Titel: | Neuerungen in der Tiefbohrtechnik. |
Fundstelle: | Band 291, Jahrgang 1894, S. 289 |
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Neuerungen in der
Tiefbohrtechnik.
(Schluss des Berichtes S. 265 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Tiefbohrtechnik.
Die in Nordwestdeutschland seit Jahren im Gange befindlichen Wettbohrungen auf
Kalisalze würden viel mehr das öffentliche Interesse beschäftigen, wenn sie nicht
den Verhältnissen entsprechend allerseits möglichst geheim betrieben würden. Im
Bereich des preussischen Bergrechts entsendet der Fiscus, sobald er von einem
privaten Bohrversuch auf Kalisalze Kenntniss erhalten hat, seine ausgezeichneten
Diamantbohrmaschinen mit einem vorzüglichen Bohrpersonal auf den Kampfplatz und
weiss in der Regel durch frühere Erreichung der Lagerstätte die Concurrenz aus dem
Felde zu schlagen. Dabei hat der Fiscus gar nicht die Absicht, die neuen Felder
selbst abzubauen, sondern er will nur verhindern, dass dies durch Unternehmer
geschehe, die dadurch den Stassfurter Gruben Concurrenz
machen könnten. Wenn nun der Fiscus durch sein Verfahren einer Preisschleuderung
vorbeugen wollte, so ist eine solche schon des Umstandes wegen nicht zu befürchten,
als die Landwirthschaft erst beginnt, das für Düngung vorzügliche Karnallit zu
diesem Zweck zu verwenden. Es steht eine Aufnahmefähigkeit für weit mehr als die 26
bis 28 Millionen Centner Kalisalze zu erwarten, welche bisher von den 22
norddeutschen Betrieben, als einzigsten der Erde, für ganz Europa und Amerika
geliefert werden.
Neuerdings ist es nun einigen Privatunternehmungen geglückt, durch Bohrungen
rechtzeitig auf Kalisalze fündig geworden zu sein und Verleihungsfelder erhalten zu
haben. Eine Gesellschaft zu Goslar benutzte 1889 den
Vorsprung, den ihr eine von Strousberg auf 277 m Teufe
aufgelassene Erdölbohrung von Westerlinde bei
Lichtenberg in Braunschweig gewährte, und erschloss schliesslich auf 595 m Tiefe
Kalisalz von 68 m Mächtigkeit. Weitere Tiefbohrungen bis 900 m Tiefe folgten, von
den Firmen Nitsch und Hübner und Winter in Camen mit wechselndem Erfolge ausgeführt.
Dieselbe Gesellschaft hat auch in der Provinz Hannover Grundbesitz erworben, wo ihr
nach dem dort gültigen Berggesetz die Ausbeute der Mineralien unter ihrem Grund und
Boden frei steht.
Eine andere Kalibohrgesellschaft, Gustavshall, bohrt
gleichfalls in Hannover.
Ferner soll bei Hermannsroda in Meiningen der
Bohrunternehmer Thumann aus Cottbus am 15. Januar 1894 auf Salz fündig geworden sein, wie man hofft,
auch auf Kali.
Nicht zum wenigsten dem harten Wettkampf mit sehr leistungsfähigen Tiefbohrfirmen
verdankt das Bohrgeräth des preussischen Bergfiscus die Vervollkommnung, die es
ermöglicht, solche Bohrungen wie von Schladebach und
Paruschowitz niederzubringen. Ueber einige
Messungen der Erdtemperatur, die in dem letztgenannten Bohrloch während der Zeit
angestellt worden sind, als dasselbe seit Juli 1891 fast ein Jahr lang bei 703 m
Teufe ruhte, liegen Nachrichten vor.
Es handelte sich hierbei darum, den von berufener Seite gegen die Temperaturmessungen
in den Bohrlöchern von Schladebach und Sennewitz erhobenen Einwand auf seine Tragweite zu
prüfen. Die Geothermometer sollten dort zu kurze Zeit der Erdtemperatur ausgesetzt
gewesen sein. Da die letztgenannten Bohrlöcher nicht mehr zugänglich waren, wurde
das verfügbare Bohrloch von Paruschowitz zu einer
Controle benutzt.
Textabbildung Bd. 291, S. 289Fig. 17.Geothermometer nach Köbrich. Der benutzte Erdthermometer (Fig. 17) war
noch genauer construirt als die früheren von Schladebach und Sennewitz. Der Apparat
bestand aus der Stahlkapsel a von 88 mm äusserem
Durchmesser mit dem eingeschliffenen Stahlstöpsel b,
der durch die Stahlmutter c gegen einen Wasserdruck von
100 at geschützt wurde. Oben hatte die Stahlmutter das Linksgewinde d und darüber das Rechtsgewinde e. Diese Gewinde dienten zum Einbringen bezieh. zum Aufholen des Apparates
am Gestänge, während der vierkantige, etwa 1 m lange Eisenfuss dem Apparat auf der
Bohrsohle feste Stellung gab. Im Inneren der Stahlkapsel befanden sich 6
Thermometerröhrchen in einem leichten Zinkblechgestell. Drei Röhrchen f waren einfache, oben offene Quecksilbergefässe, die
drei anderen g waren in besonderen Glaskapseln
eingeschmolzen. Alle Röhrchen standen aufrecht und waren so weit mit Quecksilber
gefüllt, dass dieses bei der erhöhten Erdtemperatur überlaufen musste. In der
kühleren Luft über Tage konnte alsdann die Temperatur ermittelt werden, bei welcher
das Quecksilber wieder bis an den oberen Röhrenrand trat. Das arithmetische Mittel
der 6 Messungen wurde als das Ergebniss betrachtet. Nachdem man den Apparat am 12.
Juli 1891 auf 4 Stunden im Bohrloch auf 698,72 m Tiefe belassen hatte, ergab das
mittlere Maass + 31,33° C. Als man aber den Apparat an demselben Tage wieder
eingelassen und erst nach 11 Monaten wieder aufgeholt hatte, maass man im Mittel
+31,49° C. Diese kleine Differenz von 0,16° C. kann immerhin durch Messungsfehler
entstanden sein.
Die sehr bedeutende Leistung einer amerikanischen Diamantbohrmaschine, die unter dem
Namen „Dountless“ auch in der Bullock'schen
Abtheilung zu Chicago 1893 ausgestellt gewesen ist, muss hervorgehoben werden.
Dieser Apparat (siehe auch Tecklenburg, Tiefbohrkunde,
Bd. 3 S. 103), der dazu bestimmt war, auf etwa 500 m Tiefe aus einem Bohrloch von 5
cm Weite Bohrkerne von 36 mm Stärke auszubohren, hat vom October 1892 bis Sommer
1893 für die Rand- Victoria-Gruben im District Witwatersrand, Transvaal, eine Schürfbohrung bis 762,5
m durchgeführt und bei genauer Feststellung aller durchsunkenen Schichten durch
Bohrkerne zwei Goldadern bei 715 m bezieh. 731 m Tiefe erschlossen.
Im Gegensatz zu den Bohrkernen von sehr geringer Stärke, wie sie für Schürfzwecke
genügen, hat Bullock in Chicago zugleich einen Bohrkern
von dem grössten Durchmesser, der bisher mit einer Diamantbohrkrone erbohrt ist, von
57 cm in 1,2 m Länge ausgestellt. Dieser Kern rührt von einer der 260 Granitsäulen
her, die, zum Bau des Staatskapitols von Springfield,
Illinois, bestimmt, durch 60 cm weite Aushöhlung mittels Diamantbohrung um ⅗ ihres
Gewichtes erleichtert worden sind.
In Bezug auf Fortschritte der Verwendung von Elektricität ist die Verbesserung des Fulton
Gardner'schen Tiefbohrgeräthes (D. p. J., 1892
283 175) auf Grund des amerikanischen Patents Nr.
494779 vom 4. April 1893 anzuführen. Einen elektrischen
Apparat, um in der Tiefe von Bohrbrunnen das Erdöl flüssig zu erhalten, hat Fulton Gardner in Chicago (Amerikanisches Patent Nr.
495936 vom 18, April 1893) erfunden. Eine Erfindung von Charles W. Beehler in St. Louis, Mo. (Amerikanisches Patent Nr. 497513 vom
16. März 1893) geht dahin, dass Bohrlöcher dadurch zum Sprengen gebracht werden
sollen, dass eingeführte Flüssigkeiten durch Elektricität erhitzt und ausgedehnt
werden.
Die elektrische Dreh-Bohrmaschine von Siemens und Halske (D. p. J. 1894 291 80) ist nicht nur auf der österreichischen Saline Ischl, sondern auch im Salzbergwerk Neustassfurt im Betriebe. Hier bohren diese Maschinen
in dem weicheren Steinsalz bei 500 bis 900 Watt und 40 mm Loch weite, bei
automatischem Vorschübe, etwa 300 mm in der Minute. Ausserdem bohren jetzt
elektrische Stoss-Bohrmaschinen von Siemens und Halske z.B. auf dem Eisenerzbergwerke Rostocken in den Karpathen, wo ein Leitungsnetz für 25
dieser Apparate zu je 1 hergestellt ist, bei Verbrauch von 700 bis 1000
Watt und 35 mm Loch weite in der Minute 30 bis 40 mm in Granit, 70 bis 80 mm in
Spatheisenstein.
Der elektrische Kohlendrehbohrer der General Electric
Co., der in zwei Grössen an demselben Gestell gebraucht wird, ist in den
Gruben von Durgea in Pennsylvanien auf seine
Leistungsfähigkeit geprüft worden. Der leichtere Bohrer von 72 k Gewicht mit Gestell
soll 76 cm hartes Gestein in 50 Secunden und 76 cm Anthracit in 17 Secunden
durchbohrt haben.
Textabbildung Bd. 291, S. 290Fig. 18.Stollenvortreiber von Glaser. Elektricität kommt ebenfalls bei der Vorrichtung zum Vortreiben von
Stollen von F. C. Glaser in Berlin (D. R. P. Nr. 66414
vom 29. Januar 1892) zur Verwendung. Das vordere Ende des Schildmantels a (Fig. 18) ist in einer
Neigung abgeschrägt, die dem Böschungswinkel des unter dem Luftdruck in der
Kammer b stehenden Gebirges entspricht. Die Vor- und
Rückwärtsbewegung der kegelförmigen Schrauben c erfolgt
durch die Wasserdruckpressen d, während die Drehung
derselben durch die Elektromotoren e bewirkt wird.
Eine elektrische Kohlenschneidemaschine für Schrammen
und Unterschneiden hat F. Hurd in Wakefield (Englisches
Patent Nr. 14124 vom 4. August 1892) construirt.
Ein elektrischer Streckenbohrer von Joseph Boland und George W.
Fritz in Pittsburg, Pa., hat das amerikanische Patent Nr. 501402 vom 4.
Juli 1893 erhalten.
Der elektrische Stossbohrer von Elmer A. Sperry in Chicago (D. p. J. 1893 287 200) ist noch verbessert worden (Amerikanisches
Patent Nr. 497832 vom 23. Mai 1893). Von Bohrmaschinen ohne elektrischen Betrieb
sind zunächst sechs neue amerikanische Seilbohrmaschinen zu erwähnen, und zwar von
Solomon R. Sheakley in Bradford, Pa.
(Amerikanisches Patent Nr. 499045 vom 6. Juni 1893); Joseph
G. Lee in Dallas, Texas (Amerikanisches Patent Nr. 500142 vom 27. Juni
1893); Samuel Mac-Eachen in Scranton, Pa.
(Amerikanisches Patent Nr. 503051 vom 8. August 1893); Elias
R. Lockwood in Beatrice, Nebr. (Amerikanisches Patent Nr. 504599 vom 5.
September 1893); Albert C. Dabrage in Alleghany, Pa.
(Amerikanisches Patent Nr. 505443 vom 26. September 1893); Jesse-Button in Springfield, Mass. (Amerikanisches Patent Nr. 506204 vom
10. October 1893).
Zwei neue Einrichtungen für Tiefbohrungen auf dem Grunde von Gewässern von einem
Floss aus sind von Adoniram Fairchild, New York
(Amerikanisches Patent Nr. 496729 vom 2, Mai 1893) und von Eugene F. Peck in Napa, Cal. (Amerikanisches Patent Nr. 507 926 vom 31.
October 1893) construirt.
Die deutsche Streckenbohrmaschine von Friedrich
Dünschede in Essenberg (D. R. P. Nr. 66876 vom 5. Mai 1892) hat das
amerikanische Patent Nr. 507891 vom 31. October 1893 erhalten.
Die Schrämmvorrichtung mit pendelnd aufgehängter Stosstange von Friedrich Pelzer in Dortmund (D. R. P. Nr. 63100 vom
15. November 1891) zeigt die Stosstange a (Fig. 19) mittels der
Laschen b an den auf den steilgängigen Spindeln c befindlichen Hülsen d
befestigt. Bei ihrer durch die Arbeit bedingten hin und her gehenden Bewegung wird
durch jede der Laschen b je ein Klinkenheber e ausgelöst, der im Eingriffe mit dem an den Muttern
f befestigten Sperrädchen g (Fig. 20)
steht. Hiernach wird sowohl den Muttern f, als auch dem
durch das eigene Gewicht gegen die angedrückten Hülsen d bei jeder Stossbewegung gestattet, um ein bestimmtes Stück an den
Spindeln c hinabzugleiten.
Verbesserungen an älteren Kohlenschneideapparaten für Strecken mit Kettenschneiden
(D. p. J. 1893 287 200)
haben vorgenommen: Adam Keil in Mc Keesport
(Amerikanische Patente Nr. 501209 vom 11. Juli 1893 und Nr. 501795 vom 18. Juli 1893) und
Francis M. Lechner in Columbus, Ohio
(Amerikanisches Patent Nr. 503607 vom 22. August 1893). Eine anderweitige
Kohlenschneidemaschine ist von Benjamin F. Wilson in
Pittsburg, Pa. (Amerikanisches Patent Nr. 502426 vom 1. August 1893) construirt.
Textabbildung Bd. 291, S. 291Schrämmvorrichtung von Pelzer. Neu construirt ist ein Gesteinsstossbohrer für Dampf oder Pressluft von
Eliel. L. Sharpneck in Evanston, III.
(Amerikanisches Patent Nr. 495275 vom 11. April 1893); verbessert ist ein älteres
Modell dieser Art von Warren Wood in Paterson, N. J.
(Amerikanisches Patent Nr. 497043 vom 9. Mai 1893). Ein neuer Gesteinsstossbohrer
für Handbetrieb mit Federkraft ist von Harvey P. Jones
in Denver, Colo. (Amerikanisches Patent Nr. 502565 vom 1. August 1893) erfunden; ein
Handdrehbohrer für hartes Gestein von Thomas Williard
in Woodville. Pa. (Amerikanisches Patent Nr. 507091 vom 17. October 1893)
verbessert; ein solcher für weiches Gebirge von Olop P.
Swanson in Jobs, Ohio (Amerikanisches Patent Nr. 503882 vom 22. August
1893) neu erfunden.