Titel: | Neuere Hebevorrichtungen. |
Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 149 |
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Neuere Hebevorrichtungen.
Mit Abbildungen.
Neuere Hebevorrichtungen.
1) Flaschenzüge.
Unter den tragbaren Hebewerken haben die Flaschenzüge mit übersetzenden Räderwerken,
namentlich diejenigen mit Schneckenradtriebwerk, eine stetig wachsende Verbreitung
gefunden, wobei der Ausgestaltung der Hemmvorrichtungen besondere Aufmerksamkeit
zugewendet worden ist.
Textabbildung Bd. 292, S. 149
Higginson's Rollenflasche.
Higginson's Rollenflasche.
Eine Rollenflasche aus gepressten Stahlblechschilden a, welche durch drei vernietete Stahlbolzen b geschlossen und mittels eines Hängebügels c mit dem Haken d verbunden wird, ist
nach Engineering, 1891 Bd. 51 * S. 429, in Fig. 1
dargestellt.
Ebenso sind die Seilrollen (Fig. 2 und 3) aus zwei gepressten Stahlblechscheiben e, welche eine verrippte Stahlgussnabe f
einschliessen, zusammengesetzt. Um ferner die Zapfenreibung herabzumindern, sind
sieben Reibungswalzen g eingeführt, welche durch
eine gewulstete Blechkappe h am Ort gehalten
werden, zu welchem Zweck die Walzen kleine Zäpfchen besitzen.
Diese Stahlblechrollen werden einfach auf den Mittelbolzen i der Flasche (Fig. 1) geschoben und
hiermit eine Rollenflasche gebildet, die in jeder Beziehung den im Schiffswerk
üblichen hölzernen Flaschenzuggehäusen überlegen ist.
Detroit's Flaschenzug mit Bremskegel.
In der oberen Flasche (Fig.
4) sind die Seilrollen auf parallelen Zapfen und in derselben Ebene
angeordnet, während die Seilrollen der unterer Flasche mit dem Lasthaken auf
gemeinschaftlichen Zapfen neben einander laufen. Indem nun der Seilzug mit dem
freien Handende a (Fig. 5) so verläuft,
dass bei treibender Last die ziehenden Seiltrume b
und d auf der inneren Seite der Rollen gehen und
dadurch einen Schwebekeil mit Seilrille niederziehen, werden diese Seile ohne
nennenswerthe Schädigung gebremst und hierdurch die Last gehalten. Wenn nun
mittels einer schwachen Zugleine dieser an einem Hebel hängende Schwebekeil
gelüftet wird, so kann die Last nach Belieben niedergelassen werden.
Textabbildung Bd. 292, S. 150
Detroit's Flaschenzug.
Textabbildung Bd. 292, S. 150
Burton's Flaschenzugwinde.
Flaschenzugwinden mit Schneckentriebwerk.
Bemerkenswerthe Ausführungen von sogen. Schraubenflaschenzügen mit selbsthätiger
Hemmvorrichtung sind folgende:
C. W. Burton's Flaschenzugwinde, nach Engineering, 1893 Bd. 55 * S. 377, in Fig. 6 bis 8 dargestellt,
besitzt auf der Schneckenspindel H zwei auf
Längskeil gleitende Büchsen B und D, zwischen welchen ein Sperrad C durch Vermittelung einer Lederscheibe E geklemmt ist, während die Büchse als Spurzapfen
in dem Spurtopf A des Schildrahmens kreist. Da nun
beim Lastheben die Schnecke F im Rechtssinn kreist,
so wird der federnde Sperrkegel C (Fig. 7) sich über die
Sperrzähne von C heben und die Büchsen B und D ohne Reibung
frei mitlaufen können. Dagegen wird die treibende Last eine Drehung der
Schneckenspindel nach links veranlassen, an welcher das Sperrad C nicht theilnehmen kann, so dass zwischen den
Bordflächen dieses Sperrades C und jenen der beiden
Büchsen B und D eine
Verdrehung eintritt, welche unter der Einwirkung des axialen Druckes eine
genügende Reibung hervorruft, um die Last schwebend zu erhalten. Weil nun dieser
axiale Druck der Last stets verhältnissmässig wirkt, so ist dadurch eine
Sicherheit gegen unbeabsichtigtes Niedergehen der Last gegeben. Daher erfordert
das Niederlassen der Last eine der Rücklaufbewegung entsprechende Kraftäusserung
an der Handkette.
Textabbildung Bd. 292, S. 150Lüder's Flaschenzugwinde.Textabbildung Bd. 292, S. 150Fig. 14.Hillerscheid's Flaschenzugwinde.Lüder's Hemmvorrichtung für Flaschenzugwinden. Nach
Glaser's Annalen, 1893 Bd. 32 * S. 65, besteht
diese mit der Schneckenspindel a (Fig. 9 bis 13) verbundene
Hemmvorrichtung aus einer im feststehenden Spurtopf b lagernden Büchse c, an dessen
Bordfläche sich ein getheilter Bremsring d anlegt,
welcher durch den auf der Schneckenspindel a
aufgekeilten Keilnasenring e aus einander getrieben
und dessen Hälften in der Hauptsache an die innere Fläche des
darüber geschobenen Sperrades f gepresst werden.
Wenn nun durch die treibende Last die Schneckenspindel a und mit derselben der Keilnasenring e
nach links geschoben werden, so wird der mitlaufende Bremsring d an dem zurückgehaltenen Sperrad gleiten und die
zur Lasthemmung erforderliche Reibung hervorbringen, welche wieder der
Lastgrösse verhältnissmässig sein wird.
Hillerscheidt's Hebelbremslager für
Schraubenflaschenzugwinden. Im festen Spurtopf f (Fig. 14) ist eine Spurbüchse k eingelegt, in deren Bordrand ein federndes
Keilklötzchen l eingesetzt ist, welches beim
Lastheben in die Sperrzähne der Schneckenspindel einfällt und zurückgeschoben
wird. Beim Lastsenken treibt aber eben durch Vermittelung dieses Keilklötzchens
l die Schneckenspindel die Spurbüchse k im Rechtsdrehsinn. Weil aber ein durch den
Spurtopf gehender Bremsbacken m sich an die
kreisende Spurbüchse anlegt, so wird eine Bremswirkung hervorgerufen, welche der
Lastgrösse dadurch verhältnissmässig gemacht werden kann, indem man diesen
Bremsbacken durch einen Doppelhebel e bethätigt, an
dessen anderem Ende die Lastkette angehängt ist.
L. Paris' Flaschenzugwinde mit Schneckenradbetrieb für 30
t Tragkraft.
Um schwere Flaschenzugwindwerke auch für kleinere Lasten verwendbar zu machen,
wird von L. Paris et Cie. ein ausrückbares
Rädervorgelege eingeschaltet und ein doppelter Kettenantrieb (Fig. 15 bis 17) vorgesehen. Die
Ausrückung des Stirnradgetriebes a erfolgt durch
Verschiebung derselben mittels einer Gabel b, in
deren Auge c als Mutter eine kurze Schraubenspindel
d einsetzt, welche durch eine schwache
Handkette und Kettenscheibe e gedreht wird. Bei
eingerücktem Räderwerk a findet der Hebebetrieb
durch die Kettenscheibe f, bei kleiner Last oder
für den Senkbetrieb wird die kleinere Handkettenscheibe g, welche auf der Schneckenwelle gekeilt ist, bethätigt, das Räderwerk
aber vorher ausgerückt. Je nach der Tragkraft sind auf der Schneckenradwelle
Rollen h für ein-, zwei- oder dreifachen
Flaschenzug vorhanden.
Textabbildung Bd. 292, S. 151Fig. 15.Paris' Flaschenzugwinde. Die in Fig. 15 bis 17 nach Revue industrielle, 1893 Nr. 2 * S. 13,
dargestellte Flaschenzugwinde ist für 30 t Tragkraft bestimmt.
J. Speidel's Flaschenzug.
Die Triebwelle A mit der Handkettenscheibe B (Fig. 18) auf dem
einen und mit dem Zahngetriebe C auf dem anderen
Ende läuft in einer Büchse A, welche links als
Kugellager und rechts als Scheibe D
ausgebildet ist und die sich mittels ihres Aussenbordes auf eine untere, im
Schildauge vorgesehene Ledereinlage stützt und dadurch als Bremse herangezogen
wird, so dass diese Büchse A unter der Einwirkung
der niedergehenden Last zum Mitkreisen gezwungen wird. Vermittelt wird dies
durch das Getriebe C, welches an ihrer
Seitenscheibe vier einzelne Fächer besitzt, auf deren sperrzahnartig
ansteigenden Boden E vier Rollen F sich stützen, welche bei der rückläufigen
Bewegung des Getriebes C an die innere Bordfläche
der Scheibe gepresst wird, wodurch diese gleichfalls an der Rücklaufbewegung
theilnehmen muss.
Textabbildung Bd. 292, S. 151Paris' Flaschenzugwinde. Ueberdies läuft die obere Kettennusswelle in einem Kugellager des
linken Schildes und in einem freien Lager H,
welches sich auf den Aussenbord der Bremsscheibe D
stützt und in einem Schlitz des rechten Schildes geführt ist, während das auf
der Kettennusswelle gekeilte Hohlzahnrad G mit dem
Getriebe C am unteren Theil in Berührung steht.
Hiernach drückt das Lager H durch den halben
Lastantheil auf die Bremsscheibe D und hält die
Büchse A fest, so dass beim Hochwinden der Last die
Rollen F mit der Getriebsscheibe D ungehindert mitgehen.
Textabbildung Bd. 292, S. 151Fig. 18.Speidel's Flaschenzug. Hört aber der Hebebetrieb auf und werden ferner die auf B liegenden Handtriebketten freigelassen, so wird
die rücklaufende Last durch die Rollen F die
Bremsung besorgen. Niedergelassen kann die Last nur dadurch werden, dass man
mittels der beiden Triebkettentheile B gleichzeitig
eine Zugkraft ausübt, wodurch die Lagerbüchse A in
der Lothrechtebene gedreht und die Bremsscheibe D
von ihrem Ledersitz abgehoben wird. Dies bedingt jedoch gleichzeitig ein Heben
des Lager H, demgemäss eine nicht unbeträchtliche
Kraftanstrengung. (Industries, 1892 Bd. 12 * S.
244.)
W. A. Fey's Differentialflaschenzug.
Die tragende Kettentrume einer beweglichen Rollenflasche a (Fig.
19 und 20) gehen über zwei Kettenrollen b und c von ungleichem Durchmesser, welche von einander
unabhängig in der oberen festen Flasche um einen Zapfen kreisen. An der
Kettenrolle c ist ein Zahnrad d und an die Kettenrolle b ein Zahnrad e angesetzt. Jedes dieser
Zahnräder
d und e steht mit
je einem Zwischenrade f im Eingriff, welche beide
auf einem gemeinschaftlichen Bolzen neben einander laufen. In diese greift das
Doppelrad gh ein, und weil dieses letztere in
Verbindung mit den Zahnrädern d und e bezieh. mit den Kettenrollen b und e übersetzend
wirkt, so erklärt sich ohne weiteres der Hebebetrieb der beweglichen Flasche a mit dem Lasthaken.
Textabbildung Bd. 292, S. 152Fey's Differentialflaschenzug. Ist L die Länge des abgezogenen und l die Länge des auflaufenden Kettenstückes, so ist
bei einer beweglichen Rolle die Wegstrecke der Last:
s=\frac{1}{2}\,(L-l)=\frac{L}{2}\left(1-\frac{l}{L}\right)
Wenn nun die Rollendurchmesser c > b und die Zähnezahlen des Rades d > e, sowie diejenige
des Zahnrades g > h ist, und wenn ferner c, d und g zum System
des ablaufenden Kettenrades gehören, so wird:
L = 2 πc . n1
und
l = 2 πb . n2
sein. Nun wird in gleicher Weise, wenn n die Umlaufszahl des Doppelrades ist,
n2d = n1g
bezieh.
n1h = n1e
sein, woraus
n2d . h =
n1 . g .
e
bezieh.
n_2=\frac{e}{d}\,.\,\frac{g}{h}\,.\,n_1
folgt.
Wird dieser Werth n2
für die Umlaufszahl der Rolle b in das
Verhältniss
\frac{l}{L}=\frac{b}{c}\,.\,\frac{n_2}{n_1}
eingeführt, also
\frac{l}{L}=\frac{b}{c}\,.\,\frac{e}{d}\,.\,\frac{g}{h}
gemacht, so folgt daraus die Uebersetzung des gesammten
Triebwerkes.
Da ferner
o = Q . s – P . L
die Arbeitsgleichung zwischen Last und Kraft, also
Q . s = P . L
bezieh.
\frac{Q}{P}=\frac{L}{s}
die Kraftübersetzung ist, so folgt:
\frac{Q}{P}=2\,.\,\frac{L}{L-l}=2\,\frac{1}{\left(1-\frac{l}{L}\right)}
bezieh.
\frac{P}{Q}=\frac{1}{2}\,\left(1-\frac{l}{L}\right)}
oder
\frac{P}{Q}=\frac{1}{2}\,\left(1-\frac{b}{c}\,.\,\frac{e}{d}\,.\,\frac{g}{h}\right)
die geometrische Uebersetzung dieses
Differentialflaschenzuges. (Englisches Patent Nr. 113 vom 3. Januar 1891.)
Moore's Differentialflaschenzug.
Die Trieb welle g (Fig. 21 bis 25) mit der
Rillenscheibe h für die Handkette besitzt einen
mittleren Excenter i, auf welchem mittels
Reibungswalzen k ein Doppelzahnrad cd frei aufgesteckt ist. Auf Büchsen l der Triebwelle g
sind zwei Kettenscheiben e und f frei drehbar angebracht, an deren Seitenscheibe
je ein innerer Zahnkranz a (Fig. 24) und b (Fig. 22) angegossen
sind, die mit den Zahnrädern c und d im Eingriff stehen.
Weil nun die Lastkette derart über die Kettenscheiben e und f gelegt ist, dass die treibende
Last Q (Fig. 25) diese
beiden Scheiben zu einer gegensätzlichen Drehung zwingt, so würde diese durch
das Doppelrad cd vollständig verhindert werden,
sofern diese Räder c und d gleich gross wären oder wenn dieses ungleiche Doppelrad cd an einer Drehung nicht theilnehmen könnte. Da
aber die Triebwelle g mit dem mittleren Excenter
i durch Vermittelung der Handkettenscheibe h gedreht wird, dabei aber die Berührungsstelle c der Zähne von a und
c bezieh. von e
und d im Drehsinn weiter wandert, so hat dies auch
eine Drehung der Kettenscheiben e und f im Gefolge.
Textabbildung Bd. 292, S. 152Moore's Differentialflaschenzug. Bezeichnet a, c bezieh. b, d die Halbmesser oder die Zähnezahl der zusammen
arbeitenden Räder, so wird
ρ = a
– c = b – d
die Excentricität beider Radsysteme oder der Achsenbestand
beider Mittelpunkte sein.
Da nun c und d ein
festes Doppelrad ist und da ferner a und b mittelpunktsgemäss auf der Welle g, jedoch unabhängig von einander kreisen, so wird,
wenn n die Umlaufszahl des Doppelrades cd und n1 bezieh. n2 die Umlaufszahlen der Kettenräder a und b sind, folgende
Beziehung obwalten:
a . n1
= n . c
b . n2= n . d
bezieh.
n_1=\frac{c}{a}\,.\,n
und
n_2=\frac{d}{b}\,.\,n
sein. Daraus folgt:
n_2-n_1=n\,\left(\frac{d}{b}-\frac{c}{a}\right)
oder die Uebersetzung
\frac{n_2-n_1}{n}=\left(\frac{d}{b}-\frac{c}{a}\right)
Sind ferner r1 = r2 = r die Halbmesser der Kettenscheiben e und f gleich gross
und R der Halbmesser der Triebscheibe h für die Handkette, so wird
2\,\pi\,r\,(n_2-n_1)\,\frac{Q}{2}=2\,\pi\,R\,.\,n\,.\,P
oder
\left(\frac{n_2-n_1}{n}\right)\,.\,\frac{r}{R}=\frac{P}{Q}
die Uebersetzung sein.
Weil aber
\left(\frac{n_2-n_1}{n}\right)=\left(\frac{d}{b}-\frac{c}{a}\right)
ist, so wird
\frac{P}{Q}=\frac{r}{R}\,\left(\frac{d}{b}-\frac{c}{a}\right)
die geometrische Uebersetzung des gesammten Triebwerkes
sein.
Wären z.B. nach Fig.
21 bis 25
\frac{R}{r}=\frac{1}{2}
\frac{d}{b}=\frac{32}{38}
\frac{c}{a}=\frac{22}{28}
so folgte nach
\frac{P}{Q}=\frac{1}{2}\,\left(\frac{32}{38}-\frac{22}{14}\right)
\frac{P}{Q}=\frac{1}{2}\
\frac{1}{17,7}=\frac{1}{35,4}
als Uebersetzung dieses Flaschenzuges.
(Fortsetzung folgt.)