Titel: | Segelrad für Flugmaschinen von G. Wellner. |
Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 148 |
Download: | XML |
Segelrad für Flugmaschinen von G.
Wellner.
Mit Abbildungen.
Segelrad für Flugmaschinen.
Das Segelrad von Georg Wellner, o. ö. Professor an der
technischen Hochschule in Brünn, hat in so hohem Maasse die Aufmerksamkeit auf sich
gelenkt, dass wir den Wortlaut des bezüglichen österreichisch-ungarischen
Privilegiums vom 19. November 1893 hier folgen lassen:
Das Segelrad für eine Flugmaschine besteht aus einer Achse mit Armen und ringsherum
daran befindlichen Tragflächen, welche während des Umlaufens durch ein festes
Excenter mit Ring- und Gelenkstangen um kleine Winkel hin und her gedreht
werden.
Die Rotation des Segelrades bei wagerechter Bahn der Achse bezweckt die Erzeugung von
Hebekraft für das Emporsteigen und Schwebendbleiben in freier Luft, unter Umständen
überdies auch die Schaffung einer Kraft in wagerecht vortreibendem Sinne zum Behufe
des Vorwärtsfluges in axialer Richtung.
Fig. 1 der nachstehenden
Zeichnung zeigt die Stirnansicht, Fig. 2 den Längsschnitt
eines Segelrades für Flugmaschinen. A ist die
Drehachse, welche in den Ständern C und in den damit
fest verbundenen Büchsen B ihre Lagerung findet, und die
achttheiligen Armkreuze D trägt. Auf den Büchsen B festgemacht oder mit denselben aus einem Stücke
hergestellt sind die Excenterscheiben E, deren
Excenterringe je eine Excenterstange H und je sieben in
Bolzen drehbare Gelenkstangen G besitzen. Die
Tragflächen F in der Zeichnung, acht an der Zahl, sind
in einer Cylindermantelfläche trommelartig rings um die Achse angeordnet und haben
Versteifungsrippen J mit je zwei Bolzen, an welchen sie
einerseits mit den Enden der Armkreuze D, andererseits
mit den Excenter- und Gelenkstangen H und G drehbar befestigt sind. In Folge dieser Verbindung
mit dem Excenter stellt sich beim Umlauf des Rades (siehe die Pfeilrichtung in Fig. 1) die Vorderkante
der Tragflächen der obersten Position (Nr. 3) jedesmal auswärts, in der untersten
Position (Nr. 7) einwärts, während in den Zwischenpositionen ein allmählicher
Uebergang stattfindet, so dass in den wagerechten Positionen rechts (Nr. 1) und
links (Nr. 5) die Tragflächen mit dem punktirten Umlaufskreise nahe
zusammenfallen.
Textabbildung Bd. 292, S. 149Flugmaschine von Wellner. Durch den Wechsel in ihrer Stellung sind die Tragflächen F im Stande, die Luft unter sich zu verdichten und
dabei Hebekraft zu liefern, und zwar sowohl in den Positionen des oberen, als auch
des unteren Halbkreises. Ferner können die Rippen J der
Tragflächen, sowie die Radarme D, G, H, wenn man ihnen
eine schraubenförmige oder windschiefe Verdrehung gibt, bei der Rotation des Rades
in axialem Sinne in der Luft vortreibend wirken, in ähnlicher Weise wie es die
Propeller der Dampfschiffe im Wasser thun. Wenn die Rippen und Arme keinerlei
Verdrehung besitzen, dann leistet das Segelrad nur eine hebende, aber keine
vortreibende Kraft. In der Zeichnung ist eine ovale Form der Tragflächen, und für
den Querschnitt derselben eine sanfte Kreisbogen Wölbung mit von vorn nach rückwärts
abnehmender Stärke gewählt, doch können auch andere Formen (z.B. rechteckige,
elliptisch gestaltete, eiförmige, vogelflügelartig zugespitzte u.s.w.) und andere
Querschnitte (z.B. geradlinig verlaufende, parabolisch gewölbte u.s.w.)
zweckdienlich erscheinen. Hinsichtlich des Materials der Tragflächen kann ein
festgefügter Körper (z.B. Holz, Blech u.s.w.) mit steifen Rippen, aber auch
biegsame, elastisch nachgiebige Stoffe (z.B. Seide, Leinwand u.s.w.) mit steifen
oder biegsamen Rippen genommen werden.
Die Anzahl der Arme, der Armsysteme und der Tragflächen richtet sich nach der Grösse
des Segelrades. Der Antrieb der Segelradachse geschieht von einem Motor aus durch
Kurbeln K, wie das in der Fig. 2 angedeutet ist,
oder durch Zahnräder, Riemenscheiben oder sonst eins der üblichen Getriebe.
Der Segelradmechanismus ähnelt in Bezug auf die Verbindung der beweglichen Flächen
mit dem festen Excenter dem Morgan'schen
Ruderradmechanismus für Dampfboote, nur ist die Wirkungsweise und Stellung der
Flächen beim Segelrade eine ganz andere. In Betreff der Gesammtanordnung der
Segelräder für Flugmaschinen ist zu bemerken, dass entweder ein Segelrad allein,
oder zwei und mehrere neben einander (und zwar am besten paarweise in gegenläufiger
Bewegung), ebenso zwei, drei, auch mehrere hinter einander verwendet werden
können.
Als neu und patentfähig erscheint die Verwendung des beschriebenen
Segelradmechanismus für Flugmaschinen in freier Luft zur Erzeugung von Hebekraft und
Vortrieb, insbesondere die trommelmantelförmige Anordnung der Tragflächen und deren
Verdrehung durch ein festes Excenter mit Gelenkstangen in der Art, dass bei jedem
Umlaufe die vordere Kante der Flächen in den oberen Bahnen ausserhalb, in den
unteren Bahnen innerhalb des mittleren Umlaufkreises zu stehen kommt.