryptographs um und
telegraphirt endlich das neben den bei der Umwandlung erhaltenen drei Buchstaben
stehende Stichwort. Bei der Entzifferung eines angekommenen Telegramms muss man
natürlich umgekehrt verfahren.