Titel: | Elektrische Kupfergewinnung. |
Fundstelle: | Band 293, Jahrgang 1894, S. 211 |
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Elektrische Kupfergewinnung.
Elektrische Kupfergewinnung.
Einem in der Zeitschrift für Elektrotechnik und
ElektrochemieVergl. S.
216. erschienenen Berichte über die in der Stolberger Bleihütte
angestellten Versuche zum Zweck der elektrischen Kupfergewinnung entnehmen wir
auszüglich folgende Angaben: In der genannten Bleihütte sollte aus einem
Concentrationsstein, der 15 bis 20 Proc. Cu, 5 Proc. Pb und 0,04 Proc. Ag enthielt,
das Kupfer durch Elektricität gewonnen und die Rückstände auf Pb verarbeitet werden.
Das zunächst zur Anwendung gelangte Verfahren des Ingenieurs Eugenio Marchese beruht im Wesentlichen auf folgender Grundlage: Als Anode
wird der in Platten gegossene ungeröstete Kupferstein benutzt, als Kathode dient sin
dünnes Kupferblech, und den Elektrolyten bildet eine gleichfalls aus dem Kupferstein
zu erhaltende Lösung von CuSO4 und FeSO4. Bei der Elektrolyse zersetzt der Strom len
Elektrolyten, Kupfer scheidet sich an der Kathode ab, und aus der Anode wird in
gleichem Maasse Kupfer gelöst, so dass der Elektrolyt in seiner Zusammensetzung
beständig bleibt.
Nachdem von dem Director A. Landsberg und dem Chemiker
H. Ludwig der Bleihütte angestellte Laboratoriums-
und Vorversuche mit dem Stolberger Material ein Kupfer von vorzüglicher
Reinheit (99,95 und 99,92 Proc.) ergeben hatten, wurde eine grössere Anlage von 56
Bädern zu 2,20 m Länge, 1 m Höhe und 1 m Breite hergestellt, welche in 24 Stunden
500 bis 600 k Kupfer ausbringen sollte. In jedem Bade befanden sich 15 Anoden von 80
cm Höhe, 80 cm Breite und 4 cm Dicke, sowie 16 Kathoden von gleicher Höhe und Breite
bei 1 mm Dicke. Die Anoden, deren Gewicht 125 k betrug, standen auf Holzleisten im
Bade, die Kathoden hingen an den Zuleitungsstreifen. Um die Flüssigkeit beständig in
Bewegung zu erhalten, waren die Bäder terrassenförmig aufgestellt, und vom Grunde
jedes Gefässes führte ein 5 cm weites Rohr über den Rand des nächst tiefer
stehenden. Die nöthige Kraft lieferten zwei Dynamomaschinen von Siemens und Halske, die bei 430 Ampère, 35 Volt und 700
bis 800 Umläufen 500 k Kupfer in 24 Stunden abscheiden sollten.
Nachdem die Bäder einige Tage tadellos gewirkt und ein reines Kupfer ergeben hatten,
begann die Spannung und damit der Arbeitsbedarf zu steigen, an einzelnen Bädern bis
zu 5 Volt; gleichzeitig schied sich an den Anoden in grossen Mengen Schwefel ab, sie
wurden bei dem ferneren Ausscheiden des Cu und Fe bröckelig, die abgebröckelten
Theile gaben Veranlassung zu Kurzschluss im Bade, und der Betrieb musste
unterbrochen werden. Man entschied sich nun, statt der löslichen Kupfersteinanode
unlösliche Bleianoden zu verwenden, nachdem ein Versuch in kleinerem Maasstabe gute
Ergebnisse geliefert hatte. Die Resultate waren im Anfang gut; die Spannung betrug
1,7 Volt. Bald aber verminderte sich die Menge des ausgeschiedenen Kupfers bis auf
60 Proc. der theoretisch berechneten Menge und die Spannung stieg auf 2,15 Volt. Der
Grund lag in der Polarisation der Anoden, die schon bei dem ersten Versuch zu dem
Misserfolg beigetragen hatte. Um sie zu beseitigen, sollte schwefelige Säure an die
Anoden geleitet werden, den dort entstehenden Sauerstoff aufnehmen und sich zu
Schwefelsäure oxydiren. Ein Versuch im Kleinen bestätigte die Annahmen. Die Spannung
wurde zwar nicht vermindert, aber man erhielt eine reiche Ausbeute von vorzüglich
reinem Kupfer. Der Anwendung im Grossen stellte sich aber bald der Uebelstand
entgegen, dass die beim Rösten des Kupfersteines gewonnene schwefelige Säure zu dünn
war, man hätte eine grosse, kostspielige Anlage zur Gewinnung der schwefeligen Säure
aus Muffelröstöfen machen müssen, und so scheiterte das Unternehmen, nachdem dreimal
Vor versuche zu den besten Hoffnungen berechtigt hatten. Da trat die Firma Siemens und Halske mit einem neuen Verfahren an die
Oeffentlichkeit, das von der Stolberger Gesellschaft angenommen wurde. Der
Hauptunterschied dieses Verfahrens gegen das frühere besteht in der Trennung der
Anoden- und Kathodenlösung durch Diaphragmen. Die Anoden bestehen aus Kohle, die
Kathoden aus Kupferblechen, der Elektrolyt aus CuSO4
und FeSO4. Als Diaphragmen sollten Membranen von
Pergamentpapier angewandt werden. Durch den Strom wird Cu aus dem Elektrolyt an der
Kathode abgeschieden, das gleichzeitig an den Anoden auftretende SO4 oxydirt FeSO4 zu
Fe2(SO4)3. Die Kathodenlösung wird also nach dem Durchgang
durch sämmtliche Zellen kupferarm sein und kann als Anodenlösung verwendet werden;
die Anodenlösung dagegen ist mit Fe(SO4)3 angereichert und muss regenerirt werden, um sie
wieder mit Kupfer anzureichern.
Für diese Regenerirung wurden verschiedene Verfahren erprobt, von denen sich
schliesslich folgendes als das beste erwies:
Man füllt den gerösteten Kupferstein in Behälter, die mit mehreren über einander
liegenden falschen Böden versehen sind, und lässt die zu regenerirende Flüssigkeit
durch diese Schichten hindurch treten. Man erhält auf diese Weise eine
angereicherte, ziemlich klare Flüssigkeit, deren letzte Trübungen durch Filtriren
über Koks leicht entfernt werden können. Die Bäder waren ganz so wie bei Marchese
zusammengesetzt, besassen auch dieselben Abmessungen, nur bestanden die Anoden aus
einer Reihe von Kohlenstäben von 1 cm Durchmesser und 14,5 cm Länge. Während der
Elektrolyse wurde in die Anodenzellen Luft eingeblasen, um die Lösung durch die
Bewegung gleichmässig der oxydirenden Wirkung des Stromes auszusetzen. Nach kurzer
Betriebszeit stellte sich der Uebelstand ein, dass sich die Pergamentmembran in der
Lösung aufbauschte und bei der geringsten Veranlassung riss. Veranlassung dazu boten
leider die Kohlenelektroden selbst, welche sehr bald brüchig wurden, zu Boden fielen
und die Membran durchschlugen. Es wurde darauf ein neues, aus 16 Zellen bestehendes
Bad construirt, welches diese Fehler vermeiden sollte. Drei Monate lang wurde mit
diesen Bädern gearbeitet, aber ohne bessere Erfolge. Die Kohlen, die beim Einsetzen
kaum mit der Hand zerbrochen werden konnten, wurden nach kurzem Betriebe brüchig,
bröckelten ab und zerrissen die Membran, worauf dann das ganze Bad aus einander
genommen werden musste. Zu einem dauernd befriedigenden Betriebe ist es auch mit dem
Siemens'schen Verfahren nicht gekommen.