Titel: | Neuere Hebevorrichtungen. |
Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 247 |
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Neuere Hebevorrichtungen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 228 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuere Hebevorrichtungen.
3) Erdwinden.
Neuere Erdwinden sogen. Kapständer mit
Druckwasserbetrieb.
Seit zwanzig Jahren werden mit Vortheil zum Ordnen und Zusammenstellen der
Güterwagen und zur Ueberführung derselben nach den Ladeplätzen Winden mit
Glockentrommeln auf senkrechter Welle verwendet, die zwischen den Gleisen
Aufstellung finden und mit welchen durch Schlingseile die Wagen herbeigeholt
werden. Die Zugkraft schwankt hierbei zwischen 500 und 1000 k, die
Seilgeschwindigkeit zwischen 2 und 1 m/Sec. Im Wesentlichen besteht eine solche
Kapständerwinde, auch Spill oder Capstan genannt, aus einer liegenden Grundplatte
mit Lagerkörper für eine lothrechte Welle, auf welcher die Windenglocke sitzt
und die mittels einer Dreicylinder-Wasserkraftmaschine bethätigt wird, die ihre
Aufstellung unter der Grundplatte in einer möglichst frostsicheren Grube
findet.
Unbedingt muss diese Betriebsmaschine leicht zugänglich und übersichtlich sein,
weshalb entweder die Grube besteigbar oder die Grundplatte mit dem Windwerk um
wagerechte Zapfen drehbar gemacht ist, so dass dieselbe im Grundrahmen
vollständig umkippbar wird, und endlich kann das gesammte Windwerk aus dem
Grundkasten ausgehoben und beliebig verlegt oder versetzt werden. Je nach den
örtlichen Verhältnissen wird eine dieser Anordnungen gewählt und die Anlagen für
die Rohranschlüsse für das Press- und Ablaufwasser entsprechend zu beachten
sein.
C. Hoppe's Kapständer.
Für verschiedene Hafen- und Bahnhofsanlagen, wie z.B. Bremen, Frankfurt a. M.,
Mainz, Wittenberge, sind von C. Hoppe in Berlin
Kapständerwinden mit Druckwasserbetrieb geliefert worden.
Nach dem Organ für das Eisenbahnwesen, 1890 S. 227,
ist in Fig. 47 ein Kapständer mit fester
Grundplatte und frostsicherer Einsteiggrube dargestellt. Im Grundrahmen a ist eine Lagersäule b eingesetzt, in welcher die Kurbelwelle c kreist, an deren oberen freien Zapfen die Seilglocke d aufgekeilt ist. Drei unter gleicher Winkellage
radial gelegte Cylinder sind in einem Mittelstück e
vereinigt, welches an der Lagersäule b angeschraubt
und mittels eines Hauptdeckels f verschliessbar
ist, während jeder Einzelcylinder einen besonderen Deckel g erhält.
Von der Kurbelwelle c aus wird ein Steuerhahn
bethätigt, welcher im Hauptdeckel f die Zuführung
und Ableitung des Kraftwassers nach den einzelnen Cylindern besorgt,
während die Anschlüsse für die Hauptleitungsrohre aussen am Deckel f vorhanden sind. Hölzerne Schutzwände h an der Grubenwand, Doppelthüren i an der Einsteigöffnung, sowie Asphaltbeguss k auf der Grundplatte sind zur Sicherung gegen
Frost vorgesehen. Eine Anordnung mit kippbarer Grundplatte ist in Fig. 48 im Grundriss dargestellt. In den
Hauptbestandtheilen gleicht der Aufriss hierzu der Fig.
47.
Textabbildung Bd. 292, S. 247Fig. 47.Hoppe's Kapständer. Im Grundrahmen a sind achsenrichtig zwei
Hohlzapfen a1 und
a2 (Fig. 48) vorgesehen, um welchen mittels
Lagerschluss die bewegliche Grundplatte b drehbar
liegt.
Textabbildung Bd. 292, S. 247Fig. 48.Hoppe's Kapständer. Selbstverständlich folgt, dass der Rohranschluss für die Zu- und
Ableitung durch diese Zapfen geführt wird, sowie das Vertheilungsventil d sammt den Steuerhebeln c1 und c2 und den Steuerknöpfen b1 und b2 an der drehbaren
Grundplatte b angeordnet sind.
Auch sind diese Fussdruckknöpfe doppelt vorhanden, um für jede Stellung des
Führers erreichbar zu sein.
Kapständer der französischen Ostbahn.
Am Bahnhof St. Lazare zu Paris sind 22 Stück Kapständerwinden im Betrieb, welche,
für eine grösste Zugkraft von 400 k gebaut, im Stande sind, vier beladene Wagen
auf wagerechtem Gleis mit 1 m/Sec.
Geschwindigkeit zu bewegen.
Diese in Fig. 49 nach Der praktische Maschinenconstructeur, 1890 Bd. 24 Nr. 7* S. 51,
dargestellten Kapständerwinden arbeiten mit zwei Seilgeschwindigkeiten von 1 und
1,5 m/Sec.
weshalb die Windenglocke a zwei Seilläufe mit 0,4
und 0,6 m Durchmesser bei 30 mm Wandstärke für 20 mm Seildicke besitzt. Dieselbe
wird mittels einer 110 mm starken Kurbelwelle von drei einfachwirkenden
Cylindern d mit 45 minutlichen Umläufen bethätigt,
die in der oberen Lagersäule b und dem unteren
Lagerring g sich führt.
Dieses Ringlager g ist an drei Füsse der
Mittelplatte c angeschraubt, während jeder der
einzelnen Arbeitscylinder d an diesen Füssen
befestigt ist, so dass sämmtliche Triebwerkstheile in einem starren Gestellkorb
lagern. Für jeden Cylinder d ist ein entlasteter
Vertheilungsschieber f vorgesehen, dessen
Schieberkasten m auf einem doppelten Ringrohr h sitzt, der am Lagerring g angeschraubt ist.
Nun ist das äussere Ringrohr für die Zuleitung des auf 52 k/qc
gespannten Druckwassers, das innere weitere Ringrohr für die Ableitung des
Kraftwassers bestimmt, während zwischen beiden die drei Verbindungsrohre zu den
einzelnen Arbeitscylindern d im Schieberspiegel
münden. Alle drei Schieber f werden durch eine
einzige Excenterstange gesteuert, und während die Mittelplatte c auf der Grundplatte n festgeschraubt ist, kann diese Grundplatte n um ihre Seitenzapfen bei ausgedrehten Stütznasen v, sowie (Fig. 49)
um die wagerechte Mittelachse schwingen, so dass sämmtliches Triebwerk nach oben
frei zu liegen kommt. Mittels eines Druckknopfes wird ein Gewichtshebel und
damit ein Regulirventil durch den Fuss des Führers nach Eröffnung des
Absperrschraubventils bethätigt, dessen Rohr durch den Schwingungszapfen der
Grundplatte n geleitet ist, während das Ablaufrohr
am gegenüberstehenden Schwingungszapfen angeschlossen ist.
Textabbildung Bd. 292, S. 248Fig. 49.Kapständer der französischen Ostbahn. Jeder der um 120° versetzten radial stehenden Arbeitscylinder hat bei
8,5 cm Durchmesser und 10 cm Kolbenhub einen Inhalt von
56,7 . 10 = 567 cc
also für drei Cylinder und eine Umdrehung der Kurbelwelle
eine Wassermenge von 567 . 3 = 1700 oder annähernd 1,7 l, was bei einer
Wasserpressung von 52 k/qc bezieh. 520 m Wassersäule einer
mechanischen Arbeit von 1,7 . 520 = 884 mk entspricht. Wird ein 20 mm-Seil um
die Glocke vom Durchmesser 0,4 m geschlungen, so entspricht dies einem
Arbeitskreis von 0,41 m Durchmesser bezieh. 1,32 m Umfang, was einer gleichen
Wegstrecke der Last für eine Umdrehung gleichkommt. Es wäre daher
884 : 1,32 = 670 k
die theoretische Zugkraft am Seil, während nach Abzug der
Leitungs- und Reibungswiderstände nur 400 k als grösste auszuübende Zugkraft in
Anschlag gebracht ist, was einem Wirkungsgrade von
400 : 670 ∾ 0,6
entsprechend sein würde.
Werden aber noch 10 Proc. für Wasserverluste in Anrechnung gebracht, so würde bei
dieser wirklichen Zugkraft von 400 k ein Wirkungsgrad von 400 : 737 = 0,53 in
Anschlag zu bringen sein.
(Fortsetzung folgt.)