Titel: | Neuere Locomotiven. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 153 |
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Neuere Locomotiven.
Von Fr.
Freytag.
Mit Abbildungen.
Neuere Locomotiven.
Die Anforderungen; welche seit einer Reihe von Jahren in immer höherem Maasse an
Locomotiven in Bezug auf Beförderung schwerer Züge und gesteigerte Geschwindigkeit
derselben mit Rücksicht auf Verkehrs- und Terrainverhältnisse gestellt werden, sowie
die mitunter eigenartige Verwendung derselben auf Bahnen untergeordneter Bedeutung,
haben zu neuen Locomotivconstructionen geführt, über welche in dem Nachstehenden
berichtet werden soll.
Indem wir unsere Abhandlung mit den in den Vereinigten Staaten Nordamerikas erbauten
Locomotiven beginnen, erscheint es angezeigt, der auf der vorjährigen
Weltausstellung zu Chicago vertretenen Locomotiven dieses Landes etwas eingehender
Erwähnung zu thun, wennschon aus der grossen Anzahl derselben (von 64 ausgestellten
Locomotiven stammten 56 aus Nordamerika) nur einige charakteristische Vertreter des
modernen nordamerikanischen Locomotivbaues herausgegriffen werden können.
Amerikanische Locomotiven.
Die Bauart der in Chicago ausgestellten, wie überhaupt auf amerikanischen Bahnen
laufenden Locomotiven kennzeichnet sich durch eine nach europäischen Begriffen
ungewöhnliche Ausdehnung der Construction in der Längsrichtung, wobei zur Erzielung
eines ruhigen und gefahrlosen Ganges Drehgestelle angeordnet sind. Die Kessel liegen
sehr hoch und sind, um lange Strecken ohne Reinigung des Feuers durchfahren zu
können, in der Regel mit Schüttelrosten versehen. Die hölzernen, geräumigen
Führerhäuser haben zu beiden Seiten der Feuerbüchse gepolsterte Sitze und gestatten
dem Personal eine freie Aussicht auf die Bahn. Auf der verlängerten Rauchkammer ist
vor dem Schornsteine nur eine einzige grosse Laterne angebracht; ferner besitzt jede
Locomotive in Amerika eine Dampfpfeife mit tiefem Ton, eine Signalglocke auf dem
Langkessel und an dem vorderen Stossbalken den sogen. cow-catcher (Kuhfänger).
Die Bandagen sind in der Regel ohne besondere Befestigung auf die gusseisernen Radsterne gezogen, die Federgehänge mit
schneidenartigen Druckstücken versehen und die innen liegenden Steuerungen nach Stephenson mit offenen Stangen und Uebertragung der
Bewegung durch Zwischenwelle und Doppelhebel auf die aussen liegenden, meist
entlasteten Schieber angeordnet.
Als weitere gemeinsame Merkmale amerikanischer Locomotiven sind Dampfcylinder mit
angegossenem Quersattel und Verbindung in der Mitte, dünnwandige stählerne Kessel
und Feuerkisten, Regulatoren mit entlasteten Doppelsitzventilen, Tender mit
hufeisenförmigen Wasserbehältern auf zwei je zweiachsigen Drehgestellen zu
bezeichnen.
Schnellzuglocomotive Nr. 999 der New York
Central- und Hudson River-Eisenbahn.
Die Maschine, welche bei einer Versuchsfahrt auf ebener gerader Bahnstrecke zwischen
Buffalo und Rochester zum ersten Mal eine Höchstgeschwindigkeit von 100 engl. Meilen
(161 km) in der Stunde erreichte, ist von dem Maschinendirector der Bahn, William Buchanan in New York, entworfen und für die
Beförderung des „Empire State Express“-Zuges, welcher die 1580 km lange
Strecke New York-Chicago einschliesslich der Aufenthalte mit einer mittleren
Geschwindigkeit von 80 km in der Stunde durchfährt, in der Centralwerkstätte zu
West-Albany im J. 1893 erbaut worden.
Die Anordnung der Maschine veranschaulicht Le Génie
Civil vom 18. November 1893 durch eine ausführliche Abbildung. Der Kessel
für 13 at Ueberdruck mit überhöhter, runder Feuerbüchse ruht auf einem Wagen mit
vorderem zweiachsigen Drehgestell und zwei hinteren Treibachsen; seine Mitte liegt
2730 mm über Schienenoberkante. Die Feuerbüchse mit aufgehängten Querdeckenbarren
ist mit einem Sieder versehen, welcher den ganzen Feuerraum in der Längs- und
Querrichtung einnimmt, wobei eine Oeffnung von 485 mm Länge und 660 mm Breite die
Verbindung der oberen und unteren Feuerbüchsräume herstellt.
Das Dienstgewicht der Locomotive beträgt rund 56 t; hiervon entfallen auf jede der
gekuppelten Achsen 19 t, so dass 18 t für das Drehgestell übrig bleiben; letzteres
ist mit fester Drehpfanne construirt, kann also nur eine wagerechte Drehbewegung in
der Längsmittelebene der Locomotive ausführen.
Der Tender ist mit einer Vorrichtung, System Ramsbottom, versehen, um während der Fahrt Wasser aus zwischen den
Schienen liegenden Kanälen einnehmen zu können, und ruht auf zwei vierräderigen
Drehgestellen von je 1346 mm Achsstand; sein Dienstgewicht mit 16,3 cbm Wasser und 6
t Kohle beträgt 36 t.
Die Hauptverhältnisse der Locomotive sind folgende:
Cylinderdurchmesser
483
mm
Kolbenhub
610
mm
Treibraddurchmesser
2184
mm
Drehgestellraddurchmesser
1016
mm
Heizfläche der Feuerbüchse
21,6
qm
Heizfläche der Siederöhren
157,9
qm
Gesammte Heizfläche
179,5
qm
Rostfläche
2,85
qm
Anzahl der Siederöhren
268
Durchmesser
51
mm
Länge
3650
mm
Schnellzuglocomotive der Philadelphia-
und Reading-Bahn.
Die von den Baldwin-Locomotw-Werken in Philadelphia
erbaute, mit Verbundwirkung arbeitende Locomotive besitzt nach der in Cassier's Magazine, 1893 Bd. 4 Nr. 20, gegebenen
Abbildung ein eigenartiges Aussehen insofern, als das Führerhaus wegen der
ungewöhnlich breiten Feuerbüchse (System Wootten) nicht
wie gewöhnlich an das Ende des Kessels, sondern ungefähr in Mitten desselben vor die Feuerbüchse gelegt ist; hierdurch wird die
Beschickung des Rostes durch den Heizer äusserst unbequem, da derselbe zu dem Zwecke
jedesmal vom Führerstande auf ein längs der Feuerkiste angebrachtes Laufbrett
hinauf- und, um auf die Plattform des Tenders gelangen zu können, drei Stufen an der
Feuerbüchsrückwand wieder hinuntersteigen muss. Wennschon das Beschicken der
bedeutenden Rostfläche mittels Anthracit innerhalb ziemlich grosser Zeiträume
geschehen kann, so dürfte die Anordnung in Bezug auf Betriebssicherheit doch
keinesfalls als nachahmenswerth zu bezeichnen sein.
Der Kessel aus Stahlblech ruht auf einem Wagen mit zwei gekuppelten Achsen unter dem
Langkessel, einer festen Laufachse unter der Feuerbüchse und einem vorderen
einachsigen Bissel-Drehgestell mit cylindrischem Drehzapfen; er enthält 324 vom
Kesselwasser durchströmte Siederöhren von 38 mm äusserem Durchmesser und 3050 mm
Länge.
Die Locomotive hat vier Cylinder nach dem System Vauclain (1893 287 * 26) mit einem einzigen
Kolbenschieber für die beiden Cylinder jeder Maschinenseite. Diese Construction
leidet, wie Brückmann in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1894 S. 318, mit Recht
hervorhebt, an dem Uebelstande, dass die Dampfvertheilung für alle Füllungsgrade nie
gleich vortheilhaft ausfallen kann und ferner die Kolbendrücke der beiden Cylinder
einer Maschinenseite nur für die höchsten Expansionsgrade einander gleich sind; je
grösser die Füllungen, um so ungleicher werden sie. Hieraus ergibt sich beim
Anfahren, wo der Unterschied zwischen den Kolbendrücken am grössten, eine
gefahrvolle Beanspruchung des Kreuzkopfes und der Kolbenstangen auf Biegung, weshalb
diese Theile unverhältnissmässige Abmessungen erhalten müssen, um etwaigen Brüchen
der Kolbenstangen u.s.w. vorzubeugen. Wir bemerkten bereits früher, dass wohl
hauptsächlich das Verlangen nach einer eigenartigen Bauart die Firma zur
Construction der viercylindrigen Locomotive, System Vauclain, veranlasste, wennschon damit erreicht wird, dass die
Arbeitsleistung beider Maschinenseiten gewöhnlichen Verbundlocomotiven
gegenüber nahezu dieselbe ist.
Der Tender für 15¼ cbm Wasser und 6 t Kohlen ruht auf zwei zweiachsigen Drehgestellen
mit je 1626 mm Radstand und ist mit einer Schöpfvorrichtung versehen. Behufs Kühlung
der Achsschenkel bei einem etwaigen Heisslaufen ist eine mit dem hufeisenförmigen
Wasserkasten in Verbindung stehende Rohrleitung angebracht, von welcher Schläuche zu
den einzelnen Achsbüchsen führen.
Die Hauptverhältnisse der Locomotive sind folgende:
Durchmesser der Dampfcylinder
330559
mmmm
Kolbenhub
610
mm
Treibraddurchmesser
1980
mm
Laufraddurchmesser
1210
mm
Tenderraddurchmesser
915
mm
Kesselüberdruck
12
at
Heizfläche der Feuerbüchse
16,07 qm
„ „ Siederöhren
102,48 qm
–––––––––
Gesammtheizfläche
118,55
qm
Rostfläche
7,06
qm
Dienstgewicht der Locomotive
58,8
t
„ des Tenders
36,6
t
Die Locomotive ist mit der Westinghouse-Bremse ausgerüstet, welche mit je zwei
Bremsklötzen auf die beiden Treibachsen wirkt, und ausser sonstigem Zubehör mit zwei
Manometern, eines im Führerstande, das andere hinten auf der Feuerbüchsdecke,
versehen.
Schnellzuglocomotive Nr. 385 der Central
Railroad von New Jersey.
Die Maschine, System Vauclain, hat Cylinder von 330
bezieh. 559 mm Durchmesser für 610 mm Kolbenhub, zwei Treibachsen mit Rädern von je
1,980 m Durchmesser, deren Abstand 2,286 m beträgt, und ein vorderes zweiachsiges
Drehgestell, so dass der Gesammtradstand 6,795 m ausmacht. Der Kessel von 1473 mm
Durchmesser für 12,65 at Ueberdruck hat 250 Rohre von 51 mm Durchmesser und 3,6 m
Länge. Das Dienstgewicht der Maschine beträgt 56,15 t, von denen 40,1 t auf die
Treibachsen kommen. Der Tender fasst ungefähr 16 cbm Wasser.
Ueber eine bemerkenswerthe Versuchsfahrt, welche am 18. November 1892 mit dieser
Locomotive von Philadelphia nach Jersey City stattfand, berichtet Cassier's Magazine, 1893 Bd. 4 Nr. 19. Es betrug das
Gewicht des gesammten Trains 142 t, das Gewicht von Locomotive und Tender zusammen
103 t. Philadelphia wurde 5 Uhr 15 Min. Vormittags verlassen und der Zug erreichte
mit einer Geschwindigkeit von 64,4 km in der Stunde 5 Uhr 26 Min. die Station Wayne
Junction, um nach einem Aufenthalte von 3 Minuten die 136,8 km lange Strecke bis
Jersey City zu durchfahren. Bei Tabor Junction verringerte sich die Geschwindigkeit
des Zuges und nahm bis Jenkintown noch weiter ab. Die Steigung beträgt hier 1 : 68,
trotzdem wurden 8,05 km in 4 Minuten (?), entsprechend einer Geschwindigkeit von
120,75 km in der Stunde zurückgelegt. Nach Langhorne, 20,93 km entfernt, beträgt die
planmässige Fahrzeit 14 Minuten (90 km in der Stunde), doch wurden 1,61 km in 44
Secunden, entsprechend einer Geschwindigkeit von 132 km in der Stunde, durchfahren.
Von Somerton nach Parkland lief der Zug mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit
von 141 km, nach Langhorne mit einer solchen von 148 km und von Plainfield nach
Jersey City mit einer Geschwindigkeit von 156,17 km in der Stunde. Diese bedeutenden
Geschwindigkeiten weichen nicht viel von denjenigen ab, welche mit der vorerwähnten
Schnellzuglocomotive Nr. 999 der New York- und Hudson River-Bahn erreicht wurden,
und gehören jedenfalls wie diese zu den bedeutendsten Leistungen amerikanischer
Locomotiven.
Auch zur Beförderung der Schnellzüge der sogen. Royal Blue Line auf der 361 km langen
Strecke von Jersey City nach Washington, aus Theilstrecken der Baltimore- und Ohio-,
der Philadelphia- und Reading-Bahnen und der Centralbahn von New Jersey
zusammengesetzt, finden Locomotiven der vorerwähnten Construction Verwendung;
dieselben brauchen einschliesslich der Ueberfahrt mittels Dampffähre von New York
nach Jersey City eine Fahrzeit von 5 Stunden, wie dies der folgende Fahrplan
erkennen lässt:
Abfahrt
New York
11
Uhr
30
Min.
Vormittag
„
Jersey City
11
„
42
„
„
Elizabeth
11
„
58
„
„
„
Wayne Junction
1
„
20
„
Nachmittag
„
Philadelphia
1
„
35
„
„
„
Wil'ington
2
„
5
„
„
„
Baltimore
3
„
45
„
„
Ankunft
Washington
4
„
30
„
„
Die durchschnittliche Geschwindigkeit einschliesslich sechsmaligen Anhaltens und
anderer Verzögerungen auf der Strecke beträgt 72,4 km in der Stunde; um die
Zeitversäumnisse wieder einzuholen, fährt der Zug auf den bestgelegenen Strecken der
Bahn mit einer Geschwindigkeit von mehr als 96 km in der Stunde.
Weitere Hauptverhältnisse der Locomotive sind noch folgende:
Rostfläche
3,586
qm
Gesammtheizfläche (innere)
143,22
qm
Volumenverhältniss der Cylinder
1 : 2,86
Schnellzuglocomotive „Columbia“
der Baldwin Locomotive Works in Philadelphia.
Die Maschine (Fabriknummer 13350) mit zwei mittleren Treibachsen, vorderer Bissel-
und hinterer fester Laufachse ist für grosse Geschwindigkeiten erbaut; ihre Treib-
und Laufräder besitzen schmiedeeiserne Radsterne – erstere einen Durchmesser von
2,140 m, letztere einen solchen von 1,380 m im Laufkreis.
Die Bauart hat gegenüber der sonst in Amerika üblichen mit vorderem zweiachsigen
Drehgestell den Vortheil, dass die Feuerkiste, weil keine Kuppelachse darunter
liegt, tief genug hergestellt werden kann.
Die Federn der vorderen Laufachse sind mit denjenigen der Kuppelachse durch einen
mittleren Langhebel und einen Querhebel, die Federn der Treib- und hinteren
Laufachse durch zwei seitliche Langhebel verbunden, so dass Unterstützung in drei
Punkten stattfindet, welche in der Längsrichtung möglichst weit aus einander
liegen.
Der für 12 at Ueberdruck aus Stahlblechen hergestellte Kessel hat eine verlängerte
Rauchkammer, eine sehr kurze, aber tiefe, nicht überhöhte flusseiserne Feuerbüchse
mit 11,92 qm Heizfläche, 198 eiserne Siederohre von 50,8 mm äusserem Durchmesser und
4117 mm freier Länge, entsprechend einer Rohrheizfläche von 112,3 qm, so dass sich
eine Gesammtheizfläche von 124,22 qm ergibt. Der Rost ist ein Schüttelrost mit 2,30
qm Fläche.
Die Dampfwirkung geschieht in je zwei Doppelcylindern, System Vauclain, von 330 bezieh. 559 mm Durchmesser für 660 mm Kolbenhub.
Weitere Hauptabmessungen von Locomotive und Tender sind folgende:
Dienstgewicht der Locomotive
57,495
t
„ des Tenders
35,630
t
Wasservorrath
13,645
t
Kohlenvorrath
6,800
t
Tenderraddurchmesser
927
mm
Die Locomotive ist mit der Luftdruckbremse der American Brake
Co., der Tender mit derjenigen der Westinghouse Air
Brake Co. versehen. Die Luftpumpe für beide Bremsen findet sich an der
rechten Seite der Feuerbüchse angeordnet.
Verbundlocomotive der Ball Compound
Locomotive Co. in New York.
Um das Anbringen von Gegengewichten in den Treibrädern zur Ausgleichung der bewegten
Massen bezieh. die damit verbundenen Uebelstände zu vermeiden, ordnet C. A. Ball nach Mittheilungen in American Machinist vom 9. Februar 1893 S. 9 die beiden
Cylinder jeder Maschinenseite derart an, dass sich, ähnlich wie bei einer
stationären Zwillingsmaschine mit um 180° gegenseitig versetzten Kurbeln, die
Gewichte der zu jedem Cylinder gehörigen, in Bewegung befindlichen Theile
ausgleichen.
Hoch- und Niederdruckcylinder jeder Maschinenseite haben 330 bezieh. 584 mm
Durchmesser und 610 mm Kolbenhub. Die Niederdruckcylinder sind möglichst nahe an den
Rahmen gelegt, während die Hochdruckcylinder so weit nach aussen verschoben sind,
dass die Kolbenstangen der Niederdruckcylinder noch eben vorbeigehen. Die
Niederdruckkolben sind aus Stahl und möglichst leicht gefertigt, während die
Hochdruckkolben aus Gusseisen bestehen, und zwar sind dieselben derartig bemessen,
dass sie sammt Stangen ebenso schwer ausfallen wie die entsprechenden Theile der
Hochdruckcylinder. Besondere Führungen, Kreuzköpfe, Pleuel- und Kuppelstangen sind
für jeden Cylinder vorgesehen, und die Kolben der Niederdruckcylinder mit den
unmittelbar an den Treibrädern liegenden eingepressten und verkeilten Kurbelzapfen
verbunden, deren Durchmesser gleich demjenigen der zugehörigen Achse gewählt sind;
jeder dieser Zapfen ist mit einer Gegengewichtskurbel zusammengeschmiedet, an deren
Zapfen die zu den Hochdruckcylindern gehörigen Pleuel- bezieh. Kuppelstangen
angreifen.
Die in einem gemeinschaftlichen Kasten untergebrachten Schieber regeln die Ein- und
Ausströmung des Dampfes in der Weise, dass sich der Hochdruckkolben in
entgegengesetzter Richtung zu derjenigen des Niederdruckkolbens bewegt, somit ein
vollkommenes Ausgleichen der in Bewegung befindlichen Theile beider Cylinder jeder
Maschinenseite stattfindet. Zur Steuerung der Hochdruckcylinder dienen
Kolbenschieber, welche sich ohne Packungsringe dampfdicht in Büchsen der zugehörigen
Gehäuse führen. Geringe Dampfverluste in Folge Undichtigkeit sind ohne Bedeutung,
weil etwaiger durchtretender Dampf in den Niederdruckcylinder strömt. Die
ringförmige Aussparung jedes Hochdruckschiebers, durch welche bei gewöhnlichen
Maschinen der austretende Dampf entweicht, dient hier zur Dampfeinströmung und es
regeln die äusseren Schieberkanten die Ausströmung des Dampfes.
Die Steuerung der Niederdruckcylinder übernehmen gewöhnliche entlastete
Muschelschieber, welche die Ein- und Ausströmung des Dampfes in der gewöhnlichen
Weise regeln. Die Schieberstangen jeder Maschinenseite sind mit einem doppelarmigen
Hebel verbunden, dessen unterer Arm von der Coulisse bethätigt wird.
Die Ein- und Ausströmrohre liegen wie gewöhnlich in der Rauchkammer, nur sind
die letzteren weiter nach vorn verlegt, damit die abziehenden Gase bequem in den
Schornstein gelangen können und ein kräftiger Zug entsteht.
Ein Anfahrventil, welches auch, wenn der Dampf abgeschnitten ist und die Maschine
sich in Bewegung befindet, als Absperrventil wirkt, steht mit dem zu dem
Hochdruckcylinder jeder Maschinenseite führenden Dampfeinströmrohr in Verbindung.
Das Ventil liegt ausserhalb der Rauchkammer, kommt deshalb weder mit Aschentheilchen
in Berührung, noch ist es zu grosser Wärme ausgesetzt. Beide Ventile werden von dem
Umsteuerungshebel derart bethätigt, dass die Maschine wie eise gewöhnliche
Locomotive mit einfacher Expansion des Arbeitsdampfes arbeitet, wenn der Hebel voll
ausliegt, und mit Verbundwirkung, wenn die Coulissen entsprechend einer Füllung von
¾ des Kolbenhubes eingestellt sind. Im ersteren Falle übertragen die Hochdruckkolben
keine Arbeit, da sich der Druck des Dampfes, welcher auf ihre beiderseitigen
Endflächen ausgeübt wird, nahezu ausgleicht, während die Niederdruckkolben ebenfalls
den vollen Kesseldruck erhalten, indem ihnen Dampf durch die geöffneten
Anfahrventile zuströmt. Sowie die Coulissen in die vorgenannte Lage gebracht sind,
übernehmen die Hochdruckkolben wieder ihren Antheil an der zu leistenden Arbeit,
d.h. es findet eine zweimalige Expansion des Dampfes statt.
Die Locomotive ruht auf zwei Treibachsen und einem vorderen zweiachsigen Drehgestell;
erstere sind mit ungefähr 37,2 t belastet. Der Durchmesser der Treibräder beträgt
2134 mm.
⅗ – gekuppelte
Verbund-Personenzuglocomotive der Chicago-Milwaukee- und St.
Paul-Eisenbahn.
Die von den Rhode Island Locomotive Works in Providence
erbaute Locomotive wurde nach Mittheilungen in dem Organ für
die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1893, zu dem Zwecke gebaut, um
schwere Personenzüge mit grosser Geschwindigkeit unter möglichster Schonung des
Oberbaues über eine mit leichten Schienen gebaute Bahn zu führen. Diesem Zwecke
entsprechend ist das Gewicht von 40,2 t auf drei Treibachsen vertheilt, während das
vordere zweiachsige Drehgestell 16,6 t und die hintere Laufachse 8,2 t trägt.
Die Maschine arbeitet mit Verbundwirkung in zwei Cylindern und ist mit der
selbsthätigen Anfahrvorrichtung der Rhode Island Works
(1893 287 49) versehen, welche die Zufuhr directen
Kesseldampfes in beide Cylinder beim Anfahren gestattet und, sobald ein bestimmter
Dampfdruck im Zwischenbehälter erreicht ist, selbsthätig umsteuert, so dass dann die
Maschine ohne Zuthun des Führers mit Verbundwirkung arbeitet. Am Zwischenbehälter
war bei dieser Locomotive gegenüber früheren Ausführungen noch ein Ventil
angebracht, durch welches der aus dem Hochdruckcylinder austretende Dampf in das
Blasrohr geleitet werden kann, so dass die Maschine auch dauernd mit
Zwillingswirkung zu arbeiten im Stande ist.
Die Hauptabmessungen sind folgende:
Durchmesser der Dampfcylinder
532786
mmmm
Kolbenhub
660
mm
Treibraddurchmesser
1980
mm
Dampfüberdruck
13,6
at
Heizfläche
160
qm
Rostfläche
2,6
qm
Dienstgewicht
65
t
Die Leistungsfähigkeit der Locomotive ist selbst für amerikanische Verhältnisse
eine ungewöhnlich grosse.
Güterzuglocomotive der Great
Northern-Eisenbahn.
Die Locomotive wurde nach The Engineer vom 22. September
1893 S. 279 von den Brooks-Locomotivwerken in Dunkirk,
N. Y., erbaut, einer Fabrik, die zur Zeit jährlich 300 Locomotiven fertigstellt.
(Die Firma hatte ausser dieser Maschine noch drei leichtere Güterzuglocomotiven der
sogen. Mogul-Gattung mit je 53 t Dienstgewicht, drei gekuppelten Achsen und vorderem
einachsigen Bisseldrehgestell, vier Personenzuglocomotiven, davon zwei nach dem
Verbundsystem mit zwei bezieh. vier Cylindern, und eine Locomotive für
Verschiebedienst in Chicago ausgestellt.)
Die Locomotive, die zweitgrösste der Ausstellung, mit vier gekuppelten Achsen, sowie
vorderem zweiachsigen Drehgestell besitzt Cylinder von je 508 mm Durchmesser für 660
mm Kolbenhub, Kreuzköpfe und Kolbenstangen aus Stahl, Treib- und Kuppelstangen aus
Schmiedeeisen mit ⌶-förmigem Querschnitt, erstere am
Kurbelzapfen 133, am Kreuzkopfe 121 mm hoch bei 76 mm Flanschenbreite, letztere 127
× 38 bezieh. 102 × 38 mm. Das Dienstgewicht der Locomotive beträgt 69,5 t.
Die Dampfvertheilung erfolgt durch Stephenson'sche
Coulissensteuerung und entlastete Richardson-Vertheilungsschieber mit doppelter
Einströmung. Die Treibräder haben 1397 mm Durchmesser im Laufkreis; sie bestehen aus
gusseisernen Radsternen von je 1219 mm Durchmesser mit aufgezogenen Stahlreifen von
Krupp, und zwar tragen, damit sich die Locomotive
in Curven bewegen kann, die ersten und dritten gekuppelten Räderpaare flache, sowie
um 25,4 mm breitere Reifen als die übrigen mit Spurkränzen versehenen Räder. Die
Achsen von 197 mm Durchmesser bestehen aus Stahl. Die Scheibenräder des
Drehgestelles mit fester Drehpfanne haben 762 mm Durchmesser; der Radstand beträgt
1778 mm. Von den 69,5 t Dienstgewicht kommen 60 t gleichmässig vertheilt auf die
Treibachsen, deren sämmtliche Räder mittels Luftbremse der New York Air Brake Co. gebremst werden können.
Der Kessel, System Belpaire, ist aus Stahlblechen für
einen Arbeitsdruck von 12,65 at (180 Pfund) gebaut; sein cylindrischer Theil enthält
250 Rohre von 57 mm äusserem Durchmesser, 81 mm Theilung und 4222 mm Länge. Die
innere Feuerbüchse von 2,895 m Länge und 813 mm Breite ist ebenfalls aus Stahl
gefertigt. Die Mitte des Kessels liegt 2,451, der Schornstein 4,572 m über
Schienenoberkante.
Schleppbahnlocomotive der Lima Locomotive
and Machine Co. in Lima (Ohio).
Die von E. Shay erfundene Locomotive wurde zum Zwecke
eines bequemen und schnellen Fortschaffens der in grösseren Waldgebieten gefällten
Baumstämme nach den in der Nähe der Ansiedelungen gelegenen Sägemühlen erbaut, kann
jedoch, nachdem die ursprüngliche Construction eine Reihe nennenswerther
Verbesserungen erfahren, überall da vortheilhaft benutzt werden, wo es sich um
Bahnen mit bedeutenden Steigungen (bis 1 : 10) und starken Krümmungen (bis 15 m
Radius) handelt, auf deren Verlegung unter Umständen nur geringe Sorgfalt verwendet
wurde. Die in Chicago ausgestellte Locomotive, System Shay, zeigte die Fabriknummer 450 und soll ein Dienstgewicht von ungefähr
36,3 t besitzen.
Wie die dem illustrirten Catalog der Erbauerin entnommene Abbildung (Fig. 1) erkennen lässt, ruht die Locomotive sammt
Tender auf zwei durchgehenden ⌶-förmigen Längsträgern,
welche von zwei kleinen, ziemlich weit auseinander liegenden zweiachsigen
Drehgestellen, das eine unter dem Tender, das andere unter dem Vordertheil des
Kessels, gestützt werden. Zwischen Kessel und Tender ist der Führerstand angeordnet.
Das Eigenthümliche der Construction liegt darin, dass die Räder beider Drehgestelle
nur einseitig, und zwar nicht direct mittels Kurbel und Pleuelstange, sondern
mittels eines Kegelradgetriebes in Umdrehung versetzt werden. Zu dem Zwecke ist an
der rechten Seite der Locomotive in Höhe der Radachsen, aber senkrecht zu diesen,
eine aus mehreren gelenkig mit einander verbundenen Theilen zusammengesetzte
Treibachse angeordnet, welche von drei darüber liegenden, nahezu senkrecht
stehenden, an der Feuerbüchswand befestigten Dampfcylindern in üblicher Weise
bethätigt wird. Die Kröpfungen der Treibachse oder Kurbelwelle sind um 60° gegen
einander versetzt. Auf den der Welle zugekehrten Enden der Radachsen sind Kegelräder
aufgekeilt, welche mit vier auf der Treibachse aufgekeilten Kegelrädern in Eingriff
stehen.
Textabbildung Bd. 292, S. 157Fig. 1.Schleppbahnlocomotive in Lima. Die gebohrten Kreuzkopfführungen sind mit den ebenfalls aus einem Stück
bestehenden Dampfcylindern zusammengegossen und behufs gegenseitiger Absteifung
durch eine am Längsträger befestigte gusseiserne Traverse mit einander verbunden.
Unterhalb des Längsträgers befinden sich vier Lager für die Kurbelwelle, von denen
drei mit den Gleitbahnen aus einem Stück hergestellt sind, während das vierte Lager
einfach am Träger befestigt ist. Sämmtliche vier Lager sind ausserdem mittels eines
vierarmigen Consolstückes sowohl unter sich, als auch mit dem Längsträger verbunden.
Zur Steuerung dienen gewöhnliche Schieber, welche durch Excenter und Excenterstangen
von der Kurbelwelle aus bethätigt werden. Zur Aenderung der Expansion bezieh.
Umsteuerung ist oberhalb der Kurbelwelle und parallel zu dieser eine Hilfswelle
angeordnet, welche in drei an den Kreuzkopfführungen angebrachten Lagern liegt und
vom Führerstande aus entsprechend verdreht werden kann.
Kessel sowie Feuerbüchse sind aus Stahlblechen zusammengebaut und letztere für
Holzfeuerung eingerichtet.
Die Hauptabmessungen der Locomotive sind folgende:
Spurweite
1,435
m
Kesseldurchmesser
1,118
m
Anzahl der Siederohre
106
Durchmesser der Siederohre
0,051
m
Länge „ „
2,438
m
Länge der Feuerbüchse
1,854
m
Breite „ „
1,016
m
Höhe „ „
1,321
m
Durchmesser der Cylinder
0,279
m
Kolbenhub
0,305
m
Durchmesser der Räder
0,813
m
Umsetzungsverhältniss der Kegelräder
19 : 42
Radstand der Drehgestelle
1,321
m
Gesammter Radstand
8,330
m
Gesammtlänge der Locomotive mit Tender
11,890
m
Wasservorrath
8,180
cbm
Kohlenvorrath
3,050
t
Die Locomotiven werden für 10 t bis 92 t Dienstgewicht gebaut.
Zahnradlocomotive der Manitou- und Pike's
Peak-Eisenbahn.
Wir brachten 1892 284 108 kurze Mittheilungen über eine
von den Baldwin Locomotive Works in Philadelphia
erbaute Zahnradlocomotive, System Abt (1886 266 * 489), für die im Herbst 1890 eröffnete Manitou- und
Pike's-Eisenbahn, Colorado. Diese Maschine zeigte nach Industries vom 30. September 1893 S. 320 den Uebelstand, dass sich
schaukelnde Längsbewegungen derselben in einer für die Passagiere höchst
unangenehmen Weise auf den Zug übertrugen. Dies soll eine Folge der angeordneten
Uebertragung der Maschinenkraft auf die mit den Zahnstangen in Eingriff stehender
Getriebe sein, von denen die hinteren von den Kolben der Zahnradmaschine durch eine
Vorgelegswelle direct bethätigt werden, während dies bei den vorderen Getrieben
durch Kuppelstangen von der genannten Vorgelegewelle aus, welche auf eine zweite
Antriebswelle arbeiten, geschieht. Die hinteren Getriebe haben während der Bergfahrt
den grösseren Theil der Torsionskraft auf i die Zahnstangen zu übertragen, während
die vorderen Getriebe eigentlich nur beim Bremsen zur Wirkung kommen.
Die neuere Locomotive soll die genannten Uebelstände beseitigen; sie arbeitet mit
vier Cylindern nach dem System Vauclain und ruht auf
sechs Rädern, von denen die beiden hinteren sich den Curven entsprechend einstellen
können. Die Pleuelstangen beider Maschinenseiten bethätigen je einen, mit seinem
unteren Ende drehbar am Längsrahmen befestigten Hebel, von welchem je eine
Lenkstange zu aussen liegenden Kurbeln der vorderen Treibachse führt; diese ist dann
durch Kuppelstangen mit der hinteren Treibachse verbunden.
Der Kessel liegt, um ihn auf den Steigungen möglichst wagerecht zu halten, auf der
Horizontalen um einen Winkel von ungefähr 10° gegen die Richtung der Schienen
geneigt; er hat 1181 mm Durchmesser und enthält 158 Rohre von 38 mm Durchmesser und
2210 mm Länge.
Die Feuerbüchse ist 934 mm lang und 1305 mm breit; die aussen liegenden Rahmen
gestatten diese ungewöhnliche Breite.
Das mitzuführende Wasser befindet sich in zwei seitlich am Langkessel liegenden
Kästen, von denen jeder 910 l fasst; der Kohlenvorrath ist in einem Behälter hinter
dem Führerstande untergebracht. Der gesammte Radstand beträgt 3370 mm, das
Dienstgewicht der Locomotive 20,8 t; von diesem kommen ungefähr 15 t auf die beiden
Treibachsen.
Der Hochdruckcylinder besitzt 229, der Niederdruckcylinder 381 mm Durchmesser für 559
mm gemeinschaftlichen Kolbenhub.
Die auf den Mitten der Treibachsen sitzenden, mit der Zahnstange in Eingriff
stehenden Treibräder haben einen Theilkreisdurchmesser von 648 mm. Die Spurweite ist
die normale von 1435 mm.
Im Anschlusse an die amerikanischen Locomotiven mag noch der von der Leslie Brothers Manufacturing Co. in Paterson, N. J.,
in Chicago ausgestellte Schneepflug für Eisenbahnen kurze Erwähnung finden.
Derselbe ähnelt äusserlich einem Personenwagen, vor dessen einer Stirnwand ein
Schneeschaufelrad von 2,96 m Durchmesser in einem Blechkasten untergebracht ist. Das
Schaufelrad besteht aus einer gusseisernen Nabe mit zwölf festen, radial gestellten
Förderschaufeln und ebensoviel Greifschaufeln; letztere sind an den Vorderkanten der
festen Schaufeln behufs selbsthätiger Einstellung um Achsen drehbar, von denen sechs
bis zur konischen Spitze der Nabe geführt und mit derselben durch Schrauben
beweglich verbunden, die übrigen an einem Ringe drehbar gelagert sind, der durch
kräftige Rippen mit dem Nabenvordertheile in starrer Verbindung steht.
Damit das Schaufelrad die Fahrbahn in genügender Breite reinige, ist das unmittelbar
über den Schienen schleifende untere Stück des Kastens mit entsprechend gestalteten
Fortsätzen versehen. Ueber einer oberen Oeffnung, durch welche der Schnee
hinausgeschleudert wird, befindet sich ein schieberartiges Leitblech, welches durch
zwei Arme in einem gewissen Abstande von einer wagerechten Drehachse gehalten wird,
auf der ein Stirnrad sitzt, welches von einem Handrade im Wageninneren aus mittels
eines zweiten Stirnrades bethätigt werden kann. Durch Verstellen des Leitbleches
lässt sich die Wurfweite der Maschine reguliren.
Die Radwelle ist in einem Drucklager von 209 mm Durchmesser bei 1015 mm Länge geführt
und trägt ausser der zweitheiligen Nabe des Schaufelrades ein konisches Rad, welches
mit einem ebensolchen von kleinerem Durchmesser auf einer Zwischenwelle in Eingriff
steht; letztere wird von einer Zwillingsdampfmaschine in Rotation versetzt, deren
Construction ähnlich einer Locomotivdampfmaschine ist. Der nöthige Dampf wird in
einem Kessel erzeugt, dessen Gestalt ebenfalls derjenigen eines Locomotivkessels,
System Belpaire, entspricht.
Einige Hauptabmessungen von Kessel und Maschine finden sich nachstehend:
Durchmesser des Kessels
1370
mm
Blechstärke
12
mm
Länge der Feuerbüchse (Stahl)
2340
mm
Breite „ „
1170
mm
Anzahl der eisernen Röhren
171
Aeusserer Durchmesser der Röhren
51
mm
Länge der Röhren
2990
mm
Anzahl der Dampfcylinder
2
Gemeinsamer Durchmesser derselben
432
mm
„ Kolbenhub
559
mm
Englische Locomotiven.
Schnellzuglocomotive von B. und W.
Hawthorn Leslie und Co. in Newcastle.
Die in Chicago ausgestellte, von F. C. Winby, dem
Theilhaber der grossen englischen Bauunternehmerfirma Westwood und Winby, entworfene Locomotive „James Toleman“ ist
hauptsächlich dazu bestimmt, ziemlich schwere Züge mit einer grossen mittleren
Geschwindigkeit zu befördern. Um dies zu erreichen, war es nach Le Génie Civil vor allem nothwendig, der Locomotive
eine sehr grosse Rostfläche zu geben. Da jedoch eine Vergrösserung der Feuerbüchse
nur nach der Längsrichtung möglich, musste man, um den Kuppelstangen der beiden
Treibräder nicht eine zu bedeutende Länge zu geben, von einer Kuppelung der Räder
absehen. Damit jedoch die Locomotive die erforderliche Adhäsion besitzt, wird jede
Treibachse durch ein besonderes Dampfcylinderpaar bethätigt, so dass zwei Innen- und
zwei Aussencylinder vorhanden sind; erstere wirken auf die vordere, doppelt
gekröpfte, letztere auf die hintere Treibachse.
Der Kessel ist nach einer besonderen Type construirt; er hat eine Heizfläche von
185,66 und eine Rostfläche von 2,6 qm. Um die 235 Rohre von je 50 mm Durchmesser gut
unterbringen zu können, erhielt der Langkessel nicht die gewöhnliche cylindrische
Form, welche in diesem Falle einen sehr grossen Durchmesser erfordert hätte, sondern
einen Querschnitt, der aus zwei gegenüberliegenden maurischen Bögen combinirt
erscheint und zwischen den Rädern bequem Platz findet. Die beiden Bögen sind durch
starke Bänder, auf welche sie sich gleichzeitig stützen, und diese selbst wieder, um
Deformationen zu vermeiden, durch eine Reihe wagerechter verschraubter Stangen,
welche die Rohre in zwei gleiche, über einander liegende Gruppen theilen, mit
einander verbunden. Um den Feuerrohren die erforderliche Länge von 4,513 m zwischen
den Rohrwänden zu geben, ist die vordere Rohrwand in den Rauchkasten vorgeschoben
und auch die rückwärtige Rohrwand in die Feuerbüchse hineingestellt.
Die Achse des Langkessels liegt 2,501 m über Schienenoberkante. Der zulässige
Kesseldruck beträgt 12,3 at.
Die Innencylinder sind mit den oberhalb liegenden Schiebergehäusen zusammengegossen;
ihre Construction bietet nichts Besonderes. Die Steuerung ist die gewöhnliche nach
Stephenson. Die Aussencylinder liegen vor der
vorderen Treibachse; eine lange Kolbenstange geht über letztere hinweg zum
Kreuzkopf. Die grosse Länge der nicht geführten Kolbenstange ist schon vielfach
gerügt worden. Die Schieber liegen ebenfalls oberhalb der Cylinder und werden von
einer Joy-Steuerung bethätigt.
Beide Steuerungen werden durch einen doppeltwirkenden Cylinder, in welchen der Dampf
mittels eines zur Hand des Locomotivführers gelegenen Dreiwegehahnes tritt,
eingestellt. Behufs Umsteuerung der Maschine lässt der Führer nach Schliessung des
Regulators den Dampf auf die betreffende Fläche des Kolbens dieses kleinen Cylinders
treten und gebraucht dann zur grösseren Sicherheit noch eine mit der Steuerung
verbundene gewöhnliche Schraubensteuerung. Die Verlegung der Steuerung kann mit
einer Hand vollführt werden. Die Cylinderhähne werden nach System Hawthorn je durch einen kleinen Dampfcylinder bethätigt
und sind von der Stellung eines am Führerstande befindlichen Dreiwegehahnes
abhängig; hiermit kommen Stangen und Hebel irgend welcher Art in Wegfall.
Zum Sandstreuen vor jedes Treibrad dient ein mittels Dampf wirkender Apparat von Gresham und Craven. Zur
Bremsung der vier Treibräder dient eine Westinghouse-Bremse.
Der Tender hat nach amerikanischem System zwei Truckgestelle, welche von je vier
Rädern mit 1,219 m Durchmesser getragen werden; sein Fassungsvermögen beträgt 36 cbm Wasser und
10 t Kohle, das betriebsfähige Gewicht ungefähr 65 t. Locomotive und Tender besitzen
eine Länge von 20,11 m und ein Dienstgewicht von 125 t.
Die Hauptabmessungen der Locomotive sind, soweit noch nicht angeführt, folgende:
Kessel (Stahl):
Länge des cylindrischen Kessels
2,799
m
Blechstärke
0,0143
m
Stärke der Rohrwand
0,0190
m
Aeussere Länge des
Feuerbüchsmantels (Stahl)
2,729
m
Aeussere Breite des
Feuerbüchsmantels unten
1,212
m
Tiefe unter Kesselmitte vorn
2,038
m
„ „ „ hinten
1,784
m
Innere Länge der Kupferbüchse unten
2,533
m
„ Breite
„ „ „
1,026
m
Von Kesselmitte bis Feuerbüchsdecke vorn
0,406
m
„ „
„ „ hinten
0,343
m
Stärke der Rohrwand
0,022
m
„ „ anderen Bleche
0,013
m
Höhe des Schornsteines über
Schienen- oberkante
4,114
m
Aeusserer Durchmesser
0,533
m
Heizfläche: Rohre
173,890 qm
Feuerbüchse
11,770 qm
––––––––––
Gesammtheizfläche
185,660
qm
Dienstgewicht:
Drehgestell
25
t
Vordere Treibachse
18
t
Hintere „
17
t
–––––––
Gesammtgewicht
60
t
Maschine:
Innere Cylinder:
Durchmesser
0,432
m
Kolbenhub
0,459
m
Von Mitte zu Mitte Cylinder
0,622
m
Durchmesser der Kolbenstange
0,083
m
Aeussere Cylinder:
Durchmesser
0,419
m
Kolbenhub
0,609
m
Von Mitte zu Mitte Cylinder
1,955
m
Durchmesser der Kolbenstange
0,083
m
Länge „ „
2,958
m
Räder (Radsterne von Stahl):
Laufkreisdurchmesser (Drehgestell)
1,219
m
„
(Treibachsen)
2,877
m
Achsen (Stahl):
Durchmesser der Achsschenkel
0,153
m
Länge „ „
0,305
m
Rahmen (Stahl):
Totale Länge der Rahmen
9,522
m
Stärke „ „
0,029
m
Die Locomotive war nach Brunner in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure vom 16.
September 1893 S. 1122 die eigenartigste, aber keineswegs bemerkenswertheste
Locomotive der europäischen Locomotivabtheilung der Weltausstellung und bei gleich
grosser, aber wirksamerer Heizfläche der früher beschriebenen Schnellzuglocomotive
der New York Central- und Hudson River-Bahn um volle 4 t schwerer als diese, deren
Construction auch im Uebrigen eine grössere Einfachheit aufweist.
Schnellzuglocomotive der Great
Northern-Eisenbahn.
Die von P. Stirling in Doncaster entworfene Locomotive
legt die etwa 170 km lange Strecke von London nach Grantham täglich mehrere Mal ohne
Aufenthalt in einer Zeit von 1 Stunde und 55 Minuten, entsprechend einer
Geschwindigkeit von 88,7 km in der Stunde, und mit Anhalten auf einigen Stationen in
einer 5 bis 8 Minuten längeren Zeit zurück. Die Maschine hat Treibräder von 2,475 m
Durchmesser – wohl die grössten Treibräder der Welt – und aussen liegende Cylinder
von 457 mm Durchmesser bei 711 mm Kolbenhub. Das betriebsfähige Gewicht von
Maschine und Tender beträgt ungefähr 86,87 t; hiervon entfallen 16 t auf das
mitzuführende Wasser und 5 t auf die Kohlen. Das Durchschnittsgewicht eines
sechsräderigen Personenwagens der Great Northern Railway stellt sich auf 15 t. Im
Winter bestehen die Züge aus 12 Wagen, entsprechend einem Gesammtgewicht von 180 t
(ohne das Gewicht der Reisenden und ihres Gepäckes), während im Sommer Züge mit
durchschnittlich 16 Wagen im Gesammtgewicht von 240 t verkehren. In beiden Fällen
bleibt die Durchschnittsgeschwindigkeit dieselbe.
Vergleicht man diese Züge mit amerikanischen Schnellzügen von 143 t Traingewicht in
Bezug auf Kohlenverbrauch der Locomotiven, so ergibt sich, dass die Great
Northern-Schnellzüge ungefähr 6,25 k Kohlen auf 1 km Fahrt verbrauchen, während der
New York Central's Empire State Express nach officiellen Daten (Cassier's Magazine, Mai 1893) 12,6 k Kohlen auf 1 km
erfordert; die Locomotive der Great Northern-Bahn arbeitet hiernach äusserst
sparsam.
Auf Fahrten, bei denen der Train nur aus sieben Wagen von 105 t Gesammtgewicht
bestand, wurden mit der Locomotive auf der Strecke London-Grantham durchschnittlich
96,5 km in der Stunde zurückgelegt – eine bedeutende Leistung gegenüber den
Fahrzeiten deutscher Schnellzüge.
Die 174 kupfernen Heizröhren von 44 mm Durchmesser sind nach Angaben des Engineer in beiden Rohrwänden nur durch Eintreiben
eines Dornes gedichtet und auf der Feuerbüchsseite mit Stahlbüchsen verstärkt. Um
trockenen Dampf zu erhalten, ist kein Dom, sondern ein im oberen Theil des Kessels
liegendes, mit Schlitzen versehenes Längsrohr vorhanden. Die Feuerbüchse ist nach
Belpaire ausgeführt.
Weitere Abmessungen sind nachstehend angegeben:
Durchmesser der Laufräder des Drehgestelles
1,205
m
„ „ hinteren Laufräder
1,410
m
Kesseldurchmesser hinten
1,27
m
„ vorn
1,22
m
Länge des cylindrischen Kessels
3,48
m
Kesselspannung
10⅔
at
Heizfläche: Rohre
86,95 qm
Feuerkiste
10,13 qm
––––––––
Gesammtheizfläche
97,08
qm
Rostfläche
1,65
qm
Belastung des Drehgestelles
17,83 t
„ der Treibräder
17,27 t
„ „ hinteren Laufachse
10,77 t
––––––––
Gesammtbelastung
45,87
t
Dienstgewicht des Tenders
41,00
t
Schnellzuglocomotive der London und South
Western-Bahn.
Diese Locomotive ist nach Engineering vom 31. März 1893
S. 380 in den eigenen Werkstätten der London und South Western-Bahn zu Nine Elms
nach Plänen des Maschinendirectors W. Adams erbaut; sie
dient zur Beförderung der Schnellzüge auf den Strecken der London und South
Western-Eisenbahngesellschaft und ist aus dem Bedürfnisse hervorgegangen, eine
Maschine mit möglichst grosser Zugkraft zu erhalten, um den immer stärkeren Verkehr
auf Strecken mit bedeutenden und mitunter anhaltenden Steigungen (bis 1 : 70)
bewältigen zu können. Die Locomotive hat ein vorderes zweiachsiges Drehgestell, eine
vor der Feuerbüchse liegende Treibachse und eine hinter derselben angeordnete
Kuppelachse. Die Rahmen liegen innerhalb der Räder, die Cylinder ausserhalb der Rahmen. Zwischen
die Rahmen des Drehgestelles mit 2,286 m Radstand ist zum Tragen des Lagers für den
Stützzapfen ein Querträger aus Stahlguss geschraubt; zur Zurückführung des Gestelles
in die Mittellage dienen Blattfedern.
Die mit den 25,4 mm starken Hauptrahmen verschraubten Cylinder haben 482 mm
Durchmesser, 660 mm Kolbenhub und sind mit durchgehenden Kolbenstangen versehen. Zur
Steuerung dienen einfache Muschelschieber, welche sich in den innerhalb der Rahmen
liegenden Schieberkästen bewegen und von Stephenson'schen Coulissen mitgenommen werden, deren Heben und Senken mittels
einer Schraube auf der rechten Seite des Führerstandes geschieht. Die Kreuzköpfe von
Gusstahl tragen aufgeschraubte gusseiserne Schuhe, die auf je einem Führungslineale
aus glashartem Yorkshire-Eisen gleiten. Die Excenterscheiben mit 152 mm Hub sind
zweitheilig, die Bügel von Gusseisen gefertigt. Die aus Yorkshire-Eisen
hergestellten Pleuelstangen von 2,032 m Länge tragen am Kurbelzapfenende
nachstellbare Messingschalen, während am Kreuzkopfende Büchsen aus Kanonenmetall
hydraulisch eingepresst sind. Die aus demselben Material wie die Pleuelstangen
gefertigten Kuppelstangen besitzen ⌶-förmigen Querschnitt
und Büchsen aus Kanonenmetall an beiden Enden, die mit Streifen aus Weissmetall
gefüttert sind.
Die Maschinen sind mit Adams' Ausblaserohr versehen
(1890 277 116), womit eine äusserst gleichmässige
Zugwirkung erzielt wird. Der Querschnitt der ringförmigen Oeffnung für den
austretenden Dampf beträgt 91,609 qc, entsprechend einem kreisförmigen Querschnitt
von 108 mm Durchmesser. Die Maschine ist mit einer Dampf- und einer selbsthätigen
Vacuumbremse ausgerüstet, welche auf die gusseisernen Bremsklötze der Treibräder
wirken. Zur Kesselspeisung dienen zwei Injectoren, einer auf jeder Seite der
Maschine.
Der zur Locomotive gehörige Tender wird von einem Gestell mit sechs Rädern von je 908
mm Durchmesser getragen; der Radstand beträgt 3,962 m. Die Achsschenkel von 133 mm
Durchmesser und 229 mm Länge liegen ausserhalb der Räder. Die Rahmen setzen sich aus
doppelten Blechen zusammen, von denen die äusseren eine Stärke von 22, die inneren
eine solche von 12,7 mm besitzen. Die Wasserbehälter fassen 15 cbm und an Kohlen
können 3 t mitgeführt werden.
Hauptabmessungen von Maschine und Tender sind nachstehend angegeben:
Maschine:
Cylinderdurchmesser
482
mm
Kolbenhub
660
mm
Länge des cylindrischen Kessels zwischen den
Rohrwänden
3355
mm
Aeusserer Durchmesser des Kessels
1372
mm
Länge der äusseren Feuerbüchse
1930
mm
Heizfläche: Rohre
115,70 qm
Feuerbüchse
11,35 qm
––––––
Gesammtheizfläche
127,05
qm
Rostfläche
1,67
qm
Breite der äusseren Feuerbüchse (unten)
1181
mm
Anzahl der Rohre
240
Aeusserer Durchmesser der Rohre
44,4
mm
Von Schienenoberkante bis Mitte Kessel
2362
mm
Länge der Maschinenrahmen
9246
mm
Stärke „ „
25,4
mm
Zwischen den Rahmen
1206,0
mm
Laufkreisdurchmesser der Drehgestellräder
1162,0
mm
Laufkreisdurchmesser der Treib-
und Kuppelräder
2159
mm
Von Mitte Drehgestell bis Mitte
Treibräder
3276
mm
„ „
Treibräder „ „ Kuppelräder
2590
mm
Radstand des Drehgestelles
2286
mm
Kesselspannung
12,3
at
Gewichtsvertheilung: Drehgestell
18,70 t
Treibräder
15,75 t
Kuppelräder
15,15 t
––––––
Gesammtes Dienstgewicht
49,60
t
Tender:
Durchmesser der Laufräder
908
mm
Von Mitte zu Mitte Lager
1980
mm
Länge der Achsschenkel
229
mm
Durchmesser der Achsschenkel
133
mm
„ „ Achse in der Nabe
171
mm
„ „ „ „ „ Mitte
159
mm
Radstand
3962
mm
Rahmenlänge
6032
mm
Von Mitte Drehgestell der maschine bis Mitte der
hinteren Tenderräder
13,490
m
Zwischen den Buffern von maschine und Tender
16,367
m
Von Schienenoberkante bis Mitte Buffer
1,041
m
Die Maschine war im Stande, einen Zug, dessen Traingewicht 233,7 t beträgt, auf der
Strecke Salisbury-Exeter, welche starke Steigungen von 1 : 80 und 1 : 70 aufweist,
fahrplanmässig zu befördern.
Schmalspurlocomotive der Tralee und
Dingle Light-Eisenbahngesellschaft (Irland).
Die am 31. März 1891 für den Verkehr eröffnete Linie besitzt 914 mm Spurweite und
dürfte bezüglich ihrer Curven und Steigungen einzig dastehen; erstere zeigen an
einigen Stellen Krümmungen von nur 66 m Halbmesser und letztere erreichen den Betrag
von 1 : 30. Dies liess sich in der gebirgigen Gegend, durch welche die
grösstentheils auf öffentlichen Landstrassen geführte Bahn läuft, nicht vermeiden.
Die stärkste Steigung von 1 : 30 findet sich auf einer an der Seite eines Berges
gelegenen Strecke von über 5 km Länge mit Curven, welche Krümmungen von 220 bis 66 m
Halbmesser aufweisen, doch auch an anderen Punkten ist diese bedeutende Steigung auf
kürzeren Strecken anzutreffen.
Die gesammte Betriebslänge der Bahn beträgt 50 km. Es wurden Stahlschienen verwendet,
welche 22,3 k pro laufendes Meter wiegen. Das durchschnittliche Gewicht des Trains
auf der Hauptlinie beträgt ungefähr 61 t. Da es selbst bei bedeutendem Kohlen
verbrauch zweifelhaft erschien, den Dampfdruck im Kessel bei voller Belastung der
Locomotive auf den Strecken mit längeren Steigungen genügend hoch halten zu können,
wurde beschlossen, die Feuerung der Locomotive nach Holden's Patent. (1893 287 * 30) mit Erdöl zu
bewirken, da dieses nach den Erfahrungen auf der Great Eastern-Eisenbahn in Bezug
auf Oekonomie und Wirkung den weitgehendsten Anforderungen Genüge leistet. Diese
Voraussetzungen haben sich bei der Locomotive, welche nach Mittheilungen in Engineer vom 22. Juni 1892 S. 63 von der Hunslet Engine Co. in Leeds erbaut wurde, als
vollständig richtig erwiesen.
Die Locomotive hat aussen liegende Cylinder und ruht auf einem Rahmen mit sechs
gekuppelten Rädern, sowie einem vorderen und hinteren zweiräderigen Drehgestell vor
den Cylindern bezieh. hinter der Feuerbüchse.
Kessel und äussere Feuerbüchse bestehen aus weichem Stahl; der cylindrische Theil des
ersteren ist 2,667 m lang und besitzt an der Rauchkammer 1,067 m Durchmesser. Die
einzelnen Kesselschüsse, aus 11 mm dicken Blechen bestehend, sind teleskopartig in
einander gesteckt. Die äussere Feuerbüchse, ebenfalls aus Stahlblechen von 11 mm Stärke
zusammengesetzt, ist 2,006 m lang, zwischen den Rahmen 711 mm breit und liegt 533 mm
unter dem Kessel. Zur Längsverbindung der Kesselschüsse dient eine doppelte
Laschennietung. Der Dampfdom aus Gusstahl besteht aus zwei zusammengeschraubten
Theilen und ist mit dem cylindrischen Kessel vernietet. Die Kupferbüchse ist 1840 mm
lang, unten 540 mm breit und aus 11 bezieh. 20,6 mm (Rohrwand) dicken Blechen
hergestellt, die mit den Seitenwänden der äusseren Büchse durch kupferne Stehbolzen
von 22 mm Durchmesser und mit der gewölbten Decke durch radiale schmiedeeiserne
Anker verbunden sind. In dem Kessel liegen 138 Messingrohre von 41 mm äusserem
Durchmesser. Die Kesselspannung beträgt ungefähr 10 at. Zur Verhütung höherer
Spannungen dienen zwei auf der Feuerbüchse sitzende Sicherheitsventile, System Ramsbottom, von je 70 mm Durchmesser.
Die Rahmen bestehen aus 20,6 mm dicken Platten aus weichem Stahl, die durch
Querverbindungen gehörig versteift sind. Die Radsterne der Kuppelräder aus Gusstahl
mit Bessemer-Stahlreifen von 927 mm Laufkreisdurchmesser, 63,5 mm Dicke und 127 mm
Breite sitzen auf Achsen von zähem Stahl, deren Lagerstellen bei 190 mm Länge einen
Durchmesser von 152 mm zeigen. Die Treibräder laufen ohne Flansch mit 146 mm breiten
Bandagen. Die Laufräder haben 610 mm Durchmesser; ihre Achsen ruhen in Lagern von
171 mm Länge und 108 mm Durchmesser.
Die Maschine ist mit einer kräftigen Vacuumbremse, sowie einer Schraubenbremse
ausgerüstet, die mittels gusseiserner Bremsblöcke auf alle sechs Kuppelräder wirken.
Die Cylinder von 343 mm Bohrung für 457 mm Kolbenhub aus Hartguss sind mittels
eingeschmiedeter Bolzen am Rahmen befestigt. Die Schieberkästen liegen ausserhalb
der Rahmen auf den Cylindern und die Mitnahme der in diesen liegenden Schieber
geschieht mittels Heusinger von Waldegg'scher
Steuerung. Mit dem Kreuzkopfe der rechten Maschinenseite ist der Plungerkolben einer
Pumpe von 35 mm Durchmesser verbunden.
Zu Seiten des Langkessels stehen zwei Wasserkasten mit zusammen 3,4 cbm Inhalt, deren
am Führerstand liegende Enden Behälter zur Unterbringung von Brennmaterial mit
zusammen 0,85 cbm Fassungsraum bilden. Einer dieser Behälter dient zur Aufnahme von
460 l Erdöl, der andere zum Unterbringen von Kohle. Unter den Wasserkästen sind über
den vorderen und hinteren Kuppelrädern je zwei Sandkästen mit Dampfstrahlgebläse
nach Gresham und Cravens'
Patent angebracht.
Einige Hauptabmessungen sind noch folgende:
Radstand der Kuppelräder
2667 mm
Gesammtradstand
6300 mm
Heizfläche: Rohre
49,3 qm
Feuerbüchse
6,5 qm
–––––––
Gesammtheizfläche
55,8 qm
Rostfläche
1,0 qm
Dienstgewicht der Locomotive
32,5 t
Leergewicht „ „
27,0 t
Verbundlocomotive von J. Burdett in
Notting Hill.
Die Locomotive arbeitet mit vier zu zwei auf jeder Maschinenseite in Tandem hinter
einander liegenden Aussencylindern, wobei die unter Nr. 12729 vom 11. Juli 1892 in
England patentirte Anordnung nach Industries, 1893,
derart getroffen ist, dass der vom Kessel kommende Dampf direct in den
Schieberkasten des Hochdruckcylinders und aus letzterem entweder direct oder
nach vorheriger Zufuhr von neuer Wärme in den Niederdruckcylinder strömt. Für jedes
Cylinderpaar ist nur ein einziger Schieber zur Regelung der Dampfvertheilung
vorgesehen, der sich im Schieberkasten des Hochdruckcylinders bewegt, doch lassen
sich, wenn kleinere Füllungen gewünscht werden, auch zwei Schieber verwenden.
Textabbildung Bd. 292, S. 161Verbundlocomotive von Burdett. Die Kolben der hinter einander liegenden Cylinder A und A1
(Fig. 2 und 3) jeder Maschinenseite
übertragen ihre hin und her gehenden Bewegungen auf einen Kreuzkopf, der durch eine
äussere und innere Pleuelstange mit dem am Treibrade befestigten Kurbelzapfen
bezieh. der gekröpften Treibachse verbunden ist.
Textabbildung Bd. 292, S. 161Verbundlocomotive von Burdett. Die Schieber, deren Stangen mit C bezeichnet
sind, werden in gewöhnlicher Weise von einer Coulissensteuerung bethätigt. Jeder
Schieber E (Fig. 4 bis 6) gleitet auf einer
Fläche mit fünf Oeffnungen, von denen zwei (F, F) nach
dem Hochdruck- und zwei (G, G) nach dem
Niederdruckcylinder führen, während die Oeffnung H zum
Austreten des in dem letzteren wirksam gewesenen Dampfes dient. Sobald frischer
Dampf durch die Oeffnung F nach dem einen Ende des
Hochdruckcylinders strömt, steht die andere Oeffnung F
durch den Kanal N des Schiebers, sowie die Oeffnung G der Gleitfläche mit dem Niederdruckcylinder in
Verbindung. Der aus dem letzteren austretende Dampf gelangt durch die Oeffnung G und den Ausströmkanal H
ins Freie. Behufs theilweiser Entlastung des Schiebers liegt auf dem Rücken
desselben ein Ring M.
Französische Locomotiven.
Schnellzuglocomotive der französischen
Nordbahn.
Die von der Société Alsacienne de Constructions
mechaniques in Belfort erbaute, mit vier Cylindern nach dem Verbundsystem arbeitende
Locomotive war in Chicago ausgestellt und erweckte dort von den europäischen
Locomotiven wegen ihrer, sorgfältigen Ausführung und äusserst zweckmässigen Bauart
allgemeines Interesse. Abweichend von dem Gebrauche, nur neue Locomotiven zu
Ausstellungen zu bringen, war diese Locomotive, welche bereits im J. 1891 geliefert
wurde, direct aus dem Betriebsdienste nach Chicago gesandt und liess der Zustand
derselben nach Glaser's Annalen vom 1. September 1893
S. 73 auf die sorgfältigste Arbeitsausführung und die Verwendung besten Materials
schliessen, da weder nennenswerthe Abnutzungen der gangbaren Theile, noch irgend
welche Lockerungen von Schrauben- und Nietverbindungen an den einzelnen
Constructionstheilen der Locomotive zu erkennen waren.
Die Locomotive hat vier Treibräder und ein drehbares Vordergestell mit zwei
Laufachsen. Die Rahmen liegen innerhalb der Räder. Die zwei Hochdruckcylinder sind
ausserhalb der Rahmen hinter dem Drehgestelle angeordnet und bewegen die hintere
Treibachse, während die beiden Niederdruckcylinder zwischen den Rahmen und der
Rauchkammer gelagert sind und die gekröpfte Mittelachse antreiben. Die
Schieberkästen der Hochdruckcylinder befinden sich in wagerechter Lage über den
letzteren, jene der Niederdruckcylinder schräg nach aussen geneigt über ihren
Cylindern, wodurch sie leicht zugänglich sind. Beide Cylinderpaare haben die Heusinger von Waldegg'sche Steuerung.
Die Hochdruck- sowohl wie die Niederdrucksteuerung besitzt jede ihre eigene
Steuerwelle, Zugstange und Schraube, doch werden beide, wie 1893 287 51 ausführlicher erläutert, durch ein einziges
Handrad derart bewegt, dass beide Umsteuerungen wie bei einer gewöhnlichen
Locomotive beim Anfahren voll ausliegen und auch beide zusammen gleichzeitig
zurückgezogen oder aber für die Hochdruckcylinder unabhängig von der
Niederdrucksteuerung alle Aenderungen in den Füllungsgraden vorgenommen werden
können. Diese Anordnung ist besonders wichtig beim Befahren von Gefällen, z.B. wo
man durch Entlastung des Receivers bezieh. Verminderung des Gegendruckes vor den
Hochdruckkolben bedeutende Vortheile erreichen kann, wie durch häufige Versuche auf
der französischen Nordbahn ermittelt ist. Bei einem Zug von 140 t auf einem Gefälle
von 1 : 250 mit einem Kesseldruck von 13 at und 46 Proc. Füllung in beiden
Cylinderpaaren betrug bei wenig geöffnetem Regulator der Receiverdruck 4 at und die
Zuggeschwindigkeit 92 km in der Stunde. Hingegen erreichte man unter sonst gleichen
Umständen durch Rücklegung der Hochdrucksteuerung auf 30 Proc. und Vorlegung der
Niederdrucksteuerung auf 50 Proc. Füllung, dass der Receiverdruck auf 2,5 at fiel
und die Geschwindigkeit einen Betrag von 103 km in der Stunde erreichte. Im Uebrigen
stimmt die Bauart der Locomotive mit derjenigen der 1893 287 50 beschriebenen Locomotive Nr. 2121 der Nordbahn überein und sind
weitere Constructionseinzelheiten dort zu entnehmen.
(Schluss folgt.)