Titel: | Das Eisen zum Bau von Wohnhäusern. |
Fundstelle: | Band 292, Jahrgang 1894, S. 279 |
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Das Eisen zum Bau von
Wohnhäusern.
(Fortsetzung des Berichtes S. 241 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Das Eisen zum Bau von Wohnhäusern.
Bemerkenswerthe Mittheilungen über einige Wand- und Deckenconstructionen in den
amerikanischen sogen. unverbrennlichen Stahlrahmen-Gebäuden macht Architekt H. Maier in Konstanz in der Deutschen Bauzeitung, 1894 Nr. 39. Es heisst dort:
„In technischer Hinsicht gingen die Amerikaner von jeher ihre eigenen Wege und
sind allen anderen Völkern weit vorausgeeilt. Ich habe vorigen Sommer viele
ihrer Constructionen auf dem Gebiete der Baugewerbe an Ort und Stelle eingehend
studirt und viel Gutes und Nachahmenswerthes gefunden.
Im Nachstehenden gebe ich einige Skizzen mit kurzer Beschreibung von feuersicheren
Bauconstructionen, die auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdienen.
Unsere Verfechter des Eisen- oder Gefachstils hatten gehofft, die Ausstellung
würde diesen so viel gepriesenen und besprochenen Stil etwas vervollkommnet
bringen, jedoch bot die Ausstellung kein einziges derartiges Gebäude.
Dieser unbildsame nackte Skelettstil findet in Amerika keinen Anklang. Man schützt
in der Regel schon aus technischen Gründen das Eisen mit feuer- und wetterfesten
Materialien, und aus ästhetischen Gründen umgibt man das Skelett mit Fleisch und
Blut.
Die Ausführung der Stahlrahmen- (steel frame) Gebäude ist eigenartig; es werden
beispielsweise keine durchgehenden Mauern gegründet, sondern nur Pfeiler für die
Säulen des Stahlgerüstes.
In Chicago ist der Baugrund schlecht und trotzdem werden 21geschossige Gebäude mit
92 m Höhe ohne jede Gefahr für die Dauerhaftigkeit derselben errichtet. Die
Gründung geschieht meist auf folgende Weise:
Für jeden Pfeiler werden 6 bis 8 Pfähle von etwa 15 m Länge eingerammt und mit
einem Balkenrost wagerecht abgeglichen. Darauf kommt eine Lage dicht neben
einander liegender Eisenbahnschienen und quer darüber ein Rost aus neben
einander liegenden ⌶-Trägern. Die Hohlräume der Roste
werden mit Cementmörtel ausgegossen. Die oberen Trägerflanschen bilden das
Auflager für die gusseisernen Säulensockel, die, quer zum ⌶-Trägerrost liegend, den Druck auf sämmtliche Träger übertragen und
diese wiederum auf alle Eisenbahnschienen.
Die Säulensockel werden äusserst genau mit dem Theodolit versetzt. Hierauf wird
das ganze Stahlgerüst bis einschliesslich Dach in kürzester Zeit mit Hilfe der
den ganzen Bauplatz beherrschenden grossen Krahnen aufgestellt. Ein Aufzug wird
sofort eingerichtet, der Personen und Material nach oben befördert. Zuerst
werden nun die Decken eingezogen und dann erst mit der Ummantelung der Säulen an
den Umfassungswänden begonnen. Ein äusseres Gerüst fällt fort. Die Baukrahnen
rücken mit dem Gebäude in die Höhe und finden ihre Unterstützung auf einer Säule
des Gebäudes.
Die Stahlsäulen haben die bei uns gebräuchlichen Querschnitte. Man unterscheidet
offene und geschlossene . Die ersteren sind beliebter, weil sie
besser controlirbar sind und Raum bieten zur Unterbringung von Gas- und
Wasserleitungsröhren. Alle diese Säulen erfordern 4 Nietreihen. Das kostet
Zeit und Arbeit, und der Amerikaner, dem Zeit Geld ist und Arbeit theuer zu
stehen kommt, trachtet bei allem danach, diese zu umgehen oder möglichst zu
verringern.
Die American Iron and Steel Works Jones and Langhlins
in Chicago fertigen nun eine Stahlsäule aus ⌶-Trägern
mit nur einer Nietreihe (vgl. auch 1891 281 * 216, wo
Larimer anstatt Latimer zu lesen ist). Sie nennt sich ‚Larimer Column‛ und besteht aus
2 in der Längsachse gebogenen ⌶-Trägern und einem
Ausfülleisen (filier bar). Ein Hauptvortheil dieser Säule ausser der billigen
Herstellung und der leichten Controlirbarkeit ist die äusserst einfache
Anflanschung von Unterzügen nach allen Seiten mittels gewöhnlicher ∟- und
⊏-Eisen (Fig. 44
und 46).
Textabbildung Bd. 292, S. 279
Fig. 44 a. e ∟-Eisen.c Larimersäule.Fig. 44 c. g
Gussplatte.Fig. 45 a bis c. Fussplatte für leichte Säulen.Fig. 46
a. e 2 ⊏-Eisen. f 1 ∟-Eisen.Fig. 46 e. h Stahlklammer, i Putz.Fig.
46 a bis c. Anflanschung von Unterzügen an die Larimersäule.Fig. 46 d
und e. Ummantelung der Larimersäule mit gebrannten Hohlsteinen.
Originell ist bei leichten Säulen die Gestaltung der Fuss- und Kopfplatte. Die
quadratische Platte wird kreuzweise nach den Diagonalen von der Mitte aus soweit
als nöthig aufgeschnitten. Die dadurch entstehenden Lappen werden nach Fig. 45a bis c aufgebogen und
dienen zur Befestigung an der Säule. Gas- und Wasserleitungsröhren finden
ausgezeichnete Unterkunft. Die Larimersäule wird in 8 verschiedenen
Querschnittsgrössen von etwa 15 bis 40 cm Durchmesser und in Längen bis zu 12 m
hergestellt. Das Material ist, wie es scheint, nur ein Flusseisen, das dem Stahl
etwas nahe kommt.
Die Ummantelung der Säulen geschieht nach Fig. 46c bis e mit gebrannten
Hohlziegelsteinen. Die einzelnen Hohlsteine werden durch Stahlklammern zusammen
gehalten. Die Stossfugen sind der Höhe nach versetzt und die über einer Fuge
liegende Klammer kommt in den Hohlraum der nächst folgenden Schicht zu liegen
und gibt dieser an der Auflagerfläche einen festen Halt. Die äussere Fläche ist
gerauht und mit Killen versehen zur Aufnahme des Putzes.
Zur Bildung feuerfester Decken verwendete man bis vor wenigen Jahren wie in Europa
Ziegelsteinkappen, Wellblech und Beton zwischen I-Trägern. Nachdem aber die hohen 10- bis 20geschossigen Gebäude immer
mehr Eingang gefunden hatten, waren diese Constructionen zu schwer und mussten
verlassen werden. Man griff auch hier zu gebrannten Hohlsteinen, wegen ihrer
Dauerhaftigkeit und Leichtigkeit.Eine
einschlägige Mittheilung findet sich in Engineering News vom 4. Juli 1891.
Textabbildung Bd. 292, S. 280
Fig. 47. Aeltere Methode.Fig. 48. Einschubziegel.Fig. 49.
Deckenbildung mit sogen. Hourdis der Konstanzer
Patent-Falzziegelei.Fig. 50. Neueste Methode sogen. End section
arch.Fig. 51. Leichte feuersichere Decke.Fig. 52.
Deckenziegel.
Die ältere Methode (Fig.
47) ist seit einer Reihe von Jahren und auch jetzt noch vielfach in
Gebrauch. Die Hohlsteine nehmen stets auch in der Höhe das ganze Trägerfach ein,
ein Auffüllen oder Ausbetoniren des Faches fällt also weg. Die Steine werden in
mehreren Grössen hergestellt und zu Decken stets so gewählt, dass ihre Oberkante
etwa 1 bis 2 cm unter Trägeroberkante zu liegen kommt, um auf letztere mit
Cementmörtel noch wagerecht abgleichen zu können. Unmittelbar hierauf kommt der
Terrazzo- oder Plättchenboden. Bei Holzfussböden werden auf den Estrich zuerst
schwalbenschwanzförmige Latten zur Befestigung der Riemen in geeigneten
Abständen aufgelegt und die Zwischenräume wiederum mit Cementmörtel oder
Schlackenbeton abgeglichen, so dass der Holzfussboden überall ein festes
Auflager besitzt.
Der untere Flansch der I-Träger wird durch
Einschubziegel verkleidet. Dieselben sind geformt und gebrannt, wie Fig. 48 zeigt,
nämlich je zwei zusammen. An den Stellen s sind sie
leicht eingerissen, so dass sie beim Gebrauch mit dem Hammer oder der Kelle aus
einander gesprengt werden können.
Nur bei untergeordneten und schwächeren Decken greift die untere Fläche des
Widerlagsteins um den unteren Flansch herum, wie bei den Widerlagsteinen der Konstanzer Patent-Falzziegelei (Fig. 49). Bei
geringen Constructionen läuft auch die Schlussteinfuge mit der Widerlagfuge
parallel. Diese Methode hat den Nachtheil, dass für jeden Stein des einzelnen
Bogens eine besondere Form herzustellen ist und dass nur etwa 25 Proc. des
Materials unmittelbar auf Druck beansprucht wird.
Die neue Methode (Fig.
50), welche die ältere rasch verdrängen wird, vermeidet beide
Nachtheile. Die Hohlräume laufen rechtwinkelig zu den früheren; sämmtliches
Material ist auf Druck ausgenutzt und die Hohlräume eignen sich vorzüglich zur
Unterbringung von Zugstangen, so dass die Decke auch zwischen freiliegenden
Trägern eingespannt werden kann. Beachtenswerth ist der Querschnitt der
einzelnen scheitrechten Bogen, die in Bezug auf ihre rechteckige Grundform (vgl.
Fig. 49 rechts)
von einander abgerückt erscheinen. Die entstehenden Zwischenräume sind jedoch
durch Auskragungen oben und unten wieder geschlossen.
Möglicher Weise hat auch der ⌶-Trägerquerschnitt das
Motiv dazu gegeben, obwohl die Beanspruchung als Bogen eine andere ist. Die
Construction ist „End section arch“ benannt und wird gefertigt für jede
Trägerhöhe bis zu 38 cm.
Zum Vergleich zeigt Fig.
49 eine ähnliche Deckenbildung mit sogen. Hourdis der Konstanzer Patent-Falzziegelei. Die Hourdis werden
leider nur 12 cm hoch und nur für 1 m Spannweite hergestellt, so dass noch eine
Menge Beton zur Ausfüllung nöthig wird.
Nachstehende Tabelle gibt einigen Aufschluss über die zulässige Spannweite und das
Eigengewicht des End section arch einschliesslich Cementestrich bis
Trägeroberkante.
Hohe der Decke
GrössteSpannweite
Gewichtfür 1 qm
23 cm
End section arch
2,10 m
147 k
30,5 cm
„ „ „
3,05 m
198 k
38 cm
„ „ „
3,35 m
246 k
23 cm
Hourdis (Fig.
49)
1,00 m
239 k
Daraus ist ersichtlich, dass durch das Ausfüllen der ganzen Trägerhöhe mit
Hohlsteinen eine verhältnissmässig sehr leichte Decke bei grosser Spannweite
gewonnen werden kann ohne erhebliche Mehrkosten.
Fig. 50 gibt links
die Verkleidung der Endträger mit geeignet geformten Ziegeln. Leichte,
aufgehängte, feuersichere Decken werden gebildet nach Fig. 51. Die
einzelnen Tafeln sind geformt und gebrannt nach Fig. 52 und werden
beim Gebrauch ebenfalls bei t aus einander
gesprengt, zwischen ⊥-Eisen eingesetzt und
verputzt.
Zum Schütze einer bestehenden Balkenanlage oder Holzdecke werden die gleichen
Ziegelplatten zwischen angenagelten passend geformten Stahlblechstreifen in
gleicher Weise eingeschoben.“
Es sei hier auch des Vortrages gedacht, den nach der Deutschen Bauzeitung, 1894 Nr. 6, B. Ohrt im
Architekten- und Ingenieurverein zu Hamburg (3. November 1893) über den Speicherbau
in Amerika und die Maassregeln gegen Feuersgefahr bei diesen Bauten gehalten
hat.
Der Vortragende hat auf seiner Rundreise in Amerika einen möglichst eingehenden Blick
in die Bauverhältnisse der Speicher dadurch bekommen, dass er viele Architekten
aufgesucht hat, die ihm durch das Bureau der Engineering
Society als im Speicherbau besonders hervorragend bezeichnet waren; er
rühmt sehr die liebenswürdige Zuvorkommenheit, mit der diese Herren ihre neu
erbauten Speicher zeigten und ihn über die dortigen Verhältnisse belehrten. Im
Nachstehenden sollen nun einige Ergebnisse dieser Studien aufgeführt werden:
„In New York ist in Betreff der Maassregeln gegen Feuersgefahr bei Speicherbauten
und in Betreff der zulässigen Grösse der Lagerräume, sowie der Einrichtung von
feuersicheren Treppenhäusern und Aufzügen von der Baupolizei nichts
vorgeschrieben. Es kann jeder seinen Speicher bauen wie er will, so lange
derselbe die Höhe von 85 Fuss (28 m) nicht überschreitet. Dagegen schreibt das
Baupolizeigesetz von New York bei Hotels, Theatern, Hospitälern, Schulen,
Gefängnissen u.s.w. und bei solchen Häusern, die eine Höhe von 85 Fuss
überschreiten, eine feuersichere Bauart vor. Dieselbe besteht der Hauptsache
nach darin, dass zu allen Constructionstheilen dieser Gebäude nur Stein, Eisen
(einerlei ob Gusseisen oder Schmiedeeisen) und unverbrennbare Stoffe verbraucht
werden dürfen. Ferner müssen bei diesen Gebäuden alle Eisentheile eingemauert
werden.
Es werden daher meistens die Wandsäulen unmittelbar in die Umfassungsmauern
eingemauert. Zwischen den Trägern werden aus besonders für solche Zwecke
hergestellten Terracottasteinen hergestellte Decken eingespannt. Eine Lage
Beton, in vorgeschriebener Mischung, 1 Th. Cement und 2 Th. Sand, überdeckt die
Träger und nimmt die Lagerhölzer für den darüber liegenden Fussboden auf. Alle
freistehenden Säulen, zu denen Gusseisen oder Schmiedeeisen verwendet werden
darf, müssen ebenfalls mit Terracottasteinen umkleidet werden.
Verlangt der Bauherr eines Speichers einen feuersicheren Bau, so richten sich die
Architekten meistens nach den eben angeführten Gesetzen, aber immer nur so weit
es dem Bauherrn für passend erscheint.
Bei Besichtigung einer ganzen Anzahl solcher sogen. feuersicherer Speicher fielen
mir die Verschiedenartigkeit und theilweise eine gewisse Sorglosigkeit, mit der
die Speicher erbaut waren, sehr auf. In keinem solcher Speicher war z.B. für
feuersichere Treppenhäuser gesorgt. Die Treppen wie die Aufzüge lagen in den
Waarenräumen selbst, und erstere waren in äusserst geringer Zahl vorhanden. Die
Waarenräume waren oft übermässig gross; einer hatte z.B. bei einer Breite von
rund 28 m eine Tiefe von über 100 m, ohne dass in einem der zehn Geschosse
irgend eine Trennungswand aufgeführt war. Bei anderen Speichern waren die
Wandsäulen in die Aussenmauern eingemauert, während die Innensäulen aus
Gusseisen oder Schmiedeeisen nicht ummauert waren.
Aus der Herstellung dieser Ummauerungssteine aus Terracotta hat sich in den
letzten 20 Jahren ein sehr gewinnbringendes Gewerbe herausgebildet, da diese
Steine vielfach auch bei Privathäusern Verwendung finden. Einer der
grössten Fabrikanten gab die Erklärung ab, dass die Eisentheile, die mit gutem
Terracottamaterial umkleidet wären, vor übergrosser Erhitzung unbedingt
geschützt würden, weil solche Steine beim Brand schon 1200 bis 1500° C.
ausgehalten hätten. Nach Aussage von mehreren Architekten sollen bei dem grossen
Brande des Metropolitan Opernhauses, Ecke der 40. Strasse und Broadway, die
Träger, die ummauert waren, dem Feuer auch vollständig erfolgreichen Widerstand
geleistet haben, während alles andere Eisenzeug zusammenstürzte.
Die Form der Umkleidungssteine hat sich einestheils der Gestalt der Säulen und
Träger angepasst, anderentheils haben die Architekten passende Säulen zur
Verwendung ausgesucht, um die Herstellung der Terracottasteine zu vereinfachen
und dadurch zu verbilligen. Die jetzt am meisten gebräuchliche Art der Säulen
hat die in Fig. 53 dargestellten Profile.
Textabbildung Bd. 292, S. 281
Fig. 53.Säulen für Speicherbauten.
In Chicago sind fast alle Speicher ganz primitive Bauten, mit den einfachsten
Föhrenholzconstructionen. Von 12 besichtigten Speichern war nur einer mit
ummauerten eisernen Säulen gebaut, einer hatte freistehende gusseiserne Säulen
mit Föhrenholzunterzügen und Balken, während die übrigen alle
Föhrenholzconstructionen hatten. Auch hier war nirgends für feuersichere
Treppenhäuser und Aufzüge gesorgt. Mehrere hervorragende Architekten erklärten,
für Chicago seien die Holzconstructionen in Speichern entschieden am
vortheilhaftesten. Holz sei in Chicago billig und die ausserordentlichen Kosten
der Eisenconstructionen mit den Ummauerungen ständen gar nicht in dem
Verhältnisse zu dem Nutzen, da bei einem wirklichen Speicherbrande allemal die
Eisenconstructionen ebenfalls zerstört würden. Wenn man in Chicago zu den
himmelhohen Geschäftshäusern Eisen und feuerfestes Material nähme, so hätte das
seine volle Berechtigung, weil man in diesen Häusern ausser den paar Möbeln
nirgends brennbare Stoffe aufstapele. Es könne in diesen Häusern also nie ein
Waarenbrand entstehen, und gegen einen einfachen Möbelbrand seien die
Eisenconstructionen durch die Ummauerung erfahrungsgemäss vollkommen geschützt.
– Um die Haltbarkeit der Holzconstructionen zu erhöhen, werden besondere
Maassregeln getroffen. Ein Architekt, der bei seinen Speicherbauten für Säulen
nur Eichenholz, für Unterzüge Pitchpine und für Balken und Fussboden Föhrenholz
gebraucht, bohrt aus der Mitte der Säulen, der Länge nach, ein Loch von 4 cm
Durchmesser, sowie oben und unten je eins bis zur Mitte, um auf diese Weise ein
Durchströmen von Luft im Inneren der Holzsäule zu erwirken. Hierdurch soll
erfahrungsgemäss eine gute Austrocknung des Holzes bewirkt und ein Faulen von
innen heraus, sowie ein Reissen des Holzes gänzlich vermieden werden.
In St. Louis sind bis vor etwa 6 Jahren die Speicher in ähnlicher Weise erbaut und
nur vereinzelt mit ummauerten Eisenconstructionen versehen worden. Seitdem aber
ein solcher Speicher (freilich mit nicht ummauerten Säulen) vom Feuer
vollständig zerstört wurde, ist man dort zu einer anderen Bauart übergegangen
und es sind bis jetzt 8 Speicher in dieser neuen Weise ausgeführt, von denen ich
Gelegenheit hatte, den grössten eingehend zu besichtigen.
Dieses Gebäude hat Umfassungsmauern und Zwischenwände von Stein, während alle
Säulen, Unterzüge, Balken und Fussböden von Föhrenholz sind. Dafür ist aber hier
das Grinell-Löschsystem angewendet. In dem ganzen Speicher sind für 50000 Doll.
eiserne Röhren in 2,6 m Entfernung unter allen Decken angebracht. In diesen
Röhren sind alle 2,6 m, im Ganzen 11000 Oeffnungen von 40 mm Durchmesser
vorhanden, die mit einem Metall verlöthet sind, das bei einer Hitze von 66° C.
schmilzt und aus denen dann Wasser, mit 6 bis 7 at Druck, sich auf das darunter
befindliche Feuer ergiesst. Auf diese Art kommen also auf einen Flächenraum von
6,7 qm = 4 Oeffnungen. Zur Speisung dieser Röhren stehen auf dem Boden 3
Reservoire von je 180 cbm Inhalt; ausserdem sind in dem Keller auch noch 3
Reservoire von demselben Inhalt aufgestellt, die mit einer stets unter Dampf
gehaltenen Maschine zum Hinaufpumpen in die oberen Reservoire in Verbindung
stehen. Die gesammten Schmelzplomben stehen mit einem Alarmapparat in
Verbindung, der auf dem Hofe angebracht ist; sobald eine Plombe geschmolzen ist,
wird dieser Apparat in Bewegung gesetzt und gleichzeitig zeigt eine Scheibe an,
welche Plombe zerstört ist. Ausserdem sind an den Aussenmauern eine ganze Anzahl
eiserner Feuerleitern angebracht, von denen aus die Feuerleute das Feuer
unmittelbar angreifen können. Ist das Feuer trotz all dieser
Vorsichtsmaassregeln doch heftig zum Ausbruch gekommen und alles Wasser aus den
6 Reservoiren verbraucht, so kann die Feuerwehr ihre Schläuche an auf den
Aussenmauern angebrachte Röhren anschrauben, wodurch das Wasser der Feuerwehr
unmittelbar in die Grinell'schen Röhren gepresst
wird. Dieser Speicher ist seit 3 Jahren in Betrieb und die Kaufleute zahlen in
diesem, wie in allen Speichern, in denen das Grinell-System eingeführt ist, nur
die Hälfte der sonst üblichen Versicherungsprämien, so dass die Anlagekosten
dieses Systems, nach Angabe der dortigen Herren, sehr bald sich bezahlt
machen.
Textabbildung Bd. 292, S. 282
Fig. 54.Löschvorrichtung für amerikanische Speicher.
Der besichtigte Speicher ist 133 m lang, etwa 80 m breit und besteht aus 2
Kellern, Raum und 6 Geschossen; 4 Gleise führen zum benachbarten Bahnhof, wo
täglich 60 bis 70 Eisenbahnwagen ent- und beladen werden.“
Die weiteren Mittheilungen übergehen wir, da sie sich meistens auf Holzconstruction
beziehen. Der Vortragende kommt übrigens zu dem Endergebniss, dass in Hamburg
erheblich sorgfältiger gebaut wird, als drüben in Amerika.