| Titel: | Energieübertragung Lauffen-Frankfurt. | 
| Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 256 | 
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                        Energieübertragung Lauffen-Frankfurt.Elektr. Zeitschr., 1894. Vgl. auch 1891 281 185. 288.
                        Energieübertragung Lauffen-Frankfurt.
                        
                     
                        
                           Nachdem nunmehr der von Prof. Dr. H. F. Weber in Zürich
                              									verfasste Bericht der Prüfungscommission über die an dieser Anlage ausgeführten
                              									Untersuchungen im Drucke vorliegt, geben wir im Folgenden die wesentlichen Resultate
                              									dieser Untersuchungen. In der Einleitung dieses Berichtes wird darauf hingewiesen,
                              									dass die Lauffen-Frankfurter Anlage den Zweck hatte, die Möglichkeit nachzuweisen,
                              									mittels Wechselstrom von hoher Spannung und niedriger Polwechselzahl Energien von
                              									einigen Hundert Pferdestärken auf eine Distanz von 170 km mit einem Wirkungsgrade
                              									fortzuleiten, welcher einer wirthschaftlichen Verwerthung einer solchen Anlage
                              									entsprechend sei. Um die übertragene Energie nicht allein zur Lichterzeugung,
                              									sondern auch zur Gewinnung mechanischer Kraft mittels einfacher Apparate zu
                              									verwerthen, wurde in dieser Anlage nicht ein einfacher
                              									Wechselstrom benutzt, sondern ein System von drei
                              									Wechselströmen zur Anwendung gebracht, welches einen ähnlich einfachen, sicheren und
                              									ökonomischen Betrieb von Motoren zu liefern versprach, wie solchen die Benutzung des
                              									Gleichstroms gewährt.
                           Da die Zeit zur Ausführung der Untersuchungen im Interesse des von der Anlage für die
                              									Ausstellung gelieferten Betriebes sehr knapp bemessen war, so musste die
                              									Prüfungscommission ihr Arbeitsprogramm auf die folgenden als die am wichtigsten
                              									hervortretenden Fragen beschränken:
                           1) Welchen Effect überträgt die zum Betriebe der Lauffener Anlage dienende Turbine
                              									bei gegebener Beaufschlagung, gegebener Umlaufzahl und gegebenem Gefälle?
                           2) In welchem Verhältniss steht die an die tertiäre Leitung in Frankfurt abgegebene
                              									Energie zu jener Energie, welche die Turbine während derselben Zeit auf die Dynamo überträgt?
                           3) Welches ist der Wirkungsgrad der Dynamo, des primären und des secundären
                              									Transformators für jene Belastung, welche bei der Untersuchung zur Feststellung des
                              									Wirkungsgrades der Uebertragung zur Verwendung kamen?
                           4) Wie gross ist der totale Energieverlust, welcher in der 170 km langen secundären
                              									Leitung unter dem Einfluss des hochgespannten Stromes auftritt? Ist derselbe
                              									lediglich durch den Widerstand der Leitung bedingt oder treten daneben noch andere
                              									Energieverluste auf?
                           Bezüglich der Beantwortung der ersten Frage sei nur angeführt, dass die Turbine im
                              									Durchschnitt von 6 Versuchen bei 3,75 m benutztem Gefälle und 160 Touren in der
                              									Minute 232  abgab.
                           Die Durchführung der Messungen zur Bestimmung des Wirkungsgrads der
                              									Lauffen-Frankfurter Energieübertragung geschah in folgender Weise:
                           Nachdem in Frankfurt eine Belastung des secundären Transformators von der gewünschten
                              									Höhe durch Einfügen einer passenden Lampenzahl in die drei tertiären Stromkreise
                              									gleichmässig hergestellt worden war, berichtete der Telegraph nach Lauffen, dass die
                              									nächste Versuchsreihe nach Ablauf von 5 oder 10 Minuten beginnen solle; die
                              									Beobachter in Lauffen meldeten ihre Bereitschaft und brachten bis zu dem angegebenen
                              									Zeitpunkte die Dynamo auf die normale Tourenzahl (150) und die normale Spannung
                              									(etwa 55 Volt); die Dauer einer Beobachtungsreihe betrug stets 10 Minuten.
                           Während jeder Beobachtungsreihe wurden in Lauffen beobachtet:
                           1) Die Beaufschlagung der Turbine und die Stände des Ober- und Unterwassers.
                           2) Die Stromstärken in den drei primären Leitungen.
                           3) Die drei primären Spannungen zwischen den Maschinenklemmen und der an die Erde
                              									gelegten neutralen Leitung.
                           4) Die Stärke des Erregerstroms der Dynamo.
                           5) Die Tourenzahl der Dynamo.
                           Die Messungen in Frankfurt umfassten:
                           Die Bestimmung der Effecte, welche in den drei tertiären Leitungen und in der vierten
                              									neutralen Leitung entwickelt wurden.
                           Der Auszug der Beobachtungsprotokolle ergibt einen Beleg für die ausserordentlich
                              									grosse Gleichmässigkeit des Verlaufes der tertiären Ströme, deren Quelle 170 km
                              									entfernt lag.
                           Da die Frage von Interesse ist, ob die Grösse des constatirten Wirkungsgrades der
                              									Uebertragung durch den Charakter der Witterung längs der secundären Leitung bedingt
                              									werde, so wurde auch dieser Punkt berücksichtigt. Wenn auch die Versuchszeit zu kurz
                              									war, um eine bestimmte Antwort auf diese Frage zu geben, so drängen doch die
                              									vorliegenden Ergebnisse die Vermuthung auf, dass der Einfluss der Witterung auf den
                              									Wirkungsgrad einer derartigen Anlage wahrscheinlich ganz unerheblich ist. Nach der
                              									Ermittelung des Wirkungsgrades der Uebertragung bestand die nächste Aufgabe in der
                              									Ableitung des Wirkungsgrades der Lauffener Dynamo, um eine Analyse der einzelnen in
                              									der Uebertragung wirkenden Organe anzustreben und den constatirten Wirkungsgrad
                              									der Uebertragung als Producte der Wirkungsgrade der einzelnen
                              									Hauptbestandtheile der Anlage darzustellen.
                           Die normale Leistung der Lauffener Dynamo soll bei der Tourenzahl 150 und der
                              									Spannung 55 Volt 300  betragen. Wenn der aus den Messungen abgeleiteten
                              									Abhängigkeit des totalen Verlustes (durchschnittlich 12,5 ) von der Grösse
                              									der Leistung (154,4  im Maximum) bis zu 300  Gültigkeit zugestanden
                              									wird, so wäre der normale Wirkungsgrad der Lauffener Dynamo 0,954.
                           Da in der kurzen Zeit zur Vorbereitung der Messinstrumente Apparate zur directen
                              									Messung der von den Transformatoren der Anlage unter der Spannung von etwa 8000 Volt
                              									ausgegebenen bezieh. aufgenommenen Effecte weder durch Umwandelung schon vorhandener
                              									Messinstrumente, noch durch Herstellung neuer beschafft werden konnten, war die
                              									Bestimmung des Verhältnisses der von den Transformatoren der Anlage aufgenommenen
                              									und abgegebenen Effecte nur in der Form möglich, dass je zwei der in Lauffen und
                              									Frankfurt vorhandenen drei Transformatoren (zwei Transformatoren von je 100 Kilowatt
                              									Leistung der Allgemeinen Elektricitätsgesellschaft und
                              									ein Transformator von 150 Kilowatt Leistung der Maschinenfabrik Oerlikon) durch kürzeste Verbindung ihrer
                              									Hochspannungsleitungen zu einem System verkuppelt wurden, welches im ersten Theile
                              									die Spannung hinauf, im zweiten Theile herunter transformirte und der in das System
                              									unter niedriger Spannung eingeschickte, sowie der von dem System unter niedriger
                              									Spannung ausgegebene Effect einer Messung unterworfen wurde.
                           Als kürzester Weg zur Bestimmung dieser Effecte erschien die Verwendung von sechs
                              									gleichen Wattmetern, von denen drei mit ihren Hauptleitungen in die drei Zweige der
                              									primären Leitung, drei mit ihren Hauptleitungen in die drei Zweige der tertiären
                              									Leitung des Transformatorsystems einzuschalten. Die Commission hielt es jedoch für
                              									sicherer, die in die Transformatoren eingeleiteten Effecte nicht durch Verwendung
                              									von drei Wattmetern, sondern in irgend einer anderen Art zu messen, weil das
                              									Wattmeter bei Ermittelung des Effectes eines Wechselstromes die Kenntniss einer
                              									langen Reihe von Grössen erforderlich macht, die schwierig zu ermitteln sind.
                           Die Prüfung ergab den Wirkungsgrad des Transformators der Allgemeinen Elektricitätsgesellschaft bei 100 Kilowatt normaler Belastung
                              									zu 96 Proc.
                           Der maximale Wirkungsgrad, für welchen die Verluste in Eisen und Kupfer gleiche
                              									Grösse haben, ist gleich 96,1 Proc.
                           Von der Hälfte der normalen Belastung bis zur normalen Belastung ändert sich der
                              									Wirkungsgrad in fast unmerklicher Weise von 95,7 Proc. an aufwärts bis 96,1 Proc.
                              									von da abwärts bis 96,0 Proc.
                           Der Oerlikon-Transformator ergab denselben Wirkungsgrad. Aus den Messungen zur
                              									Bestimmung des Wirkungsgrades der Uebertragung ergab sich die Summe der
                              									Effectverluste von der Welle der Lauffener Dynamo bis zu den Endklemmen des
                              									Transformators von Frankfurt, und damit die Grösse des Wirkungsgrades der
                              									Uebertragung zu durchschnittlich 73,5 Proc.
                           Die Gesammtergebnisse der Prüfung sind in dem Berichte folgendermaassen
                              									zusammengestellt:
                           1) In der Lauffen-Frankfurter Anlage zur Uebertragung elektrischer Energie über eine
                              									Entfernung von 170 km mittels eines Systems von Wechselströmen mit der Spannung von 8500 bis 7500
                              									Volt und einer durch Oel und Porzellan isolirten nackten Kupferleitung wurden bei
                              									der kleinsten Leistung 68,5 Proc., bei der grössten Leistung bis zu 75,2 Proc. der
                              									von der Lauffener Turbine an die Dynamo abgegebenen Energie an den tertiären
                              									Leitungen in Frankfurt nutzbar gemacht.
                           2) Bei dieser Uebertragung tritt in der Fernleitung als einziger, durch die Messung
                              									fixirbarer Effectverlust der durch den Widerstand der Leitung bedingte Joule'sche Effect auf.
                           3) Theoretische Untersuchungen ergaben, dass der Einfluss der Capacität langer, in
                              									der Luft geführter nackter Leitungen zur Fortleitung von Wechselströmen für
                              									Energieübertragung auf den Wirkungsgrad der Uebertragung bei der Verwendung von
                              									Periodenzahlen 30 bis 40 bis 50 so gering ist, dass derselbe in der Planung
                              									elektrischer Energieübertragungen als ganz untergeordnete Grösse behandelt werden
                              									darf.
                           4) Der elektrische Betrieb mit Wechselströmen von 7500 bis 8500 Volt Spannung in
                              									mittels Oel, Porzellan und Luft isolirten Leitungen von mehr als 100 km Länge
                              									verläuft ebenso gleichmässig und sicher, wie der Betrieb mit Wechselströmen von
                              									niedriger Spannung in kurzen Leitungen.