Titel: | Uebersicht über Dynamomaschinen. |
Autor: | Peter Climentitsch v. Engelmeyer |
Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 10 |
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Uebersicht über Dynamomaschinen.
Von Peter Climentitsch v.
Engelmeyer, Ingenieur in Moskau.
Mit Abbildungen.
Uebersicht über Dynamomaschinen.
Heutzutage kommt jeder Techniker in Berührung mit Dynamomaschinen; sei es auch nur in
der technischen Literatur. Die Arten derselben sind aber so zahlreich, dass es wohl
manchem, der die Elektrotechnik nicht als Specialität getrieben hat, wünschenswerth
erscheinen dürfte, solch einen Ueberblick über die gesammten Dynamoconstructionen zu
bekommen, dass dabei wenigstens die hauptsächlichsten elektrischen Erscheinungen
sich abspiegeln.
Ein solcher Ueberblick, der zugleich auch als Classification für sämmtliche bereits
bestehende Dynamoconstructionen dient, ist jetzt um so zeitgemässer, als schon
bereits drei volle Jahre verflossen sind, ohne dass eine neue Art von Dynamo in die
Praxis getreten wäre. Das vorhergehende Decennium war in dieser Hinsicht so
fruchtbar, dass der heutige verhältnissmässige Stillstand erklärlich erscheint. Die
übergrosse Fülle von Gebilden werden jetzt nach den gewonnenen Anschauungen
nachgeprüft, in ein System eingeordnet und gründlicher Ueberarbeitung
unterworfen.
Die hier darzulegende Einordnung ist eine doppelte, indem sie sich nach den zwei
Hauptbestandtheilen der Dynamomaschine richtet: 1) nach den Feldmagneten und 2) nach
dem Anker oder der Armatur.Diese
Eintheilung habe ich zuerst bei öffentlichen Vorträgen im November 1890 (in
Moskau) mit Vortheil benutzt.
Eintheilung nach den Feldmagneten.
Die Grundformen der
Dynamomaschinen.
Die Feldmagnete bilden meistens zugleich das Gestell der Dynamo und verleihen ihr
somit die äussere Erscheinungsform (den Habitus), was man in der elektrotechnischen
Literatur meistens die Type der Dynamo nennt.
In den folgenden Zeichnungen bedeutet A die Armatur, von
deren Beschaffenheit wir jetzt vorläufig absehen.
Von den unzähligen Formen der Elektromagnete sollen hier nur diejenigen in Betracht
gezogen werden, welche sich bis in die letzten Tage hin erhalten haben. Von den nur
noch historisches Interesse bietenden Typen seien nur die von Gramme (1870), A,
Fig. 1, und von Siemens
(1872), B,
Fig. 2, erwähnt, weil diese den Anfang der
praktischen Dynamoconstruction kennzeichnen. Beide Typen erlitten verschiedene
Abänderungen. So z.B. hat Weston (1877) u.a. in der
Type A die Achse senkrecht zur Papierebene verlegt. Die
Type B wurde auch senkrecht aufgestellt.
Charakteristisch für beide Typen sind die sogen. Folgepole
NN und SS, die natürlich durch entsprechende
Stromrichtung in den Wickelungen hervorgebracht waren.
Textabbildung Bd. 292, S. 10Fig. 1.Type A.Textabbildung Bd. 292, S. 10Fig. 2.Type B.Textabbildung Bd. 292, S. 10Fig. 3.Type C.Textabbildung Bd. 292, S. 10Fig. 4.Type D.Textabbildung Bd. 292, S. 10Fig. 5.Type E.Textabbildung Bd. 292, S. 10Fig. 6.Type F.Textabbildung Bd. 292, S. 10Fig. 7.Type G.Textabbildung Bd. 292, S. 10Fig. 8.Type H.Textabbildung Bd. 292, S. 10Fig. 9.Type I.Textabbildung Bd. 292, S. 10Fig. 10.Type K. Ende der 70er und besonders in den 80er Jahren entstanden sehr zahlreiche
Formen der Feldmagnete, jedoch nach und nach nahm deren Zahl wieder ab und zwar
unter dem Einflüsse der gegen 1884 von Hopkinson und
M. Deprez geäusserten und allgemein anerkannten
Anschauung, die auch die heutige ist und sich in dem Bestreben kundgibt, den magnetischen Widerstand der Dynamo thunlichst zu
vermindern. Diese Richtung führte zu starken und kurzen Magnetformen,
welche zugleich den Vortheil gewähren, dass die Herstellung der Maschine leichter
und billiger wird.
Diese Richtung hat sich besonders klar an der Type Edison (1880) geltend gemacht. Die neuere Ausführung Edison-Hopkinson (1883), C,
Fig. 3, unterscheidet sich von der ursprünglichen Edison'schen hauptsächlich dadurch, dass die
Magnetkerne a und b kürzer
und stärker gehalten werden. Diese Type findet man heutzutage bei kleinen Motoren im
Gebrauch.
S. Thompson hat die Type C
noch gedrängter gemacht, indem er die Schenkel a und
b noch verkürzte und die Wickelung auf dem Joche
c anbrachte (1887). Er stellte die Maschine auch
auf den Schenkel und auf das Joch, wobei ein Uebergang zur nächsten Type
entstand.
Allerdings ist die Type D (Fig.
4) selbständig entstanden, indem sie gegen 1884 von Siemens und Halske und von G.
Kapp eingeführt worden war. Das Streben, die Schenkel zu verkürzen, machte
sich auch hier geltend. So macht Fein u.a. (1887) die
bewickelten Schenkel sehr kurz und nach auswärts gerichtet, so dass das Joch länger
und ausgebogen wird.
Die Type E (Fig. 5),
zuerst von Thomson-Houston (1880) eingeführt, hat jetzt
in den verstärkten und vereinfachten Abänderungen von Lahmeyer (1887) u.a. ihre Bedeutung beibehalten.
Die Type F (Fig. 6), die
Eikemeyer und auch Forbes (gegen 1886) zuzuschreiben ist, unterscheidet sich von allen
anderen dadurch, dass die Wickelung nicht auf Eisenkernen, sondern umgekehrt im
Inneren der Eisenmasse liegt. Man kann sie aus der Type E ableiten, indem man sich in letzterer die Polstücke N und S immer kürzer, bis
schliesslich in die Seitenwände versenkt denkt.
Die Manchester-Type G (Fig.
7), die (1886) Hopkinson und auch Brown zugeschrieben wird, ist besonders durch
Einfachheit, Knappheit und Symmetrie ausgezeichnet. Da die Berechnung und
Herstellung der Maschine nach dieser Type verhältnissmässig leicht ist, so erfreut
sich die Manchester-Type heutzutage solch einer Verbreitung, dass man jetzt nur
wenige Firmen nennen könnte, welche Dynamos nach dieser Type nicht gebaut haben.
Bis jetzt war hier nur von zweipoligen Dynamos die Rede. Die Typen B, F und G sind auch nur
als zweipolig verwendet. Dagegen wurden Dynamos der Typen A,
C, D und E auch mehrpolig gebaut. So ordnete
Gramme (Type A)
mehrere Elektromagnete rings um die Armatur an (1878). Die Typen C und D wurden einfach
verdoppelt (Elwell-Parker 1887, Kester 1890). Bei der Type E hat man durch
eine entsprechende Stromrichtung in der Wickelung die Polzahl so verdoppelt, dass in
den Polstücken gleichnamige Pole in den Verbindungsstücken a und b, aber die anderen gleichnamigen, als
Folgepole erschienen.
Folgende drei, unter einander verwandte Typen sind aber meistens mehrpolig.
Die Type H (Fig. 8), von
Soren Hjorth (1855) eingeführt, findet auch jetzt
Verwendung. Die der Drehachse parallelen Feldmagnete sitzen auf einem doppelten
ringförmigen Gestell.
Die Type I ist insofern von der Type H verschieden, dass die Feldmagnete auf einem Kranze
senkrecht zur Achse sitzen. Als deren Urtype dürfte wohl die Gramme'sche „Octogone“ (1878) angesehen werden. In ihrer
endgültigen einfachen Ausführung von Dolivo-Dobrowolsky
(1891) u.a. hat sie sich so allgemein beliebt gemacht, dass sie jetzt für mehrpolige
Dynamo dieselbe Verbreitung zu finden scheint, wie die Manchester-Type G für die zweipoligen. Von deren Abänderungen sei
nur gesagt, dass Thury (1883) u.a. nicht die Polstücke,
sondern die Theile a, a... bewickelt.
Brown hat diese Type so abgeändert, dass die Polstücke
NS entfernt wurden und der Kranz aa inwendig mit parallelen Stäben statt Bewickelung
belegt wurde (1891).
Die „Innenpol-Type“
K (Fig. 10) ist die
Umkehrung der Type I. Hier rotirt entweder die Armatur
oder der Magnetstern. Rotirende Armatur mit stehenden Feldmagneten stammt von Jürgensen (etwa 1880), die jetzt ziemlich stark
vertreten ist (Siemens und Halske, Fein, Ganz u.a.).
Die umgekehrte Combination von rotirenden Elektromagneten bei stehendem Ring hat Gramme (1877) für Wechselstrom eingeführt und findet
dieselbe auch in der neuesten Zeit, besonders nach der Mehrphasenstrommaschine von
Brown (1891) viele Anhänger.
Indem wir zu den verschiedenen Armaturen übergehen, wollen wir deren Verwendung bei
verschiedenen Typen erörtern. Zunächst bemerken wir sofort, dass die Typen A, B, C, D, E, F, G, I sehr verschiedene Armaturen
zulassen: es können hier und werden überhaupt die Armaturklassen II, III, IV, V
verwendet. Die Type H ist offenbar mit der
Scheibenarmatur, Klasse VI, verbunden; die Type K mit
dem Ring, Klasse IV.
Eintheilung nach dem Anker oder der Armatur.
Klassen der Dynamomaschinen.
Wir betrachten hier nur die Elemente, aus denen die Armaturwickelung zusammengebracht
wird, nämlich die einzelnen Drahtschleifen; deren Verbindung mit einander und mit
den stromabgebenden Organen (Stromsammler oder Collector, Ringe oder einfach
Klemmenborne) bedingt die Wickelungsart oder auch Schaltungsart der Armatur, was gewöhnlich das
Hauptmerkmal des Systems einer Dynamo abgibt. Da von
unseren Klassen jede eine beträchtliche Anzahl Systeme umfasst, so brauchen wir hier
nicht in die Wickelungseinzelheiten einzugehen.
Zu der I. Klasse gehören nur Gleichstrommaschinen, zu der letzten (VII) nur
Wechselstrommaschinen. Die übrigen fünf umfassen diese wie jene. Das erklärt sich
dadurch, dass die Inductionsvorgänge in beiden dieselben sind: während eines
Feldwechsels, was man Periode nennt, entstehen in den Elementen der Armatur immer Wechselströme. Diese
werden entweder als solche auch hinausgeleitet oder mittels eines mit der Armatur
sich drehenden Stromwenders (Commutators oder Collectors) erst alle gleichgerichtet
gemacht.
Wir betrachten ferner die Armatur nur in einem einfachen magnetischen Felde,
eventuell eine zweipolige Dynamo. Es erhellt von selbst, dass die Erscheinungen in
einer mehrpoligen Dynamo nur insofern verschieden sein werden, als eine Umdrehung
der Armatur sich in so viel Perioden eintheilt, als Felder NS vorhanden sind. Wir betrachten aber nur eine Inductionsperiode.
Klasse I.
Faraday-Dynamo.Diese
werden manchmal nach Siemens
„unipolare“ oder nach Forbes
„nonpolare“ genannt. Dass beide Bezeichnungen sehr untreffend
sind, darauf wurde schon öfters hingewiesen. Denn ebensowenig kann man
sich ein, nur einen Pol habendes Magnetfeld, als eine Strominduction im
Inneren einer nicht unterbrochenen (pollosen) Eisenmasse denken. Ganz
sachgemäss werden diese Dynamo bezeichnet als „Gleichstrommaschinen
ohne Commutator“, allein diese Bezeichnung ist zu lang. Darum
dürfte man, glaube ich, mit Vortheil den Namen Faraday-Dynamo annehmen,
weil ja wirklich die erste Dynamo die von Faraday ist und weil dabei der Name jenes bahnbrechenden
Genius genannt wird, dem die Elektrotechnik wie speciell der heutige
Progress der Dynamomaschine so vieles zu verdanken kat. (Man denke nur
an die mehrmals angefochtene, jetzt aber als Grundaxiom stehende Idee
vom „Magnetischen Strome“, welche, wie schon gesagt, den
Umschwung in der Dynamoconstruction herbeiführte, sobald sie allgemein
anerkannt worden war.
Der erste mechanische Stromerzeuger war die in physikalischen Lehrbüchern
beschriebene Faraday'sche Scheibe (1831). Die
Fig. 11 gibt das Schema aller, nach diesem
Princip gebauten Dynamos.
Denkt man sich den Leiter ab mit äusserer Kraft in
der Richtung des Pfeiles gedreht, so entsteht in ihm (wenn die Enden a und b mit einem
stehenden Leiter verbunden werden) ein constanter Strom von der in der Figur
angedeuteten Richtung. Umgekehrt, lässt man einen äusseren Strom den Leiter in
der bezeichneten Richtung durchfliessen, so dreht sich der Leiter in
entgegengesetzter Richtung. Dieses Princip gilt allgemein und heisst „die Umkehrbarkeit der Dynamomaschine“.
Textabbildung Bd. 292, S. 12Fig. 11.Klasse I als Generator. Zu dieser Klasse gehören: Faraday's
Scheibe (1831) und Barlow's Rad, Siemens (1881), Floyd
(1883), Ferraris (1883), Munro (1884), Forbes (1885), Uppenborn (1885), Smith (etwa 1885), Hummel (1885), Lahmeyer (1886), Poleschko (1889, 1891 279 * 104), Wadsworth (1891 283 *
253), Thury (1892 286 *
59).
Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, bei der Induction im constanten
magnetischen Feld (bei der Faraday-Induction) eine
höhere Spannung als 5 bis 7 Volt zu erzielen, weil man noch nicht eine
praktische Reihenschaltung der Armaturelemente gefunden hat. Da aber für die
praktische Verwendung der Strom heutzutage mindestens 60 Volt Spannung haben
soll, so sind bis jetzt die Abarten der Faraday'schen Scheibe entweder nur Patentschriften und physikalische
Apparate geblieben oder höchstens haben sie eine spärliche Verwendung in der
Elektrochemie gefunden.
Das breite Feld der Praxis gehört den übrigen sechs Klassen der Dynamos, die alle
das Gemeinschaftliche haben, dass die Armaturelemente ein sich periodisch
änderndes magnetisches Feld schneiden.
Klasse II.
Spulen-(Solenoid-) Armaturen.
Denken wir uns im magnetischen Felde NS (Fig. 12) eine Spule (Solenoid) um eine Senkrechte
zum magnetischen Meridian, Achse CC drehbar. Ist
die Spule durch einen Strom von angedeuteter Richtung durchflössen, so entsteht
in Folge der Polabstossung bezieh. Polanziehung eine durch den Pfeil bezeichnete
Drehung. Diese Drehung besteht für die halbe Umdrehung 1–2–3. Sobald aber das
Ende a der Spule in 3 angelangt, wird das
Drehmoment gleich Null. Erfolgt aber gerade in diesem Augenblicke eine
Stromumkehrung in der Spule, so besteht (nachdem die Spule in Folge der
erworbenen Geschwindigkeit den todten Punkt überschreitet) die Drehung
während der zweiten Hälfte der vollen Umdrehung, wobei wir uns in der Zeichnung
nur a in b und
umgekehrt zu denken haben.
Die erörterte Wirkungsweise dieser Dynamoklasse als Motoren ist also durch das
Vorhandensein der todten Punkte gekennzeichnet. Wie bei eincylindrigen
Dampfmaschinen treten diese ein, wenn die Zug- und Druckcomponente durch die
Drehachse gerichtet ist. Bei Dynamo ist der todte Punkt
da, wo die Schleife die Magnetlinien senkrecht schneidet.
Um die Wirkungsweise dieser Klasse (und, wie wir später sehen werden, aller
anderen Klassen) als Stromerzeuger (Generator) aufzufassen, brauchen wir nur das
Gesetz von Lenz (1834) ins Gedächtniss zu rufen,
welches lautet: „Wird ein Leiter in einem
magnetischen Felde bewegt, so inducirt sich im Leiter ein Strom von
solcher Richtung, bei welcher die elektromagnetische Anziehung bezieh.
Abstossung die Bewegung zu verhindern suchen.“
In der Fig. 13 wird die vorher stromlose Spule in
der Richtung des Pfeiles mit äusserer Kraft gedreht. Sofort entsteht, nach dem
Lenz'schen Gesetz, ein Inductionsstrom von
angedeuteter Richtung. Eine Vergleichung mit der Fig.
12 zeigt, dass nur die Ströme in der Armatur umgekehrt sind.
Textabbildung Bd. 292, S. 12Fig. 12.Klasse II als Motor.Textabbildung Bd. 292, S. 12Fig. 13.Klasse II als Generator. Ferner erhellt von selbst: 1) dass der inducirte Strom seine Richtung
während einer halben Umdrehung der Armatur beibehält; 2) dass er in der nächsten
halben Umdrehung umgekehrt gerichtet ist; 3) dass der Stromwechsel in allen
Schleifen der Spule gleichzeitig jedesmal eintritt, wenn die Schleifen senkrecht
die magnetischen Linien schneiden.
Die erste Dynamomaschine, die praktische Verwendung als Stromerzeuger oder
Generator und als Motor fand, gehört zu dieser Klasse. Es ist die von W. Siemens (1857). Später wurde sie von Wilde (1866) abgeändert.
Nachher und bis jetzt ist diese Klasse mehr für ganz kleine Motoren verwendet
worden. Zu diesen gehören die Dynamo von Deprez
(1879), Ayrton und Perry (1882), Griscom (etwa 1883), Trouvé (etwa 1884), Fein u.a.
Aus dieser Klasse lassen sich die übrigen ableiten, indem man statt der Spule
einzelne Schleifen nimmt.
Klasse III.
Trommel-Armaturen.
Nehmen wir statt der Spule nur die mittlere Schleife (Fig. 14), so ist
deren Wirkung als Motor wie Generator natürlich vollständig übereinstimmend mit
der Klasse II. Wir können aber eine ganze Reihe solcher Schleifen rings um die
Achse CC anordnen. Die Inductionsvorgänge in jeder
einzelnen Schleife bleiben wieder die früher erörterten, jedoch die Wirkung der
ganzen Armatur wird eine andere.
Denken wir uns die Trommel (Fig. 15) durch einen
langen Draht so hergestellt, dass dieser, ohne jede Schleife abzuschliessen, zu
einer anderen übergeht und so in einer gewissen Reihenfolge die ganze Trommel
bildet, indem der Anfang und das Ende des Drahtes mit einander verlöthet sind.
Auch in diesem Falle können die Stromrichtungen in den einzelnen Schleifen keine
anderen, als die uns schon bekannten, in der Fig. 15
angedeuteten, sein. Alle diese Einzelströme summiren sich jetzt in solcher
Weise, dass die rechte und linke Hälfte der Trommel parallel geschaltet
erscheinen, und diese zwei parallelen Ströme fliessen als constanter Strom in
die Bürsten A und B,
die, unbeweglich befestigt, jene Schleife (die jetzt nicht mehr einen
metallischen Ring bildet) berühren, welche den magnetischen Aequator passirt.
Der Draht kann in sehr verschiedener Weise von einer Schleife zur anderen
hinübergeführt werden, und daraus entstehen die verschiedenen Wickelungsarten
der Trommeln.
Denken wir umgekehrt durch die Bürsten A und B einen äusseren constanten Strom in die Armatur
(Fig. 15)
hineingeführt, so vertheilt er sich parallel in der rechten und linken Hälfte
der Armatur und es entsteht eine Drehung in der Richtung des Pfeiles, wenn die
Ströme in den Armaturelementen die entgegengesetzten Richtungen zu der Fig. 15 haben.
Da die einzelnen Schleifen zu verschiedenen Zeiten die Lage des todten Punktes
passiren, so fallen für die ganze Armatur die todten
Punkte weg, wie in einer mehrcylindrigen Dampfmaschine.
Textabbildung Bd. 292, S. 13Klasse III als Generator. Hierher gehören die Armaturen: Hefner-Alteneck (1872), Weston (1877),
Goolden, Elphinston-Vincent, Wenström, Edison
(etwa 1880), Naglo (1880), Thomson-Houston (1880), Thury (1883), Allioth (1884), Oerlikon (1884), Helios (1885), Lohmeyer (1885), Ganz
(1887), Westinghouse (1887), Statter (1888), Allgemeine
Elektricitäts-Gesellschaft, Krizik, Eikemeyer (1890), Züricher Telephongesellschaft (1891), Hawkins (1892 283 *
190), Laurence, Scots und Co. (1892 283 * 253), Wadley (1893
288 * 90), Crompton
(1893 288 * 210), Brown und
Boveri (1893 290 * 54), Holmes (1894 291 109),
Joel (1894 291 *
109).
Klasse IV.
Ringarmaturen.
Theilen wir die Schleife (Fig. 14) in zwei Hälften, indem zwei Schleifen in einer Ebene
entstehen (Fig.
16), so ist qualitativ nichts verändert, da in den beiden Theilen a und b die Ströme
entgegen gerichtet sind. Es gelten auch für diesen Fall die Bemerkungen, die
sich auf die Fig. 12, 13 und 14 bezogen.
Indem wir die Schleifen, wie in der vorigen Klasse, vervielfältigen, entsteht die
Ringarmatur (Fig.
17). Alles, was über die Trommelarmatur (Klasse III) gesagt worden
ist, gilt auch hier.
Der ursprünglich von Pacinotti (1860) erfundene
und von Gramme (1870) eingeführte Ring hatte die
Form eines trommelartigen Cylinders. Andere Constructeure haben einige Jahre
hindurch den sogen. Flachring gebaut, d.h. den Gramme'schen Ring von kleiner cylindrischer Breite, jedoch von
grösserem Durchmesser. Da aber der Flachring sich in der Praxis nicht bewährt
hat, so ist in der letzten Zeit auch dessen Hauptvertheidiger, Schuckert, wieder zur ursprünglichen Gramme'schen Form (Cylinderring) zurückgekehrt.
Dasselbe darf man auch von mehreren früheren Gegnern des Gramme'schen Ringes sagen (so z.B. von Siemens), besonders wenn es sich darum
handelt, ganz grosse Maschinen zu bauen. Schliesslich wäre wohl heute kaum eine
Firma zu nennen, die den Ring bei ihren Dynamos nicht verwendet oder nicht
verwendet hätte.
Auch an Abarten ist diese Klasse die reichste, jedoch haben sie nur noch
historisches Interesse.
Textabbildung Bd. 292, S. 13Klasse IV als Generator. Hierher gehören: Pacinotti (1860), Gramme (für Gleichstrom 1870, für Wechselstrom
1877), Schuckert (1876), Wilde (1878), Bürgin (1878), de Meritens (1879), Brusch (1880), Jürgensen (1881), Paterson und Cooper, Mac Tighe, Hochhausen,
Maxim-Cabella, Maquaire (1882), M. Deprez
(1883), Gülcher (1883), Crompton (1884), Oerlikon (1884), Helios (1886), Siemens
(1887), Naglo (1887), Fein (1887), Elwell-Parker (1887), Kennedy (1888), Heisler (1889), Kummer (1889, doch seit
1880), Berliner Maschinenbau-Actiengesellschaft vorm.
Schwarzkopff, Mordey (1891 279 * 101, auch
1888 270 * 52), Kapp
(seit 1885, 1891 279 * 102), Steinlen (1891 279 * 131), Duncan (1891 279 * 181),
Scott (1891 281 *
2), Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (1891 281 * 4), Joel (1892 285 * 89), Short Electrical
Railway Co. (1893 287 * 87), Parcelle (1893 288 *
91), Cail (1893 288 *
135).
Klasse V.
Sternarmaturen.Diese
werden oft „Polarmatur“ genannt, was ganz unzutreffend ist: 1)
weil man mit Polarmatur ganz mit gleichem Rechte auch die meisten
Scheibenarmaturen bezeichnen darf; 2) weil dieses Wort die Form nicht
angibt, wogegen alle anderen – Trommel-, Ring-, Scheibenarmatur – gerade
die Form bezeichnen. In diese Reihe stellt sich das Wort
„Sternarmatur “ ganz von selbst. Dabei kann es auf keine
andere Klasse bezogen werden.
Für die Ableitung dieser Klasse aus der zweiten haben wir statt der Spule nur
deren Endschleifen a und b zu nehmen (Fig. 18). Die Wirkungsweise ist natürlich identisch mit den
Anordnungen Fig. 12, 13, 14
und 16. Bei ihrer
Vervielfältigung entsteht die Sternarmatur (Fig. 19).
Diese Armaturart ist von Lontin (1878) eingeführt.
Sie wird meistens mit der Elektromagnettype J (Fig. 9) verbunden, wobei man sich die Armatur A etwa in der Art des Feldmagnetes der Type K (Fig. 10) zu
denken hat. Es entstehen somit zwei Kränze von radial gegen einander gerichteten
Elektromagneten, von denen der innere sich dreht, aber entweder der innere oder
der äussere als Armatur dient. Diese Klasse ist heute meistens für Wechselstrom
im Gebrauch.
Zu denselben gehören: Lontin (1878), Jablochkoff (1878), Siemens (1878), Schuckert (1879), Ganz (1883), Gerard
(1883), Mather und Platt (1891 279 * 137), Stanley
(1891 279 * 177), E.
Thomson (1892 285 * 97), Kingdon (1892 285 * 97),
Emmat (1893 288 *
134), Hall (1893 288 *
137), Sohlmann (1893 288
* 213), Fricker (1893 289 * 158), Patin (1894 291 * 112), Gülcher
(1894 291 * 136).
Textabbildung Bd. 292, S. 14Klasse V als Generator. Eine besondere Abart bilden die Anordnungen, wo beide Kränze von
Spulen unbeweglich sind, dazwischen aber zahnförmig gebildete Eisentheile sich
drehen und die Verstärkung bezieh. Schwächung des magnetischen Feldes und somit
die Strominduction hervorrufen. Hierher gehören mehrere Anordnungen von Kingdon (1891 und 1892), ferner: Pyke und Harris (1893 288 * 212), Hartnell (1893 289 * 156).
Klasse VI.
Scheibenarmaturen.
Drehen wir in der vorigen Klasse sämmtliche Armaturschleifen um 90°, ebenso die
Feldmagnete, so erhalten wir die Scheibenarmatur (Fig.
20). Alle Inductionserscheinungen sind uns schon aus dem Vorigen
bekannt. So z.B. entsteht der Stromwechsel in jeder Schleife in dem Momente,
wann diese am Pole vorüberstreicht, d.h. die Magnetlinien senkrecht
schneidet.
Die Feldmagnete sind fast ausschliesslich von der Type H (Fig. 8).
Die alten (seit 1832) Inductionsstromerzeuger für ärztliche Zwecke von Pixii, Saxton, Clark, Stöhrer gehören hierher. Dann
kamen noch: Soren-Hjorth (1855), Holmes (1856), Wilde
(1867), Niaudet (1872), Wallace-Farmer (1876), Siemens (Hefner-Alteneck) (1878, siehe auch 1894 291 * 138), Nollet
(1880), Gordon (1881), Klimenko (1883), Mordey (seit 1888), Brush (1889).
Textabbildung Bd. 292, S. 14Fig. 20.Klasse VI als Generator. Zu dieser Klasse gehört noch eine ganze Reihe Dynamo, deren
Scheibenarmaturen zwar unter einander verschieden sind, die aber das
Gemeinschaftliche haben, dass statt jeder Schleife (Fig. 20) nur sozusagen deren radialer, gerade gezogener, Theil
geblieben ist; diese Theile sind aber sehr mannigfaltig und zuweilen complicirt
mit einander verbunden.
Zu diesen Maschinen gehören: Hopkinson-Muirhead
(1880), Edison (1881), Ferraris (seit 1883), Bollmann (1885),
Jehl und Rupp (1887), Matthews, Desroziers (1890 276 * 441, auch
1894 291 * 134), Fritzsche
und Pischon (1891 281 * 5), Reigner (1892 283 * 190,
auch 1893 290 * 26), Bary (1893 288 * 134), Callendar (1893 288 *
214), Henrion (1893 290
* 27).
Klasse VII.
Mehrphasenstromdynamo.
Diese sind Wechselstromdynamos, die sich aber von den übrigen dadurch
unterscheiden, dass in ihnen nicht ein, sondern zwei und mehr Wechselströme
zugleich arbeiten, deren Phasen aber unter einander verschoben sind. Wir wollen
sie näher betrachten, und zwar erstens als Generatoren, zweitens als
Motoren.
Die Möglichkeit, von einer Dynamo mehrere Wechselströme von verschiedener Phase
abzunehmen, erhellt von selbst nach dem, was über die Klassen III, IV, V und VI
gesagt worden ist, weil wir in den Armaturen Fig. 15, 17, 19 und 20 zu jeder Zeit mehrere Ströme verschiedener
Phase vorfinden. So sehen wir z.B. in der Fig. 15 (angenommen
ist ein gleichmässiges magnetisches Feld), dass die Phase des Stromes in der
Schleife aa1 um
\frac{\pi}{4} nach-, in der Schleife bb1 aber um ebenso
viel vorgeht im Vergleich zu der Phase in der Schleife 2–4. Da die in den einzelnen Schleifen inducirten Ströme zugleich auch
schon Wechselströme sind, so hat man sie nur einfach von den betreffenden
Schleifen abzuleiten.
Jetzt wenden wir uns zu der Wirkungsweise der Mehrphasenstromdynamo als Motoren.
Diese werden Drehfeldmotoren (früher Drehstrommotoren) genannt.
Man soll nicht vergessen, dass überhaupt sämmtliche Elektromotoren in drei Arten zerfallen, je nachdem sie arbeiten mit A)
Gleichstrom, B) Wechselstrom (einfach) oder C) Mehrphasenstrom, d.h. mehreren
Wechselströmen verschiedener Phase zugleich. Die Wirkungsweise und deren
Eigenthümlichkeiten wollen wir hier durch die Vergleichung mit den Dampf- und
hydraulischen Motoren erklären.
Zunächst ist es klar, dass wir von dem elektrischen Strome nur dessen mechanische
Kraftäusserung in Betracht ziehen. Ebenso vom Dampf und vom Wasser (nur deren
Druck). Ein Elektromagnet, der mit constantem Strom gespeist wird, wirkt wie ein
permanenter Magnet nur in einem Sinne und ist somit einfach mit druckausübendem
Dampf oder Wasser zu vergleichen. Wird dagegen ein Elektromagnet mit
Wechselstrom gespeist, so wirkt er periodisch bald anziehend, bald abstossend,
gerade wie Dampf und Wasser in einem Cylinder mit Steuerung. Die Analogie ist
beim Druckwasser eine vollkommenere, da bei Elektricität, wie beim Wasser, von
einer Expansion keine Rede sein kann, sondern beide arbeiten nur während der
Zuleitung.
Der Cylinder übt seinen Zug und Druck mittels Kolben- und Pleuelstange. Diese
sind beim Elektromagnet durch die ideelle Componentenlinien ersetzt zu denken.
Dabei geht aber die Analogie so weit, dass auch das Gesetz, nach welchem der Zug
und Druck beim Cylinder bezieh. Anziehung und Abstossung beim Elektromagnet
während einer Periode sich ändert, um so mehr sich dem Sinusgesetze nähert, je
weiter der Cylinder bezieh. Elektromagnet entfernt sind, und in der Praxis wird
auch hier wie dort das Sinusgesetz angewandt.
Jetzt betrachten wir die Elektromotoren. Der einfachste ist der in Fig. 13 abgebildete. Er gibt uns das Vorbild aller
Wechselstrommotoren, denn wird er von aussen auch durch Gleichstrom gespeist, so
muss dennoch eine Strom wen düng in der Armatur für jede halbe Umdrehung
vorgesehen werden. Und wirklich kann er (Fig. 13)
ebenso gut von aussen mit Wechselstrom getrieben werden. Nur soll dabei eine
Bedingung erfüllt werden, dass nämlich der Stromwechsel immer gerade in den
todten Punkten treffe. Ist dies nicht der Fall, so bleibt der Motor stehen.
Letzteres ist für die Praxis der elektrischen Kraftübertragung sehr wesentlich:
der einfache Wechselstrommotor soll also mit dem
entfernten Stromerzeuger genau synchron laufen.
Wird dieser Synchronismus auch nur einen Augenblick zerstört, etwa durch
Ueberlastung des Motors, so bleibt dieser stehen. Dazu kommt noch, dass bei dem
Anlassen der Motor entlastet und erst so schnell gedreht werden soll, bis der
Synchronismus eintritt.
Gleichstrom- und Drehfeldmotoren sind von diesen beiden Nachtheilen frei, weil sie eben
mit todten Punkten nicht behaftet sind. Was
zunächst die Gleichstrommotoren betrifft, so sind sie wie die betreffenden
Generatoren durch die Fig. 15, 17, 19
und 20 schematisirt. (Die Klasse I ist
ausgeschlossen, weil sie bis jetzt nur physikalisches Spielzeug geliefert hat.)
Wird durch die Bürsten A und B (Fig. 15 und 17) von aussen
Gleichstrom zugeführt, so entsteht sofort ein Drehmoment, welches nicht
nachlässt, weil (wie früher erklärt) die Armaturelemente immer mit verschiedener
Phase zugleich arbeiten. Aus diesem Grunde laufen die Gleichstrommotoren auch
unter Belastung an und laufen asynchron, d. i. ihre
Geschwindigkeit ist von der des Stromerzeugers unabhängig.
Hier greifen wir abermals zu der so oft benutzten Analogie. Im Gleichstrommotor
sind die Wechselwirkungen zwischen Armaturelementen und Feldmagneten sozusagen
stationär. Ohne näher darauf einzugehen, weisen wir nur darauf hin, dass der
Gleichstrommotor mit einer Turbine (Rotationsmaschine u. dgl.) verglichen werden
kann.
Der Wechselstrommotor, dessen einfachstes Vorbild die Fig. 13 gibt, kann am besten mit der eincylindrigen Dampf- oder
Wassersäulenmaschine (Fig. 21) verglichen werden.
In beiden ist das Drehmoment ein sehr ungleichmässiges und sind die todten
Punkte vorhanden; und bringt man noch einen Cylinder (gestrichelt gezeichnet)
an, oder setzen wir auf eine Achse mehrere solche Mechanismen: die todten Punkte
bestehen, solange die Phasen aller dieser periodischen Kräfte gleichzeitig
eintreten. Ebenso ist in der Wirkungsweise des Wechselstrommotors nichts
verändert, wenn wir statt der Spule (Fig. 13)
eine Stern- (Fig.
19) oder eine Scheibenarmatur (Fig. 20)
nehmen, wenn dabei die todten Punkte überall gleichzeitig eintreten.
Textabbildung Bd. 292, S. 15Fig. 21.Textabbildung Bd. 292, S. 15Fig. 22. Die todten Punkte werden bei mechanischen Cylindermotoren bekanntlich
durch die Anordnungen Fig. 22 beseitigt. Diese
Zeichnung braucht keine Erläuterung, nur wollen wir in Erinnerung bringen, dass
das Kraftmoment und die Winkelgeschwindigkeit um so gleichmässiger werden, je
mehr Cylinder an einer Kurbel wirken. Denken wir uns jetzt in der Fig. 22 die Cylinder durch Elektromagnete ersetzt,
statt der Kurbel einen permanenten Magnet oder einfach eine massive eiserne
Trommel, so erhalten wir einen Zweiphasenmotor (nach A) oder einen Dreiphasenmotor (nach B).
Ebenso sind auch bei dem Dreiphasenmotor das Drehmoment und die
Winkelgeschwindigkeit gleichmässiger als bei dem Zweiphasenmotor.
Dass die Drehfeldmotoren mit vollem Recht so genannt
werden, sehen wir daraus, dass ja wirklich die periodischen Felder sich zu einem
drehenden Feld zusammensetzen, wie es auch bei mehrcylindrigen Motoren (Fig. 22) geschieht. Erfolgen diese Aenderungen
nach dem Sinusgesetze (was man auch annimmt), so hat dieses drehende Feld eine
constante Stärke und Winkelgeschwindigkeit und die Armatur wird gleichmässig
hingezogen. Die. Armatur kann aber, wie gesagt, entweder als constanter Magnet,
oder als runde Eisenmasse beschaffen sein. Die erste Art macht es nothwendig,
dass die Armatur genau synchron mit dem Felde sich drehe. Solche synchronen Drehfeldmotoren bieten also im Vergleich
mit einfachen Wechselstrommotoren keinen wesentlichen Vortheil. Bei asynchronen Drehfeldmotoren ist die Armatur als
cylindrische Eisenmasse beschaffen. Durch das Drehfeld wird sie auch hingezogen,
jedoch die Magnetpole, die in ihr inducirt werden, können auch, unter gewisser
„Reibung“, in der Eisenmasse der Armatur sich bewegen. Das trifft
auch in der Regel zu, und je kleiner verhältnissmässig die Winkelgeschwindigkeit
der Armatur ist, desto kräftiger ist das Drehmoment, so dass er beim Anlassen
des Motors sein Maximum erreicht, was in der Praxis besonders werthvoll ist. Man
sieht also, dass die Winkelgeschwindigkeit des asynchronen Drehfeldmotors eine
andere als die des Stromerzeugers sein kann, nur ist sie immer etwas
kleiner.
Kurz: Einfache Wechselstrommotoren haben den Nachtheil, dass sie mit todten
Punkten behaftet und überhaupt nur synchron mit dem Stromerzeuger arbeiten. Die
Gleichstrom- und die Drehfeldmotoren sind von diesen zwei Uebelständen frei.
Eingeführt wurden diese Motoren durch: Tesla (1888),
Bradley (1888), Dolivo-Dobrowolsky (1889), Haselwander
(1890), Wenström, Hutin und Leblanc (1891), Siemens (1891), Westinghouse Co. (1891 279 * 105), Brown (Oerlikon) (1892
286 * 16). Gegenwärtig dürften wohl sämmtliche
bedeutenden Firmen hier genannt werden.
Schlussbemerkungen.
Die Verwandtschaft sämmtlicher Klassen von Dynamos ist der Uebersichtlichkeit wegen
in der Tabelle Fig. 23 als Stammbaum versinnlicht.
Sie gibt nicht die Zeit der Entstehung der Klassen wieder, sondern lediglich deren
inneren Zusammenhang, und nach allem, was schon gesagt, benöthigt sie keines
Commentars. Wir wollen aber mit dem heute so oft, aber nicht stets unparteiisch
beleuchteten Vergleich zwischen Gleichstrom und Wechselstrom schliessen.
Was zuerst die zwei Hauptverwendungen der Dynamos betrifft, so ist es klar, dass sie
als Stromerzeuger (Generatoren) bedeutend grössere Verbreitung finden als
Arbeitserzeuger (Motoren), weil ja der Strom als solcher zu verschiedenen anderen
Zwecken gebraucht wird. In erster Linie steht hier die elektrische Beleuchtung, wozu
Gleichstrom, wie Wechselstrom verwendet werden. Neben der Kraftübertragung, die auch
mittels beider Arten Ströme verrichtet wird, ist die Elektrochemie zu nennen, wo
allerdings nur Gleichstrom verwandt wird.
Textabbildung Bd. 292, S. 16Fig. 23.Elektromagnetische Induction. Die erste praktische Beleuchtung durch elektrische Theillichter gab in den
70er Jahren die Jablochkoff-Kerze. Sie gebrauchte Wechselstrom. Dann trat in die
Praxis die Differentiallampe, die in den 60er Jahren von Tschikoleff, später von Siemens erfunden war.
Bald reihte sich ihr die Edison'sche Glühlampe an.
Beide gebrauchten Gleichstrom und riefen alle die unzähligen Dynamoconstructionen
für Gleichstrom hervor. Der Wechselstrom wurde in der Praxis als „überwundener
Standpunkt“ betrachtet, daher wurde auch alles aufgewendet, um die
Kraftübertragung mittels Gleichstrom zu erzielen. Besonders hat sich in den 80er
Jahren darin M. Deprez bemüht. Jedoch entsprachen die
Ergebnisse nicht den auf die Versuche verwendeten Mitteln, weil die
Gleichstromdynamo wegen der Funkenbildung in den unumgänglichen Collectoren (oder
Commutatoren) keine höhere Spannung als etwa 2000 Volt (auch das höchst selten und
nur bei sehr sorgfältiger theurer Arbeit) zulässt, diese Spannung aber auch schon
bei einer Entfernung von 15 km sehr theuere Leitungen fordert. Da es nur
Wechselstrommaschinen sind, die ohne Collector (und Commutator) arbeiten und somit
hohe Spannung zulassen, so musste Wechselstrom in die Kraftübertragung eintreten.
Entscheidend für diesen war die Lauffen-Frankfurter Kraftübertragung (1891), wo auf
die grosse Entfernung von 175 km eine bedeutende Leistung (etwa 300 ) mit
überzeugendem Erfolge übertragen war, wobei zuerst 10000 Volt in den praktischen
Gebrauch traten. Das war zugleich auch noch ein Dreiphasenstrom. Sofort hat sich
alles auf Wechselstrom geworfen, der zur Mode wurde, als etwas Hochmodernes in der
Elektrotechnik.
Man darf aber nicht vergessen, dass der Gleichstrom dem Wechselstrom gegenüber zwei
bedeutende Vortheile gewährt: die Anwendbarkeit in der Chemie und die Möglichkeit,
Accumulatoren zu gebrauchen, welche die Anlage- und Betriebskosten dadurch
wesentlich herabsetzen, dass auch unterbrochener Betrieb rentabel wird. Allerdings
hat Leblanc in allerneuester Zeit eine Vorrichtung
vorgeschlagen, die Wechselstrom in Gleichstrom umformt; allein über die
Verwendbarkeit dieser Vorrichtung soll noch die Praxis entscheiden. Noch unlängst
rühmte man dem Wechselstrome als besonderen Vortheil zu die Möglichkeit der
Vertheilung mittels Transformatoren. Allein jetzt besitzen wir ja auch
Gleichstromtransformatoren. Für die Kraftübertragung ist der Wechselstrom nur als
Mehrphasenstrom dem Gleichstrome ebenbürtig. Heutzutage bleibt also dem
Wechselstrome nur der Vorzug eigen, dass die Wechselstromdynamo bedeutend
höhere Spannungen zulassen als die Gleichstromdynamos.
Handelt es sich nun um kurze Strecken, um Privatanlagen, oder auch um Theilstationen
eines Stadtnetzes, so wird hier entschieden dem Gleichstrome der Vorzug gegeben. Je
länger aber die Leitung, desto mehr wird der Wechselstrom dem Gleichstrome
ökonomisch überlegen. Für Beleuchtungszwecke wird einfacher Wechselstrom gebraucht.
Hat man aber auch Arbeitsabnehmer in Aussicht, so gebraucht man Mehrphasenstrom. Aus
diesem Grunde ist auch bei dem colossalen Niagara-Unternehmen der Zweiphasenstrom
angenommen.