Titel: | Spannungsmesser für Brücken. |
Autor: | M. Balcke |
Fundstelle: | Band 293, Jahrgang 1894, S. 176 |
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Spannungsmesser für Brücken.Ueber Spannungsmesser vgl. D. p. J. 1882 243 * 207 und 1884 252 * 284.
Von M. Balcke in Düsseldorf.
Mit Abbildungen.
Spannungsmesser für Brücken.
Die bisher üblichen Probebelastungen eiserner Brücken geschahen mit grösserer als der
gewöhnlichen Betriebslast; dabei ist nicht zu verkennen, dass diese grössere
Belastung Gefahren für die fernere Widerstandsfähigkeit der Brücke einschliessen
kann. Wenn auch das Maass der elastischen Durchbiegung der Brücke bei derartiger
Belastung das angenommene erlaubte Maass nicht überschreitet, so ist aus diesem
Belastungsergebnisse noch kein Schluss auf die Sicherheit der einzelnen
Constructionstheile zu ziehen.
Die Angaben der allbekannten Tabellen über Elasticitätsmodul und Elasticitätsgrenze
können für die Prüfung der Betriebssicherheit eiserner Brücken, sowie für die
Prüfung des dafür zu verwendenden Materials deshalb nicht als ausreichend erkannt
werden, weil Eisen von verschiedenen Werken und verschiedener Herstellungsart auch
verschiedenes Verhalten bei Belastung bis zur Elasticitätsgrenze zeigt. Da nun
dieses Verhalten zunächst in Frage kommt, das Verhalten bei Belastung bis zur
Bruchgrenze, wie solches als Maass von Festigkeit und Dehnung vorgeschrieben wird,
hingegen in seinem Werthe zurücktritt, so erscheint es geboten, für jedes Eisen
besondere Prüfungen von Probestäben anzustellen, welche die elastischen
Formveränderungen in den einzelnen Phasen der Belastung bis zu deren
Elasticitätsgrenze und diese Grenze selbst mit Sicherheit erkennen lassen. Diese
Prüfungen bilden die Grundlage der in Nachfolgendem vorgeführten Spannungsmessung an
einzelnen Brückentheilen; sie werden mittels zweier Belastungsmaschinen, deren Beschreibung hier
folgt, bewerkstelligt und haben den Zweck, Elasticitätsmodul und Elasticitätsgrenze
des gegebenen Eisens ziffermässig zu ermitteln und auf einen Keilmaasstab zu
überträgen; welcher danach in dem Spannungsmesser zum directen Messen der
Brückentheile verwendet wird.
Der Spannungsmesser (D. R. P. Nr. 69367) Fig. 1 bis 13, hat den Zweck, bei
Belastung eiserner Brücken die Verlängerung oder Verkürzung einzelner Brückentheile
zu messen, daraus deren Spannung innerhalb der Elasticitätsgrenze und so die Grösse
der bestehenden Betriebssicherheit festzustellen. Dasselbe besteht aus folgenden
Theilen:
Textabbildung Bd. 293, S. 176Balcke's Spannungsmesser. 1) Zwei Klemmen a und b, welche an den zu prüfenden Brückentheilen so befestigt werden, dass die
zu messende Länge zwischen den Schrauben c ein
bestimmtes Maass von 1 bis 2 m beträgt, a dient als
fester, b als beweglicher Punkt beim Messen.
2) Ein Zeiger d, in a fest,
in b verschiebbar, trägt in b zwei Messpitzen x und x1, jede mit einem
Theilstriche. Spitze x dient zum Messen der gezogenen,
x1 zum Messen der
gedrückten Brückentheile.
3) Ein Widerlager e zwischen den Spitzen x und x1. Die Schrauben ff
ermöglichen das genaue Einstellen der Entfernung zwischen Messpitze x oder x1 und Widerlager e.
4) Ein Keilmaasstab g dient zum Messen zwischen e und x bezieh. e und x1. Längung und Kürzung eines vorübergehend
belasteten Brückentheiles nehmen im Verhältnisse der Belastung zu, so lange die
Elasticitätsgrenze nicht überschritten wird. Deshalb kann aus der elastischen
Verlängerung oder Verkürzung des Brückentheiles die Spannung desselben gemessen
werden, wenn die Theilung des Keilmaasstabes der Elasticität des Brückenmaterials
entspricht. Um diese Theilung herzustellen, wird das Instrument an einen Probestab
des gleichen Materials befestigt, der Stab nach einander mit 1, 2, 3, 4 u.s.w.
Kilogramm auf 1 qmm seines Querschnittes belastet bis zur Elasticitätsgrenze und in
jedem Falle der Theilstrich der Messpitze x auf dem
Keilmaasstab übertragen, welcher somit für den Gebrauch bereit ist.
Das Messen der Verlängerung oder Verkürzung eines Brückentheiles bei Belastung der
Brücke geschieht, indem der Keilmaasstab zwischen das bewegliche Widerlager e und eine der festen Messpitzen x oder x1 geschoben wird, so dass der Zwischenraum
ausgefüllt ist.
Angenommen, der Elasticitätsmodul des Eisens sei 20 000. Wird der Brückentheil mit 1
k auf 1 qmm seines Querschnittes belastet, so ist dessen Verlängerung bezieh.
Verkürzung auf 1 m Messlänge
=\frac{1}{20000}\,\mbox{m}=0,05\,\mbox{mm}. Der Keilmaasstab
habe auf 100 mm Länge eine Breitenzunahme von 2 mm; ein Theil von 1 mm Maasstablänge
entspricht somit der Bewegung des Widerlagers e von
0,02 mm. Der Keilmaasstab wird daher in dem gegebenen Falle um 2,5 mm vorrücken, um
den Raum zwischen e und x
auszufüllen. Die um 1 k auf 1 qmm erhöhte Spannung des Brückentheiles ist somit
direct vom Keilmaassstabe ablesbar.
Die statische Berechnung ergibt die Spannung der einzelnen Brückentheile durch das
Eigengewicht der Brücke, – das Instrument ergibt die Spannung durch die Belastung
der Brücke. – Wird daher vor Beginn der Belastung die Oeffnung ex mittels der Schrauben ff auf dasjenige Maass gestellt, welches auf dem Keilmaasstabe die
Spannung aus dem Eigengewicht der Brücke angibt, so wird bei Belastung derselben auf
dem Keilmaasstabe die gesammte Spannung des Brückentheiles abzulesen sein. Da ferner
auf dem Keilmaasstabe die Elasticitätsgrenze verzeichnet ist, so ist die Grösse der
Betriebssicherheit des Brückentheiles ohne weiteres festzustellen und zwar, ohne mehr als
Betriebslast, deren Gewicht festgestellt ist, als Probebelastung aufzubringen.
Da eine persönliche Beobachtung des Instrumentes bei rollender Belastung der Brücke
in vielen Fällen ausgeschlossen ist, so arbeitet das Instrument, nachdem es
eingestellt worden ist, selbstregistrirend. Ist dessen Befestigung an den
Brückentheilen in der Art möglich, dass der Keilmaasstab senkrecht steht, so sinkt
derselbe durch sein Eigengewicht in die vergrösserte Oeffnung ex bezieh. ex1. In anderen Lagen des Instrumentes muss durch
Faden und Gewicht die Selbstbewegung des Keilmaasstabes unterstützt werden. – Die
Messpitzen x und x1 sind mit Schiebern ii
verbunden und durch Federn kk in ihrer Messlage
erhalten. Die Federn sind stark genug, um von der Selbstbewegung des Keilmaasstabes
nicht beeinflusst zu werden; sie halten hingegen nach Beendigung der Belastung den
Keilmaassstab in der Lage fest, welche demselben während der Belastung der Brücke
gegeben wurde.
Das Instrument ist geeignet, die Mängel zu beseitigen, welche dem bisherigen
Verfahren der Probebelastungen anhafteten. Im besonderen sind ausser den Spannungen
in den einzelnen Theilen der Tragwände auch die secundären Spannungen der Gurtungen,
hervorgerufen durch einseitige Querträgerbelastung, durch Seitenbelastung der
Tragwände in Bahncurven und bei Winddruck zu messen, wenn ein Instrument an der
inneren und ein zweites an der äusseren Kante der Gurtung befestigt wird; ferner
sind die Spannungen der wagerechten Diagonalstäbe bei Bahncurven und bei Winddruck,
ferner die Spannungen in Querträgern, Schwellenträgern und kleinen Brücken zu
messen. Die Sicherheit des Messens und die Wahrheit des Messergebnisses sind durch
die Einfachheit des unmittelbaren Messens der Verlängerungen oder Verkürzungen der
einzelnen Brückentheile gewährleistet.
Die Spannungsmesser werden in drei verschiedenen Ausführungen geliefert, wie solche
in der beigegebenen Zeichnung dargestellt sind:
Spannungsmesser A, in feinster Ausführung 270 M. kostend
(Fig. 1 bis 6), hat den Vorzug der
bequemeren Einstellung der Entfernung zwischen den Messpitzen x oder x1 und dem Widerlager e,
weil die Schrauben ff, mittels derer das geschieht, in
unmittelbarer Nähe liegen. – Die Griffweite der Klemmen ist für Eisendicken der
Brückentheile bis 20 mm, welches Maass in vielen Fällen genügt. Für grössere
Eisendicken, bis 50 mm, werden die beiden Messkörper auf Klemmplatten befestigt,
welche als besondere Stücke dem Instrumente beigegeben sind. Für noch grössere
Eisendicken werden auf Wunsch entsprechende Klemmplatten geliefert.
Spannungsmesser B, vereinfacht in Construction und
Ausführung zu 180 M. (Fig.
7 bis 12), um
rauheren äusseren Einflüssen zu widerstehen, trägt die Schrauben ff am anderen Ende der Messtange. Die Griffweite der
Klemmen ist für Eisendicken bis 30 mm gewählt, welches Maass zumal bei neueren
Brücken wohl selten erreicht werden dürfte. Das Festhalten des Keilmaasstabes nach
bewegter Belastung durch die Schieber i und Federn k ist in gleicher Ausführung wie bei A, so dass die Verwendung dieses Instrumentes der von
A gleich ist.
Spannungsmesser C, einfachste Construction 135 M.,
widerstandsfähig (Fig.
13) gegen etwaige Verunreinigungen und rauhes Wetter, trägt die
Messpitzen unbeweglich an der Messtange, ist daher nur für ruhende Belastung durch
Sand, Schienen u.s.w. zu verwenden. Vor der Entlastung der Brücke ist das Keilmaass
zu entfernen, um ein Festklemmen desselben zu vermeiden. In allen übrigen Theilen
ist das Instrument gleich dem B (Fig. 7 bis 12).
Die Messtangen werden je nach Wunsch 1 bis 2 m lang geliefert. Die bisher verwendeten
sind 1200 mm lang und genügten bei den verschiedensten Messungen.
Die Keilmaasstäbe sind wegen Vermeidung magnetischer Einflüsse von Bronze, in ihrer
Form für alle Spannungsmesser gleich, in ihrer Theilung bei gleichen Messlängen und
gleichem Elasticitätsmodul gleich, so dass derselbe Maasstab bei verschiedenen
Instrumenten benutzt werden kann. Sollte eine Feststellung des Elasticitätsmoduls
für einzelne Fälle nicht als erforderlich erachtet werden, so wird die Theilung des
Maasstabes auf Wunsch dem mittleren Modul = 20000 entsprechend hergestellt.
Die Zugbelastungsmaschine hat den Zweck, Probestäbe der gleichen Qualität wie die des
Materials der zu prüfenden Brücke mit 1, 2, 3, 4 u.s.w. Kilogramm auf 1 qmm ihres
Querschnittes bis zur Elasticitätsgrenze zu belasten und in den einzelnen Phasen der
Belastung die elastische Verlängerung des Stabes auf den Keilmaasstab zu übertragen.
Die auf diese Weise entstandene Theilung des Keilmaasstabes wird alsdann bei Prüfung
der Brückentheile rückwirkend zum Messen der Längung und Kürzung und so zur directen
Ablesung der Spannung des Brückentheiles benutzt. Für die Belastung ist Zug gewählt,
weil die so gewonnene Theilung des Keilmaasstabes auch für Druckbelastung angewendet
werden kann.
Die Maschine hat ferner den Zweck, den Elasticitätsmodul des Eisens in dem Probestabe
ziffermässig festzustellen.
Der Bruchtheil der Länge eines Stabes, um welchen derselbe bei der Zugbelastung von 1
k auf 1 qmm seines Querschnittes ausgedehnt wird, ist der Elasticitätscoëfficient
des Eisens. Derselbe findet somit in der Theilung des Keilmaasstabes seinen
unmittelbaren Ausdruck. Unter Wiederbenutzung des S. 176 angezogenen Beispiels, dass
ein Stab von 1 m = 1000 mm Länge bei Belastung von 1 k auf 1 qmm um 0,05 mm
ausgedehnt wird, der Keilmaassstab also um 2,5 mm vorrückt, ist der
Elasticitätscoëfficient =\frac{0,05}{1000}=\frac{1}{20000}.
Der Elasticitätsmodul ist der umgekehrte Werth des Elasticitätscoëfficienten, in
diesem Falle = 20000. Die Zugbelastungsmaschine hat schliesslich den Zweck, die
Handhabung des Spannungsmessers und die Art des Messens zur Anschauung zu bringen,
da die Behandlung des Instrumentes auf der Belastungsmaschine genau dieselbe ist,
wie an einer zu prüfenden Brücke. Der mit der Brückenprüfung betraute Ingenieur ist
somit in der Lage, sich mit der Behandlung des Instrumentes vertraut zu machen, um
danach die Spannungen der einzelnen Brückentheile und das Maass der vorhandenen
Betriebssicherheit der Brücke mit Sicherheit festzustellen. Die Maschine besteht aus
einem Bett mit Aufrechten an beiden Enden; an der einen wird der Probestab
festgespannt, an der andern durch abbalancirten Kniehebel belastet. Zwischen beiden
Aufrechten wird an den Probestab ein Spannungsmesser in genau derselben Weise wie an
einem Brückentheile befestigt. Als Probestab ist ein Quadratstab von 10 mm Seite = 100
qmm Querschnitt gewählt, als Hebeverhältniss 1 : 10, so dass 10 k auf der Wagschale
eine Belastung von 1 k auf 1 qmm des Stabquerschnittes bewirken. Mittels Handrad und
Schraube kann die Belastung des Stabes aufgehoben werden.
Textabbildung Bd. 293, S. 178Ergebnisse mit Balcke's Spannungsmesser. Die Biegebelastungsmaschine hat den Zweck, die Elasticitätsgrenze in einem
Probestabe festzustellen. Derselbe wird rechtwinklig zu seiner Längenachse, in der
Mitte zwischen den Auflagern, mit 1, 2, 3, 4 u.s.w. Kilogramm Spannung auf 1 qmm der
äussersten Faser belastet, in den einzelnen Phasen der Belastung die elastische
Durchbiegung gemessen und festgestellt, bei welcher Spannung eine bleibende
Durchbiegung erfolgt.
Als Probestab dient ebenfalls ein Quadrat- stab,
dessen Seite
h = 1 cm
Die Entfernung der Auflager
l = 66⅔ cm
Das Widerstandsmoment des Stabquer- schnittes
=\frac{h^3}{6}
w=\frac{1}{6}
Die Belastung (nacheinanderfolgend) 1, 2, 3, 4 u.s.w.
Kilogramm
P = 1 k
Die Spannung der äussersten Faser
=\frac{P\,.\,l}{4\,.\,w}=100\,k auf 1 qcm = k = 1 k auf 1 qmm.
Da die Belastung des Stabes mit 1 k eine äussere Faserspannung von 1 k auf 1 qmm
bewirkt, so ist die Elasticitätsgrenze durch die Grösse des Belastungsgewichtes bei
dem Eintritt der bleibenden Durchbiegung gegeben.
Die Durchbiegung wird mittels eines Keilmaasstabes gemessen, dessen Breitenzunahme
auf 100 mm Maasstablänge = 5 mm beträgt.
Die Maschine besteht aus einem Bett mit prismatischen Auflagern für den Probestab und
Stützen eines über dem Probestabe festgelegten Lineals. Auf dem Stabe wird über dem
Belastungsbügel ein Zeiger festgeklemmt. Der Keilmaasstab, in seiner ganzen Länge
mit Millimetertheilung versehen, dient zwischen Lineal und Zeiger zum Messen der
elastischen Durchbiegungen und nach Entlastung des Stabes zur Feststellung, ob die
Durchbiegung gleich Null geworden ist; ferner zur Feststellung der beginnenden
bleibenden Durchbiegung. Die combinirte Zugbelastungs- und Biegebelastungsmaschine
(auf demselben Bett) kostet 610 Mark.
Bei einer Probebelastung wurden nachstehende Angaben ermittelt:
Textabbildung Bd. 293, S. 178
Laufende Nummer der Messung;
Querschnittsform; Spannungen in k auf 1 qmm; + = Zug; – = Druckspannung; 2
Flacheisen; Flacheisenkreuz; Fig. 17; oben aussen; schnelle Fahrt; unten aussen;
unten innen; oben innen; Diff.; Die Brücke ist ohne oberen Querverband; die
Druckspannung der oberen Gurtung daher wegen der wagerechten Einbiegung an der
Aussenkante grösser als an der inneren; Oberkante des Senkrechtsbleches;
langsam; an den vier Kanten der beiden Stäbe gleichzeitig gemessen; innen;
aussen; erste Achse ruhend auf Querträger 3; zweite; dritte; Es tritt
nacheinanderfolgend Zug und Druck in jedem Stabe ein; Kante; Die einseitige
Belastung durch die Diagonale bewirkt eine seitliche Durchbiegung der
Senkrechten
Belastung durch zwei Tendermaschinen in schneller, in einzelnen Fällen in
langsamer Fahrt oder ruhend. Das Messen der Spannungen durch die Belastung geschah
mit vier Spannungsmessern Balcke, welche gleichzeitig
an verschiedenen Kanten eines Querschnittes befestigt waren. Die Messresultate
ergeben die Spannung auf 1 qmm des Querschnittes. Die laufende Nummer der Messung
ist in der Skizze verzeichnet.
Der Balcke'sche Spannungsmesser hat vor dem von Fränkel und Manet den
Vorzug, dass er auch bei schneller Fahrt die Wahrheit sagt, während der Schreibstift
Fränkel's und der Zeiger Manet's nach beiden Seiten über das Ziel hinausschiessen und sogar dadurch
bei nur unzweifelhaft gezogenen Stäben Druck anzeigen, nachdem die Zugspannung
entschieden zu gross angegeben wurde. – Die statische Berechnung arbeitet nur mit
Linien, während die Spannungen in den einzelnen Punkten, z.B. einer Gurtung, sehr
verschieden sind. Nr. 1, 4, 5, 11 der Messungen. Die Nebenspannungen, 4 und 5, sind
durch statische Berechnung nur sehr unvollkommen zu ermitteln, während sie der
Balcke'sche Spannungsmesser bestimmt und klar gibt. – Die Arbeitsfehler, wenn durch
verkehrtes Abdornen und Nieten Spannungen erzeugt werden, zeigt Nr. 8 mit
überzeugender Bestimmtheit.
In Nr. 22 1894 der Deutschen
Bauzeitung theilt Regierungsbaumeister Breuer
in Hagen die Ergebnisse einiger Messungen mit dem Balcke'schen Spannungsmesser mit wie folgt: Bei der Bedeutung, welche ein
zuverlässiger, von jedem Fachmanne leicht zu handhabender Spannungsmesser für
Brückenprüfungen in Anspruch nimmt, dürfte es weitere Kreise interessiren, wenn in
Folgendem die Ergebnisse dieser Messungen, die im Allgemeinen befriedigend waren und
mit den rechnerisch ermittelten Spannungen mehr oder weniger übereinstimmten,
mitgetheilt und dabei auch ungünstige Erfahrungen nicht verschwiegen werden.
1) Ruhrbrücke bei
Hohensyburg.
Die Hauptträger sind Parabelträger von 33 m Stützweite, deren
Spannungen sich ziemlich genau bestimmen lassen. Die Brücke ist eine sogen.
„offene“ mit kastenförmigem breitem Obergurt. Die grösste Beanspruchung
in Folge Verkehrslast (2 Maschinen) wurde gemessen:
a) beim
Untergurte:
für„
ruhendefahrende
Last„
zu„
400450
k/qc„
Rechnerische Beanspruchung,460 bis 470
k.
Die Beanspruchung an der inneren und äusseren Seite des
Untergurtes war gleich gross.
b) Beim Obergurte wurde an der inneren Seite abgelesen: bei
ruhender Last 580 k/qc, bei fahrender Last 640 k/qc; an der äusseren Seite: bei ruhender Last 480 k,
bei fahrender Last 510 k.
Die rechnerische Beanspruchung des Obergurtes in Folge
Druckbeanspruchung allein würde geringer sein als die gemessene, aber die Stäbe sind
auch auf Zerknicken beansprucht und die seitlichen Schwankungen sowie die
excentrische Befestigung der Querträger am Untergurte zu berücksichtigen. Letzter
Umstand kann bei kastenförmigem Gurtquerschnitte zur Folge haben, dass die inneren
Diagonalen sowie die innere Seite der Senkrechten und Gurte stärker beansprucht
werden als die äusseren Seiten. Die Unterschiede in den gemessenen Beanspruchungen
stimmen mit der zeitigen Theorie der Brücken mehr oder weniger überein.
2) Eisenbahnüberführung bei
Hagen.
Die Brücke ist eine offene mit Parallel trägem doppeltheiligen
Systems von 29 m Stützweite. Die Messung am Obergurte ergab eine höhere
Beanspruchung als die Rechnung. Der Obergurt hat einen ⍑ Querschnitt, die
Gitterstäbe sind an das Stehblech angeschlossen, Knotenbleche nicht vorhanden. Es
ist daher bei der Berechnung ein zweifelhafter Punkt, ob das Stehblech zum
Gurtquerschnitt zu rechnen ist und in wie weit, oder nicht, da das Stehblech durch
die von dem Gitterwerk aufzunehmenden Kräfte hinlänglich beansprucht wird. Der
Spannungsmesser zeigte 760 k allein in Folge der Verkehrslasten und zwar an der
inneren Seite bei fahrender Last. Die Rechnung würde nur dann eine Beanspruchung von
750 k ergeben, wenn der grösste Theil des Stehblechs bei der
Querschnittsermittelung ausser Acht bliebe. Würde nur die obere Hälfte des
Stehblechs zum Querschnitt gerechnet, so würde die rechnungsmässige Beanspruchung
700 k betragen, mithin mit der gemessenen mit Rücksicht darauf, dass diese an der
inneren Seite abgelesen wurde und die mittlere etwas grösser ist, nicht ganz
übereinstimmen.
Die Messung eines Diagonalstabes ergab in befriedigender
Uebereinstimmung mit der Rechnung für ruhende Last 380 k, fahrende Last 500 k.
3) Ruhrbrücke bei Wetter.
Die Brücke ist eine offene mit engmaschigen continuirlichen
Parallelträgern von 33 m Stützweite mit einer Mittelstütze. Die Ueberbauten beider
Gleise zeigen besonders hinsichtlich der Fahrbahn verschiedene Bauart. Behufs
Eintheilung des Keilmaasstabes wurde eine Diagonale des Windverbandes aus einem
Ueberbau des Gleises Herdecke-Wetter herausgenommen und auf einer Balcke'schen Zugbelastungsmaschine der
Elasticitätsmodul zu 23000 festgestellt. (Für genaue Messungen müsste dies durch
eine Versuchsanstalt geschehen.) Ausserdem war in der Hauptwerkstatt Witten eine
Festigkeit von 3700, eine Querschnittsverminderung von 17 bis 22 Proc. und eine
Dehnung von 17 bis 20 Proc. ermittelt worden. Die Festigkeit des Stabes hatte mithin
in 45 Jahren keine Einbusse erlitten, obgleich derselbe nach den üblichen Annahmen
für Winddruck bis zur Elasticitätsgrenze beansprucht wurde.
Im Gleise Herdecke-Wetter wurde die Druckbeanspruchung an der
Stelle des positiven Maximalmomentes bei fahrender Last zu 530 k/qc gemessen,
während die Rechnung 510 k ergibt.
Im Gleise Wetter-Herdecke wurde die Beanspruchung an derselben
Stelle mit 690 k abgelesen, während die Rechnung 600 k nachweist. Dass an dieser
Stelle in Wirklichkeit eine grössere Beanspruchung stattfindet, als. die Rechnung
ergibt, erscheint zweifellos, weil die Brücke einen zu schwachen Wagerecht- und
Querverband besitzt und der Obergurt, wie die ganze Brücke, ungewöhnlich starken
Schwankungen ausgesetzt ist.
Ferner wurde in beiden Gleisen die Beanspruchung von Querträgern
gemessen. Die Druckbeanspruchung betrug im Gleise Herdecke-Wetter bei ruhender Last
430 k, bei fahrender Last 500 k. Die Zugbeanspruchung bei ruhender Last 550 k, bei
fahrender Last 660 k. Die rechnungsmässige Beanspruchung beträgt ungefähr 600 k/qc. Die
Querträger sind gegen die Hauptträger derart abgesteift, dass die in die Rechnung
einzuführende wirkliche Stützweite sich nicht genau bestimmen lässt.
Im Gleise Wetter-Herdecke zeigte der Spannungsmesser am Druckgurt
an: für ruhende Last 550 k, für fahrende Last 710 k. Die Lastübertragung auf die
Querträger findet hier nur durch einen in der Mitte liegenden Längsträger statt. Das
Maximalbiegungsmoment und die grösste Beanspruchung treten daher nur in einem Punkte
in der Mitte auf. Da nun der Spannungsmesser 1 m lang ist und die Längenänderung auf
1 m Länge misst, die Beanspruchungen auf 1 m Länge des Querträgers aber verschieden
sind, so bedeutet die Angabe des Spannungsmessers in diesem Falle das arithmetische
Mittel der Beanspruchungen auf 1 m Länge. Wenn nun die Druckbeanspruchung zu 710 k
(fahrende Last) gemessen wurde, so muss die Beanspruchung in der Mitte des
Querträgers noch erheblich grösser sein. Gemäss näherer Rechnung beträgt das Moment
in der Mitte ¼ mehr, als das mittlere Moment der auf 1 m Länge auftretenden Momente.
Demnach muss die Beanspruchung in der Mitte betragen
710+ ¼ 710 = 890 k/qc.
Rechnungsmässig waren gegen 900 k ermittelt worden. Eine genaue
Bestimmung ist hier aus demselben Grunde, wie vorhin angegeben, nicht möglich.
Wollte man die ganze Länge des Querträgers als Stützweite annehmen, wie dies
vielfach der Sicherheit wegen geschieht, so Hesse sich rechnerisch eine
Beanspruchung von 1000 bis 1100 k ermitteln. Der Wirklichkeit dürfte dies aber nicht
entsprechen und daher auch bei Vergleichen mit den Angaben des Spannungsmessers
nicht angängig sein. Unter Berücksichtigung des Fahrbahngewichts war vor Jahresfrist
die Gesammtbeanspruchung dieser Querträger zu mindestens 1000 k und bei Annahme der
vollen Querträgerlänge als Stützweite und bei Berücksichtigung geringer Verrostungen
an einzelnen Stellen selbst zu 1200 k berechnet worden. Eine derartige
rechnungsmässige Beanspruchung erschien damals für einen Querträger sehr hoch. Es
war nun lehrreich, zu sehen, wie der Spannungsmesser zwar auch eine ungewöhnlich
hohe Beanspruchung bestätigte, jedoch auch nachwies, dass die in der Rechnung
gemachten Annahmen zu ungünstig gewesen waren.
Schliesslich darf nicht verschwiegen werden, dass der
Spannungsmesser bei einem Gurtstabe bei wiederholten Messungen Beanspruchungen
angezeigt hat, die mit der Rechnung und der Theorie der continuirlichen Träger nicht
übereinzustimmen scheinen. Das grösste negative Moment tritt über der Mittelstütze
auf, der Obergurt erleidet hier die grösste Zugbeanspruchung. Nach der üblichen
Rechnungsweise musste die Beanspruchung in Folge Verkehrslast mindestens 600 k/qc betragen, und
wenn man ungünstige Annahmen machen wollte, wie dies über der Mittelstütze üblich
ist (Nebenspannungen, ungleiche Höhenlage u. dgl. mehr), sogar 800 k. Der
Spannungsmesser dagegen zeigte bei verschiedenen Trägern und wiederholten Messungen
stets nur 380 k an. Bei der Rechnung war der nutzbare Querschnitt nach Abzug der
Nietlöcher eingeführt worden. Würde man die Nietlöcher nicht abziehen, so würde die
rechnungsmässige Beanspruchung allerdings nur 500 k betragen. Dies Verfahren wäre
vielleicht insofern richtig, als der Spannungsmesser nur das arithmetische Mittel
der Beanspruchungen, die auf 1 m Stablänge auftreten, angeben kann und nicht etwa
die Beanspruchung an durch Nietlöcher geschwächten Stellen. Ferner war bei der
Rechnung, wie üblich, eine durchgehende Stossplatte als nicht zum nutzbaren
Querschnitt gehörig ausser Betracht gelassen worden. Würde man diese zum
Querschnitte hinzurechnen, so würde die rechnungsmässige Beanspruchung nicht viel
grösser sein, als wie die gemessene.
Die aus den vorbeschriebenen drei Brückenproben zu ziehenden
Schlüsse sind folgende:
1) Als Controlle der Rechnung kann der Spannungsmesser lehrreiche
Aufschlüsse und Anregungen geben. Die Beanspruchungen unter fahrender Last sind
stets erheblich grösser, als die bei ruhender Last. In den Brücken-Prüfungsbüchern
findet man noch häufig Angaben von Durchbiegungen, welche für ruhende und fahrende
Last gleich gross sind. Der Referent erinnert sich allerdings auch solcher Fälle,
dass die Durchbiegung unter fahrender Last kleiner gemessen wurde, als unter
ruhender Last. Danach scheinen die Durchbiegungen nicht ganz den Beanspruchungen zu
entsprechen, was damit zusammenhängen mag, dass die Schwingungen der Träger sich
gegenseitig verstärken oder aufheben können. Bei den französischen Versuchen fand
Ingenieur Guënot in Angouleme bei der Brücke über die
Charente von 35 m Stützweite, System Néville, dass die Beanspruchungen unter einem
mit 35 km Geschwindigkeit fahrenden Zuge um 22 v. H. grösser waren, als bei ruhender
Belastung. Dasselbe war vorher vom Ingenieur Souleyre
im Octoberheft der Annales des Ponts et Chaussees 1889
(Mémoire sur l'action dynamique des charges roulantes) nachgewiesen worden. Die mit
dem Balcke'schen Spannungsmesser gefundenen Ergebnisse
stimmen damit ziemlich überein. Spannungsmessungen geben daher ein zutreffenderes
Bild von der Betriebssicherheit einer Brücke, als Durchbiegungsmessungen. Der
kleineren Durchbiegung entspricht noch keine grössere Betriebssicherheit, da
dieselbe die Folge eines grösseren Elasticitätsmoduls sein kann. Je grösser aber der
Elasticitätsmodul, desto schlechter ist das Material, wie die Gleichung für den
Arbeitsmodul zeigt:
W=1/2\,\frac{(1400)^2}{2000000}.
2) Die Handhabung des Spannungsmessers ist nicht schwierig. Der zu
den Brückenproben zugezogene Werkmeister und der Referent waren nach einigen Proben
mit der Behandlung vertraut. Die Befestigung und Einstellung nimmt besonders bei
alten Brücken wegen der Vielgestaltigkeit der Walzeisenprofile und den stark
abgerundeten Ecken derselben noch zu viel Zeit, oft mehrere Minuten in Anspruch. Es
sollen jedoch diese Erfahrungen bei der Anfertigung fernerer Feststellvorrichtungen
benutzt werden, wie auch schon sonst einige kleinere Abänderungen auf Anregung des
Unterzeichneten erfolgt sind.
3) Bei grösseren Brücken und wo sonst angängig, dürfte es sich
empfehlen, anstatt eines 1 m oder 1,2 m langen Messingstabes einen 3 m langen (etwa
3 mal so dicken) Stab zu verwenden. Je grösser die Länge des Messingstabes des
Instrumentes ist, um so grösser ist die zu messende Längenänderung und um so
zuverlässiger kann gemessen werden. Bei 1 m Stablänge beträgt die Längenänderung in
Folge einer Beanspruchung von 1000 k/qc 0,5 mm (ε = 20000),
bei 3 m Stablänge dagegen 3 . 0,5 = 1,5 mm, d. i. schon ein so grosses Maass, dass
dasselbe schon weit genauer durch Keilmaasstab oder durch feinste
Mikrometerschrauben und Vergrösserungsglas festgestellt werden kann.
Die veranstalteten Messungen sind noch nicht umfassend genug, um
schon jetzt ein abschliessendes Urtheil abgeben zu können.
Schliesslich möchte noch befürwortet werden, auch bei
Hochbau-Eisenconstructionen, grossen Bahnhofshallen u. dgl. mehr die Beanspruchung
in Folge Schnee- und Winddruck und Temperaturänderung mit Hilfe von Spannungsmessern
zu ermitteln, sowie bei Maschinentheilen Versuche anzustellen. Auch bei der
Aufstellung hoher Viaducte und Brücken, wie des im Bau begriffenen Remscheider
Viaductes und der Bogenbrücke des Nord-Ostsee-Kanals dürfte sich zur jedesmaligen
Aufklärung der Lage der Gebrauch von Spannungsmessern empfehlen.