Titel: | Elektrisch angetriebene Drehbank der Deutschen Elektricitätswerke zu Aachen. |
Fundstelle: | Band 293, Jahrgang 1894, S. 161 |
Download: | XML |
Elektrisch angetriebene Drehbank der Deutschen Elektricitätswerke zu
Aachen.Elektrotechn.
Zeitschr. 1894
Mit Abbildung.
Elektrisch angetriebene Drehbank der Deutschen Elektricitätswerke
zu Aachen.
Die von den Deutschen Elektricitäts werken zu Aachen im vergangenen Frühjahr gebaute
Drehbank wird mittels Reibungsscheiben vom Elektromotor aus angetrieben und ist seit
nunmehr ¾ Jahren unausgesetzt im Betriebe. Als Elektromotor dient ein solcher für ⅔
Leistung bei 100 Volt und 1200 Umgängen. Behufs Unterbringung des Motors
unterhalb des Bettes der Drehbank wurde das gewöhnliche Modell der Deutschen
Elektricitätswerke verlassen und eine gedrängte Anordnung für vorliegenden Zweck
geschaffen. Aus der Figur ist ersichtlich, dass die Ankerachse durch die
Jochplatten, welche hier als Seitenwände dienen, hindurchgeführt ist; dadurch
erhielt der Motor geringere Breite und grössere Länge. Die anfängliche Befürchtung,
dass sich ein Theil der Kraftlinien direct durch die Achse der Armatur schliessen
würde, hat sich als hinfällig gezeigt, denn durch dicke Lagerschalen aus Bronze,
sowie durch magnetische Isolation des Ankers von seiner Achse war dafür gesorgt,
dass dieser Fehler, eine Streuung durch magnetischen Nebenschluss geringeren
Widerstandes, nicht eintreten konnte. Um den Motor möglichst vollkommen vor dem
schädlichen Eindringen von Fremdkörpern zu schützen, ist der Collector mit in das
Innere des gusseisernen Gestelles gelegt, und sind die beiden offenen Seiten durch
dünne, nicht gelochte Schutzbleche geschlossen. Zu beiden Seiten des Collectors
befinden sich Thüren mit Glasfenstern, um etwaige Säuberungen des Strom Sammlers und
das Nachstellen der Bürsten besorgen und den Motor stets beobachten zu können.
Während der Dreharbeit ist es unvermeidlich, dass Eisenspäne an dem Bett
heruntergleiten; trotzdem das Bett magnetisch in Verbindung steht mit dem
Schenkelkreis des Motors, bleiben doch zufolge der günstigen Anordnung der
Manteltype wenig, zumeist nur ganz feine Stäubchen an demselben hängen. Eine
Streuung in dieser Richtung, sowie eine magnetische Aussenwirkung muss also
ebenfalls verneint werden. Uebrigens arbeitet auch der Motor mit der
verhältnissmässig geringen Sättigung von 4000 Linien/qc sowohl des Anker- als auch des
Gusseisens; gleichwohl ist in Folge grösseren Abstandes zwischen Polschuh und
Ankereisen und wegen des kleinen Werthes des Polschuhcentriwinkels die
Bürstenstellung während wechselnder Belastungen von 0 bis 10 Ampère Ankerstrom bei
völliger Funkenlosigkeit constant.
Da der Motor mit Nebenschlusswickelung ausgeführt ist, befindet sich auf dem einen
der seitlichen Bleche, links neben dem Glasfenster, ein Anlasswiderstand so montirt,
dass er dem Dreher zum Ein- und Ausschalten bequem zur Hand ist. Der
Nebenschlusstrom ist nicht regulirbar, da der Motor bis auf 6 Proc. seine
Umgangszahl hält und die Geschwindigkeit der Spindel ohnedies unabhängig von der
jeweiligen Umgangszahl des Motors durch Verstellen der Reibungsräder sprunglos
geändert werden kann. Mit auf den Anlasswiderstand kann eine Bleisicherung montirt
werden, welche ein Durchbrennen der Ankerwickelung bei irgend welcher Ueberlastung
verhindert.
Textabbildung Bd. 293, S. 161Elektrisch angetriebene Drehbank. Der Hauptgesichtspunkt bei der Anordnung des Getriebes war folgender: Der
Arbeiter soll räumlich nicht mehr als bei den jetzt üblichen Drehbänken behindert
sein, also – möglichste Bequemlichkeit – und ferner soll der Antrieb so sein, dass
er sich bei vorhandenen Stufenscheibenbänken ohne grosse Aenderung anbringen lässt.
Dies ergibt zwei senkrecht innerhalb der Drehbank gelagerte Vorlegewellen p und q, von denen p ausrückbar ist. Der Antrieb geschieht also von der
Reibungsscheibe a auf der Achse des Motors auf die
Scheibe b, welche mit der Vorgelegewelle p in Verbindung steht. Entweder greift nun das Zahnrad d in e ein, oder wenn die
ausrückbare Welle p gesenkt wird, arbeitet das Zahnrad
f mit g. Die Bewegung
wird schliesslich durch die konischen Räder h und i übertragen und somit die Spindel betrieben. Man sieht
also, dass das Räderpaar hi die Stelle der beiden
Stufenscheiben einer gewöhnlichen Drehbank einnimmt. Das äussere an den jetzt
üblichen Drehbänken vorhandene Vorgelege mit den Zahnrädern klmn ist beibehalten.
Die Uebersetzungsverhältnisse sind so gewählt, dass ohne Regulirung an dem Handrad
o der kleinen Reibungsscheibe die Spindel 5,6 bis
86 Umgänge in der Minute macht; hierbei ist das Uebersetzungsverhältniss der
Reibungsscheiben 1 : 3,2; die kleine Scheibe ist bis an den Umfang der grossen
zurückgedreht. Da durch Vordrehen der kleinen Scheibe sich nun das
Uebersetzungsverhältniss auf 1 : 1 verringern lässt, so wird die Spindel der
Drehbank bei schnellstem Lauf etwa 268 minutliche Umgänge machen können. Innerhalb
dieser Geschwindigkeiten von 5,6 bis 268 Umgängen lässt sich jede Zahl sprunglos
hervorbringen, was ein grosser Vortheil vor den zur Zeit üblichen Drehbänken, welche
bei Verwendung von Stufenscheiben auf eine sprungweise Veränderung der
Geschwindigkeit angewiesen sind, bedeutet.
Um den erforderlichen Anpressungsdruck der Scheibe b und
a hervorzubringen, ist eine durch eine Mutter
regulirbare Feder c eingeschaltet; dieselbe ist aber
selbst bei voller Belastung noch nicht in Thätigkeit getreten, so dass
augenscheinlich das blosse Gewicht der Scheibe b,
welches der Hälfte des Druckes der Feder entspricht, für die Uebertragung der Kraft
von einer Scheibe zur anderen genügt.
Erwähnt sei noch, dass das Getriebe nebst Elektromotor an eine vorhandene Drehbank
angepasst wurde; eine eigens dazu vorgesehene Bank Hesse sich natürlich entsprechend
besser anordnen; es kam jedoch hier gerade darauf an, die Möglichkeit zu zeigen,
gewöhnliche Drehbänke ohne grosse Kosten mit elektromotorischem Betrieb zu
versehen.
Im Anschluss hieran seien einige Versuche mitgetheilt, welche den Kraftbedarf einer
derartigen Drehbank erkennen lassen; bei diesen wurde zunächst der Kraftbedarf des
leerlaufenden Motors festgestellt, nachdem die Reibungsscheibe b gehoben worden war. Es ergab sich für den Leerlauf
des Motors 1,7 Ampère 110 Volt. Sodann wurde die Scheibe b gesenkt und mit dem Uebersetzungsverhältniss 1 : 3,2 des
Reibungsgetriebes
1) vom Zahnrad d auf e,
2) vom Zahnrad f auf g,
ohne das Vorgelege klmn,
3) vom Zahnrad d auf e,
4) vom Zahnrad f auf g mit
dem Vorgelege klmn gearbeitet.
Es ergaben sich die nachfolgend zusammengestellten Resultate, wobei die
Klemmenspannung des Motors 110 Volt betrug.
Umgangszahlder Spindel
Ampèredes Motors
86
3,4
von
d
auf
e
ohne
Vorgelege
38
2,7
„
f
„
g
„
„
13
3,2
„
d
„
e
mit
„
5½
2,6
„
f
„
g
„
„
Was hierbei zunächst auffällt, ist der Umstand, dass das Vorgelege klmn keine nennenswerthe Kraft verbraucht. Des Weiteren
geht aus den Angaben hervor, dass der Kraftverbrauch des Rädergetriebes bei
Uebertragung von d
auf e wesentlich höher ist, als bei Uebertragung
von f auf g, was seine
Ursache natürlich in der gesteigerten Geschwindigkeit des Räderpaares hi hat. Nach diesem wurden die Versuche wiederholt,
indem die untere, senkrechte Reibungsscheibe a so
eingestellt wurde, dass sich eine Uebersetzung von 1 : 2 ergab; die Ergebnisse waren
dieselben, die Ampère lagen um so viel höher, als sich aus der grösseren Umgangszahl
des Räderpaares hi erwarten liess; das Vorgelege klmn verbrauchte keine nennenswerthe Kraft.