Titel: | Die Werthbestimmung des Wollfettes. |
Autor: | E. v. Cochenhausen |
Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 91 |
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Die Werthbestimmung des Wollfettes.
Von E. v. Cochenhausen
in Chemnitz.
Die Werthbestimmung des Wollfettes.
Die in den letzten Jahren bekannt gewordenen Arbeiten auf dem Gebiete der Fette und
Oele lassen erkennen, dass die zur Basis der heutigen Fettuntersuchung gewählten
quantitativen Methoden, wenn auch im Princip festgelegt, doch noch nicht eine
einheitliche Anerkennung ihres Werthes geniessen und beständigen, zum Theil recht
wichtigen Aenderungen unterworfen sind. Dieses Urtheil Holde'sChemiker-Zeitung, 1893 S.
979. muss ganz besonders in Rücksicht auf eine Fettart als
zutreffend anerkannt werden, nämlich für das sogen. Wollfett, welches immer
mehr die Aufmerksamkeit der Chemiker in Anspruch nimmt und auch in Anbetracht der
sehr grossen Mengen, welche aus den Wollwäschereien hervorgehen, diese Beachtung
wohl verdient. Nach welcher Richtung hin dieses Product des thierischen Organismus
einmal verwerthet werden wird. ist vorderhand noch ein ebenso grosses Geheimniss wie
seine Zusammensetzung; denn die bis jetzt angestellten Untersuchungen haben uns so
gut wie keine Aufklärung verschafft, und die wenigen bekannt gewordenen Resultate
von Analysen, welche in Rücksicht auf seine technische Verwendung ausgeführt worden
sind, können nicht als der Wirklichkeit entsprechend angesehen werden. Da alle
anderen VorschlägeEine
Zusammenstellung dieser Methoden findet sich in Journ. of the soc. of dyers and colour., 1890 S. 2. Im Auszug mit
Angabe der Quellen und Patente in Leipz. Monatsschr.
f. Text.-Ind., 1890 S. 385., die Wolle zu entschweissen,
aus dem einen oder anderen Grunde sich als unbrauchbar erwiesen haben und dieser
Process wohl überall mit Wasser unter Zuhilfenahme von Waschmitteln, vorzugsweise
Seife, ausgeführt wird, so ist die unter der Bezeichnung „Wollfett“ in den
Handel kommende Masse meistens ein wechselndes Gemenge von Seifenfettsäuren und der
als „Wollschweiss“ bezeichneten Secrete der Haut der Schafe. Denn wenn wir
schon aus dem verschiedenen Verhalten der Wollen mit schwerlöslichem und derjenigen
mit gutartigem Schweiss den Schluss ziehen können, dass die Bestandtheile des
Schweisses der verschiedenen Wollarten, selbst bei qualitativ gleichartiger
Beschaffenheit, doch quantitativ je nach der Rasse und Individualität des Thieres,
der Zeit, welche die Wolle auf dem Körper des Thieres verweilt hat, nach dem Futter
der Schafe und dem Klima des Herkunftslandes u.s.w. Verschiedenheiten zeigen werden,
so weist schon das verschiedene Verhalten beim Waschen, welches bald grössere, bald
kleinere Mengen von Seife nothwendig macht, darauf hin, dass auch die Menge der aus
der Seife stammenden Fettsäuren, welche wiederum je nach der Art der verwendeten
Seife verschieden sein können, nicht constant ist.
Die in dem Wollschweiss bis jetzt wirklich nachgewiesenen oder nur wahrscheinlich
vorhandenen Stoffe sind in der Arbeit von HerbigVgl. D. p. J. 1894 292 42 und 66. aufgezählt worden. Man nimmt
hiernach an, dass in dem Wollfette des Handels enthalten sind: freie Fettsäuren,
Neutralfette, welche sich verseifen lassen, und unverseifbare Stoffe. Bei der
Verseifung zerfällt das Neutralfett unter Wasseraufnahme in flüchtige und
nichtflüchtige Fettsäuren und in Alkohole, welche, da sie in Wasser unlöslich sind,
im Verein mit den ursprünglich vorhandenen unverseifbaren Stoffen als
„Unverseifbares“ im Analysenresultat aufgeführt werden; dieses berichtet
nun entweder über freie Fettsäuren, gebundene Fettsäuren und Unverseifbares, oder
über freie Fettsäuren, Neutralfett und Unverseifbares. Diese jetzt gebräuchliche Art
der Zusammenstellung der Untersuchungsresultate trägt nur den jetzigen
Verwendungsarten des Wollfettes Rechnung, welche durchaus nicht den jährlich
producirten Millionen von Kilo dieses Stoffes entsprechen. Das Wollfett wird
entweder direct als Zusatz zur Herstellung von Seifen verwendet, oder es werden
daraus Fettsäuren und Unverseifbares in verschiedener Weise getrennt gewonnen.
Erstere werden ebenfalls zur Herstellung von SeifeDer Seifenfabrikant, 1892 S. 365, 374,
398., aber immer nur im Verein mit anderen Fetten verwendet, für das
Unverseifbare sucht man jedoch noch nach Verwendungsarten; denn der von der Norddeutschen Wollkämmerei in Bremen empfohlene Zusatz
dieses von ihr Adeps lanae genannten Stoffes zu Seifen, oder die Verwendung als
Salben (Lanolin) oder als Schmiermittel u.s.w. muss in Anbetracht, dass das Wollfett
des Handels bei der Verarbeitung etwa ⅓ seines Gewichtes Unverseifbares liefert, nur
als Nothbehelf bezeichnet werden. Dieselbe Unklarheit aber, welche über eine
rationelle Verwendung des Wollfettes bis jetzt noch herrscht, finden wir auch in den
Methoden, nach welchen die oben angegebenen Analysenresultate erhalten werden,
ausgesprochen. Es ist auch schwer, über eine Sache, von der man nichts weiss,
Bericht zu erstatten. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn derselbe sogar über ein
und denselben Gegenstand verschieden ausfällt. Da nun aber das Wollfett bereits
seine Käufer gefunden hat, welche den Werth jedenfalls nach der Menge der bei der
Verarbeitung entstehenden Fettsäuren und Alkohole u.s.w. bemessen, so muss ein
sicheres Verfahren, selbst wenn es nur dem augenblicklichen Bedürfniss Rechnung
trägt, schon als Gewinn betrachtet werden. Kein einziges der Verfahren, welche bei
der Untersuchung des Wollfettes jetzt gewöhnlich eingeschlagen werden, trägt jedoch
diesen Bedürfnissen Rechnung und in Folge dessen auch nicht den Processen, denen das
Wollfett unterworfen wird. Ein brauchbares Verfahren aufzufinden, war erst möglich,
nachdem durch die Versuche Herbig's festgestellt worden
war, dass das Wollfett unter bestimmten Bedingungen stets in gleicher Weise verseift
werden kann.
Aus den Versuchen Herbig's geht hervor, dass die
Neutralfette des Wollfettes aus einem leicht verseifbaren Theil, welcher durch eine
2stündige Behandlung mit ½-normaler alkoholischer Kalilauge am Rückflusskühler
zerlegt werden kann, und einem schwerverseifbaren Theil besteht, welcher bei
Anwendung einer viermal so starken Lauge erst nach 2stündiger Behandlung unter Druck
zerlegt wird. Die Uebereinstimmung der mit demselben Wollfett erhaltenen Resultate
beweist, dass die Zersetzung der einzelnen Theile unter diesen Bedingungen stets
vollständig ist und dass übereinstimmende Resultate nur möglich sind, wenn diese
Bedingungen eingehalten werden. Da die Wichtigkeit dieser Bedingung bisher niemals
beachtet worden ist, so bietet keines der bekannt gewordenen Resultate der
technischen Untersuchung des Wollfettes eine Garantie für seine Richtigkeit.
Die Untersuchung wurde bisher, von einzelnen unwesentlichen Abweichungen abgesehen,
gewöhnlich in folgender Weise ausgeführt: Aus der Säurezahl, welche durch Titriren
bei gewöhnlicher Temperatur bestimmt worden war, wurde unter Annahme eines
willkürlich gewählten Molekulargewichtes, gewöhnlich des der Oelsäure (282), die
Menge der freien Säure berechnet; dieses führt bei Wollfett zu einem ganz falschen
Resultat. Hierauf wurde eine neue Probe des Fettes unter ebenfalls willkürlich
gewählten Bedingungen verseift, das Product der Verseifung wurde in Wasser gelöst
und mit einem Lösungsmittel für Fette behandelt. Aus der entfetteten Flüssigkeit
wurden die freien und gebunden gewesenen Fettsäuren abgeschieden und gewogen; die
von dem Lösungsmittel aufgenommenen Stoffe wurden nach Entfernung des
Lösungsmittels ebenfalls gewogen. Zuweilen wurden auch entweder die
Gesammtfettsäuren oder die gelösten Stoffe gewogen und für die Menge des anderen das
an 100 Fehlende angenommen. Die Ausführung der hierfür nöthigen Operationen, welche
bei gewöhnlichen Fetten und Oelen gar keine Schwierigkeit bietet, ist für Wollfett
ohne weiteres unmöglich; denn das Eintreten von Emulsionen beim Ausschütteln, welche
sich auch nach tagelangem Stehen nicht trennen, kann nur bei Anwendung von
bestimmten Lösungsmitteln und beim Einhalten von bestimmten Temperaturen verhindert
werden. Ebenso macht die geringe Löslichkeit der Alkalisalze einiger in dem
Wollfette enthaltenen Fettsäuren die Anwendung von Wärme beim Ausschütteln nöthig.
Die Trennung der unverseifbaren Stoffe und Alkohole von den Fettsäuren durch Fällen
des gelösten Verseifungsproductes mittels eines Barium- oder Calciumsalzes und
Behandeln des entstandenen Niederschlages mit einem Lösungsmittel für Fette liefert
ganz unbrauchbare Resultate, wenn nicht berücksichtigt wird, dass die Barium- und
Calciumsalze der Fettsäuren sich in der Wärme zerlegen und ausserdem in allen in
Betracht kommenden Lösungsmitteln ganz besonders bei Gegenwart von fettartigen
Stoffen löslich sind. Es ist zwecklos, alle Vorschläge, welche zur Beseitigung
dieser Uebelstände gemacht und auch alle versucht worden sind, einzeln aufzuführen;
als brauchbar hat sich nur der Petroleumäther als Lösungsmittel für die fettartigen
Körper und der 50procentige Weingeist, nach dem Vorschlage von Honig und SpitzZeitschrift für angewandte Chemie, 1891 S.
565., als Lösungsmittel für die Alkalisalze der
Fettsäuren erwiesen; letzteres Lösungsmittel jedoch nur bei Anwendung von Wärme,
wegen der geringen Löslichkeit einiger Seifen.
Der nachfolgend beschriebene Gang der Untersuchung, bei welchem namentlich die durch
das Ausschütteln und Extrahiren verursachten Fehler, wenn auch nicht vollständig
beseitigt, so doch auf ein geringes Maass vermindert worden sind, ist im Princip
nicht neu, sondern zum Theil von v. Hübl, später von
Benedikt und MangoldChemiker-Zeitung, 1891 S.
474., für die Untersuchung des Bienenwachses, zum anderen Theil
von LewkowitschJourn. of the soc. chemic. industr., Bd.
11. 134 bis 145. für die Analyse des Wollfettes
angewendet worden. Die Originalarbeit von Lewkowitsch,
deren wirkliche Resultate aus dem nur wenige Zeilen einnehmenden Referate in dem Chemischen CentralblatteChemisches Centralblatt, 1892 S.
652. unmöglich zu erkennen sind, gelangte erst nach
beendigter Untersuchung in meinen Besitz. Es sei jedoch schon hier erwähnt, dass die
von Lewkowitsch ermittelten Säurezahlen, welche als
Grundlage für die Berechnung dienen, unmöglich richtig sein können, wie später
bewiesen werden wird, und dass die von ihm gewählte Art des Ausschütteins mit
Lösungsmitteln aus den angegebenen Gründen sich als unbrauchbar erwies.
Man ermittelt in einer Lösung von Wollfett in Schwefeläther ohne Anwendung von Wärme
die Säurezahl, d.h. die Menge von KOH, welche zum Neutralisiren der in 1000 Th.
Wollfett enthaltenen freien Fettsäuren nöthig ist, isolirt hierauf aus einer
grösseren Menge des Wollfettes die freien Fettsäuren und bestimmt deren Säurezahl
bezieh. Durchschnittsmolekulargewicht. Die Verseifungszahl, d.h. die Menge KOH,
welche zum Neutralisiren der freien Säuren und zum Verseifen der Ester in 1000 Th. Wollfett
nöthig ist, wird in einer kleinen Probe bestimmt und hierauf eine grössere Menge
Wollfett unter bestimmten Bedingungen mit alkoholischer Kalilauge verseift; aus dem
Producte der Verseifung werden, nachdem das überschüssig angewendete Kali
neutralisirt und der Alkohol verdampft worden ist, die Gesammtfettsäuren, welche
theils in freiem Zustande, theils an Alkohole gebunden als Ester zugegen waren,
ferner die bei der Verseifung frei gewordenen Alkohole und die unverseifbaren Stoffe
abgeschieden und mit Schwefelsäure destillirt, um die flüchtigen Fettsäuren zu
entfernen, deren Säurezahl in dem wässerigen Destillat bestimmt wird. Das Gemisch
der Gesammtfettsäuren, Alkohole und unverseifbaren Stoffe wird gewogen. Nachdem die
Säurezahl dieses Gemisches, welche als Säurezahl des aufgeschlossenen Wollfettes
bezeichnet werden soll, festgestellt worden ist, werden daraus die Gesammtfettsäuren
isolirt und deren Säurezahl bezieh. Durchschnittsmolekulargewicht bestimmt.
Zur Bestimmung der Säurezahl des Wollfettes wird ⅕-normale alkoholische Kalilauge,
für die Bestimmung der anderen Werthe und zu den Verseifungsprocessen ½-normale
alkoholische Lauge und Salzsäure verwendet. Der Titer der Kalilauge wird, obgleich
er sich nur wenig verändert, vor jeder Versuchsreihe gegenüber der Salzsäure
festgestellt. Wenn bei der Bestimmung der Säure- und Verseifungszahlen Kochhitze
angewendet werden muss, so wird die Kalilauge vor Feststellung des Titers immer
während der gleichen Zeitdauer am Rückflusskühler gekocht. Der als Lösungsmittel
dienende Alkohol wird mit alkoholischem Kali genau neutralisirt. Der Petroleumäther
ist der bis 75° siedende Antheil des Handelsproductes. Als Indicator dient
Phenolphtaleïn.
1) Fremde Stoffe und Wasser.
Bei dem jetzigen Handelspreis des Wollfettes kann wohl ein Zusatz von
geringwerthigeren Fetten oder fettartigen Stoffen als ausgeschlossen angesehen
werden. Es können jedoch durch Fehler beim Auspressen oder beim Extrahiren der
Presskuchen Antheile der in grossen Mengen abfallenden Press- und
Extractionsrückstände in dem Wollfette vertheilt sein. Die Menge derselben wird
bestimmt, indem man eine gewogene Menge Wollfett in Schwefeläther löst, die Lösung
durch ein bei 100° getrocknetes Filter filtrirt, mit Aether auswäscht, das Filter
mit Rückstand wieder bei 100° trocknet und wägt; in dem Rückstande kann alsdann noch
die Asche ermittelt werden. Da die bei der Verarbeitung der Wollwaschwässer
verwendeten Apparate eine grosse Vollkommenheit haben, so sind derartige
Verunreinigungen sehr selten; das verwendete Wollfett, welches aus einer deutschen
Wollkämmerei mit einer Wollfettproduction von täglich 7000 bis 9000 k stammte, war
davon vollständig frei. Die Bestimmung des Wassergehaltes kann durch Trocknen des
Fettes nicht ausgeführt werden. Ein Wollfett, welches beim Schmelzen eine klare
Flüssigkeit gibt, ohne dass sich Wassertropfen abscheiden, enthält immer kleine
Mengen von Wasser, welches durch das Cholesterin und die Cholesterinester in
Suspension gehalten wird. Diese Wassermengen können nur durch längeres Erhitzen auf
100 bis 110° entfernt werden, wobei die freien Fettsäuren zum Theil derartig
verändert werden, dass sie bei gewöhnlicher Temperatur durch alkoholische Kalilauge
nicht neutralisirt werden.
Dauer und Art der
Erwärmungdes Wollfettes
AngewendetesWollfett Nr. II
VerbrauchtesKali
Säurezahl desWollfettes
Procente derfreien Fett-säuren für
einangenommenesMolekular-gewicht
282
295
g
g
Proc.
Proc.
Geschmolzen und schnellfiltrirt
2,10302,1280
0,07890,0797
37,51037,440
18,8918,85
19,7619,72
4 Monate später noch ein-mal während 6
Stundenim Dampftrockenschrankfiltrirt
3,40233,09403,75383,2259
0,12220,11170,13490,1159
35,91836,12235,92635,941
18,0918,1918,0918,10
18,9219,0318,9218,93
Während 12 Stunden
imDampftrockenschrankfiltrirt
3,36803,2301
0,11890,1145
35,30435,463
17,7817,86
18,6018,68
Während 18 Stunden
imDampftrockenschrankfiltrirt
3,19593,2715
0,11200,1138
35,05234,775
17,6517,51
18,4618,32
Hierauf 10 Stunden langauf 100° C. erhitzt
3,58983,4150
0,12040,1167
33,52834,163
16,8817,20
17,6717,99
50 Stunden lang auf100° C. erhitzt
3,24173,3108
0,08720,0890
26,91526,888
13,5513,54
14,1814,16
Es ist nicht unmöglich, dass diese Veränderung schon bei gewöhnlicher Temperatur oder
bei Einwirkung von Licht in bemerkbarer Weise eintritt. Worin dieselbe besteht, ist
noch nicht festgestellt worden; wahrscheinlich beruht sie auf dem Uebergange einiger
Fettsäuren in Anhydride. Ansichten hierüber sind von TatlockZeitschrift für angewandte Chemie, 1890 S.
559., FahrionChemiker-Zeitung, 1893 S. 434.,
LeivkowitschJourn. of the soc. of chem. industr., 1890
S. 846; 1892 S. 134. ausgesprochen worden.
Die Menge der fremden Stoffe und des eingeschlossenen Wassers ergibt sich bei der
Berechnung der Resultate.
Diese Veränderung des Wollfettes muss ganz besonders berücksichtigt werden, wenn bei
Streitfällen dasselbe Fett von mehreren Experten untersucht wird. Sie bleibt jedoch
ohne Einfluss auf die Menge der Gesammtfettsäuren und auf die Verseifungszahl, so
dass bei Controlanalysen diese nicht verschieden hoch gefunden werden können.
2) Bestimmung der Säurezahl des Wollfettes.
In genau gewogene Glaskölbchen von 150 bis 200 cc Inhalt lässt man 2,5 bis 3 g des im
Wasserbade geschmolzenen Wollfettes einlaufen und wägt nach 12 Stunden. Da das
geschmolzene Wollfett nur sehr langsam die Temperatur der Umgebung anzunehmen
scheint, so müssen die zum Wägen vorbereiteten Kölbchen längere Zeit in dem
geschlossenen Wagekasten stehen. Das Fett wird im Wasserbade geschmolzen, je nach
seiner Färbung in 50 bis 100 cc neutralem Schwefeläther gelöst, mit Phenolphtaleïn
versetzt und mit ⅕-normaler alkoholischer Kalilauge bis zur schwachen Rothfärbung
titrirt. Wenn die genügende Menge Schwefeläther als Lösungsmittel angewendet wurde,
so ist der Endpunkt sehr scharf sichtbar. Die folgenden Resultate sind bei
Verwendung eines anderen Wollfettes erhalten worden:
AngewendetesWollfett
VerbrauchtesKOH
SäurezahldesWollfettes
g
g
Wollfett Nr. I
3,64003,62343,1978
0,18000,17920,1582
49,45849,47849,469
3) Abscheidung der freien Fettsäuren.
Eine grössere Menge Wollfett, etwa 50 g, wird im Wasserbade geschmolzen, in 500 cc
Schwefeläther geigst, mit 2-normaler alkoholischer Kalilauge unter Zusatz von
Phenolphtaleïn neutralisirt und zweimal mit je 300 cc 30procentigem Weingeist
ausgeschüttelt. Die Weingeistlösung trennt sich schnell von der Aetherlösung; wenn
sich an der Trennungsschicht schwerlösliche Kalisalze abscheiden, so werden
dieselben abfiltrirt. Die vereinigten Lösungen der Seifen in Weingeist werden im
Wasserbad fast zur Trockne verdampft, in 1 l 50procentigem Weingeist gelöst, auf 30°
C. abgekühlt und mit 100 cc Petroleumäther ausgeschüttelt. Hierbei scheidet sich an
der Trennungsschicht zwischen Weingeist und Petroleumäther ein schwerlösliches
Kalisalz ab; dasselbe wird abfiltrirt, zusammen mit den zuerst abgeschiedenen Mengen
in einem Extractionsapparat am Rückflusskühler mit Petroleumäther extrahirt und
später mit den in Weingeist gelösten Kalisalzen vereinigt weiter verarbeitet. Die
weingeistige Seifenlösung, aus welcher sich, wenn die Temperatur nicht unter 30° C.
sinkt, keine Kalisalze mehr abscheiden, wird noch viermal mit je 100 cc
Petroleumäther im Scheidetrichter ausgeschüttelt. Die Lösung in Weingeist wird mit
den extrahirten schwerlöslichen Kalisalzen vereinigt, in einem Kolben zum Kochen
erhitzt, filtrirt, im Wasserbade vom Alkohol befreit und mit Salzsäure versetzt. Die
hierdurch abgeschiedenen Fettsäuren werden durch mehrmaliges Behandeln mit heissem
Wasser von der Salzsäure befreit, zuerst an der Luft und schliesslich noch ½ Stunde
bei 100° C. getrocknet. Man erhält etwa 8 bis 10 g Fettsäuren.
4) Bestimmung der Säurezahl bezieh. des Molekulargewichtes der
freien Fettsäuren.
Wenn man die freien Fettsäuren in Alkohol löst und mit alkoholischer Kalilauge bei
gewöhnlicher Temperatur titrirt, so wird um so weniger Kali verbraucht, je länger
die Fettsäuren beim Trocknen erwärmt worden sind, da ein Theil der Wollfettsäuren
leicht in Verbindungen übergeht, welche bei gewöhnlicher Temperatur sich mit Kali
nicht vereinigen. Wenn man die Fettsäuren jedoch mit überschüssiger Kalilauge 1
Stunde lang am Rückflusskühler erhitzt und mit Salzsäure das nichtverbrauchte Kali
zurücktitrirt, so ergeben sich stets übereinstimmende Säurezahlen, auch bei
Wiederholung der Abscheidung der freien Fettsäuren.
Fettsäuren von Wollfett Nr.
II
Mit ½-normalerKalilauge
kalttitrirt
Mit überschüssi-ger Kalilauge1
Stunde langgekocht
Säure-zahl
Mole-kular-gewicht
Säure-zahl
Mole-kular-gewicht
Die Fettsäuren waren bei Wasser- badwärme abgeschieden
und über Schwefelsäure getrocknet
187,50
299
–
–
Die Fettsäuren waren aus stark kochender Lösung
abgeschieden und an der Luft getrocknet
181,33
309
188,98
296
Fettsäuren 1 Stunde lang bei 100° getrocknet
167,41
334
189,79
295
Fettsäuren 5 Stunden lang bei 100° getrocknet
164,22
341
190,20
294
Fettsäuren 10 Stunden lang bei 100° getrocknet
160,82
348
190,33
294
Von den im Wasserbade geschmolzenen Wollfettsäuren werden 2,5 bis 3 g in genau
gewogene Glaskölbchen von 150 cc Inhalt gebracht; nach 12 Stunden wird gewogen. Man
verseift mit 30 cc ½-normaler alkoholischer Kalilauge 1 Stunde lang am
Rückflusskühler, spült den Inhalt des Kölbchens mit heissem Alkohol in ein
Becherglas, verdünnt auf 150 cc und titrirt die noch heisse Lösung mit ½-normaler
Salzsäure. Wenn die Lösung genügend verdünnt und so heiss ist, dass alle Kalisalze
gelöst bleiben, so ist der Farbenübergang sehr scharf sichtbar. Die Trennung der
Fettsäuren wurde dreimal wiederholt.
Fettsäurenvon Woll-fett Nr. I
An-gewendeteFettsäuren
An-gewendetesKOH
Ver-brauchtesKOH
Säurezahl
Molekular-gewicht
g
g
g
I
3,36043,45823,3837
0,95100,95100,9510
0,64640,66480,6490
192,3192,3191,8
291,2291,2291,9
II
2,04352,3123
0,95100,9510
0,39410,4461
192,8192,9
290,4290,3
III
2,64262,6624
0,95100,9510
0,50520,5071
191,2190,5
292,8294,0
5) Bestimmung der Verseifungszahl des Wollfettes.
Nach den Versuchen von Herbig, welche gleichzeitig mit
der vorliegenden Untersuchung in demselben Laboratorium ausgeführt worden sind,
besteht das Neutralfett des Wollfettes aus leicht verseifbaren Antheilen, welche bei
Anwendung von ½-normaler alkoholischer Kalilauge durch 1stündiges Kochen am
Rückflusskühler vollständig verseift werden, und aus schwer verseifbaren Theilen,
welche von ½-normaler alkoholischer Kalilauge nicht angegriffen werden, sondern zu
ihrer Zersetzung 2-normale alkoholische Kalilauge und 3stündiges Erhitzen im
geschlossenen Kupferrohr bei 100 bis 110° C. verlangen. Wenn man nun unter der
letzteren schwer einzuhaltenden Bedingung, unter welcher bei der Verarbeitung des
Wollfettes im Grossen die Verseifung niemals ausgeführt wird, die vollständige
Zersetzung auch der schwer verseifbaren Antheile bewirken wollte, so würde die
Analyse ein Resultat ergeben, welches der Verarbeitung des Wollfettes im Grossen
nicht entspricht. Da bei der jetzigen Art der Verarbeitung des Wollfettes die schwer
verseifbaren Theile des Neutralfettes zugleich mit den Alkoholen gewonnen werden,
welche aus den leicht verseifbaren Antheilen entstanden sind, so muss bei der
Untersuchung des Wollfettes die Verseifung dementsprechend geleitet werden, d.h. die
Verseifung darf nur mit ½-normaler alkoholischer Kalilauge vorgenommen werden.
In einem Kochfläschchen von 150 cc Inhalt kocht man 2 g Wollfett mit 30 cc ½-normaler
alkoholischer Kalilauge 2 Stunden lang am Rückflusskühler, wobei nach je 10 bis 15
Minuten umgeschüttelt werden muss. Der Inhalt des Kölbchens wird mit heissem Alkohol
in ein Becherglas gespült, auf 200 bis 250 cc mit Alkohol verdünnt und bis zum
beginnenden Sieden erhitzt. Hierauf wird mit ½-normaler Salzsäure der Ueberschuss
des Kalis zurücktitrirt. Die Farbenänderung ist deutlich sichtbar, wenn entsprechend
der Färbung des Wollfettes genügend verdünnt worden und die Temperatur so hoch ist,
dass sich die schwerlöslichen Kalisalze nicht ausscheiden.
An-gewendetesWollfett
An-gewendetesKOH
Ver-brauchtesKOH
Versei-fungszahldesWollfettes
g
g
g
Wollfett Nr. I
2,04382,31572,22362,09812,03012,03592,03252,28182,0173
0,94500,94500,94500,94500,94500,94500,94500,94500,9450
0,25630,28770,27170,26180,25430,25160,25030,27930,2515
125,4124,3122,2124,8125,2123,5123,1122,4124,7
6) Bestimmung der flüchtigen Fettsäuren und der Menge der
Gesammtfettsäuren (excl. flüchtigen), der bei der Verseifung frei gewordenen
Alkohole und der schwer verseifbaren Stoffe.
Man verwendet entweder die Lösungen, welche bei der Bestimmung der Verseifungszahl
erhalten wurden, oder man verseift 8 bis 10 g Wollfett (genau gewogen) mit etwa 150
cc ½-normaler alkoholischer Kalilauge 2 Stunden lang am Rückflusskühler unter
öfterem Umschütteln. Dass auch bei Anwendung grösserer Mengen von Wollfett die
leicht verseifbaren Theile vollständig verseift werden, ohne dass die schwer
verseifbaren angegriffen werden, beweisen folgende Resultate, welche jedoch bei
Anwendung eines anderen Wollfettes, als zur Bestimmung
der Verseifungszahl diente, erhalten worden sind:
An-gewendetesWollfett
An-gewendetesKOH
Ver-brauchtesKOH
Versei-fungszahldes Woll-fettes
(II)
g
g
g
Wollfett Nr. II
10,787511,207610,2339
2,07752,07752,0775
1,28401,34801,2296
119,0120,3120,1
Die neutralisirte Flüssigkeit wird vollständig in eine Porzellanschale gebracht, im
Wasserbade vom Alkohol befreit, hierauf wieder in den Kolben, in welchem die
Verseifung vorgenommen wurde, mit heissem Wasser gespült, mit 50 cc verdünnter
Schwefelsäure versetzt, ein Stückchen Bimsstein hinzugefügt und mit directer Flamme
destillirt. Man destillirt unter Erneuern des Wassers etwa 1 l ab, was 3 bis 4
Stunden dauert, und titrirt das Destillat, welches die flüchtigen Fettsäuren
enthält, mit ⅕-normaler Kalilauge.
An-gewendetesWollfett
Ver-brauchtesKOH
Die flüch-tigen Fett-säuren von1000
Woll-fett brau-chen KOH
FlüchtigeFettsäurenauf
Capron-säure (116)berechnet
g
g
g
Proc.
Wollfett Nr. I
10,7113 8,3675
0,08410,0677
7,858,10
1,6261,678
Wollfett Nr. II
10,852710,787511,2076
0,06630,07090,0702
6,116,576,26
1,2661,3611,297
Der Inhalt des Kolbens wird in dieselbe Porzellanschale, in welcher vorher der
Alkohol verjagt wurde, gebracht und durch Behandeln mit heissem Wasser von der
Schwefelsäure befreit. Das Gemisch von Fettsäuren, Alkoholen und schwer verseifbaren
Stoffen lässt man zuerst an der Luft trocknen, bringt es auf ein gewogenes Uhrglas,
trocknet noch 1 Stunde lang bei 100° und wägt es nach 12stündigem Stehen in dem
Wagekasten. Der Kolben und die Porzellanschale wird mit Petroleumäther ausgespült,
ebenso werden die Waschwässer mit Petroleumäther ausgeschüttelt, der Aether in einem
gewogenen Becherglas verdunstet und das Gewicht des Rückstandes zu der Hauptmenge
addirt.
Angewen-detesWollfett
Gesammtfettsäuren (excl.
flüchtigen),Alkohole und schwer verseifbare Stoffe
Haupt-menge
Aus demPetro-leumäthergewonnen
Gesammt-menge
100 TheileWollfettenthalten
g
g
g
g
Proc.
Wollfett Nr.
I(Es wurden diebei Bestimmungder Verseifungs-zahl
erhaltenenLösungen ver-wendet)
2,0438 2,3157 2,2236 2,0981 2,0301–––––––10,7113 2,0359 2,0325 2,2818 2,0173––––––– 8,367510,1758
10,4355 8,1488 9,9422
0,10080,06190,0545
10,5363 8,2107 9,9967
98,3798,1398,24
Wollfett Nr. II
10,787511,207610,2339
10,531910,9006 9,9828
0,13350,14400,1110
10,665411,044610,0938
98,8798,5598,63
7) Bestimmung der Säurezahl des aufgeschlossenen
Wollfettes.
Es wird in derselben Weise verfahren wie bei der Bestimmung der Säurezahl der freien
Fettsäuren.
Angewen-dete Mengedes
aufge-schlossenenWollfettes
An-gewendetesKOH
Ver-brauchtesKOH
Säurezahldes
aufge-schlossenenWollfettes
g
g
g
Wollfett Nr. I
3,26233,35453,32552,64032,63433,06763,03373,4259
0,99770,99770,99770,99770,99770,99770,99770,9977
0,37510,38280,38080,30660,30230,34780,34580,3844
115,0114,1114,5115,7114,8113,8114,0114,8
Wollfett Nr. II
4,82635,35744,97534,8594
0,86471,00881,00881,0088
0,57470,65950,60240,5874
119,1121,2121,1120,9
8) Abscheidung der Gesammtfettsäuren.
Hierzu werden die Lösungen, welche bei der Bestimmung der Säurezahl des
aufgeschlossenen Wollfettes erhalten wurden, vereinigt, im Wasserbade vom Alkohol
befreit, in 50procentigem warmem Weingeist gelöst und mit Petroleumäther geradeso
behandelt, wie bei der Abscheidung der freien Fettsäuren beschrieben worden ist.
9) Bestimmung der Säurezahl bezieh. des Molekulargewichtes der
Gesammtfettsäuren (excl. flüchtigen).
Dieselbe erfolgt, wie bei der Bestimmung der Säurezahl der freien Fettsäuren
beschrieben worden ist.
An-gewendeteFettsäuren
An-gewendetesKOH
Ver-brauchtesKOH
SäurezahlderGesammt-fettsäuren
Mol.-Gew.derGesammt-fettsäuren
g
g
g
WollfettNr. I
2,92892,51201,79352,07472,08152,4575
0,95200,95200,95200,95200,95200,9520
0,49820,43760,31480,36240,35780,4242
170,1174,2175,5174,7171,9172,6
329,2321,5319,1320,5325,7324,5
(Schluss folgt.)