Titel: | Ueber Zuckerbestimmung und über die Zuckergehalte der Gerbmaterialien; Gerbextracte, Gerbebrühen, sowie des unbeschwerten lohgaren Leders. |
Autor: | v. Schroeder, A. Bartel , W. Schmitz-Dumont |
Fundstelle: | Band 293, Jahrgang 1894, S. 252 |
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Ueber Zuckerbestimmung und über die Zuckergehalte
der Gerbmaterialien; Gerbextracte, Gerbebrühen, sowie des unbeschwerten lohgaren
Leders.
Von Prof. v. Schroeder, A. Bartel und Dr. W.
Schmitz-Dumont in Tharand.
(Fortsetzung der Abhandlung S. 229 d.
Bd.)
Ueber Zuckerbestimmung und die Zuckergehalte der Gerbmaterialien
u.s.w.
II. Specielle Vorschriften für die Zuckerbestimmungen.
Zu den Zuckerbestimmungen sind folgende Lösungen erforderlich:
1) Kupferlösung (nach Allihn), enthaltend 69,2 g reinen krystallisirten Kupfervitriol im
Liter.
2) Alkalische Seignettesalzlösung (nach Allihn), enthaltend 346 g Seignettesalz und 250 g
Kalihydrat (alkoh. dep.) im Liter.
3) Bleiessig nach Pharm. Germ. III: 300 g essigsaures
Blei werden mit 100 g reiner Bleiglätte und etwa 50 cc Wasser gut verrieben und auf
dem Wasserbade unter Ersatz des verdampfenden Wassers digerirt, bis der Brei weiss
geworden ist. Die Masse wird in einen Literkolben gespült, nach dem Erkalten zur
Marke aufgefüllt und nach gutem Absitzen filtrirt.
4) Lösung von schwefelsaurem Natron. Es ist zweckmässig,
dieselbe äquivalent dem Bleigehalte der Bleiessiglösung zu machen. Man stellt sich
eine concentrirte Lösung von reinem neutralem schwefelsaurem Natron dar, setzt von
dieser zu einem abgemessenen Volum Bleiessig so lange aus einer Bürette zu, bis
alles Blei ausgefällt ist, und verdünnt nach Maassgabe der hierzu verbrauchten
Cubikcentimeter die ursprüngliche Lösung so, dass ein Volumen derselben ein Volum
des Bleiessigs ausfällt.
Bei der Ausführung einer Bestimmung nimmt man zunächst 200 cc der passend
concentrirten Lösung (vgl. weiter unten) und versetzt dieselbe zur Ausfällung von
Gerbstoffen und Farbstoffen mit 20 cc Bleiessig, lässt unter öfterem Umschütteln
etwa 15 Minuten stehen und filtrirt durch ein trockenes Filter. Im Allgemeinen
wird die zugesetzte Bleiessigmenge zur vollständigen Fällung der besagten Körper
genügen, doch kann man durch Zusatz eines Tropfens Bleiessig zum Filtrate sich davon
überzeugen, dass die Ausfällung gelungen ist, – sollte ein sich bildender
Niederschlag noch vorhandene Gerbstoffe anzeigen, so fällt man die Flüssigkeit
nochmals durch Zusatz einer abgemessenen, entsprechend kleineren Menge Bleiessig und
filtrirt. Zu 100 cc Bleifiltrat setzt man 10 cc der Natronsulfatlösung und filtrirt,
nachdem das schwefelsaure Blei sich vollständig ausgeschieden hat, durch ein
trockenes Filter. Von diesem Filtrat werden, wenn grössere Zuckermengen vorhanden
sind, 25 cc zu einer Zuckerbestimmung genommen.
Die Ausführung der Reaction mit der alkalischen Kupferlösung geschieht
folgendermaassen. In ein etwa 200 cc fassendes Becherglas bringt man 30 cc der
Kupferlösung, 30 cc der alkalischen Seignettesalzlösung und 60 cc Wasser. Das
Becherglas mit der Kupferlösung wird über der Lampe zum Sieden gebracht und dann in
ein bereitstehendes siedendes Wasserbad hineingesetzt, die 25 cc der Flüssigkeit, in
welcher der Zucker bestimmt werden soll, werden zugegeben und umgerührt, und das
Becherglas von dem Zusätze der zuckerhaltigen Flüssigkeit ab genau 30 Minuten im
kochenden Wasserbade belassen. Dann wird das ausgeschiedene Kupferoxydul in
bekannter Weise durch ein gewogenes Asbestfilterröhrchen mit Hilfe der Saugpumpe
abfiltrirt, zuerst mit heissem Wasser und dann zur schnelleren Trocknung mit Alkohol
und endlich mit Aether ausgewaschen. Zur Verbrennung eventuell im
Kupferniederschlage enthaltener kleinerer Mengen organischer Substanz wird das
Röhrchen kurz erhitzt, dann reducirt man im Wasserstoffstrom, lässt in demselben
erkalten und bringt schnell zur Wägung. Die dem gefundenen Kupfer entsprechende
Traubenzuckermenge entnimmt man aus der vorstehenden Tabelle und berechnet auf die
ursprüngliche Substanz.
Das Gesammtvolumen der alkalischen Kupferlösung und der zugesetzten zuckerhaltigen
Flüssigkeit soll immer 145 cc betragen. Bei Substanzen, die sehr arm an reducirenden
Stoffen sind, kann man die Genauigkeit der Bestimmung wesentlich dadurch erhöhen,
dass man statt 25 cc grössere Mengen zur alkalischen Kupferlösung hinzusetzt,
dementsprechend aber weniger Wasser zu der Kupfer- und Seignettesalzlösung
hinzufügt. Man kann z.B. statt 25 cc auch 50 cc oder 75 cc zuckerhaltige Flüssigkeit
nehmen, würde dann aber zu den 60 cc Kupfer-Seignettesalzlösung statt 60 cc Wasser
nur 35 bezieh. 10 cc zuzusetzen haben. Das ist namentlich bei zuckerarmen
Gerbmaterialien und unbeschwerten Ledern zu empfehlen.
Bei Untersuchung von festen Gerbmaterialien, die erst
extrahirt werden müssen, verbindet man die Zuckerbestimmung wo möglich in
der Weise mit der Gerbstoffbestimmung, dass man denselben Extract, der zur Gerbstoff
bestimmungdient, auch zur Zuckerbestimmung verwendet. Man zieht die zerkleinerte
abgewogene Menge des Gerbmaterials innerhalb 2 Stunden in der Siedhitze mit dem Koch'schen Extractionsapparat auf 1 l aus.Ueber die Extraction vgl.: Dr. R. Koch:
„Selbsthätiger Extractionsapparat für Gerbmaterialien u.s.w.“, D. p. J. 1887 267
513, und Böckmann: Untersuchungsmethoden, III.
Aufl. Bd. 2 S. 521 ff. v. Schroeder und A. Bartel:
„Zur Extraction der Gerbmaterialien“, D. p.
J. 1894 291 259. Von der
filtrirten Lösung
braucht man 300 cc zur GerbstoffbestimmungUeber
die Art, wie die Gerbstoffbestimmung nach der indirect gewichtsanalytischen
Methode in Tharand ausgeführt wird, vgl. v.
Schroeder:
„Ueber Differenzen, welche bei Gerbstoffbestimmungen entstehen können
durch wechselnde Ausscheidungen schwer löslichen Gerbstoffes
u.s.w.“, D. p. J. 1888 269 38 82., und es bleiben nach dem
Filtrirverlust u.s.w. immer noch reichlich 600 cc, die zur Zuckerbestimmung dienen
können. Diese 600 cc werden auf ein Volum von 200 cc concentrirt und mit diesen
dann, wie bereits beschrieben, die Bleiessigfällung vorgenommen und weiter
verfahren. Zu dieser Extraction werden von den gebräuchlicheren Gerbmaterialien in
Tharand etwa folgende Mengen der lufttrockenen Substanzen genommen:
Eichenholz, Kastanienholz und gebrauchte Lohen
30 g
Eichenrinde, Fichtenrinde, Weidenrinde, Tannen- und
Lärchenrinde u.s.w.
20 g
Quebrachoholz, Sumach, Rove, Cajotarinde, Garouille,
Canaigre
10 g
Myrobalanen, Valonea und Knoppern
7–10 g
Mimosenrinde
5–10 g
Dividivi, Algarobilla and Trillo
5 g
Bei den Gerbmaterialien mit geringeren Gehalten an reducirenden Stoffen, wie z.B.
Quebrachoholz, Knoppern u.s.w., nimmt man, wie bereits angegeben, von dem Filtrate
der Natriumsulfatfällung eine grössere Menge als 25 cc, gibt aber dann zu den 30 cc
Kupferlösung und 30 cc Seignettesalzlösung entsprechend weniger Wasser, so dass das
Gesammtvolum der Flüssigkeit bei der Reaction immer 145 cc bleibt. Erhält man bei
den oben angegebenen, auf 1 l zu extrahirenden Mengen, auch bei Anwendung von 75 bis
85 cc des Filtrates der Natriumsulfatfällung, so kleine Kupfermengen, dass deren
Wägung keine hinreichende Genauigkeit der Bestimmung garantirt, so müsste man, falls
man eine genauere Bestimmung zu haben wünscht, eine entsprechend grössere Menge des
Gerbmaterials auf 1 l besonders für die Zuckerbestimmung extrahiren.
Bei Untersuchung von Gerbextracten thut man am besten,
nicht von der zur Gerbstoffbestimmung zu verwendenden Flüssigkeit zu nehmen, sondern
für die Zuckerbestimmung eine besondere Portion zu lösen. Man spart sich dadurch die
Mühe der Concentration der Lösung und kann sich eine von vornherein stärkere Lösung
für die Zuckerbestimmung darstellen, was im Interesse der Genauigkeit des Resultates
sehr erwünscht ist. Unter vorhergehendem Erhitzen löst man zu diesem Zwecke von den
verschiedenen Extracten, je nach dem durchschnittlichen Zuckergehalte, etwa 8 bis 20
g auf 250 cc auf. Die Lösung wird nicht filtrirt, sondern 200 cc derselben direct
mit Bleiessig versetzt und wie beschrieben weiter behandelt. Wenn 25 cc des
Natriumsulfatfiltrates zu kleine Kupfermengen geben, so ist es auch hier
zweckmässig, bis zu 75 cc zu gehen, wobei man der Kupfer- und alkalischen
Seignettesalzlösung entsprechend weniger Wasser zusetzt. Im Allgemeinen ist es
bequemer, die Menge des auf 250 cc zu lösenden Extractes nicht zu gross zu nehmen
und entsprechend mehr vom Natriumsulfatfiltrat zu verwenden. Nehmen wir z.B. in dem
Fichtenextracte durchschnittlich 8 Proc., in dem Hemlockextracte 4 Proc., in
flüssigen normalen Eichen- und Kastanienextracten, sowie in Quebrachoextracten 3
Proc. Zucker an, und wollen wir 0,1 mg Kupfer zur Wägung erhalten, so würden wir,
bei Verwendung von 25 cc Natriumsulfatnitrat, auf 250 cc etwa zu lösen haben:
Fichtenextract
7,5 g
Hemlockextract
15,0 g
Flüssige normale Eichenholz- und
Kastanienholz- extracte, – fester und teigförmiger
Quebracho- extract
20,0 g
Verwenden wir dagegen 50 oder 75 cc des Natriumsulfatfiltrates, so würden wir, um
dieselbe Menge Kupfer zu bekommen, ½ bezieh. ⅓ der angegebenen Mengen von den
Extracten auf 250 cc zu lösen haben u.s.w.
Ueber Zuckerbestimmungen in Gerbebrühen wäre nichts
Besonderes zu bemerken. Man verwendet die Brühen direct, wenn der Zuckergehalt ein
hinreichender ist, in den allermeisten Fällen wird es aber zweckmässiger sein, die
Brühe vorher auf ½ bis ⅓ ihres Volumens oder noch stärker zu concentriren. In
Gerbebrühen erreicht der Zucker höchstens Gehalte bis zu 0,1 g für 100 cc, ist aber
meist in viel geringeren Mengen vorhanden.
Bei einer vollständigen Lederanalyse wird die
Zuckerbestimmung in folgender Weise eingefügt: Von dem fein gemahlenen
lufttrockenen Leder werden 20 g abgewogen und zur Beseitigung der Hauptmenge des
Wassers getrocknet. Dann wird das Lederpulver in einem Soxhlet'schen Extractionsapparat zur Fettbestimmung mit
Schwefelkohlenstoff ausgezogen. Der entfettete Rückstand wird nach Vertreibung des
aufgesogenen Schwefelkohlenstoffes in den Koch'schen
Extractionsapparat gebracht und mit destillirtem Wasser von Zimmertemperatur
innerhalb 2 Stunden auf 1 l ausgezogen. Der erhaltene Extract wird auf 500 cc
concentrirt und von diesen dienen 300 cc zur Bestimmung der gelösten gerbenden
Stoffe und organischen Nichtgerbstoffe, während die übrig bleibenden 200 cc auf 100
cc concentrirt werden und zur Zuckerbestimmung dienen. Zu den 100 cc (entsprechend 8
g Leder) setzt man 10 cc Bleiessig, filtrirt, fällt 50 cc des Filtrates mit 5 cc
Natriumsulfatlösung, filtrirt und verwendet 40 cc zur Zuckerbestimmung, wo man dann
den 60 cc Fehling'scher Kupferlösung vorher, statt 60
cc Wasser, nur 45 cc zusetzt, um auf das Normalvolum von 145 cc zu kommen. Den
verwendeten 40 cc des Natriumsulfatfiltrates entsprechen, wie leicht zu berechnen
ist, 2,6446 g des ursprünglichen Leders. Da die normalen unbeschwerten Leder häufig
weniger als 1/10
Procent oder nur einige Zehntelprocent Zucker enthalten, und ein Gehalt von 1 Proc.
bei denselben schon ziemlich selten ist, so wird man natürlich bei diesen Ledern
nach der gegebenen Vorschrift meist nur sehr wenig Kupfer zur Wägung erhalten. Bei
1/10 Proc.
Zucker bekommt man nur 6,3 mg zur Wägung, bei 1 Proc. Zucker 59,2 mg, – es ist also
ersichtlich, dass die bei unbeschwerten Ledern erhaltenen Resultate auf grosse
Genauigkeit häufig keinen Anspruch werden machen können. Es hätte aber keinen
besonderen Werth, in solchen Fällen nach grösserer Genauigkeit zu strebenWas natürlich sehr leicht zu erreichen wäre,
wenn man bei zu kleinen Kupfermengen eine zweite Lederprobe besonders zur
Zuckerbestimmung extrahirt und den gesammten erhaltenen Extract dazu
verwendet., sofern man nur sicher sein kann, dass eine
Beschwerung mit Traubenzucker nicht übersehen wird. Das ist aber ganz unmöglich,
denn bereits bei 2 Proc. Zuckergehalt wird man nach dieser Vorschrift schon 111,6 mg
Kupfer erhalten, und wirklich beschwerte Leder enthalten in der Regel wesentlich
mehr. Bei 9,4 Proc. Zuckergehalt im Leder wird man an die Grenze der Tabelle kommen,
und dann müssen vom
Natriumsulfatfiltrat weniger als 40 cc genommen werden. Ein abnormer
Zuckergehalt kann uns daher bei diesem Gange der Untersuchung nicht entgehen, und
aus dem erhaltenen Zuckergehalte, sowie aus dem Verhältnisse zwischen den im
wässerigen Extracte sich vorfindenden gerbenden Substanzen und organischen
Nichtgerbstoffen ist mit Sicherheit zu entnehmen, ob die Beschwerung eine geringe,
grössere oder sehr bedeutende ist. Will man dann weiter gehen, so kann man nach F. Simand'sVgl. die
citirte Abhandlung in der Zeitschrift für angewandte
Chemie. Vorgang versuchen, die Grösse der Beschwerung
noch genauer festzustellen. Darauf wollen wir hier nicht näher eingehen, möchten uns
aber die Bemerkung erlauben, dass uns ein solches Bestreben, selbst für gerichtliche
Fälle, ziemlich überflüssig zu sein scheint. Ist die Beschwerung und das ungefähre
Maass derselben überhaupt sicher erwiesen, so kann es keinen grossen Werth haben,
wenn noch der Wahrscheinlichkeitsbeweis geführt wird, dass die Beschwerung so oder
soviel Procent beträgt, denn es wird doch Niemandem einfallen; wenn eine Klage auf
Schadenersatz vorliegt, die Grösse des Schadenersatzes genau nach dem Procentsatze
der Beschwerung abzumessen.
III. Resultate der Zuckerbestimmungen für feste
Gerbmaterialien.
In Folgendem wollen wir die wichtigsten Resultate mittheilen, die wir im Laufe der
Zeit bei der Untersuchung der gebräuchlicheren Gerbmaterialien auf ihren Gehalt an
solchen Stoffen erhielten, die die Fehling'sche Lösung
direct reduciren. Diese auf Traubenzucker berechneten zuckerartigen säurebildenden
Stoffe wollen wir der Einfachheit wegen als „Zucker“ bezeichnen, und da es
für gerberische Zwecke bei einem Gerbmaterial nicht so sehr auf die absoluten
Zuckergehalte, wie auf das Verhältniss zwischen den gerbenden und säurebildenden
Stoffen ankommt, so sollen mit den Zuckergehalten zugleich immer auch die
entsprechenden Gehalte an gerbenden Stoffen angegeben werden. Da beide Körpergruppen
jeder Zeit in angegebener Weise ohne irgend welche Abänderung genau nach ein und
derselben analytischen Methode bestimmt wurden, so sind die Zahlen unter einander
immer vergleichbar, und glauben wir, dass gerade darin ein ganz besonderer Werth der
Resultate des Tharander Laboratoriums liegt. Die Zahlen beziehen wir immer auf
lufttrockene Substanzen mit den festgestellten durchschnittlichen
Wassergehalten.Vgl. v. Schroeder:
„Untersuchungen über den Wassergehalt der gebräuchlichsten
Gerbmaterialien“, D. p. J. 1894 292 284. Wo solche durchschnittliche
Wassergehalte nicht festgestellt sind, wollen wir die Wassergehalte nach Analogie
mit anderen Gerbmaterialien annehmen, oder die für die untersuchten Proben
gefundenen Wassergehalte mit aufführen.
Das wichtigste Gerbmaterial, das zuerst zu besprechen sein
würde, ist die Eichenjungrinde. Um für die Eichenrinden und Eichenlohen des
Handels, ohne eine übergrosse Anzahl von Bestimmungen nöthig zu haben, zu
brauchbaren Durchschnittszahlen zu kommen, wurde in folgender Weise verfahren: Eine
grössere Anzahl bereits untersuchter, bezüglich des Gerbstoffgehaltes bekannter
gemahlener Eichenlohmuster wurden in der Weise sortirt, dass die im Gerbstoffgehalte
annähernd gleichen zu einer Klasse vereinigt wurden. Von den Einzelmustern jeder
Klasse wurden gleiche Mengen abgewogen, diese zusammengelegt und auf das
sorgfältigste durchgemischt. Auf diese Art ergaben sich eine Anzahl im
Gerbstoffgehalte fortschreitender „Mischmuster“, aus deren Untersuchung sich
der richtige Durchschnitt aus den einzelnen Mustern ergibt. Bei den sehr
gerbstoffarmen und gerbstoffreichen Mischmustern ist die Anzahl der Einzelmuster
natürlich kleiner, als bei den Mustern mit den häufiger vorkommenden mittleren
Gerbstoffmengen. Auf diese Art ergaben sich folgende, auf den mittleren Wassergehalt
von 13 Proc. bezogene Gerbstoff- und Zuckergehalte:
Klasse
Anzahl
dergemischtenEinzel-muster
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100 Th.GerbstoffkommtZucker
Proc.
Proc.
IIIIIIIVVVIVII
823222816 4 7
7,51 8,85 9,3210,3111,0012,2714,41
1,752,172,552,893,183,462,56
23,3024,5227,3628,0328,9128,2017,77
Mittel
–
10,52
2,65
–
Im Mittel von 427 Gerbstoffbestimmungen, die in den Jahren 1881 bis 1890 inclusive
ausgeführt wurden, ergibt sich der durchschnittliche Gehalt der Eichenjungrinden zu
10,10 Proc. gerbenden Stoffen, was mit obigem Mittel nahezu übereinstimmt. Nehmen
wir diese letztere Zahl als die richtigere an, so würden wir, bei dem
durchschnittlichen Zuckergehalt von 2,65 Proc., für die Eichenrinden auf 100 Th.
gerbende Stoffe 26,2 Th. säurebildende Stoffe rechnen können. Zwischen den hier
angegebenen Grenzen von 1,75 Proc. bis etwa 3,50 Proc. bewegen sich die
Zuckergehalte bei Eichenjungrinden in der Regel, es kommen indessen auch Ausnahmen
vor, wo etwas kleinere und höhere Gehalte gefunden werden. Als Beispiel für eine
besonders zuckerreiche Rinde kann die Eichenrinde aus dem Tharander Eichenschälwald
angeführt werden.Tharander forstliches Jahrbuch, 1890 Heft 4 S.
203 ff. Diese Rinde ist sehr reich an gerbenden Stoffen und
zeichnet sich dadurch aus, dass sie zugleich auch verhältnissmässig viel organische
Nichtgerbstoffe enthält. Bei einer Probe wurde auf 13,02 Proc. gerbende Stoffe 6,61
Proc. Zucker gefunden, woraus sich das ganz abnorme Verhältniss von 50,8 Th.
säurebildenden Stoffen auf 100 Th. gerbende Stoffe ergibt. Wird die Eichenrinde
älter und tritt bei derselben Borkebildung ein, so geht der Gerbstoffgehalt, aber
mehr noch der Zuckergehalt, zurück. In der borkigen Rinde einer 38jährigen
Stieleiche aus dem Tharander Forstgarten wurden auf 6,59 Proc. gerbende Stoffe nur
0,41 Proc. Zucker gefunden. Der geringere Gerbstoffgehalt alter borkiger
Eichenrinden rührt wesentlich davon her, dass die Borke sehr gerbstoffarm ist und
den Gesammtgehalt der Rinde herunterdrückt. Entfernt man die Borke der Altholzrinde,
so zeigt das gereinigte Fleisch der Rinde häufig Gerbstoffgehalte, die den Gehalten
der Spiegelrinde nichts nachgeben. Aber auch in dem gerbstoffhaltigen Fleisch der
abgeborkten gereinigten Eichenaltholzrinde, das ein sehr werthvolles Gerbmaterial
darstellt, finden sich im Verhältniss zum Gerbstoffgehalt immer weniger
säurebildende Stoffe, als in den Eichenjungrinden. Das ist sehr deutlich aus folgenden, von
V. BöghDeutsche Gerberzeitung, 1890 Nr. 88 und
90. herrührenden Zahlen zu ersehen:
Alter derEichen
Proc. Borkeder
Rindegenommen
Fleisch der abgeborktenRinde
Ungereinigte Rinde mitder Borke
(berechnet)
GerbendeStoffe
Zucker
GerbendeStoffe
Zucker
Jahre
Proc.
Proc.
Proc.
Proc.
30–40
8
14,53
1,02
13,37
0,94
60
10
11,99
0,89
10,79
0,80
120–150
45
13,83
1,34
7,61
0,74
Auf 100 Th. gerbende Stoffe haben wir hier demnach 7,02 bis 9,69 säurebildende
Stoffe, und ein noch etwas niedrigeres Verhältniss, d.h. 6,22, ergibt die erwähnte
Tharander Eichenaltholzrinde, während bei den Jungrinden das
Durchschnittsverhältniss 26,2 war. Betrachtet man die mitgetheilten Resultate für
die Mischmuster, so kann man, wenn man von der Abweichung in der Klasse VII absieht,
sagen, dass der Zuckergehalt bei den Eichenjungrinden im Allgemeinen mit dem
Gerbstoffgehalte zunimmt, und dass bei den reicheren besseren Rinden verhältniss
massig mehr säurebildende Stoffe vorhanden sind, als bei den ärmeren. Je mehr ein
Gerbmaterial, auf denselben Gerbstoffgehalt bezogen, an säurebildenden Stoffen
enthält, eine um so grössere Fähigkeit zur Säurebildung werden die aus demselben
hervorgegangenen Gerbebrühen haben. Es ist daher sehr verständlich, dass zur
Sohlledergerbung, wo es neben der Gerbung auch auf gehörige Schwellung ankommt, die
reichen Eichenjungrinden das geeignetste Material sind. Eichenaltholzrinden, die im
abgeborkten Zustande sehr vortheilhaft zu verwenden sind, geben Brühen mit
wesentlich geringerer schwellender Wirkung und eignen sich ihrer ganzen Natur nach
mehr zur Oberledergerbung, als zur Sohlledergerbung. Damit soll aber natürlich nicht
gesagt sein, dass die Altholzrinden für Oberleder den Jungrinden vorzuziehen sind, –
will man aber Altholzrinde verwenden, und hat man die Wahl, so wird man sie
zweckmässiger zu Oberleder nehmen.
An die Eichenrinde knüpfen wir das Eichenholz, weil
dasselbe das Rohmaterial darstellt, aus welchem die in neuerer Zeit so vielfach
verwendeten Eichenholzextracte dargestellt werden. Junges Eichenholz enthält immer
sehr wenig Gerbstoff und zudem im Verhältniss zum Gerbstoff eine grosse Menge
löslicher organischer Nichtgerbstoffe, die mit in den Extract übergehen. Aus jungem
Eichenholz, schwächeren Aesten und Eichenreisig erhält man daher immer wenig
Extract, und zugleich einen schlechten Extract, der arm an gerbenden Stoffen und
sehr reich an organischen Nichtgerbstoffen ist. Erst wenn das Eichenholz älter wird
und wenn die Kernbildung eintritt, zeigt sich in den älteren Holzlagen ein grösserer
Gerbstoffgehalt, und gleichzeitig treten hier die löslichen organischen
Nichtgerbstoffe sehr gegen den Gerbstoff zurück. Das eigentliche Material zur
Eichenholzextractfabrikation ist daher das Eichenaltholz, und zwar ist das Holz um
so geeigneter dazu, je stärker und älter es ist. Der Zuckergehalt variirt in dem
Eichenholze ziemlich stark, und das ist ja auch verständlich, denn der Zuckergehalt
verändert sich ohne Zweifel mit der Jahreszeit und ist, wie man aus anderweitigen
Untersuchungen schliessen kann, im Frühling und Sommer höher als im Winter. Es
lassen sich aber doch einige Regeln geben, die für die Eigenthümlichkeit der
Extracte aus den verschiedenen Sortimenten der Eiche von Bedeutung sind. Zunächst
ist das Holz im Durchschnitt immer ärmer an Zucker als die 18- bis 20jährige
Eichenjungrinde. Das ältere Eichenholz ist im Allgemeinen zuckerärmer als das
jüngere Holz. Auf dieselbe Menge Gerbstoff bezogen, ist die Zuckermenge beim
Eichenaltholz viel geringer als bei der Eichenjungrinde, – beim Eichenjungholz
dagegen viel grösser, und letzteres ist auch der Fall, wenn man das berindete
Eichenjungholz oder Eichenreisig mit der Eichenjungrinde vergleicht. Diese
Verhältnisse ergeben sich aus folgenden Zahlen, die auf den lufttrockenen Zustand
mit 13 Proc. Wassergehalt bezogen sind:
Gerbende Stoffe
Zucker
Auf 100 Th.gerbende Stoffekommt
Zucker
Proc.
Proc.
1) Altholz, über 100jährig, aus Mitrowitz
8,03
0,60
7,47
2) Altholz, 113jährig, aus Mitrowitz
7,38
0,29
3,93
3) Altholz, 80jährig, von der Saar
5,19
0,51
9,83
4) Altholz, Alter nicht näher
bekannt, von Saarbrücken
5,29
0,35
6,62
18jährige Stieleiche von der Saar
5) Stammholz ohne Rinde6) Stammholz
mit Rinde
0,79 2,69
1,931,88
244,30 69,89
19jährige Trauben-eiche von der Saar
7) Stammholz ohne Rinde8) Stammholz
mit Rinde
2,18 3,47
1,171,29
53,67 37,18
9) 6- bis 8jährige Eichenstämmchen
mit Rinde, Winterfällung
2,09
0,65
31,10
10) Desgl. Fällung im Juni
2,99
1,57
52,84
11) 18jährige Stieleiche: Reisig
2,77
1,01
36,46
12) 19jährige Traubeneiche: Reisig
3,79
1,16
30,61
13) Eichenreisig,
Tharander Revier, Ab- theilung 61
3,12
1,68
53,85
14) Laub der 18jährigen Stieleiche
10,06
3,35
33,30
15) Laub der 19jährigen Traubeneiche
4,32
2,65
61,34
Die Althölzer verhalten sich in Beziehung auf das Verhältniss zwischen Gerbstoff und
Zucker wie die Altholzrinden. Die aus ihnen dargestellten Extracte geben Brühen, die
ein wesentlich geringeres Schwellvermögen zeigen, als die Brühen aus den
gewöhnlichen Eichenlohen. Die Althölzer eignen sich zur Extractdarstellung, weil ihr
Gerbstoffgehalt ein höherer und die Menge der organischen Nichtgerbstoffe bei ihnen
verhältnissmässig gering ist. Je jünger das Eichenholz ist, um so gerbstoffärmere
Extracte erhält man und um so mehr treten die organischen Nichtgerbstoffe und mit
ihnen der Zucker hervor. Brühen, aus jüngerem Eichenholz oder Eichenreisig
hergestellt, müssen bei gleichem Gerbstoffgehalt eine viel grössere Menge Säure
bilden, als gewöhnliche Eichenlohebrühen. Wollte man daher ein Material wie das
Eichenreisig für gerberische Zwecke ausnutzen, so würde es sich empfehlen, dasselbe
in Verbindung mit einem anderen Gerbmaterial auszuziehen, das, wie z.B.
Quebrachoholz, bezüglich des Verhältnisses zwischen gerbenden und säurebildenden
Stoffen das entgegengesetzte Verhalten zeigt. Auch im Eichenlaub treten die
säurebildenden Stoffe gegen die gerbenden Stoffe viel mehr hervor, als in den
Eichenlohen.
Eine Eichenrinde, die besonders in Frankreich viel verwendet wird, ist die Rinde der Grüneiche oder Steineiche, die von Quercus
Ilex L., französisch: Chêne vert oder Yeuse, herstammt. In dieser Rinde wurden bei
einigen in Tharand
untersuchten Proben Gerbstoffgehalte gefunden, die sich für die lufttrockene
Substanz mit 13 Proc. Wasser von 9,88 Proc. bis 17,65 Proc. bewegten. In der letzten
Probe mit 17,65 Proc. gerbenden Substanzen ergab sich ein Zuckergehalt von 3,58
Proc., so dass auf 100 Th. gerbende Stoffe 20,28 säurebildende Stoffe kommen.
Wesentlich gerbstoffreicher und zuckerärmer als unsere Eichenrinden wird, ist die Garouille, d.h. die Wurzelrinde der Kermeseiche (Chêne
kermès), die von Quercus coccifera L. herstammt. Sie kommt von Algier aus in den
südeuropäischen Handel und wird besonders in Frankreich, neuerdings aber auch hin
und wieder bei uns verwendet. Garouille eignet sich nach den praktischen Erfahrungen
besonders zur Sohlledergerbung, wozu sie auch namentlich in Südfrankreich verwendet
wird. Bei uns zieht man sie antheilig zur Sohlledergerbung heran, um den
Gerbstoffgehalt des Versetzmaterials zu erhöhen. Folgende Zahlen, bezogen auf den
lufttrockenen Zustand mit 13 Proc. Wasser, zeigen die erhaltenen Analysenresultate
für drei Proben:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
Probe aus einer sächsischen GerbereiProbe aus
einer rheinischen GerbereiProbe aus Südfrankreich
er- halten
24,2224,5227,42
1,510,670,87
6,232,733,17
Mittel
25,39
1,02
4,04
Nimmt man als Mittel bei der Garouille 25 Proc. Gerbstoff und 1,00 Proc. Zucker an,
so hat man auf 100 Th. gerbende Stoffe nur 4,00 Th. säurebildende Stoffe, die
schwellende Kraft der Garouille muss daher gegenüber unserer Eichenlohe eine nur
geringe sein.
Nächst der Eichenrinde ist für unsere Verhältnisse die Fichtenrinde das bei weitem wichtigste Gerbmaterial. Die Fichtenrinde ist
ausser der Eichenrinde das einzige Lohgerbmaterial, das uns als Product der
einheimischen Waldungen in grösserer Menge zur Verfügung steht. Wie die neueren
Untersuchungen gezeigt haben, ist die Fichtenrinde im Durchschnitt noch
gerbstoffreicher als die Eichenrinde, sie ist ganz wesentlich billiger und gibt bei
richtiger Verwendung gute Gerbresultate. Von der Fichtenrinde ist bekannt, dass sie
sich durch eine besonders grosse Fähigkeit zur Säurebildung auszeichnet, und man
verwendet daher in der Praxis, namentlich wenn man in der Unterledergerberei Fichte
mit anderen Gerbmaterialien combinirt, die Fichte stets mehr in den Anfangsstadien
des Gerbeprocesses zur Schwellung und Angerbung. Die Zuckerbestimmungen erklären
diese Eigenthümlichkeit der Fichtenrinde, denn sie zeigen uns, dass die Fichtenrinde
unter allen gebräuchlichen Gerbmaterialien dasjenige ist, welches im Verhältniss zum
Gerbstoff die grösste Menge an säurebildenden Stoffen enthält. Um bei der
Fichtenrinde zu zuverlässigen Durchschnittsresultaten zu kommen, wurde in derselben
Weise wie bei den Eichenrinden verfahren, indem aus einer grösseren Anzahl bereits
analysirter gemahlener Proben „Mischmuster“ hergestellt wurden. Aus Gründen,
welche hier nicht näher erörtert zu werden brauchen, sind bei den Fichtenrinden
nicht eine, sondern drei Mischmusterreihen hergestellt, indem in die erste Reihe
diejenigen Rinden genommen wurden, die in Folge eines höheren Borkegehaltes im
gemahlenen Zustande besonders dunkel aussahen, in die zweite Reihe kamen die
mittelhellen Rinden und in die dritte diejenigen, die sich durch ein besonders
helles weisses Aussehen auszeichneten. Betrachten wir zunächst das Gesammtresultat,
unabhängig von dem Aussehen, indem die Mischmuster nach dem Gerbstoffgehalte
geordnet werden, so erhalten wir folgende, auf den lufttrockenen Zustand mit 14,50
Proc. Wasser berechnete Zahlen:
Klasse
AnzahlderMisch-muster
AnzahlderEinzel-proben
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100 Th.GerbstoffkommtZucker
Proc.
Proc.
IIIIIIIVV
22533
4133610 9
9,5410,3911,3412,4613,08
2,652,983,413,734,47
27,7728,8630,0729,9334,17
Mittel
–
–
11,55
3,53
–
Im Mittel aus den 72 Proben haben wir demnach einen Zuckergehalt von 3,53 Proc., das
ist im Durchschnitt rund 1 Proc. mehr als bei den Eichenjungrinden. Es ergibt sich
auch hier das Gesetz, dass der Zuckergehalt mit zunehmendem Gerbstoffgehalt steigt,
und ebenso lässt sich wenigstens im Allgemeinen constatiren, dass bei den
gerbstoffreicheren Rinden die Zuckermenge im Verhältniss zum Gerbstoff eine grössere
ist, als bei den gerbstoffärmeren. Im Mittel von 258 Gerbstoff bestimmungen, die in
den Jahren 1882 bis 1890 inclusive ausgeführt wurden, ergibt sich der mittlere
Gehalt für Fichtenrinden und Fichtenlohen zu 11,63 Proc. Das stimmt mit obigem
Mittel sehr gut überein, und wenn wir die Zahl 11,63 Proc. als den richtigeren
Durchschnitt annehmen, so würden wir bei dem Zuckergehalte von 3,53 Proc. im Mittel
bei Fichtenrinden auf 100 Th. gerbende Stoffe 30,4 Th. säurebildende Stoffe haben,
während sich bei den Eichenjungrinden 26,2 ergaben. In diesen Zahlen drückt sich die
grössere Fähigkeit zur Säurebildung, die die Fichtenrinde gegenüber der Eichenrinde
hat, sehr gut aus.
Nehmen wir nun das Mittel aus allen dunkeln, mittelhellen und hellen Mischmustern der
Fichtenrinde, so kommen wir zu folgendem Resultat:
Anzahl derMisch-muster
Anzahl derEinzel-proben
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
Dunkle FichtenrindenMittelhelle FichtenrindenHelle
Fichtenrinden
555
173718
11,3511,4711,82
3,203,583,80
28,1931,2132,15
Mittel
–
–
11,55
3,53
–
Hieraus ergibt sich, dass die weissen, hellen, borkefreien Fichtenrinden, bei
gleichem Gerbstoffgehalt, verhältnissmässig reicher an Zucker sind, als die dunkeln
Rinden, und in Folge dessen auch eine höhere Säurebildung zeigen werden. Combinirt
man dieses Resultat mit dem vorigen, so kann man sagen, dass eine Fichtenrinde eine
um so grössere Fähigkeit zur Säurebildung haben wird, je gerbstoffreicher und je
heller sie ist. Wenn man daher bei Combinationen von Gerbmaterialien die Fichte
wesentlich wegen
ihrer schwellenden Kraft heranzieht, so wird man die gerbstoffreichen hellen
borkefreien Rinden bevorzugen müssen.
Wenn Rinden bei nasser Witterung zu lange im Walde liegen und nicht austrocknen
können, so gehen sie bekanntlich in der Qualität sehr zurück. Es finden Auslaugungen
statt und es treten Zersetzungserscheinungen ein, von denen sowohl die gerbenden
Stoffe, wie namentlich auch die organischen Nichtgerbstoffe betroffen werden. Das
regenreiche Jahr 1888 bot uns Gelegenheit, eine Anzahl derartiger, im Walde
verregneter und verdorbener Fichtenrinden zu untersuchen, die aus Bayern und
Thüringen herstammten. Diese Rinden waren dunkel und stellenweise ganz schwarz
geworden. Die aus ihnen hergestellten Brühen sahen ebenfalls sehr dunkel aus and
ertheilten der Haut eine hässliche schmutzige Farbe. Im Vergleich zu einer Anzahl
anderer Fichtenrinden, die zugleich mit den verdorbenen eingeschickt wurden, zeigte
sich der Gehalt an gerbenden Stoffen und organischen Nichtgerbstoffen bei den
verdorbenen ziemlich stark vermindert, besonders trat es aber hervor, dass der
Zuckergehalt bei ihnen auf ein Minimum reducirt war. Letzteres war nicht zu
verkennen, obgleich auch die eingeschickten unverdorbenen Rinden einen auffallend
niedrigen Zuckergehalt aufwiesen. In folgender Zusammenstellung ist unter Nr. 1 das
Mittel für vier unverdorbene Rinden angegeben, – Nr. 2 ist das Mittel für vier
Rinden, die im Ganzen noch gut aussahen, nach der Ansicht des Einsenders aber doch
schon etwas von der Witterung gelitten haben sollten. Wie sich aus dem Vergleiche
mit Nr. 1 ergibt, ist ein solcher nachtheiliger Einfluss der Witterung hier aber
noch nicht nachzuweisen. Unter Nr. 3 bis Nr. 5 sind die verdorbenen Rinden
aufgeführt.
GerbendeStoffe
OrganischeNichtgerb-stoffe
Gerbstoffnach Löwen-thal'scherMethode
Zucker
Proc.
Proc.
Proc.
Proc.
1) Mittel aus vier unverdorbenen Fichtenrinden
13,10
7,88
7,70
2,08
2) Mittel aus vier Fichtenrinden, die scheinbar etwas
gelitten hatten
13,58
7,41
7,23
1,87
3) Ursprünglich sehr schöne borke- freie, aber total
verdorbene Fich- tenrinde
6,28
4,91
2,45
0,59
4) Ursprünglich schöne glatte, aber ganz verdorbene
Fichten- rinde
11,06
6,31
3,92
0,76
5) Verdorbene rauhe Fichtenrinde
8,10
3,94
3,35
0,35
6) Mittel aus Nr. 3 bis Nr. 5
8,48
5,05
3,24
0,57
Dass gerade die zuckerartigen Stoffe so stark reducirt sind, ist nicht schwer zu
verstehen, da es sich hier um Körper handelt, die in Wasser löslich und zugleich
unter Einfluss von Mikroorganismen leicht zersetzbar sind. Charakteristisch für die
verdorbenen Rinden ist auch das auffallend niedrigere Ergebniss, das man bei ihnen
nach der Löwenthal'schen Gerbstoffbestimmungsmethode im
Verhältniss zu dem Resultate nach der Gewichtsmethode erhält. Das spricht für eine
chemische Veränderung der gerbenden Stoffe.
Untersucht man das Fichtenreisig und vergleicht man die
Gerbstoff- und Zuckergehalte mit den mittleren Ergebnissen für die Fichtenrinde, so
kommt man zu einem ähnlichen Resultat wie beim Vergleich von Eichenrinde und
Eichenreisig. Das Fichtenreisig enthält etwa 4 bis 7 Proc. gerbende Stoffe, daneben
aber unverhältnissmässig viel lösliche organische Nichtgerbstoffe und so viel
Zucker, wie eine sehr reiche Fichtenrinde. Ein Extract aus Fichtenreisig würde also
bei gleicher Stärke sehr viel gerbstoffärmer sein, als ein Fichtenloheextract, und
dabei im Verhältniss zum Gerbstoff sehr viel mehr organische Nichtgerbstoffe und
säurebildende Stoffe enthalten. Das ergibt sich aus folgender Zusammenstellung, in
welcher die Zahlen auf den lufttrockenen Zustand des Reisigs mit 14,50 Proc. Wasser
bezogen sind:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1) Fichtenreisig mit Nadeln, Aeste bis ½ cm
Stärke, etwa 30jähriger Baum2) Desgl. bis ½ cm Stärke
von einem unterdrückten, etwa 80jährigen Baum3) Desgl.
bis ½ cm Stärke von einer schlanken, gut ge- wachsenen
80jähr. Fichte4) Gipfelspitzen des Baumes Nr. 3 in der Stärke
bis zu 1 cm
7,036,105,224,37
4,534,114,084,59
64,44 67,38 78,16105,03
Mittel
5,68
4,33
76,23
Während wir in der Fichtenrinde auf 100 Th. gerbende Stoffe im Mittel 30,4 Zucker
fanden, ergaben sich hier beim Reisig 76,2 Th., – Extracte aus Fichtenreisig werden
daher voraussichtlich eine noch viel grössere Fähigkeit haben, Säure zu bilden, als
Fichtenloheextracte. Es wäre nicht undenkbar, dass sich die gerbenden und
säurebildenden Stoffe des sonst fast werthlosen Fichtenreisigs für die Gerberei
ausnutzen Hessen. Aus Fichtenreisig allein wird man aber immer einen schlechten
Extract erhalten, dagegen wäre es aber wohl des Versuches werth, Fichtenreisig in
Verbindung mit Quebrachoholz zu extrahiren, da das Quebrachoholz, gerade umgekehrt
wie Fichtenreisig, reich an Gerbstoff und sehr arm an organischen Nichtgerbstoffen
ist. In den Fichtennadeln scheinen die organischen Nichtgerbstoffe und der Zucker
noch mehr als im Reisig gegen die gerbenden Stoffe hervorzutreten; das lässt sich
wenigstens schliessen aus der Zusammensetzung des Fichtennadelextractes, der für
medicinische Zwecke fabricirt wird. Dasselbe gilt für den Kiefernadel- oder
Waldwollextract. Die Zusammensetzung dieser Extracte wollen wir im Anhange zu den
Fichtenextracten besprechen.
Von den einheimischen Rinden wäre noch die Weidenrinde
zu erwähnen, welche allerdings ein vorzügliches Gerbmaterial ist, bei uns in der
Gerberei aber keine grosse Rolle spielt, weil von ihr nennenswerthe Quantitäten
nicht zu haben sind. Die bei uns vorhandene Weidenjungrinde, meist Korbweidenrinde,
wird zu Oberledern und Farbenledern verwendet, weil sie ein sehr helles Leder gibt.
Eine grosse Rolle spielt die Weidenrinde dagegen in Russland, wo Jungrinde und
ältere Weidenrinde in der Oberledergerberei wie Unterledergerberei verwendet wird.
Ueber den durchschnittlichen Gerbstoffgehalt der Weidenrinden lässt sich etwas
Bestimmtes nicht aussagen, da eingehendere Untersuchungen nicht vorliegen und es
sich bei den aus der Praxis eingeschickten Rinden in der Regel nicht bestimmen lässt, von
welcher Weidenart sie herstammen. Die in Tharand untersuchten Weidenrinden ergaben,
im lufttrockenen Zustande mit 13 Proc. Wasser, Gehalte an gerbenden Stoffen, die von
etwa 6 bis 18 Proc. schwankten. Im Durchschnitt stellt sich der Gerbstoffgehalt etwa
ebenso hoch wie bei den Eichenrinden. Die Resultate einiger Zuckerbestimmungen sind
aus folgender Zusammenstellung zu ersehen:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
Korbweidenrinde aus
Böhmen
17,59
2,22
12,62
Russische Weidenjungrinde aus der Gegend von Wilna
14,09
2,87
20,37
RussischeWeidenrindeaus
Sarapulim Gouverne-ment Wjätka
Beste glatte RindeMittlere Qualität, z. Th. rissig
und borkigSchlechte
Quali- tät, borkig
und etwas verregnet
12,6911,98 7,26
2,041,761,89
16,0814,6926,09
Mittel
–
2,16
–
Hiernach scheint die Weidenrinde im Verhältniss zu den gerbenden Stoffen weniger
Zucker zu enthalten als Eichenrinde. Nimmt man bei der Weidenrinde den mittleren
Gerbstoffgehalt, wie bei der Eichenrinde, zu 10 Proc. an, so würden nach
vorstehendem Durchschnitt für den Zucker auf 100 Th. gerbende Stoffe 21,6 Th.
säurebildende Stoffe entfallen.
Eine Probe Birkenrinde, bestehend aus der Innenrinde der
Birke, die in zerkleinertem Zustande, wie sie eingeschickt wurde, eine
hellgelbbraune krümelige Masse darstellte, ergab für den lufttrockenen Zustand mit
13 Proc. Wasser an gerbenden Stoffen 8,99 Proc. und an Zucker 2,18 Proc.
Unter den zu uns importirten Rinden spielen die australischen
Mimosenrinden für die Gerberei entschieden die wichtigste Rolle. Diese
Rinden, die ein vorzügliches Gerbmaterial darstellen, das sich besonders für
Unterleder eignet, stammen bekanntlich von verschiedenen Acacia-Arten her. Zu den
besten gerbstoffreichsten Sorten gehören die Rinden von Acacia decurrens, pycnantha
und penninervis, während die Acacia dealbata eine geringere Rinde liefert. Der
Gerbstoffgehalt aller im Laufe der Zeit für die Praxis in Tharand untersuchten
Mimosenrinden schwankte, im lufttrockenen Zustande mit 14,50 Proc. Wasser, von 21
bis 43 Proc. und kann im Mittel zu etwa 32 Proc. angenommen werden. Charakteristisch
für die Mimosenrinden ist neben dem hohen Gerbstoffgehalt der äusserst geringe
Gehalt an organischen Nichtgerbstoffen und Zucker. Letzteres ist aus folgenden
Zahlen zu ersehen:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
Nr. 1Nr. 2Nr. 3Nr. 4
20,9325,5331,2635,64
0,330,431,301,57
1,581,684,164,41
Mittel
–
0,91
–
Nimmt man den Gerbstoffgehalt rund zu 32 Proc. an, so würden bei dem
Zuckergehalte von 0,91 Proc. auf 100 Th. gerbende Stoffe 2,84 Th. säurebildende
Stoffe kommen. Dabei sind die Mimosenrinden in der Regel auch sehr arm an
Stärkemehl. In neuester Zeit wurde in Tharand eine der Deutschen Gerberschule vom
technologischen Museum zu Sidney zugeschickte Mimosenrindencollection untersucht,
bei welcher die Gehalte an gerbenden Stoffen von 25,03 bis 50,69 Proc. schwankten.
Letztere Zahl ist der höchste Gehalt, der uns bei Mimosenrinden überhaupt
vorgekommen ist, und wurde derselbe in einer ganz glatten 9jährigen, etwa 7 mm
dicken Rinde einer Acacia pycnantha Benth. gefunden. Die Gehalte an Zucker
schwankten bei dieser Collection von 0,19 bis 0,89 Proc. und betrug das Mittel 0,54
Proc., – die oben abgeleitete Menge von 2,84 Th. säurebildenden Stoffen auf 100 Th.
gerbende Stoffe ist daher als Durchschnitt eher zu hoch als zu niedrig.
Unter dem Namen Cayotarinde, auch Tarocca-Rinde genannt,
wird seit 1886 aus Mittelamerika eine Rinde nach Deutschland importirt, die
besonders für Sohlleder empfohlen wurde und in der ersten Zeit sehr viel von sich
reden machte. Die Rinde ist gerbstoffreich, hat aber die unangenehme Eigenschaft,
dass sie dem Leder eine hässliche rothe Farbe ertheilt, und dass ein
verhältnissmässig grosser Antheil ihres Gerbstoffgehaltes nur in heissem Wasser
löslich ist. In unserer Praxis hat die Rinde keine sehr weitgehende Verwendung
gefunden. Der Gesammtgerbstoffgehalt schwankt von etwa 15 bis 28 Proc. und kann im
Mittel zu 22 Proc. angenommen werden. Die Rinde enthält im Verhältniss zum
Gerbstoffgehalt eine nicht unbedeutende Menge organischer Nichtgerbstoffe, sie ist
dabei aber, wie aus folgenden Zahlen, die auf einen Wassergehalt von 15 Proc.
bezogen sind, hervorgeht, ziemlich arm an Zucker:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1) Probe, erhalten von einer Hamburger
Handlung
14,53
1,82
12,53
2) Probe, erhalten aus einer sächsischen
Gerberei
22,58
1,48
6,55
3) Im Mittel für Cayotarinde
22,00
1,65
7,50
Ein Gerbmaterial, das bei uns nicht benutzt wird, das aber in der Gerberei der
Mittelmeerländer eine Rolle spielt, ist die Borke der
Aleppokiefer (Pinus halepensis Desf.), die auch Scorza-rossa oder Peffkorinde genannt wird.
Die Scorza-rossa besteht hauptsächlich aus reiner Borke, oder es sind borkige
Rindentheile mit mehr oder weniger anhängendem Rindenfleisch. Die Borke ist roth und
ertheilt dem Leder eine entsprechend dunkelrothe Färbung. Nach einigen im Tharander
Laboratorium ausgeführten Analysen schwankte der Gehalt an gerbenden Stoffen,
bezogen auf den lufttrockenen Zustand mit 14,50 Proc. Wasser, von 16,22 bis 23,73
Proc. Ein verhältnissmässig grosser Theil des Gerbstoffgehaltes lässt sich der Borke
nur mit heissem Wasser entziehen. Die Resultate der Zuckerbestimmungen sind aus
folgender Zusammenstellung zu entnehmen:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1) Reine Borke, erhalten
aus einer Gerberei in Odessa2) Reine
Borke aus Sagrado bei Triest3) Stücke über 2 cm dick,
in der Hauptsache Borke mit wenig Rindenfleisch, erhalten aus
Spalato in Dalmatien4) Stücke unter 2 cm, weniger Borke mit mehr
Rinden- fleisch, Provenienz
wie Nr. 3
16,2220,6023,7321,96
2,091,571,053,43
12,88 7,62 4,4215,62
Mittel
20,63
2,04
9,89
Endlich möchten wir von den Rinden noch die Hemlockrinde, d.h. die borkige Altholzrinde der Hemlock- oder
Schierlingstanne (Abies canadensis Michx.) erwähnen, die in der amerikanischen
Gerberei eine so grosse Rolle spielt, und die das Rohmaterial darstellt, aus dem der
auch zu uns importirte Hemlockextract hergestellt wird. Leider haben wir nur ein
einziges Mal Gelegenheit gehabt eine Probe dieser Rinde zu untersuchen, die uns aus
einer Gerberei in Pennsylvanien zugeschickt wurde. Bei 14,50 Proc. Wassergehalt
ergaben sich 12,32 Proc. gerbende Stoffe, wovon etwas über die Hälfte in kaltem
Wasser löslich war. Der Zuckergehalt stellte sich zu 0,71 Proc. heraus, ist also
sehr gering. Auf 100 Th. gerbende Stoffe würden demnach in der Hemlockrinde nur 5,76
säurebildende Stoffe kommen. Hemlockbrühen müssen daher, im Vergleich zu unseren
Lohbrühen, eine nur geringe Fähigkeit zur Säurebildung haben, und es ist dieses
Zurücktreten des Zuckers in der Hemlockrinde leicht verständlich, da dieselbe
hauptsächlich aus Borke besteht, in welcher kein Saft mehr circulirt.
Schliessen wir an die Rinden diejenigen Gerbmaterialien an, die Früchte oder Theile
von Früchten sind, und ordnen wir dieselben nach den gefundenen Zuckergehalten, so
würden in erster Linie die Dividivi, die Schoten von
Caesalpinia coriaria Willd., zu nennen sein. Die Dividivischoten gehören zu den
gerbstoffreichsten Gerbmaterialien, wenn dieselben auch ein Gerbmaterial geringerer
Qualität darstellen. Für den lufttrockenen Zustand mit 13,50 Proc. Wasser wurden in
Tharand bei Dividivi bei Untersuchung zahlreicher Muster Schwankungen von etwa 25
bis 51 Proc. gerbenden Stoffen gefunden, im Mittel können 41,5 Proc. angenommen
werden. Die Beziehung zwischen gerbenden Stoffen und Zuckergehalten ist aus
folgenden Zahlen zu entnehmen:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1) Dividiviprobe ohne nähere Bezeichnung,
Dresden
32,18
8,18
25,42
2) Rio Hache-Dividivi, bezogen aus Berlin
38,40
7,98
20,78
3) Maracaibo-Dividivi, wie Nr. 2
44,01
8,40
19,09
4) Monte Christo-Dividivi, wie Nr. 2
44,04
8,58
19,48
5) Curaçao-Dividivi, feine Sorte, bezogen aus
Hamburg
45,11
8,83
19,57
Mittel aus Nr. 1 bis Nr. 5
40,74
8,39
20,52
Die hohen Zuckergehalte entsprechen den verhältnissmässig grossen Mengen
anorganischen Nichtgerbstoffen, welche Dividivi enthält und die etwas weniger als
die Hälfte der gerbenden Stoffe betragen. Nehmen wir, wie oben angegeben ist, den
mittleren Gehalt an Gerbstoff bei Dividivi zu 41,5 Proc. an, so berechnen sich bei
dem gefundenen Zuckergehalte von 8,39 Proc. im Durchschnitt auf 100 Th. gerbende
Stoffe 20,2 Th. säurebildende Stoffe.
Ein ähnliches Verhältniss zwischen gerbenden Stoffen und organischen
Nichtgerbstoffen, und einen durchschnittlich fast ebenso hohen Zuckergehalt wie
Dividivi zeigt die Algarobilla. Unter Algarobilla
versteht man bekanntlich die Früchte des in Südamerika heimischen Balsamocarpum
brevifolium. Die von Verunreinigungen freien, gesunden, gut erhaltenen Früchte, die
im Handel als Prima Algarobilla bezeichnet werden, sind sehr gerbstoffreich, und
wurden in denselben im lufttrockenen Zustande, bezogen auf den mittleren
Wassergehalt von 13,50 Proc., in Tharand bis zu 52 Proc. gerbende Stoffe gefunden.
Die Secunda Algarobilla des Handels besteht aus Ausschuss, aus Früchten, die vom
Boden aufgelesen sind, die durch Feuchtigkeit gelitten haben und durch eine
theilweise Extractbildung mehr oder weniger zu klumpigen dunklen Massen
zusammengekittet sind. Bei dieser geringeren Waare, die in der Regel auch mit Erde
verunreinigt ist und daher viel Mineralstoffe beim Einäschern ergibt, sinkt der
Gerbstoffgehalt bis zu 35 Proc. Im Durchschnitt kann man nach unseren Analysen für
Algarobilla einen Gerbstoffgehalt von etwa 43 Proc. annehmen. Die Ergebnisse der
Zuckerbestimmungen sind aus folgender Zusammenstellung zu ersehen:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1) Secunda Algarobilla, von Hamburg bezogen
38,50
7,95
20,65
2) Prima Algarobilla, wie Nr. 1
43,04
6,24
14,50
3) Prima Algarobilla, wie Nr. 1
47,18
10,49
22,23
Mittel aus Nr. 1 bis Nr. 3
42,91
8,23
19,18
Bei dem angenommenen Durchschnittsgehalt von rund 43,0 Proc.
Gerbstoff und dem Zuckergehalt von 8,23 Proc. können wir bei Algarobilla auf 100 Th.
gerbende Stoffe im Mittel 19,1 Th. säurebildende Stoffe rechnen.
Bei den Myrobalanen, den Früchten der indischen
Terminalia chebula Willd., möchten wir zunächst daran erinnernv. Schroeder:„Praktische Extraction der Myrobalanen“, D.
p. J. 1894 294 Heft 9., dass
die fleischige Fruchtschale der Träger des Gerbstoffgehaltes und Zuckergehaltes ist,
während in den Steinkernen nur sehr wenig Extractstoffe nachzuweisen sind. Der
Vollständigkeit wegen möge es uns erlaubt sein, die betreffenden Zahlen hier
nochmals anzuführen:
GerbendeStoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1)
AusgesuchtdunkleMyrobalanen
FruchtschaleSteinkern
35,46 3,52
4,740,39
13,3711,08
2)
AusgesuchthelleMyrobalanen
FruchtschaleSteinkern
42,34 2,60
7,400,50
17,4819,23
Bei den Myrobalanen, die von den Gerbereien seltener im gemahlenen, häufiger
aber im unzerkleinerten Zustande gekauft werden, schwankte der Gerbstoffgehalt der
Handelswaare von etwa 17 Proc. bis um 40 Proc. herum. Die sehr geringen Gehalte
kommen selten vor, ebenso auch die ganz hohen Gehalte, wir haben aber noch vor
kurzem eine Probe untersucht, die 36,59 Proc. enthielt. Im Mittel kann man bei
Myrobalanen, im lufttrockenen Zustande mit 13,0 Proc. Wasser, einen Gehalt von rund
30 Proc. gerbenden Stoffen annehmen. Die Menge der organischen löslichen
Nichtgerbstoffe beträgt etwas weniger als die Hälfte der gerbenden Stoffe. Der
Zuckergehalt ist geringer als bei Dividivi und Algarobilla, stellt sich aber im
Verhältniss zum Gerbstoffgehalt im Durchschnitt auch nicht viel kleiner als bei
diesen beiden Gerbmaterialien. Die Zuckergehalte ergaben sich aus folgender
Zusammenstellung:
GerbendeSoffe
Zucker
Auf 100
Th.gerbendeStoffekommtZucker
Proc.
Proc.
1) Ausgesucht dunkle Myro- balanen
23,80
3,15
13,24
2) Ausgesucht helle Myro- balanen
29,46
5,16
17,52
3) Mischmuster aus zwei im Gerbstoffgehalt
annähernd gleichen Proben (1887)
30,47
5,66
18,58
4) Mischmuster wie Nr. 3 (1886)
31,19
5,27
16,90
5) Madras-Myrobalanen aus einer Dresdener
Gerberei
31,52
5,62
17,83
6) Mischmuster wie Nr. 4
34,15
5,56
16,28
7) Myrobalanen aus einer Ger- berei in
Hirschberg
34,77
7,05
20,28
Mittel aus Nr. 1 bis Nr. 7
30,77
5,35
17,38
Nehmen wir 30 Proc. Gerbstoff als den richtigeren Mittelwerth
an, so haben wir für Myrobalanen, bei 5,35 Proc. Zuckergehalt, auf 100 Th. gerbende
Stoffe 17,8 Th. säurebildende Stoffe zu rechnen. Im Vergleich zu unseren
einheimischen Lohen können Dividivi, Algarobilla und Myrobalanen als Gerbmaterialien
bezeichnet werden, welche Brühen geben, denen bei gleichem Gerbstoffgehalt eine
mittlere säurebildende Fähigkeit zukommt. Selbstverständlich ist damit nicht gesagt,
dass die Qualität der Säuren immer dieselbe ist. Das wäre noch näher zu untersuchen,
hier handelt es sich zunächst nur um einen allgemeinen Vergleich des Verhältnisses
zwischen den gerbenden und säurebildenden Stoffen.
(Fortsetzung folgt.)